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Der Hohe Norden hat auf Künstler aller Epochen eine besondere Anziehungskraft ausgeübt: weite, menschenleere Landschaften, eine in Frost und Stein erstarrte Natur, die absolute Stille im ewigen Eis - all das beschäftigte die Phantasie, eignete sich als Motiv für Endzeitszenarien, als Metapher für Vereinsamung und Melancholie. Von Caspar David Friedrichs Gescheiterter Hoffnung über Edvard Munchs stummen Schrei vor blutrotem Himmel bis zur zeitgenössischen Photographie ist der Norden immer auch Seelenlandschaft und Stimmungsträger. Axel Hütte, heimlicher Romantiker und der"Landschaftsmaler"unter…mehr

Produktbeschreibung
Der Hohe Norden hat auf Künstler aller Epochen eine besondere Anziehungskraft ausgeübt: weite, menschenleere Landschaften, eine in Frost und Stein erstarrte Natur, die absolute Stille im ewigen Eis - all das beschäftigte die Phantasie, eignete sich als Motiv für Endzeitszenarien, als Metapher für Vereinsamung und Melancholie. Von Caspar David Friedrichs Gescheiterter Hoffnung über Edvard Munchs stummen Schrei vor blutrotem Himmel bis zur zeitgenössischen Photographie ist der Norden immer auch Seelenlandschaft und Stimmungsträger.
Axel Hütte, heimlicher Romantiker und der"Landschaftsmaler"unter den Photographen der Gegenwart, ließ sich weder durch Kälte, Wind noch Wetter abschrecken und zog nordwärts. In Alaska, Grönland, Island und Norwegen entstanden die Aufnahmen seiner jüngsten Serie. Den blauschimmernden Gletschern, vereisten Ebenen und magisch weißen Horizonten des Nordens stellt Hütte in diesem Buch die grüne Üppigkeit südlicher Wälder und subtropischer Dschungel gegenüber.Ein Kontrastprogramm, das nur die Photographie leisten kann. Vor den Urwäldern der südlichen Hemisphäre mußte die Malerei kapitulieren, es sei denn, man holte sich Anregungen aus dem heimischen Botanischen Garten wie der Zöllner Rousseau.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.06.2007

Kunst heiratet Natur
Axel Hüttes Fotos Von Freddy Langer

Zerrissene Gletscher und dichte Dschungel, eiskaltes Blau und schweißtreibendes Grün: Es fehlt nicht viel, und man könnte die Fotografien der Serie "North / South" von Axel Hütte als die jüngste künstlerische Auseinandersetzung mit der aktuellen Klimadebatte missverstehen - als Visionen einer Welt, die mal Kühlkammer war und nun Treibhaus wird. Doch Axel Hütte orientiert sich nicht an den meteorologischen Schreckensnachrichten für morgen, sondern lehnt sich an bei der Kunst von gestern - bei den Malern des neunzehnten Jahrhunderts, die großartigen Landschaften für ihre großformatigen Leinwände ein Moment des Erhabenen abrangen.

Es war die Zeit, als die Sehnsucht nach fernen, unerschlossenen Landschaften schon einmal besonders ausgeprägt war - meist verbunden mit der Hoffnung, in der Ansicht grandioser Höhen und Weiten einen Funken dessen zu spüren, was den Kosmos zusammenhält. Mögen deshalb im neunzehnten Jahrhundert auch ihr Entdeckertrieb und das Interesse an Flora, Fauna und Geologie die Maler in die Wildnis gelockt haben, am Ende war es den Künstlern mit ihren Darstellungen vor allem darum zu tun, beim Betrachter eine Art heiligen Schrecken zu erzeugen. Dafür war zumindest in Amerika das Publikum sogar bereit, Eintritt zu bezahlen.

