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Die Vereinigung Deutschlands war ein politisches Weltereignis mit weitreichenden Folgen. Sie führte nicht nur zur Überwindung des Kalten Krieges, sondern auch zur Ausdehnung der NATO nach Osten bis an die Grenze der Sowjetunion und zu einer grundlegenden Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses. Während bisher die innenpolitische Komponente im Vordergrund stand und weit überschätzt wurde - hier das Aufbegehren der ostdeutschen Bevölkerung, dort das energische Vorgehen des "Einheitskanzlers" -, untersucht Alexander von Plato nunmehr umfassend die internationale Dimension des…mehr

Produktbeschreibung
Die Vereinigung Deutschlands war ein politisches Weltereignis mit weitreichenden Folgen. Sie führte nicht nur zur Überwindung des Kalten Krieges, sondern auch zur Ausdehnung der NATO nach Osten bis an die Grenze der Sowjetunion und zu einer grundlegenden Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses. Während bisher die innenpolitische Komponente im Vordergrund stand und weit überschätzt wurde - hier das Aufbegehren der ostdeutschen Bevölkerung, dort das energische Vorgehen des "Einheitskanzlers" -, untersucht Alexander von Plato nunmehr umfassend die internationale Dimension des Geschehens. In jahrelanger Recherchearbeit ging er den bisherigen Mythen auf den Grund. Er prüfte die unterschiedlichen Dokumente in Ost wie West, wobei er als Einziger bisher auch die sowjetischen Politbüro-Protokolle und die Mitschriften der internationalen Begegnungen Gorbatschows einsehen konnte, und befragte die Hauptakteure in Washington, Moskau und Paris sowie in Bonn und Ost-Berlin. Die Ergebe von knapp hundert Interviews mit führenden Politikern wie Bush, Baker, Kohl, Genscher, Gorbatschow, Schewardnadse und ihren jeweiligen Beratern sowie mit Angehörigen der DDR-Opposition konfrontiert er mit den internen Strategiepapieren der Staatskanzleien und Außenministerien. Dabei kommt er zu dem Schluß, daß es bereits Monate vor den Ereignissen im Herbst 89 strategische Absprachen zwischen Washington und Moskau gab und die Zustimmung der Sowjetunion zur freien Bündniswahl des vereinigten Deutschland durch die Zusage zu einem europäischen Sicherheitssystem erkauft wurde, das dann aber nie zustande kam. Die Weichen wurden nicht bei "Strickjackengesprächen" im Kaukasus gestellt, sondern lange zuvor in den Zentren der Weltpolitik.
Autorenporträt
Alexander von Plato: Jahrgang 1942, Studium der Philosophie, Soziologie und Theaterwissenschaften an der Freien Universität Berlin, 1973 Promotion, anschließend Studienleiter und Dozent beim Evangelischen Studienwerk Villingst, 1980-1983 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Essen bei Lutz Niethammer, 1983 Wechsel an die FernUniversität Hagen, 1988 Mitbegründer der Zeitschrift für Biographieforschung und Oral History (BIOS), 1993 Aufbau des Instituts für Geschichte und Biographie der FernUniversität Hagen. Für das ZDF-Doku-Drama "Deutschlandspiel" von Hans-Christoph Blumenberg führte er 2000 zahlreiche Interviews mit amerikanischen und sowjetischen Spitzenpolitikern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2003

Im Osten nichts Neues
Moskauer Quellenfund zum Wiedervereinigungsprozeß

Alexander von Plato: Die Vereinigung Deutschlands - ein weltpolitisches Machtspiel. Bush, Kohl, Gorbatschow und die geheimen Moskauer Protokolle. Ch. Links Verlag, Berlin 2002. 485 Seiten, 19,90 [Euro].

