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Von Schottland aus überquert Stevenson 1879 mit dem Schiff den Atlantik, besteigt in New York den Zug und reist weiter nach Chicago und San Francisco. Obwohl er für die Überfahrt eine Kajüte gebucht hat, sind es vor allem die ärmeren Zwischendecks-Passagiere, denen seine Aufmerksamkeit und Sympathie gelten. Ob die Herkunft ihres Akzents, ihre politische Meinung, die Spiele ihrer Kinder oder ihre Lieder: alles wird zum Stoff, aus dem ein spannender Reisebericht entsteht, lebendige Charakter-Miniaturen, "Typologien" europäischer Emigranten seiner Zeit. Daß Krankheit, Dreck und Entbehrung die…mehr

Produktbeschreibung
Von Schottland aus überquert Stevenson 1879 mit dem Schiff den Atlantik, besteigt in New York den Zug und reist weiter nach Chicago und San Francisco. Obwohl er für die Überfahrt eine Kajüte gebucht hat, sind es vor allem die ärmeren Zwischendecks-Passagiere, denen seine Aufmerksamkeit und Sympathie gelten. Ob die Herkunft ihres Akzents, ihre politische Meinung, die Spiele ihrer Kinder oder ihre Lieder: alles wird zum Stoff, aus dem ein spannender Reisebericht entsteht, lebendige Charakter-Miniaturen, "Typologien" europäischer Emigranten seiner Zeit. Daß Krankheit, Dreck und Entbehrung die Begleiter dieser Fahrt waren, die ihn zu seiner zukünftigen Braut nach Amerika bringen sollte, weiß Stevenson mit Witz und Melancholie zu kommentieren.

Die drastische Schilderung der wenig standesgemäßen Reiseumstände veranlaßte Stevensons Vater freilich zu einem ebenfalls drastischen Schritt: Er bestach den Verleger, und so konnte "The Amateur Emigrant" erst nach Stevensons Tod im Jahr 1896 erscheinen. In deutscher Sprache liegt das literarische Zeitzeugnis mit dieser Übersetzung nun erstmals vor.
Mit dem berühmtesten Abenteurer der Literaturgeschichte nach Amerika
Gescheiterte Europäer wählten den Weg in die Neue Welt, nicht heldenhafte Eroberer. So lautet das überraschende Fazit Stevensons, der Emigranten auf ihrer abenteuerlichen Fahrt mit Schiff und Bahn begleitete. Sein literarischer Reisebericht zeugt von der Unbesiegbarkeit menschlicher Leidenschaft, allen Widersprüchen zwischen Traum und Wirklichkeit zum Trotz.
In Schottland besteigt Robert Louis Stevenson (1850 1894) im Jahr 1879 das Auswandererschiff Richtung New York, überquert den Atlantik und reist mit dem Zug weiter nach Chicago und San Francisco. Obwohl er für die Überfahrt eine Kajüte gebucht hat, sind es vor allem die ärmeren Zwischendeckspassagiere, denen seine Aufmerksamkeit und Sympathie gelten. Ob die Herkunft ihres Akzents, ihre politischen Äußerungen, die Spiele ihrer Kinder oder ihre Lieder: Alles wird zum Stoff für seinen aufmerksamen Reisebericht, für lebendige Charakterminiaturen, "Typologien" europäischer Emigranten seiner Zeit.
Krankheit, Schmutz und Entbehrung waren die Begleiter dieser wenig standesgemäßen Fahrt, die ihn zu seiner zukünftigen Braut nach Amerika bringen sollte. Der herbe Naturalismus seiner Schilderung, die "den großen Autor von seiner atypischen Seite zeigt", wie Joachim Kalka in seinem Nachwort schreibt, veranlasste Stevensons Familie und Freunde, die Veröffentlichung des Buchs zunächst zu verhindern. Erst nach dem Tod des "Schatzinsel"-Autors konnte "The Amateur Emigrant" erscheinen. In deutscher Sprache liegt das literarische Zeitzeugnis mit dieser Übersetzung zum ersten Mal vor.
Autorenporträt
Robert Louis Stevenson, geboren 1850 in Edinburgh, schrieb unter anderem Reiseerzählungen, Abenteuerromane und Lyrik. Stevenson starb im Alter von 44 Jahren auf der Südseeinsel Samoa.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.07.2005

