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Warum die Kopfpauschale erst der Anfang ist
Weniger Leistung für mehr Geld -- eine präzise Diagnose zum Verfall des Gesundheitssystems, die eine Perspektive klar im Blick behält: das Wohl des Patienten.
Die investigativen Journalisten Fromm und Rickelmann haben Ärzte und Kassenvertreter interviewt und Patienten auf der Suche nach der richtigen Behandlung begleitet. Das Ergebnis ist erschreckend: Obwohl so viel Geld wie nie ins Gesundheitssystem gepumpt wird, kommt immer weniger beim Patienten an. Aber warum ist das so? Weil andere es abzocken und missbrauchen.Ärzte sichern sich ihr…mehr

Produktbeschreibung
Warum die Kopfpauschale erst der Anfang ist

Weniger Leistung für mehr Geld -- eine präzise Diagnose zum Verfall des Gesundheitssystems, die eine Perspektive klar im Blick behält: das Wohl des Patienten.

Die investigativen Journalisten Fromm und Rickelmann haben Ärzte und Kassenvertreter interviewt und Patienten auf der Suche nach der richtigen Behandlung begleitet. Das Ergebnis ist erschreckend: Obwohl so viel Geld wie nie ins Gesundheitssystem gepumpt wird, kommt immer weniger beim Patienten an. Aber warum ist das so? Weil andere es abzocken und missbrauchen.Ärzte sichern sich ihr Einkommen verstärkt durch Gefälligkeiten für die Pharmaindustrie, die Privatisierung der Kliniken degradiert Patienten vollends zur reinen Ware, dringend benötigte Leistungen werden rationiert, während zugleich ältere Menschen an Übermedikation sterben.

Am Ende steht eine Drei-Klassen-Medizin, in der Kassenpatienten einen Chefarzt nur noch aus Daily Soaps kennen. Doch wer hartnäckig, gut informiertund organisiert ist, bekommt bei Bedarf auch bessere ärztliche Leistungen. Dieses Buch zeigt klar und anschaulich, wogegen wir uns in den nächsten Jahren wappnen müssen -- und wo sich das Kämpfen lohnt.
Autorenporträt
Rainer Fromm, geb. 1965, ist Journalist und promovierter Politologe. Er arbeitet sowohl für das Fernsehen (Fakt, ARD; Arte; Frontal 21, ZDF; Aspekte) als auch für Zeitschriften und als Fachbuchautor (Rechtsextremismus, Jugendkulturen).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2010

Gefälligkeiten für die Pharma-Industrie

Nach Schätzungen von Transparency Deutschland gehen dem Gesundheitswesen jährlich bis zu zwanzig Milliarden Euro durch Betrug und Korruption verloren. Ärzte sind dabei nicht unbeteiligt, wie Rainer Fromm und Richard Rickelmann darlegen.

Korruption und Vorteilsannahme unter den sogenannten Leistungserbringern im Gesundheitswesen sind ein seit Jahren bekanntes Ärgernis, das aber immer weiter um sich greift. Es scheint ähnlichen Mechanismen zu folgen wie die vor sich hin schwelende Müllkrise in Süditalien. Das vorliegende Buch ist in zwölf Kapitel gegliedert, wobei sich acht von ihnen mit den Auswüchsen des Pharmamarktes in Deutschland beschäftigen. In den restlichen Kapiteln geht es um korruptive Verhaltensmuster von Ärzten und um die Folgen der Privatisierung von Krankenhäusern für die Patienten. Abschließend wird der Graue Markt der Nahrungsergänzungsmittel und der nicht zugelassenen Arzneimittel unter die Lupe genommen. Die Autoren haben Ärzte, Wissenschaftler, Vertreter der Krankenkassen, Gesundheitsökonomen sowie betroffene Patienten interviewt.

