Marktplatzangebote
14 Angebote ab € 3,45 €
  • Gebundenes Buch

Zu dem Direktor einer heruntergekommenen Theatertruppe in einer argentinischen Provinzstadt kommt eine Frau, nicht mehr jung, aber merkwürdig zeitlos gekleidet und frisiert, und bittet ihn, ein Stück von ihr aufzuführen. Der routinierte Theatermann glaubt zu verstehen: eine Dilettantin, die rasch abzufertigen ist. Aber die Frau insistiert, es gehe nicht um Literatur, sagt sie, sie brauche kein Publikum. Einen Titel hat das nicht aufgeschriebene Stück auch, Ein verwirklichter Traum. - Die kleine Szene, die dann improvisiert wird, scheint nichts anderes zu sein als das, ein glücklicher Traum…mehr

Produktbeschreibung
Zu dem Direktor einer heruntergekommenen Theatertruppe in einer argentinischen Provinzstadt kommt eine Frau, nicht mehr jung, aber merkwürdig zeitlos gekleidet und frisiert, und bittet ihn, ein Stück von ihr aufzuführen. Der routinierte Theatermann glaubt zu verstehen: eine Dilettantin, die rasch abzufertigen ist. Aber die Frau insistiert, es gehe nicht um Literatur, sagt sie, sie brauche kein Publikum. Einen Titel hat das nicht aufgeschriebene Stück auch, Ein verwirklichter Traum. - Die kleine Szene, die dann improvisiert wird, scheint nichts anderes zu sein als das, ein glücklicher Traum einer Frau; aber was dort in wenigen Augenblicken auf der Bühne geschieht, sprengt die Vorstellungen von Glück und Unglück und übersteigt alles Begreifen des erfahrenen Theatermanns. Davon muß er erzählen.
Mit wenigen Strichen eine Gestalt in ihrer widersprüchlichen persönlichen Wahrheit hervortreten zu lassen, eine Konstellation zweier Menschen wie eingeätzt zu umreißen, herausgelöst aus allen vorgegebenen Mustern: diese Kunst Onettis, seine an William Faulkner geschulte atmosphärische Präsenz, ist oft bewundert worden. Heute, wo sein Lebenswerk vorliegt, ist deutlicher zu sehen, daß er einer der großen Erzähler des 20. Jahrhunderts ist, dessen Rang vielleicht am klarsten damit benannt ist, daß er die literarische Moderne und die Brüchigkeit der Formen nicht noch einmal nachvollzieht, sondern erzählend hinter sich läßt. Onettis Geschichten können immer wieder gelesen werden; sie entfalten sich dabei in ihrer Vielschichtigkeit, ohne das Geheimnis ihrer Wirkung ganz preiszugeben. Die Geschichten des Uruguayers, dessen Gestalt früh zur Legende wurde, scheinen einer umfassenden Schwärze abgewonnen. Die Themen jedenfalls sind zumeist auf der Nachtseite zu finden: Liebe und Sexualität in ihren dunklen, unglücklichen Formen, unentrinnbare Einsamkeit von Mann und Frau, Scheitern als Grundform der menschlichen Existenz. Und doch ist seine Prosa überaus dicht an Glücksmomenten ganz eigener Art: den Augenblicken sinnlich erfahrbarer Erkenntnis, die verknüpft bleibt mit der schmerzhaften, unsauberen Erfahrung des Lebens.
Neben seinen berühmtesten Erzählungen enthält der vorliegende Band in deutscher Erstübersetzung sieben Geschichten aus den vierziger und frühen fünfziger Jahren sowie zahlreiche Erzählungen und Skizzen, die seit den siebziger Jahren und bis kurz vor seinem Tod entstanden sind.
Autorenporträt
Jürgen Dormagen, Lektor, Herausgeber der Werkausgabe Onetti und Übersetzer (Angeles Saura, Juan Carlos Onetti, Jean Stafford), lebt in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1999

Im Schattenreich des Schattenmanns
Hüter unserer Niederlagen: Juan Carlos Onettis "Gesammelte Erzählungen" / Von Paul Ingendaay

