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Sterbehilfeorganisationen mißbrauchen geschickt die Angst der Menschen vor Schmerzen und ihre Hilflosigkeit vor dem Tod, um ihre lebensverachtenden Programme zur Beseitigung Schwerstkranker durchzusetzen. Das Buch deckt die Hintergründe und Machenschaften der Todesengel auf und zeigt Wege, wie Sterbende menschlich und würdevoll auf ihren letzten Weg begleitet werden können

Produktbeschreibung
Sterbehilfeorganisationen mißbrauchen geschickt die Angst der Menschen vor Schmerzen und ihre Hilflosigkeit vor dem Tod, um ihre lebensverachtenden Programme zur Beseitigung Schwerstkranker durchzusetzen. Das Buch deckt die Hintergründe und Machenschaften der Todesengel auf und zeigt Wege, wie Sterbende menschlich und würdevoll auf ihren letzten Weg begleitet werden können
Autorenporträt
Stefan Rehder, 1967 geboren, war innenpolitischer Redakteur der "Passauer Neuen Presse" und als Pressereferent im Bundesforschungsministerium tätig. Als Autor mit den Schwerpunkten Lebensrecht, Bioethik und Biomedizin arbeitete Rehder, der für seine journalistische Arbeit mehrfach ausgezeichnet wurde, für "Die Welt" sowie seit mehr als einem Jahrzehnt für "Die Tagespost".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.06.2009