So reihte man sich etwa in New York vor dem Atelier Frederic Churchs in die Schlange der Besucher ein, um dann auf Stühlchen Platz zu nehmen und zuzuschauen, wie der Künstler endlich einen Vorhang öffnet - und damit den Blick auf die überwältigenden Landschaften zwischen der Arktis und den Anden, je nachdem, ob er gerade aus Labrador zurückgekehrt war oder aus der Vulkanlandschaft Ecuadors. Nach Südamerika war Church dem Ruf Humboldts nach einem Künstler gefolgt, der "die feuchten Gebirgstäler der Tropenwelt" besuchen sollte, "um die vielgestaltige Natur zu erfassen". Doch mochte die Topographie in Churchs Gemälden noch so exakt und detailliert wiedergegeben sein, der spirituelle Aspekt der Arbeiten blieb den Betrachtern kaum verborgen. Hier Feuer, dort Eis. Church verstand es, Gefühle zu regulieren wie mit einem Thermostat.

Und nun Axel Hütte. Es scheint nicht verkehrt, sein Werk "North / South" in der direkten Nachfolge Frederic Churchs einzuordnen. Wie Church ist er vordergründig ein Reiseillustrator, unser Stellvertreter, der loszieht in rohe, abweisende Regionen und von Gegenden berichtet, die wir wohl nie mit eigenen Augen sehen werden: der Bucht von Illulisat mit ihren Eisbergen etwa und den Katarakten des Seljalandfoss in Island, dem Ufersaum des Rio Negro im brasilianischen Regenwald und dem Audubon Swamp bei Charleston in North Carolina.

Allesamt sind es irritierende Landschaften; aber die Aufnahmen sind von spektakulärer Ruhe - nicht nur so ausgewogen komponiert, dass der Blick zunächst fast ratlos über sie hinwegzieht, sondern auf seltsame Weise auch der Zeit entzogen. Sie werden gleichsam zu Abbildungen eines Nullraums, einer opulent gefüllten Leerstelle ohne Tiefe und erkennbare, besser noch: begreifbare Dimension.

Als Originalabzüge, im wandfüllenden Format, saugen sie den Betrachter dennoch fast unmerklich immer tiefer ins Motiv, bis man darin zu verschwinden scheint, fast so, als käme es jetzt, mit mehr als anderthalb Jahrhunderten Verspätung, endlich zu jener Vermählung mit der Natur, an der den Romantikern so viel gelegen hatte, dass sie ihre Lyrik auch als Verlöbnisgedichte bezeichneten. Doch ist diese Vision einer mystischen Welteinheit nicht von Dauer. Letztlich steht ihr die kalte Präzision der Maschinenkunst im Weg.

Und dann begreift man, dass das Grandiose, Sublime, Berauschende nur über den Umweg des Ballasts der Geschichte in die Bilder geraten ist: durch die eigene Erinnerung. Axel Hütte liefert dafür keinen Anhaltspunkt; im Gegenteil. Es ist, als verschwende er seine ganze Leidenschaft darauf, zu zeigen, wie desinteressiert die Natur am Betrachter und all den Adjektiven ist, mit denen sie so gern überzogen wird. Sie ist einfach nur da. Wie also soll man den Band nennen, in dem diese Bilder versammelt sind? Überwältigend ist nicht der schlechteste Begriff. - Unsere Abbildungen aus dem Bildband "North / South" zeigen Vetlebreen, den "kleinen Gletscher" in Norwegen, und den Regenwald der Olympic-Halbinsel im amerikanischen Bundesstaat Washington.