Seine Leser haben immer nur seine Bücher gehabt, nie ihn selbst. Juan Carlos Onetti, geboren 1909 in Montevideo, gestorben 1994 im Madrider Exil, war ein störrischer Solitär, wie Beckett oder Cioran. Die beste Beschreibung seiner Person hat ein argentinischer Literaturkritiker geliefert: "Schlaflose Augen irren hinter den Gläsern seiner Hornbrille umher. Verquält grimassierende Lippen, hohe Professorenstirn, schlurfender Gang eines alternden Beamten ... Er lebt zurückgezogen, einsam, ohne Bindungen, mit Ausnahme seiner ständig wechselnden Ehefrauen und seines treuen Begleiters, des Alkohols. Diese Isolierung, so erklärte er einmal selbst, habe ihn zum Schriftsteller gemacht, ohne sein Zutun, aus unerklärbaren Gründen, aus einer Gewohnheit heraus, ,die mein Laster wurde, meine Passion, mein Unglück'. Er trägt sein Kreuz, als büße er eine namenlose Schuld, die nie gesühnt oder vergeben werden kann."

Erst Mitte der siebziger Jahre sind die Werke dieses Außenseiters aus Uruguay, an dem der "Boom" der lateinamerikanischen Literatur vollständig vorbeiging, nach Deutschland gekommen. Inzwischen liegt vieles von ihm im Suhrkamp Verlag vor, von Romanen wie "Das kurze Leben", "Die Werft" und "Leichensammler" bis zu Novellen, die Onetti "Kurzromane" nannte und die wahrlich den Stoff viel größerer Bücher auf dem Rücken tragen. Dennoch lesen ihn wohl nur wenige, und es gehört zu den anrührendsten Bußübungen deutscher Feuilletons, ihn periodisch wieder zu entdecken. Durs Grünbein hat kürzlich in seinem Nachwort zur Neuausgabe von "Das kurze Leben" die verwunderte Frage gestellt, warum kaum je Onettis Name falle, wenn von den bedeutenden Schriftstellern Lateinamerikas die Rede sei. Die Antwort kann nur heißen: weil der urbane Onetti nicht in die bunt gemischte Folkloregruppe passt. Weil er zu ernst, zu eigen, zu düster und zu schwierig ist, als dass er zum Markenartikel eines kommensurablen Exotismus hätte werden können.

Seine Figuren reden unentwegt von sich und treten auf der Stelle: stehen am Fenster, trinken, grübeln und wissen nie, wo das Leben sein könnte, das sie gerade verpassen. Nichts ist zu beweisen, nicht die Sinnlosigkeit, geboren zu sein, nicht die Ferne zum Ehepartner, zu Freunden, zur Arbeit, die sie lustlos tun und genauso gut lassen könnten. Das Wort "Erinnerung" taucht häufig auf, aber es klingt darin weder Nostalgie noch ein besseres Anderes an wie bei Proust, den Onetti bewunderte. Erinnerungen sind etwas, das wir verformen, um uns die Zeit bis zum Tod zu vertreiben: welk gewordener Ehrgeiz, Vanitas-Motive ohne Jenseitsversprechen, am Ende ein Stoizismus mit sichtbaren Schwitzflecken. Onetti erklärt nie die Bedingungen, unter denen seine Geschöpfe wurden, was sie sind. Schon jedes Nachdenken ist vom Wissen um die Vergeblichkeit verseucht.

Dennoch bergen all die Verlorenen seiner Bücher Rätsel, die der Autor mit Präzision zu ergründen sucht. In der ersten Erzählung des vorliegenden Bandes bittet eine Frau einen heruntergekommenen Theaterdirektor, für sie in einer Privatvorstellung eine Szene aufzuführen. Es ist eine Szene, die einem Traum entstammt und die nichts zu besagen scheint. Gleichwohl verkörpert sie für die Frau den einzigen Augenblick des Glücks, den sie im Leben kannte. Die Erzählung läuft auf eine Pointe hinaus, die von Cortázar sein könnte, aber darauf kommt es nicht an. Vielmehr auf die Fähigkeit oder Unfähigkeit anderer zur Teilnahme an diesem Moment. Bei Onetti ist es immer das fremde Leben, das den Figuren etwas über die Ruinen des eigenen sagt.

Eigentlich müsste es den Leser niederdrücken, über Hunderte von Seiten hinweg von Bindungslosigkeit, Einsamkeit und Tristesse zu lesen: von der Grabeskälte zwischen Eheleuten ("So traurig wie sie"), von der Gleichgültigkeit eines Mordverdächtigen ("Die lange Geschichte", zu der "Das Gesicht des Unglücks" eine erstaunliche Variation darstellt), von pulverisierten Hoffnungen, die in leeren Gesten überleben ("Esbjerg, an der Küste"). Doch das Gegenteil ist der Fall. Wenn Onetti zu erzählen beginnt, auch in der kurzen Form, ist es jedes Mal, als sei das Schauspiel neu und der Ausgang völlig offen. Tatsächlich haben wir am Ende viel gehört, wissen aber nicht immer genau, was wir erfahren haben.