Die Arzneimittelpreise in Deutschland liegen im Durchschnitt um dreißig Prozent höher als im europäischen Ausland, wie Peter Sawicki vom Institut für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Autoren im Jahre 2009 mitgeteilt hatte. Das war kurz vor seiner Demission gewesen. Zwischen 1997 und 2005 schnellten die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversorgung (GKV) für Arzneimittel um fünfzig Prozent in die Höhe. Fast überall in der Welt werden die Pharmapreise staatlich festgelegt, nicht so in Deutschland, wo die Preise durch die Pharmaindustrie selbst bestimmt werden. Die Politik und die geschröpfte Gesellschaft scheinen ohnmächtig zu sein gegen das Preisdiktat der Konzerne hierzulande.

Nach Schätzungen von Transparency Deutschland sollen dem Gesundheitswesen jährlich bis zu 20 Milliarden Euro durch Betrug und Korruption verlorengehen. Geschildert werden in diesem Zusammenhang beispielsweise korrupte Beziehungen zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen, zum Beispiel zu den Sanitätshäusern. So sei es zu regelrechten "Kooperationsvereinbarungen" zwischen Ärzten und Sanitätshäusern gekommen, mit denen die Patientenströme aus der Arztpraxis heraus in ganz bestimmte Sanitätshäuser gelenkt würden. Gegen begehrte Rezepte über Schuhzurichtungen, Schuheinlagen, Orthesen hätten die Ärzte am Umsatz teil - eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle in Zeiten eines steigenden Kostendruckes. Hierbei handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen Paragraph 34 der Musterberufsordnung (MBO) für die deutsche Ärzteschaft: "Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten eine Vergütung oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern."

In Deutschland sind fünfzigtausend Arzneimittel mit zwölftausend Wirkstoffen auf dem Markt, daneben existieren weitere zwölftausend nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Ein Drittel der Versicherten nimmt täglich fünf bis acht Wirkstoffe ein, von den Fünfundsiebzig- bis Achtzigjährigen nehmen zwanzig Prozent neun bis zwölf Wirkstoffe ein und dreizehn Prozent von ihnen gar zwanzig solcher Wirkstoffe. Diese Polypharmazie stellt vor allem bei alten und pflegebedürftigen Patienten in Heimen ein großes Problem dar, nicht zuletzt im Hinblick auf die oft nicht absehbaren Nebenwirkungen. Der unkritische Umgang mit Arzneimitteln hat jährlich zwischen sechzehntausend und vierundzwanzigtausend Todesopfer zur Folge. Das sind drei- bis viermal mehr Tote, als der Straßenverkehr jährlich fordert. Die Hälfte dieser Todesfälle ist nach Expertenmeinung vermeidbar.

Die Leichtfertigkeit in der Verordnung von Arzneimitteln erschreckt. Eine ganze Gesellschaft wird medikalisiert, von der Geburt bis zum Tod, wie die Autoren in zutreffender Weise feststellen. Eine der Ursache für diese grassierende Polypharmazie dürfte im zunehmenden Spezialistentum der modernen Medizin liegen, wo der Spezialist ja oft organbezogen und eindimensional die Erkrankungen seines Spezialgebietes mit Medikamenten behandelt, ohne seinen Blick auf die Persönlichkeit des Patienten zu richten. Dies führt nicht selten zu einer Addition von Medikamenten, deren komplexes Zusammenwirken von keinem Arzt mehr übersehen werden kann. Ein Problem in unserer alternden Gesellschaft stellt zudem das Problem der Multimorbidität alter Menschen dar. Hierbei dürfen die verschiedenen Krankheiten nicht isoliert betrachtet und behandelt werden, sondern immer nur in einer Zusammenschau all ihrer Erkrankungen und Symptome. Für viele solche alten multimorbiden Patienten wäre ein intensives Arzt-Patienten-Gespräch oft wichtiger als das beste Schmerzmedikament. Aber die Medizin scheint in Zeiten der Fallpauschalen und der Kostendämpfungsgesetze wenig Raum und wenig Zeit für Empathie zu lassen. Mangels Zeit und Personal ersetzt die Pille oft die menschliche Zuwendung. Beispiele aus Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen kennen wir zuhauf: Es ist eine chemische Gewaltanwendung, und es bleibt, wie man es auch betrachtet, ein Skandal.

