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'Shankar, arbeitsloser Professor und gefeuerter Supermarktkassierer, rettet Vögel, die sich auf ihrem Flug nach Süden in den Straßenschluchten Bostons verirrt haben. Arundhati, eine ehrwürdige indische Witwe, wohnt bei Sohn und Enkeln in Amerika, wie es die Tradition verlangt. Doch sie erträgt deren Kälte und berechnende Freundlichkeit nicht, und heimlich plant sie ihre Flucht zurück nach Hyderabad. Richter Shiva Ram Murthy fühlt sich durch das Missgeschick eines jungen Kellners so gekränkt, dass er es mit dem amerikanischen Rechtssystem aufnimmt. Klug und präzise beobachtet Rishi Reddi die universellen Themen wie Liebe, Einsamkeit und Würde.…mehr

Produktbeschreibung
'Shankar, arbeitsloser Professor und gefeuerter Supermarktkassierer, rettet Vögel, die sich auf ihrem Flug nach Süden in den Straßenschluchten Bostons verirrt haben. Arundhati, eine ehrwürdige indische Witwe, wohnt bei Sohn und Enkeln in Amerika, wie es die Tradition verlangt. Doch sie erträgt deren Kälte und berechnende Freundlichkeit nicht, und heimlich plant sie ihre Flucht zurück nach Hyderabad. Richter Shiva Ram Murthy fühlt sich durch das Missgeschick eines jungen Kellners so gekränkt, dass er es mit dem amerikanischen Rechtssystem aufnimmt. Klug und präzise beobachtet Rishi Reddi die universellen Themen wie Liebe, Einsamkeit und Würde.
Autorenporträt
Miriam Mandelkow, 1963 in Amsterdam geboren, arbeitet als Lektorin und Übersetzerin. Sie lebt in Hamburg und in Arkadien, Griechenland.

Rishi Reddi, geboren in Hyderabad, Indien, wuchs in England und den USA auf. Eine ihrer Geschichten wurde 2005 in Best American Stories abgedruckt, für eine andere wurde sie für den Pushcart Prize 2004 vorgeschlagen. Sie ist Stipendiatin des renommierten Massachusetts Cultural Council. Sie lebt in Brookline, Massachusetts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.07.2008

Als Yuppie wiedergeboren

Vom Professor für Kolonialgeschichte zum Kolonialwarenhändler: Rishi Reddis indischstämmige Protagonisten erleben Amerika mit gemischten Gefühlen.

Sie heißen Arundhati, Manmohan, Shankar, Prakash oder Rani und wohnen in Lexington, einem der besseren Vororte von Boston, Massachusetts. Ihre Namen deuten bereits an, dass sie oder zumindest ihre Eltern hier nicht aufgewachsen sind. Sie sind auf dem besten Weg, Amerikaner zu werden, doch ihre eigentliche Heimat ist Hyderabad, die Hauptstadt des indischen Bundesstaats Andhra Pradesh, und sie können all das, was mit ihrer Herkunft verbunden ist, nicht vergessen: Tradition, Glaube, Bräuche. Wenn sie unter sich sind, sprechen sie Telugu, mit rund fünfundsiebzig Millionen Sprechern die dritthäufigste Sprache auf dem Subkontinent nach Hindi und Bengali.

In sieben lose miteinander verwobenen Kurzgeschichten, die in dem Band "Karma und andere Stories" versammelt sind, erzählt die in Südindien geborene, in England und den Vereinigten Staaten aufgewachsene Autorin Rishi Reddi von Menschen, die den Zusammenprall zweier Kulturen am eigenen Leib erfahren und trotz aller Liebe zu dem Land, von dem sie lange nur geträumt haben, mit den dortigen Gepflogenheiten nicht klarkommen. So heißt es in der Geschichte "Lakshmi und der Bibliothekar" über die siebenundvierzig Jahre alte Ehefrau eines Computerspezialisten und Einwanderin der ersten Generation: "Amerikanisches Fernsehen hat ihr noch nie gefallen, all diese Techtelmechtel und die sexuelle Freizügigkeit in den Sendungen widerstrebten ihr, und es gibt kaum Programme, die das indische Familienideal hochhalten: Ehen, die über Jahrzehnte halten, Kinder, die ihre Eltern achten und ehren."

Supriya und ihre Freundin Lata aus der Geschichte "Die Gültigkeit der Liebe" verkörpern das genaue Gegenteil dieser althergebrachten Auffassung: Sie sind mit dem College fertig, leben in der ersten eigenen Wohnung mit gut gefüllter Bar für spontane Partys und fühlen sich als "freie, hippe Amerikanerinnen". Doch dann kommt der Brief, der Supriya dezent, aber unmissverständlich zu verstehen gibt, dass die Zeit für eine arrangierte Hochzeit gekommen sei. "Sie glauben, alles stünde ihnen offen, Karriere, Reisen, Liebe, die Welt; ihre Eltern hatten ihnen erzählt, das sei der Grund, weshalb sie in die Vereinigten Staaten gekommen waren - damit sie all das haben könnten. Aber am Ende holte sie die Tradition ein."

