Bäume gehören zu den größten und faszinierendsten Lebewesen. In alten Kulturen und Religionen wurden sie als Sitz der Götter oder übernatürlicher Wesen verehrt. Noch heute beeindruckt der Anblick imposanter Buchen und mächtiger Eichen. Manche Bäume blicken auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurück; könnten sie sprechen, sie hätten einiges zu berichten. David Suzuki und Wayne Grady erzählen eine solche Geschichte. Ihre "Biografie eines Baumes" - beeindruckend illustriert durch Federzeichnungen des kanadischen Künstlers Robert Bateman - beschreibt sieben Jahrhunderte im Leben einer Douglasie. Erzählt wird nicht allein die Geschichte in ihrem ökologischen Kontext, etwa wie es dem Samen gelingt, Wurzeln zu schlagen, oder wie der heranwachsende Baum Wind und Wetter trotzt. Eingebunden sind zahlreiche Ausflüge in die Kulturgeschichte der Menschheit und die Evolutionsgeschichte unseres Planeten. Ein wahrhaft gelungener Blick darauf, wie alles mit allem zusammenhängt, und eine großartige Hommage an das Wunder namens Leben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.2012Baumliebhaber
Die Douglasie, im frühen neunzehnten Jahrhundert vom englischen Pflanzenjäger David Douglas aus Nordamerika nach Europa gebracht, hat sich auch in deutschen Wäldern breitgemacht. Sie ist eine Pionierpflanze, die gern wandert. Als nachwachsenden Rohstoff, wie das steril heißt, als Nutzpflanze mit schnellem Wachstum und breitem Verwendungsgebiet meint man sie zu kennen - und verkennt doch, welches Wunder sich hinter Entstehen, Wachsen und Tod einer solchen Pflanze verbirgt. Der Träger des Alternativen Nobelpreises 2009, der kanadische Genetiker und Zoologe David Suzuki, hat vor acht Jahren die Biographie einer Douglasie geschrieben, die dankenswerterweise jetzt auf Deutsch erschienen ist. Der unweit seines Hauses wachsende Baum, geschätzte vierhundert Jahre alt, habe ihm die Augen geöffnet. Der Autor rekonstruiert dessen Geburt in der Asche jener Großbrände, die immer wieder die nordamerikanische Westküste verheeren. Er beschreibt seinen Baum als Individualisten und Gemeinschaftswesen, schildert sein Sexleben und seine Widerständigkeit. Niemals vermenschlicht er den Baum, sondern ordnet dessen Existenz mit großer Einfühlung in den großen Zusammenhang ein, der sich Biodiversität nennt. Denn nichts geht über natürliche Lebensbedingungen, das macht der Autor deutlich: Durch Aufforstung erreicht man nur Monokultur. Dreihundert Jahre nach unserer Zeit endet das Leben des Baumes, wenn er, längst entwurzelt und zu Totholz geworden, dem Samen einer Hemlocktanne als Keimbett dient. (David Suzuki und Wayne Grady: "Der Baum". Eine Biographie. Mit Zeichnungen von Robert Bateman. Aus dem Englischen von Eva Leipprand. Oekom Verlag, München 2012. 207 S., geb., 19,95 [Euro].)
hhm
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Douglasie, im frühen neunzehnten Jahrhundert vom englischen Pflanzenjäger David Douglas aus Nordamerika nach Europa gebracht, hat sich auch in deutschen Wäldern breitgemacht. Sie ist eine Pionierpflanze, die gern wandert. Als nachwachsenden Rohstoff, wie das steril heißt, als Nutzpflanze mit schnellem Wachstum und breitem Verwendungsgebiet meint man sie zu kennen - und verkennt doch, welches Wunder sich hinter Entstehen, Wachsen und Tod einer solchen Pflanze verbirgt. Der Träger des Alternativen Nobelpreises 2009, der kanadische Genetiker und Zoologe David Suzuki, hat vor acht Jahren die Biographie einer Douglasie geschrieben, die dankenswerterweise jetzt auf Deutsch erschienen ist. Der unweit seines Hauses wachsende Baum, geschätzte vierhundert Jahre alt, habe ihm die Augen geöffnet. Der Autor rekonstruiert dessen Geburt in der Asche jener Großbrände, die immer wieder die nordamerikanische Westküste verheeren. Er beschreibt seinen Baum als Individualisten und Gemeinschaftswesen, schildert sein Sexleben und seine Widerständigkeit. Niemals vermenschlicht er den Baum, sondern ordnet dessen Existenz mit großer Einfühlung in den großen Zusammenhang ein, der sich Biodiversität nennt. Denn nichts geht über natürliche Lebensbedingungen, das macht der Autor deutlich: Durch Aufforstung erreicht man nur Monokultur. Dreihundert Jahre nach unserer Zeit endet das Leben des Baumes, wenn er, längst entwurzelt und zu Totholz geworden, dem Samen einer Hemlocktanne als Keimbett dient. (David Suzuki und Wayne Grady: "Der Baum". Eine Biographie. Mit Zeichnungen von Robert Bateman. Aus dem Englischen von Eva Leipprand. Oekom Verlag, München 2012. 207 S., geb., 19,95 [Euro].)
