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Produktdetails
  • Verlag: Limmat Verlag
  • Seitenzahl: 320
  • Deutsch
  • Gewicht: 486g
  • ISBN-13: 9783857914072
  • ISBN-10: 3857914076
  • Artikelnr.: 10662922
Autorenporträt
Michail Schischkin ist einer der meist gefeierten russischen Autoren der Gegenwart. Er wurde 1961 in Moskau geboren, studierte Linguistik und unterrichtete Deutsch. Seit 1995 lebt er in der Schweiz. Seine Romane wurden national und international vielfach ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.03.2003

Drei Russen für einen Schweizer
Michail Schischkin wandert Tolstoj und Byron hinterher
Das Wandern ist ziemlich verkommen, zur ruhigen Volksgesundheits- und Freizeitveranstaltung. Lange galt es als aufregendes Selbsterfahrungs-Abenteuer für junge Adlige und Bürger. Neben Italien waren seit dem 18. Jahrhundert die Alpenpfade Mode: Fort aus den eigenen Städten, hieß es, allein.
Michail Schischkin ist 1961 in Moskau geboren. Für seinen zweiten Roman „Die Eroberung von Ismail” erhielt er den russischen Booker-Preis, und vielleicht muss man in dieser Generation Russe sein, um mit beträchtlichem Enthusiasmus und philosophischem Staunen „auf literarischen Spuren” durch die Schweiz zu wandern. Allerdings: Schischkin hat sich für sein romandickes Werk einen ungewöhnlichen Wegweiser ausgesucht: Tolstoj und Byron. Beide haben zu verschiedenen Zeiten dieselbe Wanderung unternommen: vom Genfersee bis ins Berner Oberland, Schischkin tut es ihnen gleich – in sieben Tagen.
In Russland wird kaum gewandert. Weil, so Schischkin, die Natur nicht eben dazu einlädt. Über hunderte von Kilometern lockt dieselbe Szenerie: Ebene, Wälder. Aber auch die variantenreichere Seen-Berg-Natur beschäftigt den Autor wenig. Schischkins Beobachtungen gehen in dieser Hinsicht selten über touristische Impressionen hinaus. Er wandert nicht eigentlich von Montreux bis ins „lichtdurchflutete Simmental”, viel eher begeht er Kultur-Beziehungen, Thema sind die immer wieder überraschenden Wege zwischen Ost und West.
Adam Olearius, der deutsche Universalgelehrte, Reiseschriftsteller und politische Gesandte aus Aschersleben, soll in seiner „Moscowitschen und Persischen Reise”(1647) die „russische Seele” erst erfunden haben, und auch die dortige Literatur war lange unbekannt. Bis in der Romantik fast jeder russische Schriftsteller aus fremden Sprachen übersetzte und den eigenen Anschluss feierte. Einer der meist bewunderten Ausländer war Byron, dessen Lebenskunst-Gesamtwerk schon beliebt war, als noch wenige Russen Englisch konnten, es gab französische Übersetzungen.
Jahrzehnte später drehte sich, mit Tolstoj als Zentralfigur, das Rad. Flaubert schrieb, er habe aufgeschrien, als er „Krieg und Frieden” las, Thomas Mann bezeichnete Jasnaja Polnja als einen „Gnadenort von Weltanziehungskraft”. Manchmal geraten Schischkin seine kulturhistorischen Betrachtungen etwas lang, doch das unkonventionelle Buch ist von der schönen Freiheit eigener Interessen geprägt. Und kommt dabei, über Schischkins Moskauer Biografie als Sohn nicht systemkonformer Intellektueller, immer wieder in der Gegenwart an.
In ihr lebt „Montreux, Missolunghi, Astapowo”, das Buch eines Wanderers mit Notebook auf dem Rücken, nicht schlecht von der Unvereinbarkeit der verglichenen Gesellschaften: Russland vs. Schweiz, Chaos vs. Ordnung, Wildnis vs. Zivilisation. Das dem nicht immer so war, erfährt man aus Tolstojs Reisebericht: „Die Gesichter sind fröhlich und ihre Gesundheit so, dass es drei Russen bräuchte, um aus ihnen einen Schweizer zu machen. In Genf, in der öffentlichen Badeanstalt, war ich erschrocken ob der Rücken, der Brüste, der Schultern der Männer, und konnte nicht umhin zu denken, dass diesen Schrecken jede Frau fühlen muss, der sich ein solcher menschenförmiger Büffel nähert. ”
HANS-PETER KUNISCH
MICHAIL SCHISCHKIN: Montreux, Missolunghi, Astapowo. Auf den Spuren von Byron und Tolstoj. Eine literarische Wanderung vom Genfersee bis ins Berner Oberland. Aus dem Russischen von Franziska Stöcklin. Limmat Verlag, Zürich 2002. 318 Seiten, 31 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ulrich M. Schmid ist begeistert von diesem Buch, das eine Wanderung vom Genfersee ins Berner Oberland beschreibt, die Michail Schischkin auf den Spuren Tolstois und Byrons unternahm. Der Blick des russischen Autors, der seit 1995 in der Schweiz lebt, entdeckt im für Schweizer Selbstverständlichen "Merkwürdigkeiten", die sie in einem anderen Licht erscheinen lassen, so der Rezensent angetan. Er lobt das "elegante und gleichzeitig tiefgründige" Buch über eine intellektuelle Wanderung und sieht den "besonderen Reiz" des Buches in der Schilderung des "kulturellen Kontrasts zwischen Russland und der Schweiz". Dass Schischkin trotzdem nicht bei dem Klischee der "unüberbrückbaren Kluft" zwischen den beiden Kulturen stehen bleibt, sondern von seinem eigenen Sohn, den er mit seiner Schweizer Frau hat, als dem "Kronzeugen" für eine "kulturübergreifende Wahrheit" erzählt, beeindruckt den Rezensenten besonders.

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