Muß das Geschichtsbild von der deutschen Wiedervereinigung aufgrund dieses Buches revidiert werden? Der Autor will angebliche Legenden zerstören und erzeugt dabei selbst eine Legende. Er hat erstmals die sowjetischen Aufzeichnungen über Gorbatschows Gespräche mit ausländischen Staatsmännern und einige ausgewählte Politbüro-"Protokolle" (keine offiziellen Protokolle, sondern nachträgliche Kompilationen aus Notizen, die "Gorbatschow-Leute" während der Sitzungen gemacht haben) einsehen können. Was hat er aus diesem Fund gemacht? Er hat die sowjetischen Dokumente in seinem Buch nicht ungekürzt abgedruckt, sondern er zitiert sie nur selektiv und ausschnittweise, kommentiert sie mit Hilfe zahlreicher Interview-Nachfragen und vergleicht sie mit den bereits publizierten westlichen Dokumenten.

Im Visier hat Alexander von Plato einen angeblichen "nationalen Mythos", nämlich die These, daß die deutsche Einheit im wesentlichen eine Tat der Deutschen gewesen sei. Als Beleg für die Existenz eines solchen Mythos kann er freilich nur auf Fernsehprogrammzeitschriften verweisen. Das ist nicht verwunderlich. Denn in der seriösen wissenschaftlichen Literatur ist längst nachgewiesen worden, daß die Wiedervereinigung das Ergebnis eines "weltpolitischen Machtspiels" war; auch daß die grundsätzliche Einigung zwischen Bush und Gorbatschow der konkreten Einigung zwischen Kohl und Gorbatschow vorausging. Die Moskauer Dokumente bestätigen diesen Befund und bringen insofern nichts Neues. Nur an wenigen Stellen weichen die sowjetischen Gesprächsprotokolle von den bereits publizierten westlichen Protokollen ab. Ironischerweise ist gerade eine dieser Abweichungen dazu angetan, die vom Autor beabsichtigte Relativierung der Rolle Kohls zu konterkarieren.

Plato muß einräumen, daß die Sache mit den Bush-Gorbatschow-Gesprächen keineswegs "gelaufen" war; daß es bei dem Kaukasus-Gespräch zwischen Gorbatschow und Kohl am 16. Juli 1990 "trotz der grundsätzlichen Klärung über die Nato-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands in Washington und ersten Konkretisierungen am Vortag in Moskau noch einige fundamentale Auseinandersetzungen" gab. Erst jetzt fiel die Entscheidung im deutschen Sinne. Die "Protokolle" der Politbürositzungen zeigen ebenfalls, daß in konkreten Fragen der deutschen Einheit die direkten Gespräche mit Kohl ausschlaggebend und letztentscheidend waren.

Der Autor begibt sich im übrigen in eine bemerkenswerte Nähe zu den internen Kritikern und Gegnern Gorbatschows, indem er moniert: "Anstatt die Westeuropäer für ein konkretes gesamteuropäisches Sicherheitssystem unter Einschluß der Sowjetunion (und der USA) zu gewinnen und nicht abstrakt vom Europäischen Haus zu reden, wurde von sowjetischer Seite versucht, die übrigen Westeuropäer gegen die Einheit Deutschlands zu mobilisieren." In diesem Sinne liefen - wie Plato selbst bekennt - seine Fragen an seine sowjetischen Interviewpartner "immer darauf hinaus, ob man das europäische Sicherheitssystem nicht besser zur Voraussetzung oder zur Frage eines Handels um die Einheit Deutschlands gemacht hätte". Die Antwort, die Gorbatschow schriftlich gab (zum mündlichen Interview war er nicht bereit), war für den Autor in der Tat enttäuschend; denn sie belegt ein weiteres Mal die "wesentliche" Rolle der Deutschen: Das deutsche Volk habe dem Prozeß der Wiedervereinigung "ein ungestümes Tempo" gegeben, so daß der gesamteuropäische Prozeß nicht habe Schritt halten oder ihn gar hätte bestimmen können. Mit Bedauern stellt Plato ferner fest, daß auch der französische Präsident Mitterrand nicht energisch genug die favorisierte Reihenfolge - nämlich erst eine europäische "Konföderation" und eine gesamteuropäische Friedensordnung zu schaffen und später die deutsche Wiedervereinigung zu gestatten - betrieben habe.

