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Der Band ist das erste umfassende biographische Porträt von Goethes Freund Meyer und zugleich die Darstellung Weimars als Summe der Ausstrahlungen eines europaweiten kulturellen Netzwerks. Eine Fundgrube für Goetheliebhaber.
Der Maler, Kunstkenner und Kunstgelehrte Johann Heinrich Meyer, der "Kunschtmeyer", wie der Weimarer Dichterfürst ihn nannte, war Goethes hoch geschätzter Berichterstatter, Begutachter, in allen künstlerischen Fragen das Orakel, und darüber hinaus durch die Jahrzehnte hindurch einer der wichtigsten und verlässlichsten Freunde. Der Dichter sagte in Augenblicken drohender…mehr

Produktbeschreibung
Der Band ist das erste umfassende biographische Porträt von Goethes Freund Meyer und zugleich die Darstellung Weimars als Summe der Ausstrahlungen eines europaweiten kulturellen Netzwerks. Eine Fundgrube für Goetheliebhaber.
Der Maler, Kunstkenner und Kunstgelehrte Johann Heinrich Meyer, der "Kunschtmeyer", wie der Weimarer Dichterfürst ihn nannte, war Goethes hoch geschätzter Berichterstatter, Begutachter, in allen künstlerischen Fragen das Orakel, und darüber hinaus durch die Jahrzehnte hindurch einer der wichtigsten und verlässlichsten Freunde. Der Dichter sagte in Augenblicken drohender Gefahr mehr als einmal, dass er Heinrich Meyers Tod nicht zu überleben wünsche. Schon zu Lebzeiten ging dem gradlinig-bescheidenen Schweizer Künstler und Kunsttheoretiker der Ruf voraus, "ein philiströser Handlanger, ein pedantischer Kleinigkeitskrämer" zu sein. Jochen Klauß räumt mit diesem Vorurteil auf und stellt zum ersten Mal den Menschen Meyer und seine Rolle im Gefüge der Weimarer Kulturszene und Geselligkeit dar.
Meyer wird in diesem Buch nicht wie bisher üblich ausschließlich als Rom-Kenner und Freund Goethes charakterisiert, sondern auch als Vermittler deutsch-Schweizer Beziehungen. Aus der Summe der Ausstrahlungen dieses europaweiten kulturellen Netzwerks - Zürich war unbestreitbar Teil der unsichtbaren deutschen Gelehrtenrepublik - ergab sich letztlich auch das Phänomen "Weimarer Klassik", das ohne auswärtige Kultureinflüsse nicht denkbar ist. Zum anderen würdigt Jochen Klauß zum ersten Mal den "Kunschtmeyer" als "Wohltäter" Weimars. Die Schilderung von Meyers Leben wird durch kulturgeschichtliche Hintergrundinformationen und durch Anekdoten aufgelockert, so dass ein zeitgeschichtlich interessantes Porträt entsteht.
Autorenporträt
Jochen Klauß, geboren 1951, promovierter Germanist und Historiker, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Goethe-Nationalmuseum in Weimar. Zahlreiche Publikationen zu Goethe und zum Alltag im klassischen Weimar (1990), zu Goethes Wohnhaus (1991), Herzog Carl August (1992), Goethe als Medaillensammler (1994), Charlotte von Stein (1995), Reisepraxis zur Goethezeit (1996), Goethes Deutschland - Orte und Stätten von Aachen bis Zwickau aus der Sicht des Dichters (1998), Weimar - Stadt der Dichter, Denker und Mäzene (1999), Die Medaillensammlung Johann Wolfgang von Goethes - Bestandskatalog des Goethe-Nationalmuseums Weimar (2000).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2001

Die Sprache der Stille
Ineinander verwachsen: Goethe und der Kunsthistoriker Meyer

In späteren Jahren vertraute Goethe auf Arbeitsteilung. Mit dem Ballast bloßer Stubengelehrsamkeit wollte er sich nicht beschweren; dafür hatte er seine wandelnden Lexika. "Riemer vertrat die Philologie, Meyer die Kunstgeschichte, und Eckermann entrollte sich als ein endloser Zitatenknäuel für jedes beliebige Fach", schrieb ein Zeitgenosse. Meyer, fügte er hinzu, bemühe sich darüber hinaus "seinen Herrn und Meister auch in Kleidung und Haltung zu kopieren".

