Marktplatzangebote
10 Angebote ab € 1,00 €
  • Gebundenes Buch

Bettina Gaus war lange Jahre Afrika-Korrespondentin und berichtete aus Krisengebieten. Ihr Buch ist ein persönlicher Erfahrungsbericht und eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Medien bei der Verharmlosung des Krieges.
Bettina Gaus war dabei, als die Blauhelme zur US-Prime Time am Strand von Somalia landeten. Immer wieder erlebte sie, wie sie und ihre Kollegen von Kriegsparteien instrumentalisiert wurden - nicht zuletzt, weil Heimatredaktion und Leser es erwarteten. Gaus zeigt, warum Kriegseinsätze auch in Deutschland wieder als politisches Mittel akzeptiert werden, und…mehr

Produktbeschreibung
Bettina Gaus war lange Jahre Afrika-Korrespondentin und berichtete aus Krisengebieten. Ihr Buch ist ein persönlicher Erfahrungsbericht und eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Medien bei der Verharmlosung des Krieges.
Bettina Gaus war dabei, als die Blauhelme zur US-Prime Time am Strand von Somalia landeten. Immer wieder erlebte sie, wie sie und ihre Kollegen von Kriegsparteien instrumentalisiert wurden - nicht zuletzt, weil Heimatredaktion und Leser es erwarteten. Gaus zeigt, warum Kriegseinsätze auch in Deutschland wieder als politisches Mittel akzeptiert werden, und analysiert, welche Rolle die Medien dabei spielen. Ein spannender Insiderbericht aus dem Alltag einer Journalistin und ein Plädoyerfür einen kritischen Journalismus.
Autorenporträt
Bettina Gaus, geboren 1956, lebte von 1990 bis 1996 in Nairobi und berichtete für den Deutschlandfunk aus den Krisengebieten in Ost- und Zentralafrika.Seit 1996 ist sie politische Korrespondentin der taz, deren Parlamentsredaktion in Bonn sie bis 1999 leitete. Im Jahr 2000 erschien ihr Buch Die scheinheilige Republik (dva).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2005

Viele Fragen

KRIEGSBERICHTE. Das Fernsehen wird von Bettina Gaus als Leitmedium für die Psychologie der Massen gewürdigt. Daher unternähmen die Mächtigen den Versuch, das, was über die Bildschirme in die Wohnzimmer gelange, nach Kräften zu beeinflussen - vor allem im Krieg. Denn die Bilder können kriegsentscheidend werden - nicht im Gefecht, sondern zu Hause. Die Maßstäbe, an denen Journalisten heute gemessen werden, sind für Frau Gaus klar. Sie sollen Ereignisse nicht nur so wiedergeben, wie sie sich zugetragen haben, sondern sie nach Möglichkeit in ein Gesamtbild einordnen. Vor allem aber sollen sie die Maßstäbe und Verhältnisse kennen, über die sie berichten. Das ist nicht die Regel, sondern oft die Ausnahme. Frau Gaus macht auf die vielen Journalisten bei Kriegseinsätzen oft fehlende Kenntnis von Land und Lebensverhältnissen ebenso aufmerksam wie auf die Auswirkungen des Zwangs zur Aktualität - und zwar unter technischen Bedingungen, die es möglich machen, Ereignisse in dem Augenblick, in dem sie sich zutragen, auch auf heimischen Bildschirmen sichtbar zu machen. Sie berichtet, wie ein CNN-Reporter in Tikrit nicht nur Ziel eines Angriffs, sondern ganz bewußt selbst zum Gegenstand der Berichterstattung wird, sich also selbst als Berichterstatter abschafft. Sie reflektiert über Infotainment und Militainment als Formen der Unterhaltung, die die Realität verfremden, aber auch über die Konsequenzen einer Berichterstattung durch "embedded journalists", die unter Schutz und Kontrolle einer kriegführenden Partei stehen und somit mit deren Augen die Dinge betrachten (müssen). Und was bleibt Journalisten als Leitlinie ihres Tuns, wenn das Prinzip, so umfassend wie möglich über einen Vorgang von Bedeutung zu berichten (All the news that's fit to print), von einer Konfliktpartei als Kriegsmittel genutzt werden kann und genutzt wird? Oder wenn - wie im Mai 2004 in Bagdad - ein Mensch von Terroristen vor laufender Kamera mutmaßlich nur deshalb hingerichtet wird, weil diese Fernsehbilder darüber auf die Bevölkerung in Amerika die größtmögliche Schockwirkung haben? Frau Gaus liefert keine Antworten, schon gar keine Patentantworten, die es bekanntlich nicht gibt. Der Wert des Bändchens ist dennoch beträchtlich, weil die Autorin mit großer intellektueller Redlichkeit Fragen stellt, die seit dem ersten Irak-Krieg von 1991 in neuer Form gestellt und bisher nicht hinreichend beantwortet worden sind. (Bettina Gaus: Frontberichte. Die Macht der Medien in Zeiten des Krieges. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2004. 193 Seiten, 19,90 [Euro].)

