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Als erster Alleinherrscher Roms seit der Königszeit ist L. Cornelius Sulla eine Schlüsselgestalt der untergehenden Republik. Wiederholte, unvorhersehbare Veränderungen seines Auftretens und seiner Persönlichkeit machen die Wendepunkte in seinem Leben gleichzeitig zu Zäsuren der römischen Politik und Sozialgeschichte: vom ärmlichen Playboy ohne Perspektiven zum Diplomaten und Berufskrieger, vom entwurzelten Warlord in einem Zweifrontenkrieg zum Machthaber mit merkwürdig gehemmten Ambitionen und zum Pensionär. Für zusätzliche Probleme sorgten die langsame Auflösung von Sullas System und die fast…mehr

Produktbeschreibung
Als erster Alleinherrscher Roms seit der Königszeit ist L. Cornelius Sulla eine Schlüsselgestalt der untergehenden Republik. Wiederholte, unvorhersehbare Veränderungen seines Auftretens und seiner Persönlichkeit machen die Wendepunkte in seinem Leben gleichzeitig zu Zäsuren der römischen Politik und Sozialgeschichte: vom ärmlichen Playboy ohne Perspektiven zum Diplomaten und Berufskrieger, vom entwurzelten Warlord in einem Zweifrontenkrieg zum Machthaber mit merkwürdig gehemmten Ambitionen und zum Pensionär. Für zusätzliche Probleme sorgten die langsame Auflösung von Sullas System und die fast einstimmige Ablehnung durch die Nachwelt. So ergibt sich für Jörg Fündling die reizvolle Aufgabe, einer Hauptperson zu folgen, die ihrer Zeit aus unserer Perspektive bald voraus, bald in feindlichem Gegensatz zu ihr und dazwischen erstaunlich oft genau auf ihrer Höhe ist
Autorenporträt
Jörg Fündling, geb. 1970, ist Lehrbeauftragter für Alte Geschichte an der Universität Bonn.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.07.2011