Seit je ist das Nebenpersonal für die komischen Rollen zuständig. Jochen Klauß, der nach einer Reihe von Publikationen zum Alltag im klassischen Weimar nun die erste umfassende Biografie über Johann Heinrich Meyer vorgelegt hat, hält entschlossen dagegen. Nicht der beflissene Zuträger in Sachen Kunst, sondern "der Mensch Meyer", Goethes bester und stets unterschätzter Freund, soll in seiner Lebensbeschreibung zur Geltung kommen. Das Problem dabei ist, daß man über den "Kunschtmeyer", wie er genannt wurde, als Sachbearbeiter eine ganze Menge, über den Menschen aber nur wenig weiß. Das betrifft insbesondere die ersten dreißig Jahre, bis er die Bekanntschaft seines Lebens machte.

Johann Heinrich Meyer wurde 1760 in Zürich geboren; sein Vater, ein Kaufmann, verschwand nach dem Bankrott auf Nimmerwiedersehen. Über die Kindheit in solchen demütigenden Verhältnissen ist kaum etwas bekannt außer der früh erwachten Zeichenlust. Meyer wurde Zeichenlehrling bei Johann Koella, dann Geselle bei Füßli. Das sind die Fakten. Ansonsten erfährt man im ersten Teil des Buches viel über "Zürich im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts".

Ab 1784 gehörte Meyer zur deutschen Künstlerkolonie in Rom. Da noch immer keine Originaltöne zu haben sind, zitiert Klauß aus den Rom-Berichten Tischbeins und fügt hinzu: Meyer wird nicht anders gelebt haben. Tischbein diente dem Italienreisenden Goethe eine Weile als Kunstmentor, bis es zu Differenzen kam. 1787 sprang Meyer als Ersatzmann ein und wurde von Goethe schon bald überschwenglich gelobt: "Der Glanz der größten Kunstwerke blendet mich nicht mehr, ich wandle nun . . . in der wahren unterscheidenden Erkenntnis. Wie viel ich hierin einem stillen, einsam-fleißigen Schweizer, Namens Meyer, schuldig bin, kann ich nicht sagen. Er hat mir zuerst die Augen über das Detail, über die Eigenschaften der einzelnen Formen aufgeschlossen . . . Er genießt die Kunstwerke eigentlich mehr als die großen Besitzer, die sie nicht verstehen . . ."

Goethe sorgte dafür, daß der bettelarme Meyer seine Geldsorgen loswurde. Er verschaffte ihm ein Stipendium und holte ihn schließlich nach Weimar, wo er Direktor der Zeichenakademie wurde. Für Meyer war es die Rettung in solide Verhältnisse, denn sein eigenes künstlerisches Talent war - wie die Abbildungen des Bandes belegen - begrenzt. In späteren Jahren gelang ihm wohl einmal ein realistisches Porträt des beleibten, melancholisch dreinschauenden Goethe, das diesem allerdings weniger gefiel als die idealisierten Darstellungen.

Jedenfalls wollte Goethe auf Meyers Nähe nicht mehr verzichten, so daß er ihn sogar als Hausgenossen in den engsten Familienkreis aufnahm. Der Freund glänzte nicht nur mit Kunstkenntnis, sondern auch mit Zuverlässigkeit und unkomplizierter Bescheidenheit. Dem "treuen Meyer", dem "lieben, verständigen Meyer" konnte man ruhigen Gewissens die Frau überlassen, wenn man wieder einmal auf Reisen ging. Goethe schätzte seinen Meyer in späteren Jahren auch als lebendes Andenken an die schönen Zeiten in Italien und der Schweiz, deren Dialekt der Züricher zur Freude der Weimarer Gesellschaft über vier Jahrzehnte fast ungemildert beibehielt.