Deutschland im Privatisierungswahn, so titulieren die Autoren die fortschreitende Privatisierung von Krankenhäusern. Finanz-Heuschrecken übernähmen das Gesundheitssystem. Zu den Auswirkungen dieses Strukturwandels gehöre ein schlechterer Personalschlüssel von Ärzten, Schwestern und Pflegern zu Patienten. Gravierende Pflegedefizite seien die Folge. Die kürzere Verweildauer führe zu vorzeitigen Entlassungen der Patienten ("blutige Entlassung"). Von ökonomischen Vorteilen für die Gesellschaft durch die Privatisierung von Krankenhäusern könne keine Rede sein. Freilich ist zu bedenken, dass viele von den städtischen und kommunalen Krankenhäusern, die in private Hand übergegangen waren, vorher hoffnungslos verschuldet und sanierungsbedürftig gewesen waren. Es geht also vom Regen in die Traufe.

Den Leser erstaunt die Folgenlosigkeit der zusammengetragenen Befunde. Wie kann es sein, dass die altbekannten Kartelle im Gesundheitswesen nicht zu knacken sind? Hilflos steht man zumal vor den Auswüchsen des Pharmamarktes, der sich durch ein effizientes, aber höchst fragwürdiges Lobbyistentum immer wieder erfolgreich gegen staatliche Versuche der Regulierung und Reglementierung zu behaupten weiß. Das Buch gehört eigentlich in jedes Wartezimmer, weil es präzise beschreibt, wie die grassierende Selbstbedienungsmentalität zum Tode unseres Solidarsystems führen muss.

MICHAEL IMHOF

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.01.2011

Oh, wie schlimm ist
das System
Auf dem Sachbuchmarkt sind derzeit drei Trends auszumachen. Da sind zum einen die Nachahmer-Werke von Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“. Den Autoren geht es um Provokation und um den kommerziellen Erfolg. Der zweite Trend bedient die stetig wachsende Gruppe der Vegetarier oder Möchtegern-Vegetarier. Den Autoren liegt der Fleischverzicht ganz arg am Herzen. Um andere davon zu überzeugen, preisen sie Vegetarismus als hippes neues Lifestyle-Ding nach dem Smoothie. Schließlich erscheinen viele Titel, die sich den „kranken“ Seiten des deutschen „Gesundheitssystems“ widmen. Hier geht es den Autoren darum, ihre Leser mal so richtig zu gruseln. Oh, wie schlimm ist das System.
Ein kleines bisschen Horrorshow darf auch erwarten, wer das Buch „Ware Patient – woran unsere medizinische Versorgung wirklich krankt“ von Rainer Fromm und Richard Rickelmann zur Hand nimmt. Hübsch in Rezept-Aufmachung gestaltet, führen die Autoren ihre Leserschaft auf rund 250 Seiten durch die Abgründe des medizinisch-industriellen Komplexes. Ärzte werden zu notorischen Gaunern und ihre Organisationen zu krakenartigen Selbstbedienungs-Maschinen. Die Pharmaindustrie spielt im Buch die Rolle, die bei Harry Potter mit dem abgrundtief bösen Zauberer Voldemort besetzt ist. Und wenn wir schon mal dabei sind, die Kliniken könnten laut „Ware Patient“ ebenso gut als Pottersche Folterkammer in Askaban taugen, jedenfalls, wenn sie privatisiert sind. Blutsauger, Kurpfuscher, Halsabschneider Quacksalber und Opfer – das sind die typischen Gestalten, die das Buch bevölkern.
Das heißt nicht, dass man Fromms und Rickelmanns Werk nicht lesen sollte. Wer sich in der Welt des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs nicht zu Hause fühlt, wird sicherlich die ein oder andere Überraschung erleben – über das Ausmaß der Korruption im gesetzlich finanzierten Gesundheitssystem zum Beispiel. Die Autoren zählen viele Fälle auf und bringen den Skandal darin ein ums andere mal auf den Punkt. Das gruselt schön, weil ja jeder von uns von einem Augenblick zum anderen ein Patient werden kann. Doch hier liegt auch die Krux. Der Leser sollte sich nur davor hüten, Fromms und Rickelmanns Beispiele für den Normalfall zu halten. Von solchen Zuständen ist das deutsche Gesundheitssystem weit entfernt.
Die Kassen zahlen in diesem Jahr über 170 Milliarden Euro an die sogenannten Leistungserbringer, also vor allem an Kliniken, Ärzte und die Pharmaindustrie. Es ist also kein Wunder, dass es auch korrupte Ärzte gibt, dass Kliniken auf Kosten von Patienten sparen und dass die Pharmafirmen ihren Profit um jeden Preis nach oben schrauben möchten.
Die Autoren greifen Beispiele auf, die bereits in den Medien dargestellt wurden. Ihr Verdienst ist, dass sie die Fälle noch einmal akribisch nachzeichnen und das ganze griffig servieren. Dabei schleicht sich zwar ein ums andere Mal ein Tonfall ein, wie man ihn aus den diversen Enthüllungs-Sendungen im TV kennt: da packen Insider aus, da wird Deutschland zur Bananenrepublik der Pharmamultis degradiert, da sichern sich die Pillenlobbyisten ihre Pfründe und lassen sich Mediziner aushalten. Leider fällt der Rat der Autoren ein wenig karg aus, wenn es darum geht, wie die Missstände abgestellt werden können.
Als Einstieg in die zynisch-schillernde Welt der Gesundheitskorruption leistet das Buch gute Dienste. Doch dürfte die Lektüre beim unbedarften Leser eine klamme Übelkeit verursachen. Lust, einen Arzt deswegen aufzusuchen, hat man dann nicht mehr.
Guido Bohsem
Rainer Fromm, Richard Rickelmann: Ware Patient – Woran unsere medizinische Versorgung wirklich krankt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010. 256 Seiten. 17,95 Euro.
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"Das Buch gehört eigentlich in jedes Wartezimmer, weil es präzise beschreibt, wie die grassierende Selbstbedienungsmentalität zum Tode unseres Solidarsystems führen muss."(Michael Imhof, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Oktober 2010)

