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Das erste umfassende Buch über Komik und Humor im Dritten Reich.
Hitler hat den Deutschen das Lachen genommen, heißt es. Aber: Wurde in Deutschland tatsächlich nicht mehr gelacht? Natürlich wurde gelacht – wenn auch auf verschiedene Weisen. Es gab den aggressiven »Humor« der Nazis selbst und die bitteren Witze der Gepeinigten. Es gab Flüsterwitze, in denen man sich über die menschlichen Schwächen der Herrenmenschen lustig machte. Es gab Heinz Rühmann, Kabarettisten wie Werner Finck und Karl Valentin, und es gab die wirklich scharfen Witze gegen den Führer und seine Horden.
Erstaunlich
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Produktbeschreibung
Das erste umfassende Buch über Komik und Humor im Dritten Reich.
Hitler hat den Deutschen das Lachen genommen, heißt es. Aber: Wurde in Deutschland tatsächlich nicht mehr gelacht? Natürlich wurde gelacht – wenn auch auf verschiedene Weisen. Es gab den aggressiven »Humor« der Nazis selbst und die bitteren Witze der Gepeinigten. Es gab Flüsterwitze, in denen man sich über die menschlichen Schwächen der Herrenmenschen lustig machte. Es gab Heinz Rühmann, Kabarettisten wie Werner Finck und Karl Valentin, und es gab die wirklich scharfen Witze gegen den Führer und seine Horden.

Erstaunlich ist, welches Wissen über das Regime sich schon ganz früh in den Witzen spiegelt – und wer sie erzählen durfte und wer nicht. Rudolph Herzog erzählt die Geschichte des Dritten Reiches anhand des Pegelstandes der gerade kursierenden Witze nach, prüft, ob die Witze das System eher schwächten oder stärkten – und macht dabei manch erstaunliche Entdeckung.

Autorenporträt
Rudolph Herzog, geboren 1973, ist Autor und Regisseur. Seine Arbeiten bewegen sich auf dem Grenzgebiet von Dokumentation, Fiktion und Reality TV.
Herzog studierte Anglistik in München und ist Producer für große deutsche und britische Sender sowie NHK Japan.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2006