Der zur Meisterschaft entwickelte Kunstgriff Onettis ist die kalkulierte Vagheit der Erzählerfiguren. Kaum eine Geschichte kommt als verlässliche Sammlung von Einzelheiten daher, fast jede ist vermittelt, angereichert und verzerrt, manchmal durch ein "ich", das aus ganz eigenen Motiven berichtet, manchmal durch ein "wir", das die Handlung in einen Nebel von Missgunst, Hörensagen und Spekulation versetzt. Selbst wenn ein Erzähler sich klar zu erkennen gibt, ist seine Position oft in moralische Ambivalenz getaucht. So in der Titelerzählung "Willkommen, Bob", die in weichem, ja zärtlichem Ton von der allmählichen Korrumpierung eines jungen Mannes spricht, der dem Lebensekel, den der Erzähler längst kennt, ebenso wenig entgeht wie alle anderen Figuren, die älter als dreißig werden. Die Botschaft des Erzählers Onetti lautet: Das Leben ist eine Abfolge von Niederlagen, die im Lauf der Jahre allenfalls ihr Gesicht verändern. Aber was heißt schon "Botschaft". Onettis Schreiben ist alles zwischen Selbstgespräch, kollektivem Gemurmel und dunklem Gesang, gedacht für Leute mit Übung in stunden- oder wochenweisem Unglück, insofern nicht nur Kunst, sondern in hohem Maß auch Privatsache. Über das "Engagement des Schriftstellers" konnte Onetti nur lachen. Als er schon über achtzig war und in seiner kleinen Madrider Wohnung lag, umgeben von Büchern, Zeitungsstapeln und Zigarettenschachteln, sprach er einer Besucherin ins Mikrofon: "Die sollen sich doch selbst bebotschaften. In der Literatur Botschaften zu übermitteln und gleichzeitig Kunst zu schaffen und kein Pamphlet: das erscheint mir durchaus bewundernswert. Aber dieses fremde Wesen, das dazu imstande wäre, habe ich noch nicht kennen gelernt. Ich sehe es nicht einmal kommen. Falls es doch eines Tages auftaucht, grüß es von mir!" Aus diesem Holz sind Leute gemacht, an denen der Nobelpreis vorbeigeht.

Die "Gesammelten Erzählungen" umspannen die Jahre von 1941 bis 1993. Rund zweihundert von 450 Seiten erscheinen hier zum ersten Mal auf Deutsch. Onetti veröffentlichte seine Geschichten stets in Zeitungen und Magazinen, am häufigsten in "La Nación" und "Marcha" (bei letzterer Zeitschrift war er 1939 eine Weile Literaturredakteur). Um Buchausgaben, also um die Unsterblichkeit, hat er sich nicht sonderlich gekümmert. Erst 1976, im spanischen Exil, veröffentlichte er unter dem Titel "So traurig wie sie" eine größere Erzählsammlung, die auszugsweise auch ins Deutsche übersetzt wurde. Verblüfft liest man im Anhang der jetzt vorliegenden Ausgabe, in welch großen Abständen Onetti seine Kurzprosa geschrieben hat: Kaum einmal zwei Erzählungen im selben Jahr, manchmal liegen drei Jahre dazwischen. Wir wissen, was er sonst noch getan hat: Er arbeitete als Redakteur, Kritiker, Korrespondent und Übersetzer.

Dann kamen seine Romane. In "Das kurze Leben" (1950) erschafft er neben seinen im Alltäglichen beheimateten Figuren ein veritables Schattenreich: Die Bewohner der Provinzhauptstadt Santa María, einer Ansiedlung an einem namenlosen Fluss irgendwo zwischen Argentinien und Uruguay, sind Erfindungen seiner Hauptfigur Juan María Brausen, der sich zusätzlich zu seinem öden Leben als Werbetexter und Ehemann zwei Parallel-Existenzen zulegt. Die eine, in der er als Arzt Díaz Grey Rezepte für Morphium ausstellt und das Treiben der engen Welt beobachtet, ist reine Fiktion innerhalb der Fiktion. Im Lauf der folgenden Bücher hat Onetti (oder Brausen) die Stadt Santa María so weit vervollständigt, dass sie zum quasimythischen Fixpunkt der lateinamerikanischen Literatur wurde, ein Ort, dessen Präsenz vor den Augen des Lesers nur noch mit Juan Rulfos Comala und dem Macondo des Gabriel García Márquez zu vergleichen ist.

