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Wer den Frieden will, muss sich mit dem Wesen des Krieges auseinandersetzen. Nicht zuletzt deswegen ist der Krieg Thema philosophischen Denkens. Wo hat der Krieg seinen Ursprung? In welchem Verhältnis stehen Krieg, Staat und Politik zueinander? Auch ist nach deren Stellenwert im Leben des Menschen zu fragen. Die These des Autors "Krieg als 'mögliche Unmöglichkeit'" ergibt sich aus seiner Diskussion von Kraft, Gewalt und Macht, einer Analyse des Verhältnisses von Zwietracht und Eros sowie der Unterscheidung zwischen "Kampf als dem Vater aller Dinge" (Heraklit) und Krieg. Der Nachweis der…mehr

Produktbeschreibung
Wer den Frieden will, muss sich mit dem Wesen des Krieges auseinandersetzen. Nicht zuletzt deswegen ist der Krieg Thema philosophischen Denkens. Wo hat der Krieg seinen Ursprung? In welchem Verhältnis stehen Krieg, Staat und Politik zueinander? Auch ist nach deren Stellenwert im Leben des Menschen zu fragen. Die These des Autors "Krieg als 'mögliche Unmöglichkeit'" ergibt sich aus seiner Diskussion von Kraft, Gewalt und Macht, einer Analyse des Verhältnisses von Zwietracht und Eros sowie der Unterscheidung zwischen "Kampf als dem Vater aller Dinge" (Heraklit) und Krieg. Der Nachweis der Grenzen jeder Instrumentalisierung des Krieges (Clausewitz) sowie sein Verhältnis zur Religion, gerade hinsichtlich eines modernen Krieges als eines Krieges ohne Gott, bilden den Abschluss dieses philosophisch-politischen Traktats.
Autorenporträt
Dr. phil. Heimo Hofmeister ist Professor für Religionsphilosophie/Philosophie an der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.01.2002

