Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 4,00 €
  • Broschiertes Buch

Über eine Farbe, die vielleicht keine ist, aber gerade deshalb die interessantesten Assoziationen, Bewertungen, Metaphern, narrativen Wendungen und Bilder evoziert - und um die geht es in diesem Sammelband. Über weiße Wäsche, weißes Rauschen, weiße Haut, die weißen Seiten der Literatur, den "white cube", weiße Skulpturen,das Weiß der Architektur, das "Weiß im Auge des Gegners" - und, wer weiß, vielleicht auch über den Schwarzen Peter.

Produktbeschreibung
Über eine Farbe, die vielleicht keine ist, aber gerade deshalb die interessantesten Assoziationen, Bewertungen, Metaphern, narrativen Wendungen und Bilder evoziert - und um die geht es in diesem Sammelband. Über weiße Wäsche, weißes Rauschen, weiße Haut, die weißen Seiten der Literatur, den "white cube", weiße Skulpturen,das Weiß der Architektur, das "Weiß im Auge des Gegners" - und, wer weiß, vielleicht auch über den Schwarzen Peter.
Autorenporträt
Wolfgang Ullrich, Jahrgang 1967, studierte Philosophie, Kunstgeschichte und Germanistik in München. Promotion 1994 mit einer Arbeit über das Spätwerk Heideggers. Seitdem freier Autor, Dozent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Kunstakademie München (1997 bis 2003) und Unternehmensberater, zahlreiche Arbeiten zur Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, über moderne Bildwelten und Wohlstandsphänomene.

Juliane Vogel, Professorin für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Konstanz. Sie forscht u. a. zu Grundlagen europäischer Dramaturgie, Szenographien des Dramas im historischen Kontext und kulturwissenschaftlicher Perspektive, Dramatik und Gender Studies, zum Drama und zur Oper des 19. und 20. Jahrhunderts, zum Theater der Avantgarde, postdramatischen Theater und zu Montageverfahren Text, Schnitt und Schneiden in der Moderne.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2003

Weiß am Stiel
Bist Du schneeblind? Betrachtungen über eine Farbe, die manche für keine halten
Wer in Marilyn Monroes Haare griff, musste mit klebrigen Händen rechnen, besonders am Set. Helen Turpin und Agnes Flanagan hießen die Friseusen, die unermüdlich zur Stelle waren, die toupierten und sprayten, bis der Effekt gelang, wenn ihr, der weißblonden Göttin, eine Strähne ins Gesicht fallen sollte beim Gesangsauftritt in „Manche mögen’s heiß”. Oder wenn in immer wiederholten Takes ein Windstoß ihre Frisur bewegte, wie bei der U-Bahn- Szene im „Verflixten siebten Jahr”. Für die Farbe ihres Haars, die sie zur Lichtgestalt machte, zum Spotlight im Scheinwerferlicht, war allerdings eine andere zuständig; eine aus San Diego stammende Haarbleicherin der Metro- Goldwyn-Mayer namens Pearl Porterfield, die im Ruhestand lebte und hartnäckig an der Wasserstoffsuperoxyd-Technik festhielt. Frauen wie ihnen ist der gleißende Leinwand-Glanz zu verdanken. Sie waren es, die mit verdünnten chemischen Lösungen Göttinnen erschufen.
So geht es nicht zuletzt um die Würdigung eines teuer bezahlten Berufsstandes, wenn Michaela Krützen in dem von Wolfgang Ullrich und Juliane Vogel herausgegebenen Band „Weiß” den Aufstieg und Fall der Weißblondinen Hollywoods nachzeichnet. Es geht um die Anleitung zu einem Mythos in den Friseurhandbüchern des 20. Jahrhunderts; um eine Epoche der Künstlichkeit, bis sich im Laufe der sechziger Jahre das Verlangen nach Natürlichkeit durchsetzt und man mildes Honigblond zu lieben beginnt.
Zuvor war das Weiß der blonden „bombshells” die Farbe. Eine Farbe, die manche für keine halten, weil sie „neutral” sei, das Gegenteil von Farbe überhaupt. Dabei war sie für viele Philosophen der Inbegriff einer unhintergehbaren Transzendenz. Selbst Hegel sah in ihr ein Symbol für das Absolute: „reine Identität”.
Er erinnere sich noch gut, schreibt Wolfgang Ullrich im Vorwort, wie er als Kind immer nach seiner Lieblingsfarbe gefragt wurde und ihm keine Antwort einfiel. Weiß sei keine, sagte man ihm, und so wählte er Gelb, was sehr ernst genommen wurde: Beim Mensch-ärgere-dich-nicht bekam er die gelbe Figur, seine Kindergartentasche wurde gelb und später auch der erste Schulranzen.
Aus der kindlichen Irritation, dass Weiß keine Farbe sei, scheint nun ein ganzes Buch entstanden zu sein, das den Farbcode zu knacken versucht und die Auflösung von Farbhierarchien insgesamt unterstellt. Man rede heute kaum mehr von Farbkreisen oder von Primär- und Mischfarben, heißt es. Vielmehr habe in der so genannten „Postmoderne” eine „Entideologisierung der Farben” stattgefunden – was man allerdings nicht recht glauben will. Denn wenn man beim Lesen auch nur kurz den Fernseher einschaltet, blitzt in der Werbung alles Silber auf. Von „Entideologisierung” kann hier keine Rede sein. Eher scheinen sich Farbhierarchien und ihre Codierungen verschoben zu haben.
Natürlich spricht das nicht generell gegen „Weiß”. Wo der Band von den Mythen des Alltags handelt, vom Weiß des Zuckers, dem „white cube” oder der leeren weißen Seite, die schreibgehemmte Schriftsteller in den Wahnsinn treibt, hört man alles andere als weißes Rauschen.
JULIA ENCKE
WOLFGANG ULLRICH, JULIANE VOGEL (Hrsg.): Weiß. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 261 S., 13,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der von Wolfgang Ulrich und Juliane Vogel herausgegebene Band "Weiß" versammelt "Betrachtungen über eine Farbe, die manche für keine halten", notiert Rezensentin Julia Encke. An der von Ulrich konstatierten "Entideologisierung der Farben" in der Postmoderne hat sie zwar mit Blick auf die Fernsehwerbung, in der alles in Silber glänze, so ihre Zweifel. Eine Verschiebung von "Farbhierarchien und ihre Codierungen" scheint ihr da wesentlich wahrscheinlicher. Die diversen Beiträge des Bandes, etwa über Aufstieg und Fall der Weißblondinen Hollywoods, das Weiß des Zuckers oder die leere weiße Seite des schreibgehemmten Schriftstellers, haben sie dann aber doch überzeugt: "Alles andere als weißes Rauschen."

© Perlentaucher Medien GmbH