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Françoise Cactus erzählt aus dem Alltag moderner Frauen - die allesamt ein wildes Eigenleben entwickeln. Kein Wunder, geht es doch um die tragikomische Diskrepanz zwischen weiblichen Wunschvorstellungen und der unerbittlichen Wirklichkeit ...
Ein hilflos wirkendes Mädchen findet immer neue Opfer, die ihm willig Portemonnaie, Haus und Herz öffnen, während Madame Rose ihren verstorbenen Gatten mit höchst gespaltener Zunge betrauert. Eine junge Engländerin verrät, warum sie sich in Deutschland so wohl fühlt, nachdem sie in Brasilien eine Hölle ganz eigener Art durchwandern musste. Auch Nicole…mehr

Produktbeschreibung
Françoise Cactus erzählt aus dem Alltag moderner Frauen - die allesamt ein wildes Eigenleben entwickeln. Kein Wunder, geht es doch um die tragikomische Diskrepanz zwischen weiblichen Wunschvorstellungen und der unerbittlichen Wirklichkeit ...
Ein hilflos wirkendes Mädchen findet immer neue Opfer, die ihm willig Portemonnaie, Haus und Herz öffnen, während Madame Rose ihren verstorbenen Gatten mit höchst gespaltener Zunge betrauert. Eine junge Engländerin verrät, warum sie sich in Deutschland so wohl fühlt, nachdem sie in Brasilien eine Hölle ganz eigener Art durchwandern musste. Auch Nicole hat mit dem Leben zu kämpfen, obwohl sie bereits früh gestorben ist. Zu früh, darum kehrt sie als Wiedergängerin zu ihrem Geliebten zurück, in der hehren Absicht, ihn über den Verlust hinwegzutrösten ... Geschichten von Sehnsucht, Eifersucht, Süchten aller Art, von Frauen, die das Extreme wagen, in der Kunst und im Leben. Mit jenem unvergleichlichen Charme erzählt, den Françoise Cactus aus dem Französischen und Deutschen zugleich schöpft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2004

Mousse au chocolat mit Gummibärchen
Lesung mit Musik: Françoise Cactus und "Stereo Total" im Frankfurter Mousonturm

"Für mich verhält es sich mit geliebten Menschen wie mit Porzellan, eine falsche Bewegung, und es bleibt nur noch ein Haufen Scherben." Berthe ist vorsichtig. Das schlechte Beispiel ihrer Mutter Emma Bovary läßt sie am Liebesglück zweifeln. Um sich vor Mißgeschicken zu schützen, beschließt Berthe, ihren Geliebten Rodolphe niemals wiederzusehen. Die Angst vor Verletzung beherrscht die meisten der Protagonistinnen in Françoise Cactus' Erzählungsband "Neurosen zum Valentinstag", aus dem die Autorin im Mousonturm las. Da ist die jung verstorbene Nicole, die zum Gespenst wurde, weil sie glaubt, daß ihr Freund Sunny an ihrem Tod zerbreche. Zur Geisterstunde kommt sie ihn so lange besuchen, bis sie eines Nachts sein Tagebuch findet und entsetzt feststellt, daß Sunny mit aller Kraft versucht, sie zu vergessen. Und daß ihre nächtlichen Besuche ihn bloß glauben machen, er verliere den Verstand.

Oder Lola, die früher ein Groupie war und jetzt meint, im Rockstar Boris Bertram die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben. Daß Boris ihr ein blaues Auge nach dem anderen schlägt, läßt sie nicht an seiner Liebe zweifeln. Lola scheint in einer Welt von Zwangsvorstellungen gefangen, die es ihr trefflich ermöglicht, sich über den wahren Zustand ihrer Beziehung hinwegzutäuschen. Die Geschichten sind im Plauderton gehalten, und Cactus' französischer Akzent läßt sie auf amüsante Weise unaufdringlich wirken. Gleichwohl sind die meisten ihrer Figuren verzweifelt, ohne es selbst zu merken. Diese Frauen beschreibt Cactus so nonchalant, daß die Geschichten eher komisch als unheimlich wirken. Die einzelnen Erzählungen werden mit kurzen musikalischen "Jingles" angekündigt, die Cactus' Partner Brezel Göring, die andere Hälfte von "Stereo Total", einspielt.

Cactus, die eigentlich van Howe heißt, stammt aus dem Elsaß und war schon als Jugendliche erfolgreiche Schriftstellerin. In Frankreich begründete sie im Alter von 14 Jahren mit ihrem Roman "Photo-Souvenir" das Genre "Lolita-Literatur". Nach dem Studium zog sie nach Berlin und schreibt seitdem auf deutsch. Mitte der neunziger Jahre gründete sie zusammen mit Göring "Stereo Total".

Im anschließenden kurzen Konzert der beiden ging es dann etwas weniger abgründig zu. Es ist mitunter entwaffnend, wie Cactus hemmungslos verdichtet und verkürzt: Mit dünner Kinderstimme, die völlig unschuldig daherkommt, singt sie "Isch habe Hunger, denn du bist nicht mehr da." Mousse au chocolat, Himbeertorte oder Gummibärchen sind einige der zahlreichen Ersatzobjekte, die sie sich Tag und Nacht einverleibt. Die Musik ist ähnlich naiv gehalten wie der Gesang. Primitive Synthesizer-Melodien treffen auf Beat-Rhythmen, die das Duo lässig dahinschrabbelt.