Der Tod ist kein Geschäft
Stefan Rehder warnt vor Sterbehilfe und Patientenverfügung
An diesem Donnerstag entscheidet der Bundestag über ein Gesetz zur Patientenverfügung. Damit steht auch die Frage zur Debatte, ob es Grenzen der Selbstbestimmung geben muss. Kann Selbstbestimmung auch bedeuten, sich das Selbst zu nehmen oder sich dabei helfen zu lassen? Herr des eigenen Lebens und Sterbens wähnt sich der Mensch, darum wird er die Frage in der Regel bejahen. Ein klares Nein hält der Journalist Stefan Rehder parat. Sein Plädoyer wider die Sterbehilfe belässt es aber nicht bei philosophischer Spekulation. Letztlich könne man die Debatten über Patientenverfügung, Euthanasie und Schmerzmedizin nur verstehen, wenn man sie als wirtschaftliches Diktat deute: In dieser Perspektive liegt die Brisanz dieses ebenso meinungsfreudigen wie faktenreichen Buches.
Der Schweizer Ludwig Minelli etwa, der vorgibt, einzig dem würdevollen Ableben seiner Klientel verpflichtet zu sein, muss sich von Rehder vorhalten lassen: Bis zu 10 000 Franken könne „eine Suizidbegleitung durch ,Dignitas’ kosten”. Mit investigativem Eifer hat Rehder die Satzung des Sterbehilfevereins durchforstet. Schlüssig belegt er die Machtfülle Minellis. Als Generalsekretär kann er Mitglieder definitiv aufnehmen oder endgültig ausschließen, zudem ist er als eines von zwei „Aktivmitgliedern” faktisch das oberste Organ. Vor diesem Hintergrund kann die Ausweitung des Kerngeschäfts auf Deutschland, woher 60 Prozent der über 800 dank „Dignitas” gestorbenen Lebensmüden stammten, eine ökonomisch sinnvolle Expansionstrategie sein.
In den drei Beneluxländern gibt es keinen Bedarf für Minellis Dienste. Dort ist die aktive Sterbehilfe legal. Seit 2002 darf in Belgien und den Niederlanden, seit 2008 in Luxemburg Menschen der Tod verabreicht werden. In den erstgenannten Ländern werden nur rund die Hälfte aller Fälle vorschriftsmäßig gemeldet, in Holland soll jeder vierte Patient gar nicht um den Tod gebeten haben. Ebenfalls zwischen Maastricht und Groningen dürfen bereits Zwölfjährige, wie es im Gesetz heißt, „Lebensbeendigung auf Verlangen” in Anspruch nehmen. Sie müssen so schwer leiden, dass sie „keine Aussicht auf Zukunft” haben. Rehder nennt es „absurd, aus Mitleid ausgerechnet diejenige Person zu vernichten, mit der man Mitleid zu haben glaubt”.
Woher kommt die Hochschätzung der Zukunft als einer Denkkategorie, die in der Gegenwart drastische Maßnahmen rechtfertigen soll? C. S. Lewis schreibt in seiner „Dienstanweisung für einen Unterteufel”, die Zukunft sei der „zeitlichste Teil der Zeit”, bereits „aus biologischer Notwendigkeit gehen alle Leidenschaften in diese Richtung”. Demnach eröffnet das futurische Denken einen Raum rücksichtsloser Gegenwärtigkeit. Die vorgestellte Zukunft ist das Material, mit dem sich Debatten zuspitzen, Forderungen potenzieren lassen. Am Ende des Lebens, lesen wir, kostet ein Tag intensivmedizinischer Betreuung bis zu 2000 Euro, die Hälfte aller medizinischen Kosten fallen in den beiden letzten Lebensjahren an, bis zum Jahr 2060 wird es in Deutschland voraussichtlich vier Millionen pflegebedürftige Menschen geben.
Solidarisch sterben
Rehder sagt nicht rundweg, die Patientenverfügung sei ein aus Zukunftsangst kreiertes Produkt, mit dem der Bankrott des Gesundheitssystems verhindert werden soll. Wohl aber sieht er im „Bemühen der Politik, Patientenverfügungen einen rechtsverbindlichen Charakter zu verleihen, eine Kapitulation vor den Missständen im Gesundheitswesen”. Die Angst vor künftigem Leiden werde instrumentalisiert, damit „ein von der Gesellschaft für sinnvoll erachteter Tod, der die Solidargemeinschaft entlastet statt belastet, sich als selbstgewünscht empfinden lässt und als Ausdruck der Selbstbestimmung kaschiert werden kann”.
Mit dieser Mahnung begibt sich Rehder auf das Feld der Futurologie. Gewiss wohnt jedem Rechtsinstrument die Tendenz inne, Normalität auch dann zu setzen, wenn es Handlungsspielräume erweitern will. Ob aber dereinst mittels Patientenverfügung zum „sozialverträglichen Ableben” aufgerufen werden soll? Zumindest wird durch das Papier, auf dem der Patient die intensive Behandlung bestimmter Krankheitszustände einschränken kann, „ein der Natur nach soziales Problem auf ein individuelles zurechtgestutzt”. Der Arzt hat es dann nicht mit einem Menschen, sondern mit einem vielfältig deutbaren Zettel zu tun.
Der Ausweg, den Rehder sieht, heißt Vorsorgevollmacht. Ein Mensch des Vertrauens wird beauftragt, die Rechte eines anderen Menschen wahrzunehmen, wenn dieser sich nicht äußern kann. Der Arzt werde auf diese Weise entlastet, und der Patient habe einen Vertreter aus Fleisch und Blut. Die Tatsache, dass die öffentliche Debatte sich auf die Patientenverfügung konzentriert und die Vorsorgevollmacht verschweigt, spricht fast für Rehders steile These von der kaschierten Selbstbestimmung.
Der Paradigmenwechsel, den der nicht immer formulierungssichere Autor fordert, wäre einen Versuch wert. Wenn Leben kein Synonym wäre für Leistung, wenn der Mensch nicht auf seinen Intellekt reduziert würde, könnten Leid, Schmerz und Verdämmern gemeinsam ertragen statt individuell ausgemerzt werden. Der Tod auf Bestellung bliebe stellungslos. ALEXANDER KISSLER
STEFAN REHDER: Die Todesengel. Euthanasie auf dem Vormarsch. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009. 192 Seiten, 18,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Engagiert, faktenreich und als klare Streitschrift gegen Sterbehilfe präsentiert sich dem Rezensenten Alexander Kissler dieses Buch von Stefan Rehder. Der Autor argumentiert darin nach Kisslers Darstellung scharf gegen die Patientenverfügung und stellt die brisante These auf, dass sich hinter dem vermeintlichen Bemühen um das Wohl schwerkranker Lebensmüder handfeste wirtschaftliche Interessen verbergen, informiert der Rezensent. Am Beispiel des Schweizer Sterbehilfevereins "Dignitas" sieht Kissler das überzeugend dargelegt und auch die Überlegungen zur aktuellen Debatte um einen Gesetzentwurf zur Patientenverfügung verknüpft Rehder plausibel mit einer "Kapitulation vor den Missständen im Gesundheitswesen", wie der Rezensent findet. Auch wenn er den Autor in den Formulierungen nicht immer ganz sattelfest sieht, so ist Kissler für die Forderung Rehders für eine "Vorsorgevollmacht" statt einer Patientenverfügung durchaus offen.

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