Sehr ausführlich werden die trotz aller Weltbedeutsamkeit Weimars doch etwas provinziell anmutenden Kunstbemühungen dokumentiert, bei denen Meyer federführend war, etwa die "Preisaufgaben für bildende Künstler" zwischen 1799 und 1805. Meyer war der Goetheschen Kunstpolitik eine Bastion des sterilen Klassizismus, wofür er sich von der nachwachsenden romantischen Generation einigen Spott gefallen lassen mußte. "Laß die Schnuze von der Kunscht! / Du hascht nu eimol nüt der Muose Gunscht", reimte August Wilhelm Schlegel. In Weimar kursierte noch manch andere Meyer-Parodie, über die sich Goethe mehr ärgerte als der betroffene Gemütsmensch selbst. Vielleicht mit Recht. Denn viele Spitzen, die den Mitarbeiter trafen, zielten auf den Meister. Oder, wie Jochen Klauß nicht ganz glücklich formuliert: "Man schlug den Sack und meinte den Esel."

Über die Ehe des bürgerlichen Meyer mit Amalia Kobe von Koppenfels wird nur wenig mitgeteilt. Sie kam zustande, obwohl Goethe über den heiratsnotwendigen Auszug des Freundes zunächst verstimmt war. Wie später im traurigen Fall Eckermanns ließ er alle "teilnehmende Freude" am Liebesglück vermissen, über das freilich so gut wie nichts bekannt ist; "auch das Familienleben der Meyers kann aus den überlieferten Quellen nur schemenhaft deutlich gemacht werden". Klauß ist mehr Realiensammler als Menschenschilderer, und wenn er nichts genaues finden kann, verlegt er sich aufs Allgemeine.

So bleibt das Bild des Menschen bei allem Aufwand lückenhaft und blaß. Meyer sei "unverwechselbar in die Weimarer Gesellschaft integriert" gewesen, wird versichert. Im Lauf der Jahre habe sich eine Männerfreundschaft herausgebildet, die auch ohne viele Worte auskam. Anekdotisch verbürgt sind schweigsame Kutschfahrten der beiden Herren, bei denen Goethe angesichts der vorbeirollenden Landschaft irgendwann ein geräuspertes "Hm, hm" hören ließ, das von Meyer knapp genug mit "So ischt's" pariert wurde. "Müssen nicht zwei Menschen völlig ineinander verwachsen sein", holt der Biograph nun doch psychologisch aus, "um die Sprache der Stille ertragen zu können?"

Wichtig ist ihm die Feststellung, daß es zwischen Goethe und Meyer kein Gefälle der Unterwürfigkeit gegeben habe. Mitunter habe man sogar gestritten: "Eben recht, wie es unter Freunden sein soll. Denn ein Messer wetzt das andere, und ein Mann den anderen." Das Menschliche ist diesem Biographen sicherlich nicht fremd, entzieht sich aber öfter seiner Darstellungsgabe. Wer sich für Fakten aus dem historischen Weimar interessiert, ist mit den Büchern von Jochen Klauß gut bedient. Wer jedoch die Nebenfiguren um Goethe "menschlich" vorgeführt bekommen möchte, sollte Thomas Manns Prosakomödie "Lotte in Weimar" aufschlagen. Dort hat auch Meyer seinen Auftritt.

WOLFGANG SCHNEIDER

Jochen Klauß: "Der ,Kunschtmeyer' - Johann Heinrich Meyer. Freund und Orakel Goethes". Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 2001. 358 S., geb., 59,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Jochen Klauß hat eine ganze Reihe von Veröffentlichungen über den Alltag im klassischen Weimar vorgelegt, weiß Wolfgang Schneider. Die findet der Rezensent auch unbestritten informativ und lesenswert. Das neue Buch von Klauß ist Johann Heinrich Meyer, einem der engsten Freunde Goethes, gewidmet. Über den gibt es aber, so Schneider, wenig zu berichten, denn Meyer war ein Mensch im Hintergrund, über den nur wenig Privates überliefert ist. So gesehen weiß auch der Autor nicht viel über den Menschen Meyer zu erzählen und versteigt sich stattdessen auf detailreiche Berichte über die eher provinziellen Kunstbemühungen Meyers in Weimar. Der Mensch Meyer, so Schneider, bleibt bei allem Aufwand, den Klauß für seine Biografie betreibt, "lückenhaft und blass". Wer gerne Fakten über das historische Weimar liest, sei mit dem Buch gut bedient. Wer mehr über Meyer wissen will, sollte besser, resümiert Schneider, Thomas Manns "Lotte aus Weimar" lesen.

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