Eine spannende Geschichte über Ausgrenzung und Fremdenhass Als Mai-Linh eines Tages nach Hause kommt, steht Reisfresser in großen roten Buchstaben quer über der Wohnungstür. Und das ist erst der Anfang ... Mai-Linh hat auch einen Verdacht. Aber was soll sie tun? Ihre Eltern haben schon genug Sorgen, also muss sie selbst mit dem Urheber dieser Schmierereien fertig werden. Doch dann kommt alles anders als geplant. Eine Geschichte, die ganz klar zeigt: Konflikte sind durch Gewalt nicht zu lösen. Egal, auf welcher Seite man steht.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.11.2001Karottenblumen
Ein Kinderkrimi zum Thema
Ausländerfeindlichkeit
Kleine Revolutionen können sogar in einer Suppe schwimmen: Katzen und Elefanten, sorgfältig von der zehnjährigen Vietnamesin Mai-Linh aus Karottenstückchen geschnitzt, sind für ihre Eltern ein deutliches Zeichen des Aufruhrs. Blumen, nichts als Karottenblumen müssen in die traditionelle vietnamesische Suppe, meinen Vater und Mutter, denen ein Restaurant gehört. Und deshalb soll ihre Tochter nach der Schule auch nichts als Blumen für die Gäste schnipseln.
Mai-Linh ist das Blumenschnippeln leid, und das Bravsein sowieso. Noch viel schlimmer findet sie allerdings die ausländerfeindlichen Schmierereien, die sie auf der Wohnungstür ihrer Familie entdeckt. Mit ihrem Vater kann Mai-Linh im Moment nicht reden – die Möhrensache –, deshalb sucht sie gemeinsam mit ihrer Freundin Cindy nach dem Täter. Und dabei lösen die beiden Mini-Miss-Marples Ereignisse aus, die ziemlich außer Kontrolle geraten, denn zimperlich sind die Mädchen nicht. Da wäre zum Beispiel die Sache mit dem Eimer Hundescheiße, der auf dem Hauptverdächtigen landet, in den Mai-Linh dummerweise auch noch verknallt ist. Auch zwei Entführungen, diverses Schuleschwänzen und einige Notlügen werden aus Sicht der Mädchen unumgänglich, um den Jungen zu finden, der die Ausländer im Haus terrorisiert. Aber haben sie überhaupt den richtigen Verdächtigen im Visier?
Das Ergebnis ist eine spannende Geschichte mit guten und bösen Jungen, Verwechslungen und Schweigen zum falschen Zeitpunkt – was darin gipfelt, dass Mai-Linhs Vater ausgerechnet den Bösewicht ins Herz schließt und mit Frühlingsrollen füttert. Natürlich endet alles trotzdem gut. Doch auf dem Weg dahin macht Mai-Linhs Geschichte klar, dass es viele verschiedene Arten von blinder Abneigung gibt: Mai-Linhs Mutter beispielsweise, die selbst unter der Ausländerfeindlichkeit in Deutschland leidet, verbietet ihr die Freundschaft mit einem schwarzen Mädchen.
Um die verschiedenen Facetten von Vorurteilen geht es in Carolin Philipps’ Buch und darum, dass das Leben leichter wäre, wenn alle Menschen vernünftig miteinander reden würden. Aber, ein paar Herzschläge entfernt vom pädagogisch Richtigen und Wichtigen, handelt es auch vom Familienleben einer asiatischen Familie, von der eigentlich unmögliche Freundschaft zwischen Jungs und Mädchen – und davon, wie man sich unbedingt verhalten sollte, wenn man drei Wünsche frei hat. Die goldene Regel sei an dieser Stelle verraten: Immer und unter allen Umständen nur zwei Wünsche verplempern, damit der dritte für absolute Notfälle offen bleibt. So ein Notfall hätte das Auftauchen von echten Neonazis beim Neujahrsfest von Mai-Linhs Familie beinahe werden können. Doch zum Finale werden diese Bösen mal nicht mit guten Wünschen und auch nicht mit Worten bekehrt, sondern handfest vertrieben. Mit einem Feuerwerk, dessen Geknatter die Blödmänner für Schüsse halten. Die Autorin, und das ist ein Glück für dieses Buch, hat beim Schreiben auch nicht nur Blümchen geschnitzt. (ab 10 Jahre)
CLAUDIA VON SEE
CAROLIN PHILIPPS: Mai-Linh – Wenn aus Feinden Freunde werden. Ueberreuter Verlag 2001. 120 Seiten, 17,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Ein Kinderkrimi zum Thema
Ausländerfeindlichkeit
Kleine Revolutionen können sogar in einer Suppe schwimmen: Katzen und Elefanten, sorgfältig von der zehnjährigen Vietnamesin Mai-Linh aus Karottenstückchen geschnitzt, sind für ihre Eltern ein deutliches Zeichen des Aufruhrs. Blumen, nichts als Karottenblumen müssen in die traditionelle vietnamesische Suppe, meinen Vater und Mutter, denen ein Restaurant gehört. Und deshalb soll ihre Tochter nach der Schule auch nichts als Blumen für die Gäste schnipseln.
