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Martin Rohrbach kehrt nach Jahren zurück ins Windmühlenhaus. Dort, in der Nähe des Dorfes allein auf einem Hügel, hat sein Vater gewohnt bis zu seinem Tod. Nur kurz will Martin bleiben, den Vater beerdigen, das Nötigste erledigen und danach nichts wie weg. Doch plötzlich fragt er sich, was es mit der Freundschaft seines Vaters zum alten Lindner auf sich hatte. Warum haben die beiden so lang um diesen unscheinbaren Streifen Land gerungen, der das Windmühlenhaus umgibt? Und was ist aus Martins Jugendgefährten geworden, was aus seinen Rivalen? Alte Freundschaften und Begehrlichkeiten, ein…mehr

Produktbeschreibung
Martin Rohrbach kehrt nach Jahren zurück ins Windmühlenhaus. Dort, in der Nähe des Dorfes allein auf einem Hügel, hat sein Vater gewohnt bis zu seinem Tod. Nur kurz will Martin bleiben, den Vater beerdigen, das Nötigste erledigen und danach nichts wie weg. Doch plötzlich fragt er sich, was es mit der Freundschaft seines Vaters zum alten Lindner auf sich hatte. Warum haben die beiden so lang um diesen unscheinbaren Streifen Land gerungen, der das Windmühlenhaus umgibt? Und was ist aus Martins Jugendgefährten geworden, was aus seinen Rivalen? Alte Freundschaften und Begehrlichkeiten, ein verborgener Schatz und ein nie verjährter Verrat halten ihn zurück in dieser flirrenden Sommerlandschaft, die bei aller Schönheit zum Idyll nicht taugt: Zu weit weg ist das Meer, zu nah die Autobahn, zu weit weg die Arbeit und viel zu nah eine lang geliebte Frau. In kräftigen Farben und zarten Tönen erzählt Jens Wonneberger davon, wie Menschen aufeinander treffen und alles auf eine Karte setzen, um
das zu erreichen, was ihnen das Glück bedeutet.
Autorenporträt
Jens Wonneberger: Geboren 1960 in Großröhrsdorf. Seit 1992 ist er Schriftsteller und Literaturredakteur des Dresdner Stadtmagazins SAX. Zahlreiche Veröffentlichungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.10.2011

Der Wind weiß,
warum er weht
„Sture Hunde“: Jens Wonnebergers
gemächliche Lebensabrechnung
„Wenn Nordostwind weht, sagen die Leute, werde das schon seinen Grund haben. Wenn Westwind weht, sagen die Leute das Gleiche.“ Es ist eine fast schon beängstigende Nüchternheit, mit der das Leben in diesem östlichen Nachwende-Landstrich hingenommen wird. Der Wind weht mal aus der einen, mal aus der anderen Richtung. Es wird viel über ihn geredet, aber es liegt in seiner Natur, dass er gegen Argumente immun ist – er tut, was er will. Fast jedes Kapitel in Jens Wonnebergers neuem Roman „Sture Hunde“ wird von einem Wetterbericht eingeleitet, der zugleich die stürmischen oder gleichmütigen Seelenwetterlagen der Figuren verstehen hilft.
Inmitten dieser Windachsen liegt ein verwunschenes Haus. Es findet sich auf einer kleinen Anhöhe, aus der Ferne ist es kaum zu erkennen, weil eine Mauer aus Büschen und Obstbäumen den Blick verwehrt. Zwei alte Buchen bilden an der Gartentür ein Spalier, überspannen den Eingang wie ein lebender Torbogen. „Eine seltsame Trägheit“ gehe von diesem Fleck aus, erklärt uns der Erzähler. Die Einsamkeit, noch so ein Begriff, der häufig fällt in diesem Buch, zieht sich hier zusammen, verdichtet sich zu einer unnahbaren Trutzburg. Mit dem Rest des Dorfes Ahornstein verbindet dieses Grundstück nicht allzu viel – „es ist ein Ort für Aussätzige geblieben und hat dennoch etwas Märchenhaftes“. Und es gibt Begehrlichkeiten. Denn um das Haus ist auch etwas Rätselhaftes, das weit in die Geschichte der DDR zurückreicht und sich tief im Gedächtnis mancher Figuren eingenistet hat.
Jens Wonneberger lässt dieses verborgene Haus auf dem Hügel, um den der Wind in immer neuen Anläufen pfeift, zum Zentrum einer Lebensabrechnung werden. Allerdings einer sehr stillen, sehr behutsamen, fast schon gemächlichen. Martin Rohrbach, der bei einem Forschungsinstitut in der Stadt arbeitet, kehrt an seinen Kindheitsort zurück, um den Vater zu beerdigen und dessen Haushalt aufzulösen. Da sein eigener Gefühlshaushalt durch die Rückkehr durcheinandergewirbelt wird – der aus verschiedensten Richtungen wehende Wind tut auch hier als äußeres Zeichen innerer Turbulenzen seine Arbeit –, zieht sich der Aufenthalt in die Länge. Denn es ist nicht nur die Unzufriedenheit mit seinem Job und seinem eher trostlosen Dasein in der Stadt, das ihn verweilen lässt. Nach etlichen Jahren bricht in ihm eine Wunde auf, die noch immer schmerzt: Seine Jugendliebe Linda hatte sich damals für den besten Freund Gregor entschieden, diesen geheiratet und Martin damit aus dem Dorf vertrieben. Und die Sehnsüchte veränderten sich. Linda beneidete Martin darum, zum Studium dem Mief des heimischen Nestes entkommen zu sein. Martin neidete Gregor die Frau. Inzwischen sind die beiden allerdings geschieden, und Linda sucht die Nähe des zurückgekehrten Jugendfreundes.
Zwischen den verschiedenen Figuren, diesen sturen Hunden, gären Konflikte – es geht um Verrat und um alte Geheimnisse, und es dürfte kaum verwundern, dass die Jahre das Unausgesprochene aufgebläht haben. Am Ende bleibt von den Illusionen und Verletzungen kaum etwas übrig. Das ist das Besondere an diesem stillen Buch: Wie es in einem fast schon grausam langsamen Rhythmus die Einsamkeit und Verlorenheit in der Sprache sichtbar macht; wie hier ein paar Menschen ihre Zeit verspielen und sich doch nicht in eine Verzweiflung stürzen, sondern wie Überlebende ihrer eigenen Existenz immerzu weitermachen. Auf fast traurig-trotzige Weise wollen sie sich zufriedengeben mit dem, was nach ihren Träumereien übrig geblieben ist. „Früher hat er geglaubt, man müsse immer neue Ideen haben, um das Leben interessant zu machen, jetzt sucht auch er nach Aufgaben, die seine Tage ausfüllen und Zeichen setzen gegen die Vergeblichkeit.“ Wie es am Ende mit Martin, der wieder abreist, mit Linda und Gregor weitergeht – das weiß in diesem Buch nicht einmal der Wind. Zumindest verrät er es nicht.
ULRICH RÜDENAUER
JENS WONNEBERGER: Sture Hunde. Roman. Steidl Verlag. Göttingen 2011. 233 Seiten. 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2012