Schlachten
Hofmeisters Kriegsphilosophie
Am Anfang war die Heeresversammlung. Seit langem wissen wir das, um immer wieder zu vergessen, wie tief sie sich in die abendländische Tradition eingeschrieben hat. Nicht nur die Herausbildung eines kritischen Begriffes von Wahrheit wurzelt dort. Es war ebenso die Gemeinschaft der Krieger, die im archaischen Griechenland erstmals erschuf und erprobte, was uns heute das Allerheiligste ist: Polis und Demokratie.
Viel ist über den Krieg geschrieben worden, seit Menschen Geschichte schreiben. Eine Erkenntnis über dieses älteste Menschheitsphänomen ist nicht mehr wegzudenken: „Ihrer Herkunft nach sind Staat, Politik, Krieg eine unauf lösbare Trias.” Darum muss jeder Versuch fehlgehen, den Krieg als rein militärisches Problem oder Politik ohne ihre kriegerische Schattenseite zu denken.
Heimo Hofmeister, der in Heidelberg Philosophie lehrt, erinnert in seiner schlanken Schrift „Der Wille zum Krieg oder die Ohnmacht der Politik” daran. Man muss einiges schlucken bei der Lektüre dieses Bandes. Seinen gesamten Psychologismus oder Biologismus oder Konstruktivismus oder Kulturalismus oder Historismus muss der Leser hinunterschlucken. Lässt er sich aber auf das Projekt und die Prämissen des Autors ein, wird er zunehmend reich belohnt.
Die Absicht Hofmeisters besteht darin, die ontologischen Strukturen des Krieges freizulegen. Ein rein philosophisches Unternehmen also, wie es scheint, und doch mit der erklärten Hoffnung, einen bescheidenen Beitrag zur künftigen Verhinderung des Krieges zu leisten. Denn muss man nicht erst kennen, was man zu bekämpfen trachtet? Und damit ist Hofmeisters entscheidende Kategorie genannt: Der Kampf. Kampf ist schlechthin das Prinzip alles Menschlichen, „Kampf ist aller Dinge Vater, aller Dinge König”, wie uns dunkel die Fragmente des Heraklit zuraunen.
Der Mensch ist entzweit mit sich selbst und seiner Welt, immer stößt er auf Gegenkräfte, ob in oder um sich. Die kreative oder destruktive Konfrontation der Kräfte, mit dem Leben identisch, nennt Hofmeister Kampf. „In der Ununterschiedenheit”, sagt er, „wären weder Harmonie und Freundschaft noch Eros, Solidarität und Frieden möglich.” Kampf in diesem essentialistischen Sinne zu deuten, heißt nicht, Krieg sei unvermeidlich. Fein säuberlich, wie sich das für Philosophen gehört, zerlegt Hofmeister die Begriffe und tastet sich an ihnen entlang, die Höhle hinaus ins grelle Licht der politischen Ontologie.
Gewalt und tiefere Bedeutung
Gewalt: sie beginnt, wo die Gegenseitigkeit des Kampfes aufhört und die Freiheit der anderen missachtet wird, und ist nicht per se böse, sei sie absolut oder verführend – dazu macht sie erst der böse Wille, der sich ihrer bedient. Kampf: siehe oben – im Einklang mit beschworenen Geistern von Cicero über Machiavelli, Kant und Hegel bis Foucault. Macht: eine Befugnis, deren Ausübung Politik ist – eine eher minimalistische Definition. Staat: ein Widerspruch – schützt mittels Gewalt seine Bürger vor Gewalt. Ohne ihn kein Krieg. Krieg: ein militärischer Kampf, zumeist zwischen Staaten. Will man den Krieg verstehen, wäre der gefährlichste Irrtum, Clausewitz wörtlich zu nehmen und den Krieg als Instrument der Politik zu sehen.
Hofmeister setzt, was bereits der Titel seines Buches verheißt, dagegen seine eigene Theorie: Krieg ist kein Mittel der Politik, sondern deren Negation, „Unpolitik”, Ohnmacht des Politischen. Das höchste Ziel der Politik ist der Frieden, das Ziel des Krieges immer nur der Sieg. Der Krieg wird politisch begonnen, aber, wie es sich bei Hofmeister liest: „Die Verselbständigung des Krieges gegenüber der Politik ist die tödliche Gefahr für diese. In jeder Vorordnung des Sieges vor den Frieden wird die Grammatik des Krieges zu dessen Logik, und somit wird die dem Krieg eigene Grammatik zur Logik der Politik.” Hier interveniert die Gegenwart. Kaum hatte man Zeit, die Augen zu reiben, da war bereits Krieg wieder denkbar als Mittel der Politik . ..
Hofmeisters hat vor dem 11. September Kategorien des Krieges (heroischer, imperialer, ideologischer) aufgestellt, die Orientierung bieten. Der Anspruch, einen gerechten Krieg zu führen, weckt übrigens einen unheilvollen Untoten: Die theologische, nicht hinterfragbare, einseitige Legitimation des Krieges. Die Terroristen dagegen führen einen Terrorkrieg, die Perversion eines ideologischen Krieges, und wenn hinter jedem Kampf ein Wille steckt, so wollen sie das Nichts, die irrationale Destruktion, wie zuletzt André Glucksmann bemerkte. Doch nur weil sie ihr Leben opfern, und hier franst Hofmeisters Theoriegewebe an den aktuellen Rändern aus, sind sie noch keine Krieger. Sie bleiben Mörder.
Was tun? Besteht Aussicht auf Beendigung aller Kriege? Hofmeister bleibt skeptisch. Kriegerische Gewalt ist das Zeichen staatlicher Souveränität. In Europa schöpft man von daher vage Hoffnung. Die Staaten der Europäischen Union haben auf manche ihrer Rechte verzichtet und gemeinsame Verfahrensweisen etabliert. Für Hofmeister wie seine großen Dialogpartner Kant und Hegel ist das allerdings nicht genug: Die Währung allein schafft noch keinen dauerhaften Frieden. Die Aufgaben warten. Die Macht der Politik wird sich in Europa gegenüber ihrer Ohnmacht behaupten, oder sie wird sich überhaupt nicht behaupten.
TIM B. MÜLLER
HEIMO HOFMEISTER: Der Wille zum Krieg oder die Ohnmacht der Politik. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2001. 160 Seiten, 13,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nichts geringeres als die ontologische Struktur des Krieges freizulegen, um einen kleinen Beitrag zur Vermeidung von Krieg zu leisten, will der Heidelberger Philosoph Heimo Hofmeister mit seinem kurzen Band "Der Wille zum Krieg oder die Ohnmacht der Politik", den Tim B. Müller rezensiert. "Fein säuberlich" unterzieht Hofmeister darin die Theorien des Krieges von Cicero bis Clausewitz einer kritischen Analyse, um schließlich seine eigene Theorie, Krieg als Negation, als Ohnmacht des Politischen zu etablieren. Der Leser hat allerdings erstmal einiges zu verkraften, ärgert sich der Rezensent, den "gesamten Psychologismus oder Biologismus oder Konstruktivismus oder Kulturalismus oder Historismus", den Hofmeister auffährt, "muss der Leser hinunterschlucken". Dies bleibt dann allerdings auch der einzige Kritikpunkt Müllers an Hofmeisters Philosophie des Krieges. Lässt man sich als Leser nämlich auf den Autor ein, freut sich der Rezensent, so wird er "zunehmend reich belohnt".

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