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Die Begegnung mit dem Fiddlespieler Ned Strange in seinem irischen Heimatdorf erweist sich für Redmond Hatch als folgenreich: Anfangs fasziniert von diesem hoch geachteten Wahrer der Traditionen, erkennt er nach und nach, wie der alte Ned in seinen Geschichten die Wirklichkeit immer aufs Neue verdreht. Redmond kann sich dem intriganten Spiel nicht entziehen, er erweist sich vielmehr als gelehriger Schüler: Was er über seine Ehe mit der sehr viel jüngeren Catherine und über seine geliebte Tochter erzählt, stellt sich in diesem trügerischen Roman am Ende als phantastisches Blendwerk heraus.…mehr

Produktbeschreibung
Die Begegnung mit dem Fiddlespieler Ned Strange in seinem irischen Heimatdorf erweist sich für Redmond Hatch als folgenreich: Anfangs fasziniert von diesem hoch geachteten Wahrer der Traditionen, erkennt er nach und nach, wie der alte Ned in seinen Geschichten die Wirklichkeit immer aufs Neue verdreht. Redmond kann sich dem intriganten Spiel nicht entziehen, er erweist sich vielmehr als gelehriger Schüler: Was er über seine Ehe mit der sehr viel jüngeren Catherine und über seine geliebte Tochter erzählt, stellt sich in diesem trügerischen Roman am Ende als phantastisches Blendwerk heraus. Patrick McCabe verwandelt die komplizierten Fragen der modernisierten irischen Republik in faszinierende literarische Figuren, die den Leser in eine Welt voller Illusionen entführen und die alten mörderischen Balladen und Märchen mit den Themen und Motiven des heutigen Irland verknüpfen.
Autorenporträt
Patrick McCabe, geb. 1955 in Irland, lebt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in Sligo. Seine Bücher wurden bereits mehrfach für den Booker Prize nominiert und zwei seiner Romane erfolgreich von Neil Jordan verfilmt; er erhielt 2007 die Auszeichnung Irish Novel of the Year.
Rezensionen
'Verdrängung ist das Hauptthema von Winterwald, und McCabe versteht es glänzend, die Komplexität dieses Phänomens herauszuarbeiten. Dieses furchter regende kaleidoskopische Buch liest sich wie ein moderner Poe.' (Daily Telegraph)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2008

Folklore, auf der Teufelsgeige gespielt
Patrick McCabes Roman „Winterwald” beschwört Gespenster und Wiedergänger der Vergangenheit Irlands mit phantastischen Lügen und schrecklichen Wahrheiten
Was 1981 mit einer rustikalen Festwoche unter dem Motto „die gute alte Zeit” beginnt, verwandelt sich hier in eine schauerliche Höllenfahrt durch ein Vierteljahrhundert irischer Geschichte. Um einen Artikel über Folklore zu schreiben, war der Ich-Erzähler Redmond Hatch in seine „alte Bergheimat” im Westen der Insel gereist und hatte dort seine Nemesis in Gestalt des Fiddle-Spielers Ned Strange gefunden. Vorderhand schien der rotbärtige Alte ein vom Schnaps wohlkonservierter Zeuge jener guten alten Zeit zu sein, den Kinder und deren Eltern liebten. Doch die Blicke und mehr noch die Geschichten des Alten erzählten von einer Vergangenheit, die alles andere als gut war, von Mord und Inzest, von kleinen Jungen und bösen Onkeln und beinahe unaussprechlichen Dingen.
Nachdem Ned Strange wegen Mordes und Kindesmissbrauchs verurteilt worden ist und sich im Gefängnis erhängt hat, scheint sein durchaus handfester Geist den Erzähler heimzusuchen, um mit ihn einen infernalischen Pakt zu besiegeln, der eher ein Bund für den Tod als ein Bund fürs Leben ist. Fast noch unheimlicher als der zur Horrorgestalt mutierende Ned ist das, was der Erzähler über sich selbst durchblicken lässt. Nachdem ihn seine Frau zusammen mit der über alles geliebten Tochter verlassen hatte, war Redmond im wörtlichen Sinne untergetaucht und hatte sein Ertrinken vorgetäuscht. Zuerst seine Tochter und danach seine Frau scheint er dann in einen mysteriösen „Winterwald” entführt zu haben, der sich auf beunruhigende Weise mit einem einsamen Kieferngehölz am Stadtrand überschneidet.
Die Besuche bei seinen Lieben im Winterwald haben Redmond aber nicht daran gehindert, unter falschem Name eine zweite Karriere in der aufblühenden Medienindustrie Irlands zu machen, um nach deren abruptem Ende als Taxifahrer jene Rolle des prächtigen alten Burschen zu übernehmen, die Ned Strange ihm einst vorgespielt hatte. Patrick McCabe gelingt es in diesem Buch, die Gespenster und Wiedergänger der Vergangenheit Irlands mit den Obsessionen und Psychopathologien seiner Gegenwart zu den schaurigen und obszönen Klängen einer Teufelsgeige tanzen zu lassen. Das fasziniert und beunruhigt zutiefst, weil der Erzähler selbst seine Geschichten so sehr in Frage stellt, dass man ihm eher phantastische Lügen als die schreckliche Wahrheit glauben möchte. ULRICH BARON
Patrick McCabe
Winterwald
Roman. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Berlin Verlag, Berlin 2008. 223 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Laut Michael Schmitt ist Patrick McCabe vor einem Jahrzehnten angetreten, die folkloristisch verklärten Irlandbilder, wie man sie aus der Literatur gewöhnt war, zu modernisieren und sich an ihren "Bruchlinien" abzuarbeiten. Sein jüngster Roman um den Journalisten Redmond Hatch, der vom bösen Geist eines alten Folkmusikers überkommen wird, der nur auf den ersten Blick wie der Inbegriff des irischen Urgesteins aussieht, hat dem Rezensenten durchaus gefallen, letztlich aber nicht völlig überzeugt. Sei man als Leser zunächst etwas abgeschreckt vom hastenden Erzählmodus mit seinem raschen Wechsel der Handlungsorte, so werde bald deutlich, dass es sich hier um ein bewusstes Verfahren des Autors handele, so der Rezensent anerkennend. Ihm wird klar, dass McCabe mit Versatzstücken des Unterhaltungsromans spielt und den Anschein von Realität gar nicht anstrebt. Das hat häufig einen ausgesprochen gruseligen und dabei durchgehend komischen Effekt, räumt der Rezensent ein, dem das als Ansatz für eine Erneuerung der irischen Gegenwartsliteratur aber nicht ausreicht, wie er betont.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.05.2009

