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Der Autor schildert mitreißend den Menschen Picasso, der sich hinter dem genialen Künstler verbirgt. Wer glaubt, die weitverzweigte Familie von Pablo Picasso zu kennen, wird sich wundern: Eine Fülle von Details kommt hier erstmals ans Licht. Spektakuläre Berichte über den Picasso-Clan, die den Meister des Kubismus zum Frauen-Zerstörer stilisierten, gab es zu jeder Zeit genügend. Sein Enkel Olivier (geb. 1961) hat sich aufgemacht und die Verwandten, Freunde und Zeitgenossen des Künstlers befragt: vieles, darunter einiges Sensationelles, brachte er zutage, was keiner bislang wusste.…mehr

Produktbeschreibung
Der Autor schildert mitreißend den Menschen Picasso, der sich hinter dem genialen Künstler verbirgt. Wer glaubt, die weitverzweigte Familie von Pablo Picasso zu kennen, wird sich wundern: Eine Fülle von Details kommt hier erstmals ans Licht. Spektakuläre Berichte über den Picasso-Clan, die den Meister des Kubismus zum Frauen-Zerstörer stilisierten, gab es zu jeder Zeit genügend. Sein Enkel Olivier (geb. 1961) hat sich aufgemacht und die Verwandten, Freunde und Zeitgenossen des Künstlers befragt: vieles, darunter einiges Sensationelles, brachte er zutage, was keiner bislang wusste. Unveröffentlichte Fotos umrahmen dieses spannende Porträt von einem Autor, der zur Familie gehört.
Autorenporträt
Olivier Widmaier Picasso, geb. 1961, ist der Sohn von Maya, der Tochter von Picasso und Marie-Thérèse Walter. Er studierte Jura und ist in Paris als Produzent und Berater für audiovisuelle Medien tätig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

Das Picasso-Syndrom
Olivier Widmaier Picasso will den Ruf des Großvaters retten
Die Geschichte von Pablo Picasso ist auch die Geschichte der Frauen, die er ins Unglück stürzte. Als Francoise Gilot ihre Erinnerungen aufschrieb und mit Hilfe des amerikanischen Journalisten Carlton Lake unter dem Titel „Life with Picasso” im Jahr 1963 auf den Markt brachte, war Picasso außer sich vor Wut, denn seine Ex-Geliebte verriet Details aus seinem gut gehüteten Privatleben und ließ den damals bereits als strahlende Künstlerikone des 20. Jahrhunderts gefeierten Spanier mit einer Schwäche für Stierkämpfe auf einen Schlag in einem schlechten Licht da stehen. Der vermeintlich Verleumdete versuchte also, den Vertrieb des Buches per Gerichtsbeschluss zu verhindern, aber er verlor den Prozess und das Buch profitierte von der Publicity. Dreißig Jahre zuvor hatte bereits seine erste große Liebe Fernande Olivier ihre Erlebnisse mit dem angehenden Künstler in den Kreisen der Boheme von Montmartre beschrieben und nicht mit Einzelheiten über Opiumexzesse und Affären gespart.
Wenn die Picasso-Frauen nicht selbst zur Feder griffen, nahmen das andere für sie in die Hand wie der Kunsthändler Heinz Berggruen, der in einer sentimentalen Anekdotensammlung seinen Besuch bei Dora Maar schildert. Am Ende ihres Lebens lag sie krank und bitterarm auf einem Diwan in ihrer Dachwohnung in Paris, umgeben von den Porträts, die Picasso in den dreißiger Jahren von ihr gemalt hatte, als sie noch als junge vielversprechende Fotografin galt und die Entstehung von „Guernica” mit ihrer Kamera dokumentierte. Ihre Karriere war beendet, als Picasso sie verließ.