tcbo.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Traurige Tussen, "femmes fragiles", weibliche Don Quichottes auf vergeblicher Abenteuerfahrt durch die Illusionswelt der Liebe, ohne Schirm im Regen stehend - so ein Bild geben Francoise Cactus' Frauenfiguren ab. Ein paar, so Vera Görgen, sind auch "mit Stacheln bewehrt", aber dafür entweder alt oder hässlich - und deshalb schlauer. Da geht die Wendung am Ende dann in eine überraschend positive Richtung. Eine Wendung, so die Rezensentin, gibt's nämlich immer, und meistens ist sie ziemlich absehbar: Illusion, Fallhöhe, Fall, bums - "Frauen sind einfach zu uncool, sagen ihre Geschichten, sie haben es nicht besser verdient". Leider, so die Rezensentin, ist das Schema immer dasselbe. Lieber Stereo Total hören, empfiehlt sie, wo Francois Cactus singt - da gibt's mehr Ironie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.10.2004

Zuchtrosen
Francoise Cactus zeigt, warum Frauen einfach uncool sind
Die Frau hat keinen Schirm. „Wie dicke Tränen laufen ihr die Tropfen über das Gesicht”, „ihre Haare sind durchnässt”. Francoise Cactus lässt sie in ihrer Erzählung „Film Noir” in ihrem dünnen Kleid frieren. Selber Schuld, wenn Frauen denken, sie könnten schutzlos durch die Welt tapsen. Die Autorin erteilt ihnen in „Neurosen zum Valentinstag” genüsslich eine Lektion.
„Film noir” ist eine von zwölf Erzählungen über Frauen. Von der männerbetörenden Macht einer femme fatale wie Joan Crawford können Cactus’ weibliche Figuren jedoch nur träumen. Fatal ist bei ihnen höchstens ihr ausgeprägter Hang, sich Illusionen hinzugeben. Sie sind femmes fragiles, die eher an eine vom Schmerz gezeichnete Romy Schneider denken lassen. Manche verbleiben auch im Sissi-Stadium und beschweren sich, dass ihre Männer sie nicht wie Prinzessinnen behandeln.
In „Neurosen zum Valentinstag” teilt die in Berlin lebende Französin Francoise Cactus, besser bekannt als Sängerin von „Stereo Total”, ihre Frauenfiguren in zwei Kategorien: Die einen haben sich in einer wahnhaften Welt des Scheins eingerichtet. Lola, zum Beispiel, ist einem Rockstar verfallen. An seiner Seite führt sie ein Leben zwischen „Gin Sperma”, „Amour fou” und Kokain. Zwar „zeugt das Bett von wilden Nächten”, dafür gibt’s zum Valentinstag höchstens Veilchen. „Kunst hat immer mit Schmerz zu tun, das habe ich jetzt gelernt”, sagt Lola. Die Sucht nach Ekstase aber bestraft Cactus genauso wie die nach Idylle. Ihre Figuren ergehen sich in Don Quichotterien. Ihnen hat die Liebe oder die Sehnsucht den Blick auf die Realität verstellt und in trauriger Gestalt kämpfen sie gegen die Mühlen der Eifersucht.
Neben den Zuchtrosen, die wie Fiona durch „Lolita-Sonnenbrillen mit Gläsern in Herzform” in die Welt schauen, hat die Autorin das Beet von „Neurosen zum Valentinstag” auch mit Arten bepflanzt, die mit Stacheln bewehrt sind. Kühl und berechnend sind sie das genaue Gegenteil ihrer hysterischen, tussenhaften Mitfiguren. Um Raffinesse zu entwickeln müssen Frauen bei Cactus aber erst alt werden. Oder sie müssen dazu gezwungen sein, weil sie so hässlich sind wie das Mädchen „mit den fettigen Haaren, dem Gesicht voller Akne und den platten Brüsten”. Ausgerechnet dieses Mädchen dient den Mitschülerinnen als „Sexberaterin”. Den heißesten Typen der Schule macht es den anderen so lange schlecht, bis sich alle von ihm abwenden. So allein gelassen, braucht es ihn dann nur noch einzukassieren.
Auf solche Wendungen arbeitet Francoise Cactus in ihren Geschichten gerne hin und zieht sie leider zu oft aus ihrem Chapeau. Sie konstruiert immer nach dem gleichen Schema und der Leser ist schnell konditioniert. Bald ahnt er zu Beginn einer Geschichte, dass die Autorin ihn auf eine falsche Fährte führen und am Ende alles demontieren wird. Dabei lässt Cactus viele ihrer Figuren als Ich-Erzähler auftreten, die sich in ihrer Welt aus notorisch falsch interpretierten Beobachtungen im Kreis drehen.
Zunächst aber ist der Leser noch verunsichert, ob er ihrem inneren Monolog und ihrer subjektiven Wahrnehmung vertrauen darf. So schafft sie Fallhöhe, um im desillusionierenden Schluss mit den Rosen umrankten Vorstellungen ihrer Heldinnen abrechnen und ihre Naivität und Begriffsstutzigkeit noch einmal vorführen zu können. Die ironische Distanz der Cactusschen Pop-Songs fehlt ihren Geschichten. Die Autorin, anscheinend schon einen ernüchterten, „Sex and the City”-indoktrinierten Schritt weiter, lässt ihre Heldinnen ungerührt auflaufen, genauso lieblos wie die Männer, an denen sie scheitern. Sie tut dies mit leichter Verachtung und ganz ohne Hoffnung. Frauen sind einfach zu uncool, sagen ihre Geschichten, sie haben es nicht besser verdient.
VERA GÖRGEN
FRANCOISE CACTUS: Neurosen zum Valentinstag. Erzählungen. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2004. 128 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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