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»Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen.«
...auf diesen Aphorismus von Marie von Ebner-Eschenbach stieß Frank Schulz vor vielen Jahren. Seitdem arbeitete er an einem Buch, das ebenjenen Satz in allen Facetten beleuchten soll.
Die Protagonisten entstammen den verschiedensten Altersklassen und sozialen Schichten. Diverse Erzählformen tauchen auf - die Miniatur, die Kurzgeschichte, die Novelle, der Dialog und die Collage. Und natürlich die verschiedensten Formen der Liebe (inklusive Hass- und Nächstenliebe) sowie die Suche nach ihr.Katja begegnet ausgerechnet auf ihrer…mehr

Produktbeschreibung
»Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen.«

...auf diesen Aphorismus von Marie von Ebner-Eschenbach stieß Frank Schulz vor vielen Jahren. Seitdem arbeitete er an einem Buch, das ebenjenen Satz in allen Facetten beleuchten soll.

Die Protagonisten entstammen den verschiedensten Altersklassen und sozialen Schichten. Diverse Erzählformen tauchen auf - die Miniatur, die Kurzgeschichte, die Novelle, der Dialog und die Collage. Und natürlich die verschiedensten Formen der Liebe (inklusive Hass- und Nächstenliebe) sowie die Suche nach ihr.Katja begegnet ausgerechnet auf ihrer Hochzeitsreise dem Mann, von dem sie schon ihr ganzes Leben träumte (und der natürlich nicht mit ihrem frischgebackenen Ehemann identisch ist). Das grundgute Dörchen entdeckt kurz vor ihrer goldenen Hochzeit einen Streichholzbrief des »Moulin Rouge« in der Manteltasche ihres Mannes und macht sich tapfer auf zur Recherche auf die Reeperbahn; Olaf Bressen begreift am Ende seiner im Scheitern befindlichen Ehe, dass damals, Jahre zuvor, auch er im Ausspruch »So sind sie, die Männer!« inbegriffen war, den sein künftiges Eheweib beim Anblick eines Wichsers von sich gab; und auch die tauchen auf, die ganz zu kurz kamen und vollkommen gefühllos handeln.

Frank Schulz leuchtet in diesem Langzeitprojekt inhaltlich ebenso die Facetten des Phänomens Liebe aus wie stilistisch die Möglichkeiten ihrer Beschreibung. »Sowieso mein Lieblingsautor!«, sagte einst Harry Rowohlt über Frank Schulz: nach der Lektüre dieses Bandes wird es vielen so gehen.
Autorenporträt
Schulz, FrankFrank Schulz, Jahrgang 1957, wurde für seine Romane vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Hubert-Fichte-Preis (2004), dem Irmgard-Heilmann-Preis (2006) und dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2015). Zwischen 2012 und 2016 erschienen seine drei Onno Viets-Romane Onno Viets und der Irre vom Kiez, Onno Viets und das Schiff der baumelnden Seelen und Onno Viets und der weiße Hirsch. Zuletzt erschien der Erzählband Anmut und Feigheit (2018).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2010

Petra und die Kraft der sieben Pferde

Wir brauchen mehr Liebe, als wir verdienen: Aus dieser Erkenntnis macht Frank Schulz das Beste - Erzählungen, die mit allem Menschlichen versöhnen.

Von Edo Reents

Es war, nach der durch "Das Ouzo-Orakel" beendeten Hagener Trilogie (F.A.Z. vom 17. Juni 2006), sehr die Frage, ob Frank Schulz damit alles gesagt hatte - eine Befürchtung, die beim Leser Beklemmung auslösen musste, denn einen anderen Erzähler, der mehr oder auch nur annähernd so viel Takt, Finesse und Sprachpracht zu bieten hätte, wird man so leicht nicht finden. Die Trilogie war, was selten genug vollauf gelingt: Heimatkunst, die ihrem Autor dazu diente, tief in die Abgründe hinunterzusteigen - in die eigenen und die von Land (dem norddeutschen) und Leuten.