Pervers und geizig
In den Katalogen der Kunstgeschichte wird Pablo Picasso für seine unvergleichliche Kreativität auf der Leinwand gerühmt, liest man die Biographien seiner abgelegten Geliebten steht er für die Zerstörung der Personen, die sich in seinem Umkreis bewegten. Nun hat der jüngste Enkel seine Sicht auf das Leben des Ausnahmekünstlers zu Papier gebracht und zudem die Geschichte seiner verzweigten Familie aufgeschrieben. Olivier Widmaier Picasso war neun Jahre alt, als er die Meldung vom Tod seines Großvaters im Radio hörte. Vieles, über das er schreibt, hat er nicht selbst erlebt; es ist das Resultat von Literaturrecherchen oder basiert auf Interviews, die er mit Zeitgenossen von Picasso führte.
Als studierter Jurist betrachtet er den Stammbaum der Picasso-Dynastie unter gesetzesrelevanten Aspekten. Pablo Picasso hatte nur einen einzigen legitimen Sohn, Paulo, der aus der Ehe mit der russischen Tänzerin Olga Khokhlova hervorging. Die übrigen drei Kinder Maya, Pablo und Paloma zeugte er außerehelich. Das war nicht nur ein psychologischer, sondern auch juristischer Makel, der sich vor allem bei der Auszahlung von Picassos Erbes hätte bemerkbar machen können, das in der Presse als „Jahrhunderterbe” galt und über dessen Höhe in allen Magazinen monatelang wild spekuliert wurde. Als Picasso am 8. April 1973 im Alter von 93 Jahren starb, hinterließ er in seinen Häusern an der Côte d'Azur und Wohnungen in Paris nicht nur 1885 Gemälde, 7089 Zeichnungen, 11228 Skulpturen, 6112 Lithographien, 2800 Keramiken, 18095 Radierungen, sondern auch ein Bankguthaben von damals „Dutzenden Millionen alter Francs”. Es dauerte fünf Jahre bis das Nachlassinventar erstellt war. Das Erbe belief sich auf die astronomische Summe von heute umgerechnet 695 915 026 Euro.
„Picasso war der reichste Künstler in der Geschichte der Menschheit.” Mit der Verwaltung und Sicherung des enormen Erbes haben seine Kinder und Kindeskinder bis heute alle Hände voll zu tun. Kein Paris-Tourist denkt daran, dass das Musée Picasso im Hotel Aubert de Fontenay auf der Grundlage der „Loi Malraux” als Schenkung an den französischen Staat eingerichtet wurde, um Erbschaftssteuern zu sparen, und niemand weiß um die Mühen der Erbengemeinschaft, das Urheberrecht Picassos vor Copyright-Piraten zu schützen. Sohn Claude ist der Vorsitzende einer Gesellschaft, die den Namen Picasso als Peugeot-Automarke profitabel vermarktet oder den Missbrauch von gefälschten Picasso-Motiven auf T-Shirts und Ventilatoren bekämpft. Tochter Maya Widmaier Picasso gilt als Picasso-Expertin und agiert als Vermittlerin von Werken ihres Vaters im internationalen Ausstellungsbetrieb. Die einzige, die eine Karriere außerhalb der Erbengemeinschaft startete, ist Paloma, die mit ihrem ausdrucksvollen Gesicht in Hochglanzmagazinen wie Madame und Vogue für ihre eigenen Schmuck- und Parfümkreationen wirbt.
Auf den Picasso-Kindern lastet eine finanzielle und ideelle Bürde. Den Enkel treibt die moralische Pflicht. Er habe „diesen Roman” geschrieben, um die Vorurteile und Schuldzuweisungen gegen seinen Großvater an Hand von neuem Beweismaterial zu widerlegen. Also strengt er ein literarisiertes Revisionsverfahren an: Er entlarvt die Fama vom Frauenverächter, der lebenslang seine homosexuellen Neigungen unterdrückte, als Hirngespinst einer puritanisch denkenden und karriereorientiert schreibenden Journalistenmeute. Die Legende vom grausamen Picasso, der eine brennende Zigarette im makellos schönen Gesicht von Francoise Gilot ausdrückte, stimmt ebenfalls nicht. Sie basiert auf einem Übersetzungsfehler, der sich in die französische Version ihrer Memoiren eingeschlichen hat. Picassos Maßhalten im Alltag nach dem klugen Motto „Mit viel Geld in der Tasche bescheiden leben” wurde mit Geiz verwechselt. Denn dass sein Großvater nicht geizig war, belegen die großzügigen Alimente, die er seinen Ex-Frauen zahlte, egal, ob er mit ihnen offiziell verheiratet war oder nicht.