Einst war ich heimisch

Dass es so schön sein kann, ein Buch über einen unentschlossenen Menschen in der Mitte seines Lebens zu lesen, einen Städter, der mit dem Gedanken spielt, ins Dorf seiner Kindheit und ins Haus des Vaters zurückzukehren! Wenn man Jens Wonnebergers Roman liest, spürt man die Stärke einer klangvollen und schlichten Prosa, die keinen überflüssigen Wind macht, sondern gekonnt eine dörfliche Gemeinschaft schildert, an deren Rande ein einsamer Held nach der Antwort auf eine alte Frage sucht: Wo ist ein Bleiben in dieser Welt? Das Haus, um das es geht, liegt allein auf einem Hügel des Dorfes Ahornstein, dem sächsischen Herkunftsort des Autors, Ohorn, nachgestaltet. Rohrbach hat das leicht verfallene Haus gerade geerbt. Die Natur fasst der Autor in treffende Bilder: Boviste auf der Wiese zerplatzen bei jeder Berührung. In der Nähe dröhnt die Autobahn, der Wind weht den Geruch der Müllkippe herüber. Doch das Haus auf dem Hügel hält seinen neuen Besitzer fest. Es ist ein Gegenort zur Stadt und dem Leben als Kommunikationswissenschaftler in einem Institut für Demoskopie. Die Abbildung menschlicher Verhältnisse in Diagrammen verkörpert die Anonymität des städtischen Lebensraums, ohne dass der Gegensatz der Orte zum Stereotyp verkommen würde. Dafür ist der Blick auf das Dorf viel zu raffiniert. Der einst Heimische schaut mit einer Mischung aus Sehnsucht und Distanz auf einstige Freunde, die am Tresen der Trinkhalle lauter werden, auf sture Alte mit ihren immer gleichen Wegen, auf eine lange geliebte Frau, die frisch geschieden vor ihm steht. Jens Wonneberger gelingt es in seinem vierten Roman nicht nur, die soziale und kommunikative Oberfläche dieser Welt genau zu beschreiben. Ahornstein ist auch ein Ort der Tiefe, an dem sich Geschichten und Geschichte bis zu einer fast mythischen Dichte verweben. (Jens Wonneberger: "Sture Hunde". Roman. Steidl Verlag, Göttingen 2011. 240 S., geb., 19,90 [Euro].) sake

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ulrich Rüdenauer ist von diesem "stillen" Roman, in dem vor allem die wechselnden Wetterlagen die Aufgewühltheit ihrer Figuren nach außen kehren, in den Bann gezogen. Als Martin Rohrbach in sein ostdeutsches Heimatdorf zurückkehrt, wird er mit dunklen Geheimnissen der Vergangenheit, alten Wunden und Verrat konfrontiert, erzählt uns der Rezensent. Dass am Ende von all dem nicht viel "übrig" bleibt, die Protagonisten als zähe Überlebende ihrer eigenen Illusionen und Wünsche einfach weiter machen und ihr Alleinsein mit der Wonnebergers Sprache in ihrem quälend gemächlichem Fluss so plastisch abbildet wird, das hat Rüdenauer als das "Besondere" an diesem Roman ausgemacht, und es hat ihn nachhaltig gefesselt.

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