Der Erinnerungskünstler mit dem unglaublich genauen Gehör fürs gesprochene, meistens plattdeutsche Wort versammelte um den erst mit dem zweiten Teil "Morbus fonticuli" ins Zentrum gerückten, hochintelligenten Säufer und Gelegenheitsjournalisten Bodo Morten ein überschaubares Personal, an dem Exemplarisches demonstriert wird: die Prägekraft der Kindheit, Ehekrisen, die Schwäche für erotische Abenteuer und andere niedere Verrichtungen sowie, aus all dem resultierend, die Unfähigkeit, auf die Dauer ein geregeltes Leben zu führen.

Aus dieser mit viel Sympathie, ja Zuneigung beschriebenen und zu großen Teilen wohl auch selbst erlebten, durchlittenen Welt der hohen Komik und der tiefen Trauer begegnen uns nun, in Schulzens neuem Buch, einige alte Bekannte. "Mehr Liebe" heißt der Band mit knapp zwei Dutzend Erzählungen höchst unterschiedlicher Machart. Das, wenn man so will, epische Zentrum bildet eine Geschichte, die im Titel das entscheidende Moment Schulzschen Erzählens benennt. "Sehnsuchtsglühen" spielt an jenem Juniabend 1970, an dem die bundesrepublikanische, von Franz Beckenbauer und Uwe Seeler angeführte Mannschaft gegen Italien im WM-Halbfinale 3:4 unterlag. Schulz nutzt diese bis heute als "Jahrhundertspiel" apostrophierte Begegnung als Folie, auf der sich Lust und Qual der Adoleszenz abspielen.

Bodo Morten, Alfred Kolk, Dutschke Duttheney und all die anderen aus der Hagener Trilogie sind gerade in der Pubertät und wollen das Ereignis, das ihre kleinbürgerlich-bäuerlichen Väter zu später Stunde rauchend und trinkend vor dem Bildschirm verfolgen, zu einer Parallelaktion nutzen; sie wollen, während der dann allerdings im Wesentlichen nur Schnee übertragende Fernseher in einem abgesperrten Verhau läuft, es ihren Vätern endlich einmal gleichtun und auch Männer sein. Zwischendurch kommt aber die frühreife Karin Kolk herein, die die Jungs schon durch ihre bloße Anwesenheit verlegen macht und ihren Bruder fragt: "Weiß Mama, dass du hier bist?" Wer den norddeutschen Zungenschlag kennt, der weiß, welche Mischung aus Empörung, Petzsucht und heimlicher Solidarität mit jüngeren Geschwistern in den Tonfall eingeht. Man wird, wenn man das liest, sofort selbst wieder zum Kind und ist geneigt, mit Alfred Kolk adäquat zurückzufragen: "Weiß Papa, dass du hier bist?"

Die evokative Kraft, für die Schulz ja bekannt ist, erzeugt nicht nur in der Figurenzeichnung eine ganz außerordentliche Plastizität, und das fast ganz ohne die so stereotype, schnell ermüdende Erfassung von Augen- und Haarfarbe und dergleichen. Schulzens Beschreibungskunst besteht darin, dass sie die wesentlichen Regungen ausdrückt, und die sind fast immer seelisch-affektiver Natur. Die Fußball-Erzählung spielt in einer Zeit, als man sich noch gegenseitig damit aufgezogen hat, wenn man einen roten Kopf bekam. Der ruppige Ton, der unter norddeutschen Kindern auch sonst herrschte, ist perfekt getroffen.

Die weiteren Hauptstücke sind ebenfalls länger geraten: "Der Stich des Bienenmörders" entfaltet die bereits vom "Ouzo-Orakel" her bekannte Nord-Süd-Dialektik und erzählt von Katja, die auf der Hochzeitsreise ihrem lange erträumten Idealmann begegnet, einem nach Griechenland übergesiedelten Albaner. Der Flirt, der in jahrelanger, grandios illustrierter innerer Glut nachwirkt, bleibt am Ende folgenlos, weil der Angebetete Deutscher werden will; und so einen hat Katja ja schon.

