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Produktdetails
  • Verlag: Eichborn
  • Seitenzahl: 323
  • Abmessung: 32mm x 134mm x 217mm
  • Gewicht: 476g
  • ISBN-13: 9783821830827
  • ISBN-10: 3821830824
  • Artikelnr.: 09403710
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.09.2001

Demnächst in diesem Kino
Dave Barrys "Big Trouble" zeigt Miami im Kugel- und Pointenhagel

Im Herbst, kündigt der Eichborn-Verlag stolz an, kommt "Big Trouble" in die Kinos. Verfilmt hat den Roman Barry Sonnenfeld ("Men in Black", "Schnappt Shorty"). Eine Nachricht, die einen zum Grübeln bringen kann. Was will der Verlag uns damit sagen? Auf die Lektüre verzichten, wenn man das Buch ohnehin bald im Kino sehen kann? Oder vielmehr schnell lesen, ehe der Film die Bilder im Kopf durch die auf der Leinwand überdeckt? Spricht die Verfilmung für ein Buch oder die Verfilmbarkeit dagegen? Fragen, die nur die Lektüre beantworten kann.

Die Antwort: "Big Trouble" ist weder der Film zum Buch noch das Buch zum Film, sondern, wenigstens in der kurzen Frist bis zum Kinostart, ein Buch, das bereits ein kommerzieller Film ist. Es besteht fast ausschließlich aus dem, was laufende Bilder zeigen können: action, action, action. Tatsächlich laufen auch seine Sätze wie im Tempo von 24 Bildern pro Sekunde vorbei und versetzen den Leser in einen Zustand ergebener Rezeption, als verfügten sie über Breitwandformat und Dolby-Stereoton, bombardieren ihn im übrigen mit Verbrechen aller Art und Gewichtsklassen. Das ist, zugegeben, auch eine Kunst und Dave Barry darin eine Klasse für sich.

Das Geschehen zu resümieren ist so unmöglich wie unfair. Es genügt zu wissen, daß verschiedene Teams mehr oder weniger krimineller Akteure aufeinanderprallen, wobei die bösen Absichten sich gegenseitig stören, behindern oder gar zunichte machen. Dabei reicht die Variabilität des Bösen von wasserpistolenbewehrten Teenagern, die bei einem schulinternen "Mörderspiel" ein auserkorenes Opfer vor Zeugen naß machen müssen, über diverse Kleinganoven bis zu einem professionellen Killerduo, das extra aus New Jersey anreist, um in Miami einen Waffenschieber umzulegen, der seine Spielschulden aus Firmengeldern getilgt hat.

Die Rentner-, Touristen- und Waffenmetropole Miami, durch eine Fernsehserie allgemein bekannt als "Miami Vice", gibt sich alle Mühe, ihrem Image als Tummelplatz von schießwütigen Irren gerecht zu werden, und setzt gleich mehrere Polizeikommandos (eins natürlich vom FBI) in Gang, um die Verwirrung auf angemessenem Niveau zu halten. Die Stadt spielt, übertrifft und parodiert permanent ihr eigenes Klischee, und Dave Barry tut dasselbe mit Filmen wie Billy Wilders "Buddy, Buddy", in dem ein Auftragsmörder durch einen lebensmüden Dussel immer wieder daran gehindert wird, seinen Job zu erledigen.

Leicht zu toppen, denn hier hindert jeder jeden. Das alte Sprichwort, daß die dümmsten Bauern immer die dicksten Kartoffeln ernten, erweist dabei auch im Kugelhagel Floridas seine Gültigkeit, und so gelangt der unterbelichtete und zugleich größenwahnsinnige Seitenstraßen-Ganove Speedy in den Besitz einer handlichen Atombombe und sogar durch alle Kontrollen des Flughafens hinein in eine startklare Maschine mit Kurs auf die Bahamas. Daß er die Höllenmaschine bereits unfreiwillig gezündet hat, weiß er nicht, ermöglicht dem Autor aber eine weitere Parodie: auf die berühmten 007-Sekunden-Schlüsse der James-Bond-Filme.

Kurzweilig geht es also zu in diesem Roman, der ein Film ist. Dave Barry, ein amerikanischer Satiriker und sonst eher auf der Kurzstrecke der Kolumne tätig, weiß, daß in mindestens jedem zweiten Absatz ein Gag oder wenigstens ein Knallbonbon gezündet werden muß, damit der Leser nicht weiterzappt. Das macht "Big Trouble" zu einem Tischfeuerwerk von immerhin mehreren Stunden Dauer, aber ohne jede Nachhaltigkeit. Der Personen bietet Barry zu viele auf, um auch nur einer einzigen Charakter und Tiefe zu geben, und es sind außerdem etwas zu viele brave, anständige Leute darunter, die dann auch noch das kriegen, was sie verdienen.

Zu einer richtig nachtschwarzen Komödie, in der alle Beteiligten betrogene Betrüger sind (der Leser inklusive), fehlt dem Autor der Mut. Zwar zeigt er mit gezielten Schüssen auf Karrieristen und andere Ekelpakete in Zeitung, Funk und Fernsehen, auf Geschäftsleute und Polizisten, Arroganz und Unfähigkeit allerorten, daß sein gallig-satirisches Temperament auch über die lange Strecke trägt, solange es an Zielscheiben nicht mangelt. Mag Barry auch insgeheim ein Zyniker sein, gesiegt hat dann doch die political correctness, also das, was Hollywood äußerstenfalls zuzumuten ist. Demnächst in diesem Kino.

MARTIN EBEL

Dave Barry: "Big Trouble". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Edith Beleites. Eichborn Verlag, Frankfurt 2001. 328 S., geb., 39,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Der Film ist schon in Arbeit, und vielleicht kann man sich den Kauf des Buches deshalb auch sparen, vermutet Frank Schäfer, der Barrys sarkastische Krimi- und Agentengeschichte zwar gern, aber mit nachlassender Spannung gelesen hat, gerade weil die "Rasanz der Geschichte immer noch zunimmt". Denn die zunehmende Turbulenz bringt auch Zwänge der Handlung mit sich, bedauert Schäfer, was die Geschichte letztlich doch vorhersagbar mache. Dennoch: Recht witzig und abgedreht findet er die in Miami spielende Geschichte schon, in der es um eine geklaute Atombombe geht. Sie erinnert ihn ein bisschen an "Blues Brothers" und an "Pulp Fiction" zugleich. Erwähnenswert findet er noch, dass Stephen King in seiner Laudatio auf das Buch behauptet hat, er sei vor Lachen beinahe vom Stuhl gefallen - und das, obwohl King doch eigentlich keinen Spaß verstehe. Es sei tatsächlich eine aberwitzige Geschichte, so Schäfer, auch wenn sich King möglicherweise nur für die zweifache namentliche Erwähnung bedanken wollte.

© Perlentaucher Medien GmbH