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Produktdetails
  • Verlag: Wieser
  • Seitenzahl: 303
  • Deutsch
  • Abmessung: 160mm x 215mm
  • Gewicht: 744g
  • ISBN-13: 9783851293890
  • ISBN-10: 3851293894
  • Artikelnr.: 10924100
Autorenporträt
Max Blaeulich, in Salzburg geboren, Kaufmannslehre, Studium der Germanistik und Kunstgeschichte. Tätigkeit als Antiquar und Mitarbeit bei verschiedenen Literaturzeitschriften. Als bildender Künstler Ausstellungen seit 1980. 2009 wurde Max Blaeulich mit dem Salzburger Buchpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.06.2003

Letaler Hüftschwung
Max Blaeulichs Konkurs- Roman „Die Knopffabrik”
Im grandiosen Romangebäude des Max Blaeulich gibt es einen Trakt für Metaphysik und einen für Betriebswirtschaftslehre. In den verwinkelten Gängen dieses Gebäudes begegnet man den kuriosesten Gestalten, dem einbeinigen Masseverwalter Jauchinger, an dessen Krücke stets ein Band mit dem Konkursrecht baumelt, dem altmodischen Herrn Cranz, „einem durch und durch mit Speck durchzogenen Kammersänger, geprägt von den unguten Lebensgewohnheiten seiner gänsestopfenden Vorfahren aus Szeged”, dem Dioskurenpaar Gütök und Namadek, zwei düsteren Lagerarbeitern, der Sekretärin Hladik Helga, deren Hüftschwung letale Folgen haben kann... Die kuriosen, atemlos aneinander gefügten Geschichten des Romans, der auf mehreren Ebenen spielt, werden in einer artistischen Kunstsprache dargetan, die bürokratische Floskeln, brutalen Geschäftsjargon, theologische Spitzfindigkeiten, expressives Pathos aufgreift und hochironisch verformt.
In der Rasanz, mit der Blaeulich erzählt, und der Vielfalt an Motiven, die er ausbreitet, lassen sich zwei Hauptstränge ausmachen. Da ist die Geschichte der titelgebenden Knopffabrik in der Salzburger Vorstadt Maxglan, in die Heinrich Zweymüller am 19.September 1958 eintritt, um dort bis zu seiner Entlassung viele Jahre später als Entwerfer von Knöpfen zu arbeiten. Auf dieser Ebene bietet „Die Knopffabrik” einen Betriebsroman, wie er so aberwitzig, mit solch befremdeten Blick auf die Absonderlichkeiten eines hierarchischen Unternehmens, in der jeder sein eigener und der Feind seines nächsten ist, noch selten geschrieben wurde.
Die Liturgie der Fabrik
Die Knopffabrik, in der Knöpfe hergestellt und Schicksale unerbittlich vernichtet werden, hat in der Stadt ein düsteres Spiegelbild, das „Lichtwerk”, die Zentrale einer straff organisierten Sekte, die mit der Knopffabrik über die Gestalt des in seiner Kindheit traumatisierten Heinrich verbunden ist. Die niederen Diener des Lichtwerks, dessen Hierarchie noch starrer ist als die der Knopffabrik, sind in den Straßen mit der sekteneigenen Zeitung „Leuchtturm” unterwegs und sehen vertrauensvoll dem Weltuntergang entgegen, Harmattan, der von den Oberen alle Jahre wieder verheißen wird und nie eintritt.
Und doch ist der drohende Weltuntergang stetig präsent in dem afrikanischen Sand, den der Wind aus der Sahara hierher bringt und unter dem Maxglan zu verschwinden droht. „Fortwährend staubten die Leute ihre Kleider ab und die Dächer ächzten unter der Last...Nicht wenige Leute machten Urlaub bei den Beduinen, um das Gehen im Sand zu vervollkommnen.”
Den 32 Kapiteln des Romans, der die Religion als ökonomisches Projekt deutet, die Arbeit in der Fabrik hingegen als pseudosakrale Tätigkeit interpretiert, ist jeweils ein Paragraph aus dem österreichischen Konkursrecht vorangestellt, was dem Geschehen, das mit dem Konkurs der Knopffabrik, dem Selbstmord Zweymüllers und allenthalben mit Verzweiflung, Niederlage, Enttäuschung endet, eine bizarre bürokratische Folgerichtigkeit gibt.
Der fünfzigjährige Max Blauelich ist ein häretischer, unterschätzter Außenseiter der an Außenseitern nicht gerade armen österreichischen Literatur. Als Herausgeber hat er sich um vergessene österreichische Autoren wie René Altmann oder Carl Armandola verdient gemacht und bedeutende osteuropäische Surrealisten wie Gellu Naum oder Jakub Deml als erster im deutschen Sprachraum präsentiert. Sein eigenes Werk, darunter die pechschwarzen „Bukarester Geschichten” oder der Roman „Der umgekippte Sessel”, harrt eines kundigen Entdeckers und engagierten Förderers, wie er selber einer ist. Bei aller stilistischen und kompositorischen Radikalität, mit der Blaeulich auch diesmal zu Werke geht, ist „Die Knopffabrik” ein unmittelbar zu Herzen gehender Roman, mit dem die überfällige Entdeckung dieses solitären Autors endlich gelingen müsste.
KARL-MARKUS GAUSS
MAX BLAEULICH: Die Knopffabrik. Wieser-Verlag, Klagenfurt 2003. 303 Seiten, 26 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Karl-Markus Gauß ist begeistert! Die Geschichte, die Gauß uns als eine Verknüpfung aus Metaphysik und Betriebswirtschafslehre vorstellt, hat zwei Handlungsstränge, so der Rezensent: da ist einmal der "Betriebsroman" rund um die titelgebende Knopffabrik, mit dem Knopfentwerfer Heinrich Zweymüller als Hauptfigur, zum anderen gibt es das "Lichtwerk", die Zentrale einer Sekte, "die mit der Knopffabrik über die Gestalt des in seiner Kindheit traumatisierten Heinrich verbunden ist". Blaeulich erzählt mit "Rasanz" und bietet eine "Vielfalt an Motiven", schwärmt Gauß. Virtuos entwerfe er eine "artistische Kunstsprache", die "bürokratische Floskeln, brutalen Geschäftsjargon, theologische Spitzfindigkeiten, expressives Pathos" benutze. Den Autor stellt uns Gauß als einen "häretischen, unterschätzten Außenseiter der an Außenseitern nicht gerade armen österreichischen Literatur" vor So habe er sich zwar als Herausgeber vergessener Österreichischer Autoren verdient gemacht und bedeutende osteuropäische Surrealisten wie Gellu Naum oder Jakub Deml als erster im deutschen Sprachraum veröffentlicht. Er selber harre aber nach wie vor seiner Entdeckung. Mit diesem Werk muss ihm der endgültige Durchbruch gelingen, ist Gauß überzeugt.

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