Schulz ist groß, wenn es darum geht, das falsch oder ungelebte Leben zu schildern und dabei feinste Bemerkungen über körperlichen Verfall oder zwischenmenschliche Risse einzustreuen. Aber er ist fast noch bezwingender in der Beschwörung der Zeitlichkeit, der wachsenden Beschleunigung, der, zumindest in der Wahrnehmung, alles von einem bestimmten Alter an unterworfen ist. Meisterhaft sind in dieser Hinsicht schon die fünfzehn zwischen Vergangenheit und Gegenwart leichtfüßig hin und her springenden Seiten von "Buxtehude" über die Entbehrungen und Zumutungen der Väter- und Großvätergeneration: Krieg, Neuanfang, bleibende Ängste und dann doch ein (halbwegs) erträgliches, irgendwie weitergehendes Leben.

Dem mit allen Wassern auch der Popmusik gewaschenen Autor ist es in "Sieben Pferde" ein Leichtes, auf den so belanglos daherkommenden Zeilen des so lustig klingenden Doors-Liedes "Love Her Madly" das bedrückend hoffnungslose, unendlich triste Drama einer unerfüllten und zuletzt ganz einfach kalt werdenden Liebe aufzubauen: Helmer wird über seiner Besessenheit von Bea zum aus dem Leim gehenden, schließlich auf Antidepressiva angewiesenen Alkoholiker, dessen Jahre unter immer wieder neuen, zwecklosen Bemühungen wie Pfeile dahinschießen, er und der Leser wissen nicht, wie, mit Erschrecken stellen sie es fest, bis Helmer im Bewusstsein, dass die andere Frau an seiner Seite doch die (einzig) richtige ist, aufgibt: "Ja, Jahre dauerte all das. Und dank Petra spürte er sie tatsächlich eines Tages, die Kraft der sieben Pferde."

Der mit der Trilogie vertraute Leser erkennt in diesen und anderen Geschichten manche Person und manchen Konflikt wieder; deren Konstellationen werden aufgegriffen und, wie ein musikalisches Stück, variiert, aber in einer Kenntlichkeit belassen, die nicht langweilt, sondern über die man sich im Gegenteil freut. Schulz kann nun einmal am besten über Dinge schreiben, die er aus eigener Anschauung kennt. Man sollte das Klischee vom süchtig machenden Kultautor nicht bemühen; aber man bekommt tatsächlich so schnell nicht genug davon, weil das alles so wahrhaftig und human beschrieben ist.

Die eigentliche Überraschung des Bandes aber ist, dass Schulz sich hier auf Terrain vorwagt, das zumindest seinen Lesern unbekannt war: In der vielleicht eine Spur zu ambitioniert betitelten "Trilogie der Gewalt" (sei's drum) geht es, auf engstem Raum, um Menschen- und Tierquälereien, die so plötzlich und massiv hereinbrechen, dass niemand eine Chance hat, etwas dagegen zu unternehmen - keine schlechte Voraussetzung für den Krimi, an dem Schulz angeblich gerade sitzt.

Der gewitzt betitelte "King Kong des Pingpongs" macht den Leser zum Zuschauer eines dann fast unerträglich spannenden Tischtennisspiels in einer unteren Berliner Liga. "Männertreu" lässt Dörchen kurz vor der Goldenen Hochzeit in der Jackentasche ihres Mannes Lothar etwas finden, das sie an dessen Treue zweifeln lässt; die Recherche im Hamburger Rotlichtviertel gerät zum Spießrutenlauf, so mitfühlend geschildert, dass davon noch die letzten Nervenbahnen erfasst werden, wie dann erst recht "Der Schornsteinfeger", der vom Unfalltod des Großvaters handelt, "der einzige Mensch, den ich auf ganz und gar reine Art geliebt hatte" - für den Erzähler eine kostbar-bewegende Erkenntnis.

