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Ein Mann und sein Schiff die Geschichte einer obsessiven Liebe Für Jakob Brouwer ist die "Johanna Maria" mehr als ein Schiff sie ist die Liebe seines Lebens. Unter seinen Händen tanzt der schmucke Dreimaster über die Wellen und entwickelt sich zur schnellsten Fregatte, die je unter niederländischer Flagge gesegelt ist. Als das geliebte Boot verkauft wird, fasst der Seemann einen Plan, der sein Leben zu zerstören droht. Eine harte Kindheit und der frühe Tod seiner geliebten Schwester haben aus Jakob Brouwer einen wortkargen Eigenbrötler gemacht. Auf der "Johanna Maria" hat er zwar nur als…mehr

Produktbeschreibung
Ein Mann und sein Schiff die Geschichte einer obsessiven Liebe
Für Jakob Brouwer ist die "Johanna Maria" mehr als ein Schiff sie ist die Liebe seines Lebens. Unter seinen Händen tanzt der schmucke Dreimaster über die Wellen und entwickelt sich zur schnellsten Fregatte, die je unter niederländischer Flagge gesegelt ist. Als das geliebte Boot verkauft wird, fasst der Seemann einen Plan, der sein Leben zu zerstören droht.
Eine harte Kindheit und der frühe Tod seiner geliebten Schwester haben aus Jakob Brouwer einen wortkargen Eigenbrötler gemacht. Auf der "Johanna Maria" hat er zwar nur als Segelmacher angeheuert, doch dank seines Einsatzes und intuitiven Wissens um die "Bedürfnisse" des Schiffs wird er rasch zu einer Autorität für die Besatzung und damit zur Bedrohung für Kapitän Jan Wilkens. Den quält die Sorge um seine Frau und die kranken Kinder. Jeder Auftrag bedeutet einen bitteren Abschied, jede Rückkehr die traurige Gewissheit, dass die Angehörigen auf dem Festland ums Überleben kämpfen müssen. Resigniert gibt Wilkens schließlich auf, und die "Johanna Maria" wird nach einer Havarie ins Ausland verkauft. Brouwer entschließt sich, "seinem" Schiff zu folgen und so lange auf ihm zu arbeiten, bis er genug Geld beisammen hat, um es selbst zu besitzen. Dabei ist ihm jedes Mittel recht und kein Weg zu weit. Brouwers Leben kennt nur noch ein Ziel, und so versäumt der Seemann, besessen von seinem leidenschaftlichen Unternehmen, dessen Preis zu hinterfragen.
Van Schendels lebensweiser Roman um Liebe und Obsession ist einer der großen Klassiker der niederländischen Literatur. In poetisch-ruhigem Erzählton rührt die Seefahrergeschichte an grundlegende Fragen des Lebens.
Autorenporträt
Arthur van Schendel (1874-1946) wurde als Sohn eines Offiziers in der indonesischen Hauptstadt Batavia geboren. Zurück in den Niederlanden, absolvierte er jung eine Schauspielausbildung, begann mit dem Schreiben und nach einigen Jahren in England mit dem Unterrichten. Van Schendel ist Autor von zwanzig Romanen, mehr als zweihundert Erzählungen und unzähligen Essays.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2008

Die alte Fregatte weiß noch, wo der Anker hängt
Arthur van Schendel umschifft die Moderne

Es beginnt mit der Geburt des Schiffes in Amsterdam im Februar 1865, und es endet mit seinem stillen Dahinsiechen in einer Gracht am selben Ort, schon außerhalb der Zeit. "Johanna Maria" heißt das Schiff, und von den ersten Sätzen an gibt es keinen Zweifel daran, dass diese Dame aus Holz, Seil und Segeltuch durch und durch beseelt ist. Wie ein lebendiges Wesen kehrt sie, "gehetzt, erschöpft und gezeichnet", zurück von einer Fahrt, sucht ächzend den falschen Kapitän im Sturm abzuwerfen und wird endlich für den einen und Rechten die Geliebte sein, die "sein Verlangen stillt".

Dieser eine ist Jacob Brouwer, geboren in einer Straße "unter dem Meeresspiegel", ein Elementarwesen von Beginn und darum empfänglich für "das seltsame Glück jener, die aus einfachem Glauben Sicherheit schöpfen". Dieser Glaube gilt dem Schiff und sonst niemandem. Mit dem ersten Blick entsteht in ihm der Wille, es zu besitzen - oder vielmehr, wie das Leitmotiv betont: ihm zu geben, was es braucht. Von den vielen, die berufen sind, scheint er allein auserwählt; um dieses Schiffes willen verlässt er alles und folgt ihm nach. Brouwer wird geizig und großzügig, verbrecherisch und weichherzig, ganz wie sein Dienst es verlangt; und mit dem Verlust der "Johanna Maria" geht auch sein Leben zu Ende. Mit einem Halbsatz verschwindet er aus dem Text, dessen letzte Blicke wie die allerersten nicht dem Schiffer gelten, sondern dem Schiff.