"Die Autoren zählen viele Fälle auf und bringen den Skandal darin ein ums andere mal auf den Punkt. Das gruselt schön, weil ja jeder von uns von einem Augenblick zum anderen ein Patient werden kann."(Guido Bohsem, Süddeutsche Zeitung, 22./23. Januar 2011)

"Die besten Passagen sind jene, in denen Fromm und Rickelmann Fallbeispiele heranziehen und sich die Zeit nehmen, sie zu sezieren.Denn es sagt zum Beispiel viel über das System aus, wenn ein Pharmakonzern ein eigenes Mittel schlechtredet, obwohl Dutzende Ärzte beste Erfahrungen damit gemacht haben. Und das nur, weil es billiger ist als ein anderes, das bald auf den Markt kommen soll. (...)Die Autoren beschreiben einige solcher Fälle, die zum Verständnis wichtigen Hintergrundinformationen sind an den richtigen Stellen eingewoben. Es öffnet sich ein tiefer Einblick in das Getriebe des deutschen Gesundheitswesens."(Marc Neller, Handelsblatt, 22. Oktober 2010)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Michel Imhof ist schockiert. Was das Autorenduo Rainer Fromm und Richard Rickelmann in seinem Buch an Beispielen für Korruption, Vorteilsnahme und Lobbyistentum unter Ärzten und Pharmavertretern im deutschen Gesundheitswesen zusammenträgt, lässt unseren Rezensenten erschaudern. Die von Fromm und Rickelmann in Interviews mit Ärzten, Patienten, Krankenkassen und Gesundheitsökonomen recherchierten Folgen der Privatisierung von Krankenhäusern sowie der von ihnen erkundete graue Pharmamarkt lassen ihn gleichfalls erbleichen. Angesichts der Pflegedefizite, der großflächigen Medikalisierung der Gesellschaft und des immer größer werdenden Mangels an Empathie fragt sich Imhof schon, warum sich kein Widerstand regt. Dieses Buch über den Tod des Solidarsystems, meint er, gehört in jedes Wartezimmer.

© Perlentaucher Medien GmbH