Überraschend an dem Debüt der Autorin, die sich bei ihrer zehnjährigen Tätigkeit als Anwältin auf Umweltrecht spezialisiert hat und an ihren Geschichten "spätabends und frühmorgens oder in der Mittagspause im Büro" gearbeitet hat, ist das breite Spektrum von Lebenslagen: Rishi Reddi schreibt von Jungen und Alten, von Witwen und Singles, versetzt sich in die Lage von Männern und Frauen, berichtet von der Vorliebe für alte indische Tänze und gutes Essen. Alle Geschichten sind getragen von einem warmen, unaufgeregten Erzählton, der weder belanglos wirkt noch anklagend. Behutsam bringt die Autorin ihre Figuren in schwierige Situationen, und manchmal geht es für sie gut aus. Kitsch ist etwas anderes.

Die Protagonisten üben fast alle gehobene Berufe aus: Vom Arzt über Juristen und Softwareentwickler bis zum Ingenieur ist alles dabei. Doch mancher ist auch arbeitslos geworden wie Shankar Balareddy aus der Titelgeschichte "Karma". In Indien war er Professor für Kolonialgeschichte, in Amerika Lebensmittelverkäufer. Nun lebt er bei seinem Bruder Prakash, einem erfolgreichen Kardiologen, schmeißt den Haushalt und kümmert sich um die Zubereitung des Essens. Doch eines Tages reicht es seinem Bruder: "Du kannst doch nicht ewig von mir abhängen. Ich bin hier, wenn du mich brauchst, aber du musst lernen, unabhängig zu sein." Immerhin erfährt Shankar von seinem Bruder Hilfe zur Selbsthilfe, wie sie Mahatma Gandhi gelehrt hat. Schließlich wird Shankar selbst zum Helfer. Und zwar für Rubingoldhähnchen, die Opfer des Towerkill-Phänomens werden: Bostons erleuchtete Hochhäuser legen das Navigationssystem der Vögel lahm und lassen sie orientierungslos in den Straßenschluchten verenden. Das ist ein Bild, das Jonathan Franzen lieben müsste.

Rishi Reddi begnügt sich mit der kleinen Form und der unspektakulären Handlung. Doch liest man mit wachsender Anteilnahme von den kleinen und größeren indischen Konflikten vor uramerikanischer Kulisse und spürt, dass das enge familiäre Band, das die Mitwirkenden miteinander verbindet, mehr und mehr die Funktion eines einschnürenden Stricks bekommt. Für das Leben im neuen Land stärkt der Familienzusammenhalt sie jedenfalls nicht.

Leider sind eine ganze Reihe von Wörtern aus der indischen Kultur für deutsche Leser nur schwer zu entschlüsseln. Die Wörter kursiv zu setzen ist schön und gut, aber nicht wirklich hilfreich. Ein kurzes erklärendes Glossar etwa zu den Begriffen Murthy, Shalwar Kameez, Puja oder Ganesha wäre eine Handreichung gewesen, die für viele deutsche Leser diese schönen Geschichten noch einmal aufgewertet hätte.

Im Nachwort dankt die Autorin ihrer indischen Kollegin Anita Desai dafür, dass sie "mich gelehrt hat, mit ernstem Anliegen zu schreiben". Auf ihren ersten Roman, an dem Rishi Reddi nach Verlagsinformation derzeit arbeitet, darf man in jedem Fall gespannt sein, weil sie schon in der kleinen Form rundum überzeugt.

REINHARD HELLING

Rishi Reddi: "Karma und andere Stories".

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Miriam Mandelkow. Ullstein Verlag, Berlin 2008. 220 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Reinhard Helling ist sehr angetan von den sieben Kurzgeschichten, in denen die in England und den USA aufgewachsene Autorin Rishi Reddi von den Schwierigkeiten erzählt, mit denen ihre aus Indien stammenden Protagonisten in Amerika zu kämpfen haben. Der Kulturclash, mit dem sie zurechtkommen müssen, spielt dann auch in diesen "unaufgeregten" Geschichten die Hauptrolle, wobei Reddi mit einer beeindruckenden Fülle an Perspektiven und Lebensumständen aufwartet, wie der Rezensent lobt. Helling stellt fest, dass ihn die Schicksale dieser Männer und Frauen, die sich nie ganz von ihren indischen Traditionen und Bräuchen lösen können, immer stärker fesselt. Schade findet er, dass sich kein Glossar der vielen indischen Wörter annimmt, die im Text zwar kursiv gedruckt, aber nirgends erklärt werden, wie er moniert.

© Perlentaucher Medien GmbH