Mai-Linh ist das Blumenschnippeln leid, und das Bravsein sowieso. Noch viel schlimmer findet sie allerdings die ausländerfeindlichen Schmierereien, die sie auf der Wohnungstür ihrer Familie entdeckt. Mit ihrem Vater kann Mai-Linh im Moment nicht reden – die Möhrensache –, deshalb sucht sie gemeinsam mit ihrer Freundin Cindy nach dem Täter. Und dabei lösen die beiden Mini-Miss-Marples Ereignisse aus, die ziemlich außer Kontrolle geraten, denn zimperlich sind die Mädchen nicht. Da wäre zum Beispiel die Sache mit dem Eimer Hundescheiße, der auf dem Hauptverdächtigen landet, in den Mai-Linh dummerweise auch noch verknallt ist. Auch zwei Entführungen, diverses Schuleschwänzen und einige Notlügen werden aus Sicht der Mädchen unumgänglich, um den Jungen zu finden, der die Ausländer im Haus terrorisiert. Aber haben sie überhaupt den richtigen Verdächtigen im Visier?
Das Ergebnis ist eine spannende Geschichte mit guten und bösen Jungen, Verwechslungen und Schweigen zum falschen Zeitpunkt – was darin gipfelt, dass Mai-Linhs Vater ausgerechnet den Bösewicht ins Herz schließt und mit Frühlingsrollen füttert. Natürlich endet alles trotzdem gut. Doch auf dem Weg dahin macht Mai-Linhs Geschichte klar, dass es viele verschiedene Arten von blinder Abneigung gibt: Mai-Linhs Mutter beispielsweise, die selbst unter der Ausländerfeindlichkeit in Deutschland leidet, verbietet ihr die Freundschaft mit einem schwarzen Mädchen.
Um die verschiedenen Facetten von Vorurteilen geht es in Carolin Philipps’ Buch und darum, dass das Leben leichter wäre, wenn alle Menschen vernünftig miteinander reden würden. Aber, ein paar Herzschläge entfernt vom pädagogisch Richtigen und Wichtigen, handelt es auch vom Familienleben einer asiatischen Familie, von der eigentlich unmögliche Freundschaft zwischen Jungs und Mädchen – und davon, wie man sich unbedingt verhalten sollte, wenn man drei Wünsche frei hat. Die goldene Regel sei an dieser Stelle verraten: Immer und unter allen Umständen nur zwei Wünsche verplempern, damit der dritte für absolute Notfälle offen bleibt. So ein Notfall hätte das Auftauchen von echten Neonazis beim Neujahrsfest von Mai-Linhs Familie beinahe werden können. Doch zum Finale werden diese Bösen mal nicht mit guten Wünschen und auch nicht mit Worten bekehrt, sondern handfest vertrieben. Mit einem Feuerwerk, dessen Geknatter die Blödmänner für Schüsse halten. Die Autorin, und das ist ein Glück für dieses Buch, hat beim Schreiben auch nicht nur Blümchen geschnitzt. (ab 10 Jahre)
CLAUDIA VON SEE
CAROLIN PHILIPPS: Mai-Linh – Wenn aus Feinden Freunde werden. Ueberreuter Verlag 2001. 120 Seiten, 17,80 Mark.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Das große Glück dieses Kinderkrimis zum Thema Ausländerfeindlichkeit besteht für Claudia von See darin, dass die Autorin beim Schreiben "nicht nur Blümchen geschnitzt" hat, was soviel bedeutet, wie: wenn es handfest zugeht - etwa bei einem der von den beiden kleinen Heldinnen, "Mini-Miss-Marples" alle beide, ausgelösten turbulenten Ereignisse oder bei der Vertreibung eines Rudels Neonazis -, dann kann man das auch lesen in diesem Buch. Spannend findet die Rezensentin aber auch die vielen verschiedenen Facetten von Vorurteilen, die die Geschichte auf den Plan ruft, sowie die Eindrücke aus dem Alltag einer asiatischen Familie oder jene von den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Freundschaft zwischen Jungs und Mädchen, die der junge Leser erhält.
© Perlentaucher Medien GmbH
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