Es geschah am helllichten Tag
Patrick McCabe blickt in menschliche Abgründe

Der Schrecken des Unausgesprochenen liegt in der kalten Luft des Winterwaldes. Weder die roten Schleifen im Geäst der kahlen Bäume noch der süßliche Geruch vom nahen Bach, von den Abwässern der Süßwarenfabrik rosa gefärbt, machen die Funde der Leichen vergessen. Dabei begann Jahre zuvor alles so harmlos.

Der Journalist Redmond Hatch trifft in seiner alten Heimat, einem kleinen irischen Bergdorf, das Urgestein Ned Strange. Der rotlockige Fiddlespieler ist beliebt, spielt bei jedem Volksfest auf und erzählt den Kindern die alten Geschichten. Selbstgebrannten Schnaps im Glas, den qualmenden Zigarettenstummel im Mundwinkel und eine unterhaltsame Lügengeschichte auf den Lippen - so kennen die Bewohner ihren Ned. Aus einem Interview zur Folklore wird schnell ein Gespräch der beiden über die Vergangenheit und die gemeinsame Heimat. Denn auch wenn die Männer scheinbar verschieden sind, hat Ned schnell die große Gemeinsamkeit festgestellt. Die Menschen vom Berg sind ein Blut, und das eigene Erbe kann man eben nicht verleugnen, sei es auch noch so düster. Ein Umstand, den Redmond gerne vergessen würde, als Ned Strange sich in der Dusche eines Gefängnisses erhängt - verurteilt wegen Kindesmissbrauchs und Mord an dem kleinen Michael Gallagher.

Doch Hatchs Weg ist bereits vorgezeichnet, ohne dass er oder der Leser es ahnen. Denn während es mit Irland in den folgenden Jahren wirtschaftlich bergauf geht, nimmt sein Leben keine gute Wendung. Ehestreitigkeiten, Frau und Kind verlassen ihn, es folgen Arbeitslosigkeit und Alkohol. Bis er in einer Nacht den toten Ned an seinem Bett stehen sieht, dieser sich zu ihm legt und ihm Gewalt antut. Der 1955 im irischen Clones geborene Autor Patrick McCabe lässt hier Wirklichkeit und Wahnvorstellung gekonnt verschwimmen. Die Unmöglichkeit des Geschehens steht gleichberechtigt neben ihrer Bedeutung für Redmond. Dessen Angst mischt sich mit der Sehnsucht nach der eigenen Tochter, der Hass auf den Kinderschänder wandelt sich schrittweise in Verständnis für die unmenschliche Tat. Ein fingierter Selbstmord, gefärbte Haare und eine neue Existenz folgen. Und irgendwann dazwischen kauft Redmond ein pinkfarbenes Plastikpony, holt seine Tochter ab und fährt mit ihr in den einsamen Winterwald.

Dies bleibt nicht die einzige Untat, die Patrick McCabe durch simple Umschreibungen in ihrer ganzen Schrecklichkeit entfaltet. Manchmal manifestiert sich eine bedrückende Ahnung bereits viele Seiten zuvor, wächst schleichend zur Gewissheit heran, um dann in der fehlenden Ausformulierung des Grauens ihren Höhepunkt zu finden. Andere Taten wiederum sind unerwartet und doch so schlüssig, dass ihre Plötzlichkeit wie ein Spot auf die eigene Unzulänglichkeit wirkt, einem kranken Geist bis in die letzte Konsequenz zu folgen. Erst nachdem McCabe sein feines Netz über zwei Jahrzehnte hinweg gesponnen hat, offenbaren sich alle Abgründe seiner Charaktere. Zurück bleibt die Erkenntnis, dass Redmond Hatch mindestens so krank war wie Ned Strange, dass der Verlauf seiner Geschichte von Anfang an in ihm schlummerte - und dass sie erschreckend schön erzählt wird.

THOMAS SCHOLZ

Patrick McCabe: "Winterwald". Roman. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Berlin Verlag, Berlin 2008. 224 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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