KARL FELDMEYER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.02.2005

Humanitäre Missverständnisse
Bettina Gaus über die Grenzen der Kriegsberichterstattung
Früher war, wie man weiß, vieles anders. Die Kriegsberichterstatter, die das Bild dieses Berufsstandes bis heute prägten, waren hartgesottene Kerle, trugen beim Bildermachen maßgeschneiderte Uniformen - wie Robert Capa - oder hämmerten whiskytrinkend - wie Ernest Hemingway - lakonische Berichte in die schussfeste Underwood-Schreibmaschine. Eine Aura von Wagemut umgab sie. Die Redaktionen nahmen entgegen, was die oftmals unerreichbaren Reporter ihnen kabelten. Und der Öffentlichkeit war nur zu bewusst, dass diese Berichte von schrecklichen Fronten kamen, sei es aus der Normandie, aus Korea oder Südvietnam.
Und heute? Heute sagen Fernsehmoderatoren Sätze wie diesen: „Jetzt gehen wir weg vom Krieg und kommen zu den Prominenten.” So geschehen im letzten Golfkrieg. Oder Redakteure öffentlich-rechtlicher Sender verlangen von einer Korrespondentin einen dreiminütigen Radiobericht aus einem Kriegsgebiet und bieten dafür 200 Mark. Das Buch der ehemaligen Afrika-Korrespondentin der Taz, Bettina Gaus, beginnt mit der „skurrilen Anfrage”, die sie im Frühjahr 1993 in Nairobi erreichte. Damals schickte die Bundeswehr sich an, im Rahmen einer UN-Mission in dem ostafrikanischen Bürgerkriegsland Somalia zu landen. So beiläufig wie diese Anfrage kam, so unpassend die Überleitung des Moderators war, so „spielerisch” und unernst empfindet die Autorin die deutsche Debatte über Militäreinsätze. Als wären diese mit ihren Schrecken und Gefahren nicht längst Realität. Allerdings keine, die sich auf deutschem Boden abspielt, ganz anders also, als noch vor 20 Jahren mit guten Gründen zu befürchten war. Und, auch ganz anders als einst: Die Kriegseinsätze, an denen Deutsche sich beteiligen, seien, schreibt Bettina Gaus, stets solche zur Beförderung der Humanität und „im Dienste einer höheren Moral”. Jedenfalls gäben die Verantwortlichen sie dafür aus, und die Medien seien an der Verbreitung dieses Bildes nicht unschuldig.
Dass „die Medien” manipulieren, ist ein in aller Welt beliebtes Vorurteil, gegen das Auflehnung zwecklos ist. Journalisten können nur versuchen, sorgfältig und objektiv zu sein und sich selber aus einer Vielzahl von Quellen zu informieren. Gaus beschreibt, wie auch erfahrene Journalisten Opfer ihres kulturellen Hintergrundes und ihrer erprobten Sehweisen werden, wenn sie in fremden Ländern in ungewohnte Situationen geraten - etwa in Somalia, in das die Bundeswehr 1993 deutsche Berichterstatter transportieren ließ. Sie sollten sehen, dass die Bundeswehr am richtigen Ort war, um Gutes zu tun - und konnten mit ihrer Prägung auch gar nichts anderes sehen als Armut und Krankheit, die nun durch Bundeswehrsanitäter bekämpft werden konnte. Dass die Klinik in der Stadt Belet Huen für somalische Verhältnisse nicht schlecht war, konnten die deutschen Journalisten nicht erkennen.
Nährboden für Agitation