Heimkehr zu
verlorener Größe
Marsch auf Rom: Eine Biographie
über Lucius Cornelius Sulla
Felix ließ er sich nennen, den Glücklichen: gut aussehend, ein Lebemann, ein brillanter Feldherr. Einer, der in den Wirren der Bürgerkriege die alte Ordnung und die ehrwürdige Republik wiederherstellen wollte. Und der dazu als erster ein Heer gegen Rom führte, das wiederbelebte Amt der Diktatur an sich riss und vor allem die Proskriptionen einführte, den öffentlichen Aushang Tausender, die gegen Belohnung getötet werden durften. Um sich wiederum nach nur gut zwei Jahren ins Privatleben zurückzuziehen.
Lucius Cornelius Sulla: Schon den meisten antiken Historikern galt er als undurchschaubar. Hatte die ältere Geschichtsschreibung ihn stets nur im Kontext der Bürgerkriege behandelt, so enthielten sich die jüngsten Biographien von Wolfram Letzner und Karl Christ weitgehend eines eigenen Urteils. Jörg Fündling dagegen weiß, dass er urteilen muss: Die Reihe „Gestalten der Antike“ wendet sich an ein gebildetes, aber breiteres Lesepublikum. Und Fündling, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der Technischen Hochschule Aachen, tut es in seiner Gesamtdarstellung mit großer Differenziertheit und im breiteren Strom der Tradition, indem er den Konterrevolutionär herausarbeitet. Sulla, so der Ansatz, habe in allem das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte, weil er für sein „Projekt einer Heimkehr zu verlorener Größe“ den Zielen nach konservativ gehandelt habe, aber nicht in den Mitteln. Den Buchstaben der Gesetze meistens erfüllend, aber ihrem Geist zuwiderhandelnd, erschuf sich der Sohn von heruntergekommenem Adel das alte aristokratische Rom nach eigenem Bilde. „Er überspielte die Bruchstelle, die darin bestand, dass seine Macht und Persönlichkeit in der Welt, die er schaffen wollte, keinen Platz hätte haben dürfen.“ Plastisch zeigt Fündling auf, wie sich die Sozialstruktur unter Sulla „modernisiert“: Den Senat erweitert er von eigenen Gnaden; die Plebs füllt sich mit freigelassenen Sklaven; die Zentralisierung der Verwaltung schreitet voran; Rom und Italien werden austauschbar; das Heer bleibt der Staatsgewalt entzogen. Mit seiner Amtsführung gibt Sulla seinen Gegnern jene Instrumente an die Hand, die am Ende die Republik zerstören werden: Caesar wird einen ähnlichen Weg beschreiten, seine Erben werden neue Proskriptionen durchführen.
Dass sich Parallelen zu Diktaturen restaurativen Charakters im 20. Jahrhundert aufdrängen, deutet Fündling häufig an, ohne es auszuwalzen. Weiß er doch um die Unterschiede und darum, dass der Vergleich zum Totschlagargument würde. Sullas Diktatur erscheint fragwürdig kontextarm: Notstandsgesetzgebung war im „senatus consultum ultimum“ bereits etabliert, die Legitimität der Amtsausübung brüchig geworden; politisch gemordet und enteignet hatten schon Sullas Gegner Marius und Cinna. Nur zu Teilen schuf Sulla den Ausnahmezustand, über den er gebot; und ob es sich, um angesichts des Kontextes bei Carl Schmitt zu verweilen, um eine „kommissarische“ oder eine „souveräne Diktatur“ handelte, bliebe der springende Punkt zur Diskussion.
Der verschwommene Hintergrund scheint vor allem ein handwerkliches Problem: Bis zum ersten Marsch auf Rom im Jahre 88 v. Chr., ja im Grunde bis zur Diktatur im Jahr 82 war Sulla schließlich zwei Jahrzehnte vor allem Heerführer in vielfältigen Konstellationen. Fündling versucht die Trockenheit der Kriegsgeschichtsschreibung auszugleichen, indem er ausgerechnet jenes Genre pflegt, das seinen Figuren gern direkt ins Herz leuchtet, vor „wörtlichen“ Zitaten nicht zurückschreckt und mit den antiken Quellen, denen sie entnommen sind, recht willkürlich umspringt. Die ersten hundert Seiten des Buches wimmeln von umständlichen Sätzen, unlogischen Anschlüssen und windschiefen Metaphern. An bislang Unbekanntem erfährt man die mittelprächtige Sensation, dass Sulla nur einen Hoden besaß, belegt durch einen Juristen erst des dritten nachchristlichen Jahrhunderts.
„Sulla, ein Mann, welcher weder vor seinem Sieg genug gelobt werden noch nach dem Sieg genug getadelt werden kann“, formulierte der Historiker Velleius Paterculus ein gängiges antikes Urteil. Für die aktuelle Biographie gilt das Umgekehrte: bis zu Sullas Sieg kaum genießbar, danach durchaus aufschlussreich. MICHAEL STALLKNECHT
JÖRG FÜNDLING: Sulla. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010. 207 Seiten, 29,90 Euro.
Sulla (um 138/134 – 78 v. Chr.). Foto: Glyptothek, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein zweischneidiges Urteil fällt Rezensent Michael Stallknecht über die von Jörg Fündling verfasste Biografie des Feldherrn und Diktators Lucius Cornelius Sulla. Bis zu Sullas Einzug in Rom sei Fündlings Darstellung "kaum genießbar", befindet Stallknecht, weil sein Versuch, die trockene Kriegsgeschichte aufzupeppen, sich in einem fragwürdigen Umgang mit den Quellen ebenso wie in unhandlichen Formulierungen und "windschiefen Metaphern" niederschlage. Der Analyse der nur knapp zweijährigen Regentschaft Sullas über Rom hingegen kann Stallknecht umso mehr abgewinnen. Der Autor konzentriere sich hier auf die Widersprüche zwischen ideologischem Anspruch und Herrschaftspraxis, wie zu erfahren ist: Sullas erklärter Konservatismus kontrastiere demnach scharf mit den zur Wiedererlangung einstiger römischer Größe eingesetzten politischen Mitteln. Vergleiche zu modernen Diktaturen seien in dem Buch lediglich in Ansätzen zu finden, was Stallknecht als Pluspunkt wertet. Dafür aber hätte sich der Kritiker eine genauere Verortung der von Sulla gebrauchten Machtinstrumente im antiken Kontext gewünscht.

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