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2013Zeitspeicher
David Suzuki und Wayne Grady
schreiben eine Baum-Biografie
Stop talking. Start planting! Unter diesem Motto pflanzt die Schülerinitiative „Plant-for-the-Planet“ jährlich hunderttausende von Bäumen auf der ganzen Welt und leistet hiermit ihren Beitrag gegen die Klimakrise. Ins Leben gerufen wurde das Projekt 2007 von dem damals neunjährigen Felix Finkbeiner. Wer mehr von Felix und seinen Freunden erfahren will, kann zu dem Buch „Baum für Baum“ greifen, das bereits vor zwei Jahren im oekom Verlag erschienen ist. Der auf ökologische Themen spezialisierte Münchner Verlag hat zudem das Buch „Der Baum. Eine Biographie“ herausgebracht. Verfasst hat es David Suzuki, der Träger des Alternativen Nobelpreises, in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller und Essayisten Wayne Grady. Suzuki ist von Hause aus Zoologe mit dem Schwerpunkt Genetik. Für Bäume hat er sich Zeit seines Lebens nicht sonderlich interessiert. Bis ihn ein einzelnes Exemplar in der Nähe seines Inselhauses die Augen dafür öffnete, „was für ein Wunder ein Baum doch ist“. Die Begeisterung, die Suzuki angesichts der Douglasie vor seiner Haustür mit einem Schlag entwickelte, merkt man jeder Buchseite an.
Schon der britische Romanautor John Fowles nannte Bäume „Zeitmaschinen“. Die Autoren haben alles andere als ein trockenes naturwissenschaftliches Lehrwerk geschrieben. Sie erzählen die Biografie der Douglasie von der Geburt über ihr Wachstum bis zum Tod. Das sind in diesem Fall rund 700 Jahre voller faszinierender biologischer Vorgänge, die Suzuki und Grady trotz aller Wissenschaftlichkeit in lebendigem Ton für jeden nachvollziehbar erklären. Die detailverliebten schwarz-weiß-Zeichnungen von Robert Bateman, machen das Buch zudem zu einer wahren Augenfreude.
Man kommt beim Lesen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, etwa wenn man ins Kronendach der Douglasie mitgenommen wird, das Pflanzen, Wirbeltiere, Pilze und Insekten beherbergt: „Sie wird zu einem sich selbst genügenden einzigartigen Ökosystem, von dem man bis vor kurzem überhaupt nichts wusste.“ So leben in der Kronenschicht eines Douglasienwaldes nach jüngsten Untersuchungen bis zu 6000 Gliederfüßer, von denen rund 300 für die Wissenschaft bis vor Kurzem noch völlig neu waren. Das ist nur eine von vielen Informationen, die man auf dieser besonderen biografischen Reise durch die Jahrhunderte erfährt.
Dabei ist die Douglasie mit ihren rund 65 Millionen Nadeln wie alle Bäume kein Einzelgänger, sondern, vielleicht mehr sogar als der Mensch, ein soziales Wesen. „Sie pflegen Beziehungen und kommunizieren sogar mit Bäumen innerhalb des Bestands. (. . .) In oftmals erstaunlicher Weise setzen sie sich für das gemeinsame Wohl ein.“ Und so ist „Der Baum“ zwar die Lebensbeschreibung eines einzelnen Baumes, will aber zugleich „die Geschichte aller Bäume und allen Lebens, überall hier auf unserer Erde“ sein. Es ist eine Geschichte von wechselseitigem Geben und Nehmen, von großen Herausforderungen und deren Bewältigung.
Nicht zuletzt kommen naturhistorisch interessierte Leser auf ihre Kosten. Denn die Biografie des Baumes wird parallel erzählt zur Entwicklung der Botanik vom Mittelalter bis in unsere Gegenwart. Und im Hier und Heute wird man nach der Lektüre von „Der Baum“ eine weltweite Bepflanzungs-Initiative wie die des Schülers Felix Finkbeiner umso mehr zu schätzen wissen.
FLORIAN WELLE
David Suzuki, Wayne Grady : Der Baum. Eine Biographie. Aus dem Englischen von Eva Leipprand. oekom Verlag, München 2012. 208 Seiten, 19,95 Euro.