„Humanitäre Missverständnisse” heißt das Kapitel, in dem Bettina Gaus diese Geschichte schildert. Sie meint damit „die geistige Umwidmung militärischer Gewalt in einen Akt der Menschlichkeit”, die dazu geführt habe, dass sich „nicht mehr die Protagonisten einer Intervention, sondern deren Gegner des Verdachts erwehren müssen, sie seien mitleidlos, egoistisch, ideologisch verblendet oder gar moralisch verkommen”. Da gewinnt man den Eindruck, die Autorin werde von ihrer Beredsamkeit fortgerissen, Recht hat sie aber, wenn sie über die Macht der Medien und ihren oft unzulänglichen Umgang damit schreibt: „Wenn sich redliches Mitgefühl mit unzureichender Sachkenntnis verbindet, dann ist dies der beste Nährboden für politische Agitation. Auch und gerade für Kriegspropaganda.”
Sympathisch an dem Buch ist, dass Bettina Gaus sich selbst nicht schont. Bücher von Journalisten über Journalismus sind oft von einer hohen Warte aus geschrieben. Gaus hingegen geht auch mit eigenen Fehlleistungen - die bei keinem Journalisten ausbleiben - hart ins Gericht. Sie bescheinigt sich selbst so manches Mal die Naivität jenes guten Willens, dessen Besitzer glauben, mit ihm käme alles andere dann schon von selbst. Neutral ist sie nicht, nicht sich und nicht anderen gegenüber, sie nimmt die eigenen Erfahrungen als Auslandsreporterin und die von Kollegen ernst, gibt auch zu, dass Krisenberichterstattung Spaß machen kann (sonst würde es niemand machen) und hat mit Verve und Lust am Streit ein sehr lesbares, ein bedenkenswertes Buch über die Arbeit der Medien in Zeiten geschrieben, in denen der Krieg offensichtlich nicht mehr als letztes Mittel gilt.
CORD ASCHENBRENNER
BETTINA GAUS: Frontberichte. Die Macht der Medien in Zeiten des Krieges. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2004. 192 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dieses Buch der Journalistin Bettina Gaus über die heutige Berichterstattung aus Kriegsgebieten, findet bei Rezensent Rudolph Walther größtes Lob. Gaus, die mehrere Jahre aus Afrika berichtet, lege dabei "weit mehr als nur einen Erfahrungsbericht von der journalistischen Front" vor, das Buch enthalte vielmehr "im Kern den Kodex für einen aufgeklärten und kritischen Journalismus unter Arbeitsbedingungen, die leicht korrumpieren." Nach Ansicht des Rezensenten hebt Gaus das Nachdenken über den schwierigen Beruf "auf ein moralisches, politisches und handwerkliches Niveau, das zu unterbieten, in Zukunft jeden Autor blamiert". Ohne "auf irgendwelche Verschwörungstheorien zurückzugreifen", zeige Gaus etwa, wie es unter dem Diktat von vermeintlicher Aktualität und medialer Konkurrenz dazu kommen könne, dass "die Proportionen von Konflikten, deren Ursachen und Folgen völlig verkannt werden". Behandelt hat Gaus, erfährt man, neben dem Krieg in Somalia und der kaum stattfindenden Berichterstattung über das Vorgehen des russischen Militärs im Kaukasus auch eigene Fehleinschätzungen. Zu den bewegendsten Passagen des Buches gehörte für den Rezensenten das Kapitel über "stummes Leid": hier berichte Gaus über das Problem, "den Opfern über einen längeren Zeitraum hinweg eine Stimme zu verleihen".

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr