Warum ist Ingo Schulze ein so großartiger Erzähler? Weil seine Texte offenbaren, wie präzis er, was er sieht, in Sprache zu fassen vermag. Als Beobachter der Gesellschaft, in der wir leben, tritt uns Ingo Schulze in den vorliegenden Reden und Essays entgegen, die sein politisches Engagement zeigen - mit dem machtvollen Mittel der Sprache. »Mein Problem war und ist nicht das Verschwinden des Ostens, sondern das Verschwinden des Westens, eines Westens mit menschlichem Antlitz.
Spätestens seit 1989/90 befindet sich die Politik auf dem Rückzug. Sie gibt von sich aus die Kompetenz ab und ebnet einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche, einem Exzess-Kapitalismus, den Weg. Die Politik versteht sich als Management, die Bürger werden auf Konsumenten reduziert, und der beste Bürger ist folglich der Playboy, weil er in möglichst kurzer Zeit möglichst viel ausgibt.« Für Ingo Schulze beginnt Widerstand mit Wahrnehmung. Seine Essays, Reden und Wortmeldungen zu Literatur und Gesellschaft sprechen eine Sprache, die die Welt als veränderbar zeigt. Und sie erinnern uns an eine schon fast vergessene Frage: »Was wollen wir?«
Spätestens seit 1989/90 befindet sich die Politik auf dem Rückzug. Sie gibt von sich aus die Kompetenz ab und ebnet einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche, einem Exzess-Kapitalismus, den Weg. Die Politik versteht sich als Management, die Bürger werden auf Konsumenten reduziert, und der beste Bürger ist folglich der Playboy, weil er in möglichst kurzer Zeit möglichst viel ausgibt.« Für Ingo Schulze beginnt Widerstand mit Wahrnehmung. Seine Essays, Reden und Wortmeldungen zu Literatur und Gesellschaft sprechen eine Sprache, die die Welt als veränderbar zeigt. Und sie erinnern uns an eine schon fast vergessene Frage: »Was wollen wir?«
Dieser Band mit Texten aus den vergangenen Jahren zeigt für den Rezensenten Roman Luckscheiter, dass Ingo Schulze einer jener Ostautoren ist, die über den Westen aufklären. Doch auch wenn in Schulzes Reden, Kurzgeschichten und Glossen immer wieder die Unterschiede zwischen Ost und West hervorgehoben werden, demonstrieren sie dem Rezensenten genauso, dass eine "Fusion" mittlerweile stattgefunden hat. In den Texten zeige sich das in einer "Mischung aus Euphorie und Schleudertrauma", die den Schock über den plötzliche Wechsel der Staatssysteme in sich trage, so Luckscheiter. Er findet bei Schulze einen an Peter Weiss und Wolfgang Hilbig geschulten "emphatischen" Literaturbegriff, der im Erzählen auch immer einen gesellschaftlichen Auftrag sieht und von der Überzeugung getragen ist, dass Literatur Staaten stürzen kann. Wenn sich Schulze als politischer Redner versucht, wie bei der Verleihung des Thüringer Literaturpreises, dann klingt allerdings ein "Pathos" an, das den "leichtfüßigen" Essays und durchaus witzigen Prosatexten dankenswerter Weise völlig fremd ist, wie der Rezensent betont.
© Perlentaucher Medien GmbH
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