Wenn Schimpansen eine Uniform sehen
Der Flüsterwitz als Waffe der Unzufriedenen: Rudolph Herzog dokumentiert Humor und Komik im Dritten Reich
Humor zielt darauf ab, dem Wirklichen, auch wo es widrig ist, erträgliche Seiten abzugewinnen. Die Alltagssprache verwechselt Humor gerne mit Komik, die sich in Witz, Satire oder Komödie manifestieren kann. Alle diese Formen wollen Hörer und Betrachter lachen machen, um Druck und Angst von ihnen zu nehmen. Generationen von Philosophen und Literaturwissenschaftlern haben sich bemüht, das Zustandekommen der Komik zu erklären. Das gängigste Modell läuft darauf hinaus, von einem Normalverhalten auszugehen und auffällige Abweichungen für komisch zu erklären. Wer lächerlich ist, soll sich ändern, sodass der Lachende wie der Lächerliche aus der Komik Gewinn ziehen können. Diese sozialkritische und demokratische Funktion des Lachens ist unter allen totalitären Regimen unerwünscht.
Der Filmemacher Rudolph Herzog hat jetzt das erste umfassende Buch über Komik und Humor im Dritten Reich vorgelegt. Um der Stofffülle Herr zu werden, folgt seine Sammlung der politischen Geschichte. Sie beginnt bei der Machtergreifung, spiegelt wichtige Ereignisse wie den Boykott jüdischer Geschäfte, den Reichstagsbrand, die Röhm-Affäre, die Nürnberger Rassengesetze, die „Reichskristallnacht”, den Krieg und die Bombengefahr, und endet mit dem Untergang des Tausendjährigen Reiches.
Herzog ist ein Augenmensch, weshalb sein Buch, das Vorlage für einen Fernsehfilm des NDR war, mit zahlreichen Dokumenten, Porträts, Karikaturen und Standfotos aus Filmen illustriert wird. Exkurse zur Entstehung des politischen Humors vor allem im 19. Jahrhundert und zum humoristischen Umgang mit der Nazibarbarei aus der Retrospektive, wie ihn Walter Moers und Roberto Benigni gewagt haben, rahmen die NS-Zeit.
Der Autor versammelt alle Manifestationen des Humors – Witz, Zeitungskarikatur, Kabarett, Variété, Unterhaltungsfilm, Schlager und Musical. Auch sonst ist sein Überblick vollständig, denn er gedenkt der jüdischen Komiker Fritz Grünbaum und Kurt Gerron, die im KZ ermordet wurden, aber auch der „arischen” Kabarettisten Werner Finck und Fritz Muliar, die die Verfolgung überlebten. Herzog zeigt uns, dass es eine subversive und eine systemstabilisierende Komik gab. Die von dem Paderborner Schausteller Fritz Petter dressierten Schimpansen, die die Arme zum Hitlergruß erhoben, wenn sie einen Uniformierten sahen, markieren die Schnittstelle.
Wenn es gegen Juden, Plutokraten oder Bolschewiken ging, um in der menschenverachtenden Terminologie des Dritten Reichs zu bleiben, scheute die NS-Presse keine noch so platten Karikaturen. Zu wenig geht Herzog auf die medialen Unterschiede, die jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten von Wort, Musik, Zeichnung, Schauspiel, Tanz und Film ein; zu wenig auch auf die regionalen Unterschiede, denen der Anglist Herbert Schöffler in Goebbels’ „Das Reich” 1941 eine neunteilige Serie „Der Witz der deutschen Stämme” widmete.
Allein der Wortwitz ließ sich in der gleichgeschalteten NS-Diktatur schwer überwachen, denn Kabaretts konnte man schließen, die Presse zensieren, die Filme nicht aufführen. So wurde der Flüsterwitz zur eigentlichen Waffe der Unzufriedenen. Liest man die zahlreichen, in Herzogs Buch wiedergegebenen Beispiele, so folgen sie meist einem dreigliedrigen Schema und bauen auf dem Doppelsinn der Namen und Worte auf. Fast alle sind relativ harmlos. Erst nach dem Fall von Stalingrad diagnostizierte der Sicherheitsdienst der SS in seinen „Meldungen aus dem Reich” die zunehmende Tendenz weiter Bevölkerungskreise zum „bösartigen” Witzeerzählen als bedenkliches Anzeichen der Auflösung, gegen das unnachgiebig vorzugehen sei. Mehrere Witzeerzähler wurden vom Volksgerichtshof als Volksschädlinge zum Tode verurteilt. Als Fazit bleibt, dass es in Hitler-Deutschland zwar nichts zu lachen gab, aber dennoch, wie zu allen Zeiten, kräftig gelacht wurde.
FRANK-RUTGER HAUSMANN
RUDOLPH HERZOG: Heil Hitler, das Schwein ist tot! Lachen unter Hitler – Komik und Humor im Dritten Reich. Eichborn Verlag, Frankfurt a.M., 2006. 266 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Frank-Rutger Hausmann ist zufrieden damit, wie Rudolph Herzog das Thema Humor im Dritten Reich aufarbeitet. Er findet, dass der Überblick vollständig ist und lobt, dass sowohl die "subversive" als auch die "systemstabilisierende" Komik behandelt wird. Hausmanns Fazit, "dass es nichts zu lachen gab, aber dennoch kräftig gelacht wurde" ist zwar nicht wirklich überraschend, dennoch vermittelt ihm das Buch etliche interessante Details. Um die "Stofffülle" zu bewältigen, bewege sich Herzog chronologisch durchs Dritte Reich. Das Buch ist das Zweitverwertungsprodukt eines Fernsehfilms, informiert Hausmann, dementsprechend visuell sei auch die Thematik aufbereitet.

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