Plato geht es letztlich darum, plausibel zu machen, daß eine "Verzögerung" des Wiedervereinigungsprozesses, die Gorbatschows Gegner (vermeintlich in Übereinstimmung mit der SPD) anstrebten, zu einem besseren Ergebnis geführt hätte, ohne daß am Ende die Vereinigung der beiden deutschen Staaten auf der Strecke geblieben wäre. Zu diesem Zweck zitiert er die Spitzenpolitiker der Gorbatschow-Opposition, die versicherten, sie seien "nicht grundsätzlich" gegen eine Wiedervereinigung gewesen. Indes, auch Stalin war bekanntlich nicht grundsätzlich gegen eine Wiedervereinigung, sondern gegen eine Wiedervereinigung im westlichen Sinne. Liest man die Äußerungen von Politbüro-Mitglied Ligatschow, Marschall Achromejew und KGB-Chef Krjutschkow, so wird deutlich, daß sie - ebenso wie Stalin - "nur" gegen eine Wiedervereinigung "auf der Grundlage des bürgerlichen Systems und des Verlustes der sozialistischen Werte" sowie im Rahmen der Nato waren. Ligatschow schlug ein Referendum der DDR-Bürger vor, solange "in der DDR die Mehrheit der Bürger die Beibehaltung des sozialistischen Systems befürwortete" (was angeblich, auch nach Meinung Platos, noch Ende November 1989 der Fall gewesen sei).

Daß nach einem "jahrelangen Prozeß mit entsprechenden Verhandlungen" unter fortdauernder Präsenz der Roten Armee in Deutschland eine Wiedervereinigung in Freiheit möglich gewesen wäre, diese neue Legende wird vom Autor als historische Wahrheit suggeriert. Die Tendenz ist klar: Platos "Schlußfolgerung" spricht für sich und sei deshalb abschließend zitiert: "Wenn man nur die Wiedervereinigungspolitik als deutsches Problem und unter deutsch-amerikanischen Vorzeichen sieht, war sie ein Erfolg. Aber wenn man sie unter der Möglichkeit eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems bei Einschluß der Sowjetunion und der USA betrachtet, ist die Einheit unter amerikanischer Nato-Dominanz zugleich ein Mißerfolg der europäischen Staatengemeinschaft, die sich bei einem Erfolg von beiden Großmächten unabhängig hätte machen können - das hieß nach 1990 natürlich vor allem: von den USA."

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Stimme aus dem Verlag
"Alexander von Plato hat für das zweiteilige ZDF-Doku-Drama "Deutschlandspiel" die Recherchen übernommen und mit allen wichtigen Weltpolitikern Interviews über die Ereignisse im Hintergrund der deutschen Vereinigung geführt. Bei den Gesprächen mit Bush und Baker, Kohl und Genscher, Gorbatschow und Schewardnadse, Thatcher und Mitterand traten jedoch erstaunliche Widersprüche zu Tage, denen er dann in den Archiven nochmals auf den Grund gegangen ist. Anschließend konfrontierte er einige Politiker mit den unterschiedlichen Interpretationen und arbeitete sich so zu den inneren Geheimnissen dieses weltpolitischen Machtspiels vor. Zeitgeschichte, wie sie spannender kaum sein kann."
(Christoph Links, Verleger, Ch. Links Verlag)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Alexander von Platos Buch über die deutsche Wiedervereinigung hat Rezensent Werner Link nicht wirklich überzeugt. Für ihn ist längst klar - und in der seriösen wissenschaftlichen Literatur auch nachgewiesen -, dass die Wiedervereinigung das Ergebnis eines "weltpolitischen Machtspiels" war. Deshalb läuft Platos Versuch, den angeblichen "nationalen Mythos", die deutsche Einheit sei im wesentlichen eine Tat der Deutschen, zu zerstören, für Link auch ins Leere. Die erstmalig von Plato eingesehenen sowjetischen Aufzeichnungen über Gorbatschows Gespräche mit ausländischen Staatsmännern, die er zum Ärger Links nur "selektiv und ausschnittsweise" zitiert, statt sie ungekürzt abzudrucken, bestätigen nach Ansicht Links nur das, was ohnehin bekannt war.

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