Beeindruckend ist auch die Liste der karitativen Leistungen, die der Autor anekdotisch aufbereitet auflistet: 1953 schenkte Picasso dem angehenden Fotografen André Villers eine professionelle Rolleiflex, da dessen alte Kamera kaputt gegangen war, und auf einem Fünfhundert Francs Schein hinterließ er eine kleine Zeichnung, so dass Heinz Berggruen die Banknote für 1000 Francs als signiertes Kunstwerk verkaufen konnte. Picasso hatte ein spielerisches Verhältnis zum Geld, was verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass er sich von seinen Galeristen nichts vorschreiben ließ, sondern die Mindestpreise seiner Gemälde selbst festlegte.
Außerdem schreibt Olivier Widmaier über all das, was den auf die Werkinterpretation fixierten Kunsthistoriker nicht interessieren darf: Picasso war Hypochonder und äußerst abergläubisch. Bevor er seinem Friseur des Vertrauens Eugenio Arias begegnete, schickte er seine abgeschnittenen Haare und Fingernägel in einem Briefumschlag an seine Ex-Geliebte Marie-Thérèse Walter, damit sie verhindere, dass seine Relikte „in die böswilligen Hände von Spezialisten für Schwarze Magie oder Voodoo fielen!” Er weigerte sich strikt, ein Testament zu machen, weil Testamente angeblich den Tod anziehen.
Olivier Widmaier Picasso ist der erste unter den Biographen der Picasso-Patchwork-Familie, der sich nicht als Opfer dieses menschenvereinnahmenden Künstlers begreift. Vielmehr stellt er seinen Großvater selbst als Opfer dar. Als Opfer einer Arbeitswut, die ihn am Ende seines Lebens in die Isolation seines Ateliers in der festungsgleich verbarrikadierten Villa La Californie trieb, wo er von der Außenwelt abgeschlossen und von seiner letzten Lebensgefährtin Jacqueline Roque beschützt erotische Akte am Fließband produzierte.
CLAUDIA LANFRANCONI
OLIVIER WIDMAIER PICASSO: Picasso. Porträt einer Familie. Prestel Verlag, München 2003. 321 S., 24,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Olivier Widmaier Picasso, Enkel des großen Picasso und von Haus aus Jurist, ist in seinem Familienporträt dem gelernten Beruf gewissermaßen treu geblieben, findet Claudia Lanfranconi, strenge er doch ein "literarisiertes Revisionsverfahren" zur Ehrenrettung seines Großvaters an: Er sei kein "Frauenverächter" mit unterdrückten "homosexuellen Neigungen" gewesen, "grausam" schon gar nicht. Wie es zum Vorurteil des geizigen Künstlers gekommen ist, ist für den Autor ebenfalls nicht nachvollziehbar - er verweist auf die "großzügigen Alimente" an die Ex-Geliebten. Des Weiteren stelle der Autor noch eine "Liste der karitativen Leistungen" zusammen und schreibe, "was den auf die Werkinterpretation fixierten Kunsthistoriker nicht interessieren darf". So erfahre man mitunter, dass Picasso nicht nur "äußerst abergläubisch" war, sondern auch den "Hypochondern" zuzurechnen sei. Schlussfolgernd fasst die Rezensentin zusammen, dass sich Widmaier Picasso, anders als die ehemaligen Geliebten und Lebensgefährtinnen des Künstlers, als erster Biograf nicht als "Opfer dieses menschenvereinnahmenden Künstlers" begreift. Die Opferrolle habe er freilich seinem Großvater zugestanden, als "Opfer seiner Arbeitswut".

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