"Mehr Liebe" - grandios hat Schulz sein bei Marie von Ebner-Eschenbach geborgtes, abgründig kluges Motto "Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen" eingelöst; er gönnt sie ihnen und sieht ihnen die Schwäche nach. Und wenn man liest, wie und warum er das tut, dann hat man doch wahrhaftig Tränen in den Augen: vor Lachen, vor Weinen und am Ende bloß noch vor Dankbarkeit dafür, dass Frank Schulz die Schriftstellerei nicht an den Nagel gehängt hat.

Frank Schulz: "Mehr Liebe". Heikle Geschichten. Verlag Galiani, Berlin 2010. 294 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Virtuos, unterhaltsam, prall wie das Leben selbst: Die "furiosen Beschreibungsexerzitien", die  Frank Schulz in seinen 22 Erzählungen vorführt, versetzen Frank Schäfer in seiner ausholenden Besprechung in Begeisterung. Ob die heiklen Geschichten, als welche sie im Untertitel geführt werden, nun alle das Thema Liebe beziehungsweise Liebesverlangen durchspielen, ist in den Augen des Rezensenten zweitrangig, denn ihre "Wahrhaftigkeit" und "sprachliche Suggestionskraft" machen sie für ihn zu autarken Kunstwerken. Manche Stories nehmen Bezug auf Figuren aus vorhergehenden Romanen, als reiche der Erzähler bestimmte Details, aus dem Liebesleben des Bodo Morten etwa, nach, andere variieren anhand des Liebesmotivs Protagonisten aus dem Schulz'schen Kosmos. So oder so, formal gehört der Autor zu den Meistern der "epischen Kleinformen" (Novelle, Schnurre, Kalendergeschichte, Feuilleton etc.), inhaltlich stellt der Rezensent beispielsweise in der "Trilogie der Gewalt" eine Neuerung fest, deren "Schärfe und Unterkühltheit im Ton" irritieren.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.06.2010