Das Kronendach der Douglasie
beherbergt Pflanzen,
Wirbeltiere, Pilze und Insekten
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
David Suzuki und Wayne Grady
schreiben eine Baum-Biografie
Stop talking. Start planting! Unter diesem Motto pflanzt die Schülerinitiative „Plant-for-the-Planet“ jährlich hunderttausende von Bäumen auf der ganzen Welt und leistet hiermit ihren Beitrag gegen die Klimakrise. Ins Leben gerufen wurde das Projekt 2007 von dem damals neunjährigen Felix Finkbeiner. Wer mehr von Felix und seinen Freunden erfahren will, kann zu dem Buch „Baum für Baum“ greifen, das bereits vor zwei Jahren im oekom Verlag erschienen ist. Der auf ökologische Themen spezialisierte Münchner Verlag hat zudem das Buch „Der Baum. Eine Biographie“ herausgebracht. Verfasst hat es David Suzuki, der Träger des Alternativen Nobelpreises, in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller und Essayisten Wayne Grady. Suzuki ist von Hause aus Zoologe mit dem Schwerpunkt Genetik. Für Bäume hat er sich Zeit seines Lebens nicht sonderlich interessiert. Bis ihn ein einzelnes Exemplar in der Nähe seines Inselhauses die Augen dafür öffnete, „was für ein Wunder ein Baum doch ist“. Die Begeisterung, die Suzuki angesichts der Douglasie vor seiner Haustür mit einem Schlag entwickelte, merkt man jeder Buchseite an.
Schon der britische Romanautor John Fowles nannte Bäume „Zeitmaschinen“. Die Autoren haben alles andere als ein trockenes naturwissenschaftliches Lehrwerk geschrieben. Sie erzählen die Biografie der Douglasie von der Geburt über ihr Wachstum bis zum Tod. Das sind in diesem Fall rund 700 Jahre voller faszinierender biologischer Vorgänge, die Suzuki und Grady trotz aller Wissenschaftlichkeit in lebendigem Ton für jeden nachvollziehbar erklären. Die detailverliebten schwarz-weiß-Zeichnungen von Robert Bateman, machen das Buch zudem zu einer wahren Augenfreude.
Man kommt beim Lesen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, etwa wenn man ins Kronendach der Douglasie mitgenommen wird, das Pflanzen, Wirbeltiere, Pilze und Insekten beherbergt: „Sie wird zu einem sich selbst genügenden einzigartigen Ökosystem, von dem man bis vor kurzem überhaupt nichts wusste.“ So leben in der Kronenschicht eines Douglasienwaldes nach jüngsten Untersuchungen bis zu 6000 Gliederfüßer, von denen rund 300 für die Wissenschaft bis vor Kurzem noch völlig neu waren. Das ist nur eine von vielen Informationen, die man auf dieser besonderen biografischen Reise durch die Jahrhunderte erfährt.
Dabei ist die Douglasie mit ihren rund 65 Millionen Nadeln wie alle Bäume kein Einzelgänger, sondern, vielleicht mehr sogar als der Mensch, ein soziales Wesen. „Sie pflegen Beziehungen und kommunizieren sogar mit Bäumen innerhalb des Bestands. (. . .) In oftmals erstaunlicher Weise setzen sie sich für das gemeinsame Wohl ein.“ Und so ist „Der Baum“ zwar die Lebensbeschreibung eines einzelnen Baumes, will aber zugleich „die Geschichte aller Bäume und allen Lebens, überall hier auf unserer Erde“ sein. Es ist eine Geschichte von wechselseitigem Geben und Nehmen, von großen Herausforderungen und deren Bewältigung.
Nicht zuletzt kommen naturhistorisch interessierte Leser auf ihre Kosten. Denn die Biografie des Baumes wird parallel erzählt zur Entwicklung der Botanik vom Mittelalter bis in unsere Gegenwart. Und im Hier und Heute wird man nach der Lektüre von „Der Baum“ eine weltweite Bepflanzungs-Initiative wie die des Schülers Felix Finkbeiner umso mehr zu schätzen wissen.
FLORIAN WELLE
David Suzuki, Wayne Grady : Der Baum. Eine Biographie. Aus dem Englischen von Eva Leipprand. oekom Verlag, München 2012. 208 Seiten, 19,95 Euro.
Das Kronendach der Douglasie
beherbergt Pflanzen,
Wirbeltiere, Pilze und Insekten
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
David Suzuki, Zoologe und Träger des Alternativen Nobelpreises, war von einem Baum, genauer: von einer Douglasie, vor seiner Tür derart begeistert, dass er sich mit dem Schriftsteller und Essayisten Wayne Grady flugs an eine Biografie eben jenes Baumes gesetzt hat, berichtet Florian Welle. Das Buch "Der Baum" ist das gelungene Ergebnis, das, trotz seiner Ausflüge in die Biologie oder in die Geschichte der Botanik, dem Rezensenten alles andere als trocken vorkommt. Allein schon die Schwarzweiß-Zeichnungen von Robert Bateman findet Welle großartig, aber die Einführung in die faszinierenden biologischen Vorgänge hat für ihn noch einmal nachvollziehbar gemacht, warum Bäume im Ökosystem der Erde eine so wichtige Rolle einnehmen, erklärt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»In bester Tradition amerikanischer Naturschriftsteller präsentiert das kanadische Autorenduo 700 Jahre im Leben einer Douglasie in den Regenwäldern des pazifischen Südwesten Kanadas - eine großartige Hommage an das Wunder der Natur« dergartenlandbau