Nach Kalifornien!
Erstmals auf Deutsch: Stevensons „Emigrant aus Leidenschaft”
Die Lehre, der Weg eines jeden Menschen sei von Gott vorgezeichnet, ergriff schon früh das Gewissen des kleinen Robert Louis Stevenson (und später weltbekannten Autors der „Schatzinsel”). Der Glaube verbot ihm eine allzu große Teilnahme am Schicksal der Armen - zeigte sich in ihrem weltlichen doch bereits ihr jenseitiges Los. Dem lungenkranken Kind las seine Pflegeschwester Bibelgeschichten und Märtyrerlegenden vor; sie unterwies den kleinen Stevenson im Katechismus und weckte zugleich eine weitschweifige Fabulierlust. Seinem Sinn für exotische Abenteuer waren später keine Zügel angelegt, wohl aber seinem Sinn für die soziale Realität. Wo diese dennoch einmal ihr schlecht geschminktes Gesicht zeigte, traten die Eltern (der Vater ein erfolgreicher Ingenieur und Leuchtturmbaumeister) auf den Plan. Nach Möglichkeiten unterbanden sie das Auftauchen der offensichtlich nicht Auserwählten im Schreiben ihres Sohns.
Erst jetzt ist Robert Louis Stevensons Schilderung seiner Reise von England nach Kalifornien unter dem Titel „Emigrant aus Leidenschaft” auf Deutsch erschienen. Im Englischen war sie ab 1895, im Jahr nach seinem Tod, erhältlich unter dem Titel „The Amateur Emigrant from the Clyde to Sandy Hook”. Eine frühere Rezeption verhinderte der Vater. Was sein Sohn vom „Bruder aus dem Zwischendeck”, von mittellosen und verwahrlosten Europäern, deren einziger Besitz die Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Amerika war, berichtete, lag für Thomas Stevenson weit abseits dessen, was schicklich und bemerkenswert war. Er kaufte alle zu Lebzeiten seines Sohns erschienenen Druckexemplare des Reiseberichts selbst auf.
Die „Schiffsladung voll Versager, die gebrochenen Menschen Englands”, die den schottischen Dichter auf der Reise zu seiner künftigen Frau Fanny Osbourne im Jahr 1879 begleiteten und mit denen er sich im Erzähler-Wir verbrüderte, stellen die in seinem fiktionalen Werk oft vermisste Seite alltäglicher Gegenwart und Not dar. Weder macht sich Stevenson bei deren Beschreibung Illusionen: auch der Unterdrückte kann zum Unterdrücker werden, kommt er zu Geld. Noch staubt und kracht in seinem Erzählen das Gebälk trockener Klassenideologie. Ohne Ansehen ihres Standes werden die Mitreisenden zu Verkörperungen und Travestien literarischer Typen, von Orpheus über Figuren der Commedia dell'Arte bis zu Gestalten von Dickens oder Zola.
Ökonomische Theorie und Einzelfall sind bei Stevenson verflochten. Erst im jeweiligen Bild gewinnt für ihn der Begriff der Armut seine Wirklichkeit: „Der einzelne berührt uns nun einmal mehr als die Masse. Dramatischen Ereignissen und der sinnlichen Wahrnehmung ist es größtenteils zu verdanken, wenn wir die Bedeutung von Tragödien erfassen”. Dass sich das Vergnügen am Fabulieren und die Reflexion sozialer Missstände nicht ausschließen, ist in „Emigrant aus Leidenschaft” nachzulesen und -erleben.
CHRISTOPH KAPPES
ROBERT LOUIS STEVENSON: Emigrant aus Leidenschaft. Ein literarischer Reisebericht. Aus dem Englischen von Axel Monte. Manesse Verlag, Zürich 2005. 312 Seiten, 17,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Susanne Ostwald ist froh, dass Robert Louis Stevensons literarischer Reisebericht aus dem Jahr 1879 endlich in deutscher Sprache zu haben ist; sie fühlte sich von der Lektüre zugleich klug belehrt und gut unterhalten. Die Gründe für ihr Lob: Erstens ist Stevenson, wie man von seinen Romanen weiß, ein erstklassiger Erzähler - interessant sei es hier, zu beobachten, wie er im Bemühen um präzise Erfassung der Realität beinahe etwas widerwillig zu einem sprachlichen Realismus gelangt. Zweitens gibt er authentische Einblicke in die Leben der armen Emigranten, die sich auf den Weg ins gelobte Land der Neuzeit machten, und betätigt sich als Zertrümmerer von Mythen, die es damals schon gab und heute noch immer gibt: Keine Self-Made-Men machte Stevenson unter seinen Reisegenossen im Zwischendeck aus, sondern die "gebrochenen Menschen Englands". Drittens, so Ostwald, zeigt sich seine Kunst darin, dass sich das Unmittelbare stets auch ins Existenzielle verlängert - "dass sich physische Eindrücke zu unmittelbaren, gleichwohl sehr genauen Betrachtungen über den Charakter der Dinge und Menschen verdichten". Und viertens nahm schon Stevenson selbstreflexiv das Phänomen der Hassliebe zu Amerika - einen der Dauerbrenner europäischer Imagination - in den Blick und schrieb: "Amerika ähnelte meiner Heimat zu sehr, und doch nicht genug."

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