Als Loop-di-Love noch ein Hit war
Frank Schulz hat in „Mehr Liebe. Heikle Geschichten“ kein Mitleid mit der Schlampe von gegenüber
Frank Schulz hat seinen Erzählungen ein mehr als vertracktes Motto vorangestellt: „Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen.“ Der Satz von Marie von Ebner-Eschenbach enthält all die verzweifelte Vergeblichkeit des lebenslangen menschlichen Sehnens. Doch andererseits: Liebe ist keine ökonomische Maßeinheit, und sie kann auch völlig unverdient zugeteilt werden. Denn was hat der Mensch schon verdient. Der Titel „Mehr Liebe. Heikle Gesichten“ sollte jedenfalls nicht als moralischer Imperativ aufgefasst werden oder gar als Bekenntnis von Süchtigen, die nie genug kriegen können. „Mehr als sie verdienen“: Das ist notwendigerweise eine schmerzliche Angelegenheit.
Wie viel Liebe hat zum Beispiel Bea verdient, die so schön ist und so paradiesisch gut riecht, dass Helmer ihr verfällt und elf verfluchte Jahre und noch einmal elf verfluchte Jahre lang nicht von ihr loskommt? Dabei behandelt sie ihn alles andere als gut, heiratet einen anderen, bekommt Kinder, trennt sich, und erst in der Trennung ist Helmer dann wieder gefragt – als alter Freund und so etwas wie ein Bruder. Wer hat da was verdient? Hat ein liebender Mann es jemals verdient, dass eine Frau zu ihm sagt: Du bist wie ein Bruder für mich? Ach, herrje. Schulz koppelt diese Passions-Geschichte an den Song „Love her madly“ von den Doors, dessen ganze Traurigkeit er ausschöpft: „All your love is gone / So sing a lonely song.“
Überhaupt spielt Popmusik aus der reichhaltigen Abteilung „My Baby left me“ in diesen Geschichten eine wichtige Rolle als Erinnerungsbeschleuniger, Schmerzlöser und Geschmacksverstärker. Erinnerungen riechen ja nicht nur süß (nach Beas Parfüm), sie klingen auch so. Es sind Geschichten vom Erwachsenwerden in den 60er und 70er Jahren, als ein gewisser J. Bastos mit Loop-di-Love einen einzigen Hit hatte. Doch es dauert vierzig Jahre, bis der Erzähler begreift, dass das, was er damals als harmloses Liedlein trällerte, tatsächlich die von einem Hurenchor vorgetragene Hymne auf die käufliche Liebe gewesen ist. Es kann eben auch riskant sein, die eigenen Erinnerungen genauer zu untersuchen.
Schulz’ Heimat ist der deutsche Norden, Hamburg vor allem mit Hafen und Reeperbahn. Sein literarisches Einzugsgebiet entspricht ungefähr dem von Siegfried Lenz, mit dem ihn auch der menschenfreundliche Blick verbindet. Doch seine Figuren sind proletarischer, derber, herzhafter. Dass sie so lebensecht wirken, hat mit der sprachlichen Präzision zu tun, in der er sie zu Wort kommen lässt. Schulz beherrscht nicht nur die plattdeutsche Mundart und den Hamburger Slang, sondern auch das Berlinerische in seiner spezifischen Ost-Ausprägung, und das muss man geschrieben erst einmal hinbekommen.
Daneben entgehen ihm auch nicht so fragwürdige Erscheinungen wie das ewige Geht-gar-nicht-Gerede oder das sogenannte Nuller-Okay der Globalisierungsavantgardisten, das in einem neckischem Aufwärtsschwung und in Frageform zu sprechen ist: „Okay-iii?“
Frank Schulz, bisher eher als rauer Autor der sogenannten Hamburger Bier-Boheme bekannt, schildert in diesem Erzählungsband die menschlichen Schwächen und Traurigkeiten voller Verständnis und, ja, mit sehr viel Liebe. Damit das Ganze aber nicht zu sentimentalisch und vergangenheitsverfallen wird, gibt es als Kontrast dazu eine „Trilogie der Gewalt“, drei kurze Texte, die all die Liebesmühen durchlöchern wie Gewehrschüsse.
Zigaretten aus Opas Beständen
Da knallt ein Mann auf dem Balkon zur Abwechslung mal nicht bloß die Tauben in der Luft ab, sondern „die Schlampe von gegenüber, die immer den ganzen Tag die Titten in die Sonne hängt“, einfach so, aus Wut und Langeweile. Da bringt ein anderer an der Bushaltestelle eine Arbeiterin um, bloß weil die „Schlappschwanz“ zu ihm gesagt hat: Menschen brauchen eindeutig mehr Liebe, als sie verdienen.
Eine der schönsten Geschichten handelt von der Trauer eines mit sich und seinem Leben nicht sonderlich zufriedenen Mittvierzigers. Sein Opa ist ein paar Jahre zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen, doch erst jetzt, bei Spaziergängen und beim Weinen am Grab wird ihm klar, dass dieser spröde und wortkarge alte Mann der einzige Mensch gewesen ist, den er ganz und gar geliebt hat - vielleicht deshalb, weil er so wenig mit ihm zu tun hatte: „Opa hatte mir nie etwas verboten, er hatte mir nie etwas erlauben müssen. Er hatte mir nichts Besonderes beigebracht oder von mir verlangt. Er hatte mich nicht verstanden, und er hatte mich nichts gefragt. Er hatte mir später einmal hin und wieder zugesehen, wie ich die Zigarre rauchte, die er mir aus seinen Restbeständen angeboten hatte.“ So geht das also mit der Liebe. Bitte mehr davon.
JÖRG MAGENAU
FRANK SCHULZ: Mehr Liebe. Heikle Geschichten. Verlag Galiani, Berlin/ Köln 2010. 292 Seiten, 19,95 Euro.
Frank Schulz, geboren 1957 in der Nähe von Stade, bevölkert seine Geschichten mit Leuten, denen nach elf Jahren Unglück immerhin die Erinnerung an einen traurigen Popsong bleibt. Foto: Christian O. Bruch / VISUM
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