"North / South" von Axel Hütte. Mit einem Text von Hanne Holm-Johnsen. Schirmer / Mosel Verlag, München 2006. 84 Seiten, 39 Farbfotos. Gebunden, 39,90 Euro. ISBN 3-8296-0231-6.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2006

Blendende Reduktion, Fülle, mit Händen zu greifen: Axel Hüttes „North South“
Der Weg vom kargen Norden zur Vegetation des Regenwalds, den der Betrachter von Axel Hüttes neuem Fotografieband „North South“ durchmisst, ist überwältigend in seiner Schönheit wie seiner visuellen Anstrengung. Zunächst kaum zu fassen vermögen zwei Augen das Gebotene. Die äußerste Reduktion in einer Schneelandschaft, zart überfrorene Wiesen und filigrane Eis-Ornamente bestimmen die Bilder des hohen Nordens, während in Aufnahmen von südlicheren Gefilden die Üppigkeit einer Natur gefeiert wird, die einen nicht enden wollenden Formen- und Farbenreichtum hervorbringt.
Der erste Teil des Bandes widmet sich Landschaften in Alaska, Island, Norwegen. Eisig, von blendender Helligkeit, die noch den Anflug eines sommerlichen Grüns wie eine Offenbarung erscheinen lassen, zeigen diese Bilder eine minimalistische Welt, in der nur das Wesentliche Raum findet. Die Kamera bietet eine fast philosophisch anmutende Reflexion über die unterschiedlichen Zustände des Wassers, vom Fließen zum Erstarren: schneebedeckte Flächen werden neben freiem Wasser gezeigt, das sich als Sturzbach über kantige Felsen ergießt, schließlich das Meer, dessen Gischt vor Kälte zu klirren scheint. Auch der zweite Teil des Buches, visuell unterbrochen durch einen erhellenden Essay von Hanne Holm-Johnsen, hat das Wasser zum Thema. Hütte führt hier fort, was bereits in seinem Band „Terra incognita“ Gegenstand des fotografischen Interesses war: Spiegelungen an der Wasseroberfläche lösen Bäume und Blattwerk in mäandrierende Formen auf, intensivieren die Farbigkeit. Unergründlich erscheint das im Wasser gespiegelte Grün, verhalten und lockend zugleich. Nicht immer sind die Schauplätze ferne Sehnsuchtsorte, auch der Bayrischen Wald entfaltet, durch Hüttes Kamera gesehen, eine geradezu märchenhafte Anziehungskraft.
Gegen Ende des Bandes gilt Hüttes Interesse auch wieder der klar gezeichneten Kontur. Botanische Paradiese sind zu sehen, Regenwald, Schlingpflanzen, Farne wirken unwirklich-real in einer fast mit Händen zu greifenden Materialität. Hier lässt sich das Verhalten des Auges studieren, das sich am Leitfaden der Bildabfolge überwältigenden Reizen ausgesetzt sieht. Schauplätze verlieren gegenüber der fotografischen Dimension an Bedeutung: Strukturen, Auflösungen, Farbabstufungen entfalten ihre ästhetische Wirkung, manchmal aber verharrt das träge Auge noch träumerisch bei der Auflösung, wenn bereits schon wieder festumrissene Formen zu sehen sind.
ANDREA GNAM
AXEL HÜTTE: North South. Deutsch/englische Ausgabe. Mit einem Text von Hanne Holm-Johnsen. Schirmer/Mosel Verlag, München 2006. 84 Seiten, 39 Farbtafeln, 39,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Geradezu ins Schwärmen gerät Rezensentin Andrea Gnam beim Betrachten des neuen Fotobands von Axel Hütte. Die Aufnahmen des Fotografen dokumentieren für sie die überwältigende Schönheit nicht nur der eisigen Schneelandschaften des Nordens, sondern auch der üppigen Vegetation der Regenwälder des Südens. In den kontrastierenden Prinzipien von Zurücknahme und Fülle erkennt sie die Pole, die Hüttes Fotografien bestimmen. Doch egal, ob Norden oder Süden, ob Strenge und Kargheit oder wucherndes Übermaß - Gnam ist vom sinnlichen Reiz der Bilder regelrecht hingerissen, auch wenn das Auge vom Gebotenen manchmal sogar ein wenig überfordert ist. Lobend äußert sie sich auch über den instruktiven Essay von Hanne Holm-Johnsen.

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