Arthur van Schendels im Jahre 1930 erschienener schmaler Roman ist längst ein Klassiker der niederländischen Literatur. Bereits zweimal ist er ins Deutsche übersetzt worden; Gregor Seferens' jetzt erschienene, durch ein kluges Nachwort von Maarten t'Hart ergänzte Übersetzung ist die dritte, geschmeidig und leserfreundlich, der Zugang zu einem großen Lesevergnügen. Schendel erzählt, wie Brouwer segelt: ruhig, präzise und gänzlich unbeirrbar. Mit kleinstem Aufwand kann er atmosphärische Schwankungen vermitteln, die Empfindung des Gleitens im Wind und des Schlingerns im Sturm. Der fast vollständige Verzicht auf Dialoge ermöglicht eine gesteigerte Aufmerksamkeit für stumme Gesten und für Seelenzustände, die nüchtern und symptomatisch notiert werden.

Manchmal ist, im vieldeutigen Spiel zwischen Psychologie und Mythos, die Rede von "Schuld" und "Schicksal". Es sind diese Passagen, die am ehesten die neuromantische Herkunft des Autors erkennen lassen. So psychologisch sensibel seine Erzählung sich ausnimmt, so unaufdringlich liegt noch ein diskreter Vorsehungsglaube über dem Schiffszauber seiner Geschichte, die Andeutung einer Seefahrtsreligion, die den Aberglauben der Seeleute übersteigt. Ihr Gegenstück ist weniger die Aufklärung als vielmehr die kapitalistische Prostituierung - zutiefst fremd ist dem Helden der Gedanke, dass ein solches Schiff "auch Ware sein konnte und für jeden käuflich war".

Man darf diese Erzählkunst ruhig auf weltliterarischer Ranghöhe wahrnehmen. Brouwer hat etwas vom Kapitän MacWhirr in Joseph Conrads "Taifun", der allein dank seiner unbeirrbaren Sturheit alle Gefahren übersteht. Vor allem aber ist er eine Melville-Gestalt, nicht nur des maritimen Sujets wegen. Er ist, so in sich gekehrt er erscheint, in mancher Hinsicht ein Gegenstück zu Ahab - auf seine stille Weise nicht weniger dämonisch als der vernichtungswütige Jäger. Und selbst vom Schreiber Bartleby ist etwas an ihm wiederzuerkennen. Denn in seiner bedingungslosen Hingabe an das geliebte Ding, das ihm Familienersatz und Geliebte, endlich auch Objekt religiöser Verehrung wird, verweigert er sich einer Moderne, in der die Schiffe wie die Schiffer zur Ware werden. Sein Kult des archaisch-animistisch belebten Gegenstands, absurd und heroisch zugleich, tritt seiner modernen Verdinglichung entgegen.

Der Roman teilt diese Perspektive angenehm kommentarlos. Er zeigt seinen Helden (noch) nicht als psychopathologischen Fall, sondern als ein schon beinahe unansehnlich gewordenes Denkmal: als den Letzten einer versinkenden Epoche, in der die Dinge noch belebt waren und das Zaubern geholfen hat. Was nun beginnt, ist die Zeit des industriellen Welthandels, der Nützlichkeit und des Kapitals; es ist das Ende des Mythos. Die Geschichte von Brouwer und seinem Schiff hat ihn ein letztes Mal erzählt, halblaut und diskret. Kammermusik in Zimmerlautstärke, im kleinen Format große Literatur.

HEINRICH DETERING

Arthur van Schendel: "Das Fregattschiff Johanna Maria". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Gregor Seferens. Nachwort von Maarten t'Hart. Manesse Verlag, Zürich 2007.

270 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Klein aber oho! So beurteilt Heinrich Detering diesen bereits 1930 erstmals erschienenen, zum Klassiker avancierten maritimen Roman von Arthur van Schendel. Die aktuelle, nunmehr dritte Übertragung des Buches erscheint ihm gerechtfertigt ("geschmeidig und leserfreundlich"). Und auch das Nachwort ist dazu angetan, dem Rezensenten ein "Lesevergnügen" zu erschließen. Der dialogarme Text über ein Schiff und seinen Kapitän besticht laut Detering vor allem durch seine Fähigkeit, Atmosphäre und Seelenzustände nüchtern zu transportieren, auf einem Niveau, das für ihn zur Weltklasse rechnet. Darüber hinaus entdeckt Detering in dem kleinen Buch die sehr verhaltene "Andeutung einer Seefahrtsreligion" als Widerpart zur kapitalistischen Moderne. Auf die Figuren überträgt sich dieser Antagonismus laut Detering noch nicht als Psychopathologie. Sie erscheinen ihm als Melvillesche Denkmale, still, aber dämonisch.

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