Die elektrisierende Wirkung von Onettis Schreiben ist nicht leicht zu erklären. Dass der Stil mit derselben Anstrengungslosigkeit in die Tiefe sticht, wie er das Einerlei verhangener Himmel, grauer Schlafzimmer, Bars und Büros erfasst, sagt ja noch nicht viel. Erst recht nicht, dass ihm jede Verrätselungsabsicht fern ist. Doch wahrscheinlich hat es neben Faulkner nur Onetti geschafft, dass sein tatsächlich geschriebenes Werk ein viel größeres ungeschriebenes nicht nur ahnen lässt, sondern tatsächlich suggeriert, ein Werk, das wir weiterlesen und in dem die Figuren bis in die Unendlichkeit weiter agieren. Wer andere Bücher Onettis kennt, dem genügt in manchen Erzählungen dieses Bandes schon eine kleine Anspielung, ein beiläufig hinzugesetzter Eigenname, um sich unvermittelt in dem kalten, halluzinatorisch heraufbeschworenen Santa María wiederzufinden. In den letzten vierzehn Jahren seines Lebens wendet Onetti sich Prosa-Miniaturen zu, die das Genre der ausgewachsenen Erzählung nahezu aus seinem Werk verdrängen. Das von ihm geschaffene Reich Santa María kommt darin nicht mehr vor. Geblieben ist der harte, taghelle Stil. Die meisten dieser Skizzen und Kürzestgeschichten sind wie rasche Blicke in die verschiedenen Winkel einer Welt, die Onetti zur Genüge kennt und beschrieben hat: So gemein geht es in ihr zu, drei Seiten müssen dafür reichen. Elf dieser Texte, darunter eine morbide Bosheit über Evita Perón, fanden sich in seinem Nachlass.

Schön, dass wir das alles endlich auf Deutsch haben. Schade nur, dass der Band nicht so anspruchsvoll ist, wie er mühelos hätte sein können. In ihrem Nachwort schreiben die Übersetzer Gerhard Poppenberg und Jürgen Dormagen, die deutsche Ausgabe folge den "Cuentos completos" bei Alfaguara (Madrid 1994). Aber eben nicht ganz. Bei Suhrkamp wird "bewusst verzichtet", nämlich auf die Geschichten bis Anfang der vierziger Jahre, in denen Onetti "sich erprobt und seine Ausdrucksformen zu finden versucht".

Bei dieser Formulierung scheint die Herausgeber das philologische Gewissen zu zwicken. Mit Recht. Schließlich wollen wir Leser bei den Großen ja genau das: herausfinden, wie sie ihren unverwechselbaren Stil fanden. Poppenberg und Dormagen trösten über die beachtliche Textlücke von gut siebzig Seiten mit den Worten hinweg, "statt dessen" beginne die deutsche Ausgabe mit der "fulminanten Geschichte ,Ein verwirklichter Traum'", in der man "in konzentrierter Form die Eigenart Onettis finden kann". Vielen Dank für die Belehrung. Aber wir würden gern selber entscheiden, wo wir "in konzentrierter Form die Eigenart Onettis finden" können. Eine der hier weggelassenen Erzählungen, "Der mögliche Baldi", liefert übrigens die Vorstufe des erzähltechnischen Manövers in "Das kurze Leben": Eine Figur innerhalb der Geschichte erfindet sich eine weitere Figur, womit der Wirklichkeitsbegriff der realistischen Schule für Onetti endgültig hinfällig wird. Warum soll das nicht interessant sein? Warum können wir das nicht lesen?

Drei weitere der unterschlagenen Erzählungen gehören in die Zeit unmittelbar nach dem Buch "Der Schacht" (1939), mit dem laut Mario Vargas Llosa "die Geburt des lateinamerikanischen Romans" eingeläutet wurde. Dürfen Texte aus diesem zeitlichen Umkreis wirklich fehlen? Fest steht ja wohl, dass wir sie auf Deutsch jetzt nicht mehr zu Gesicht bekommen werden. Während die umfangreiche Borges-Werkausgabe bei Hanser schon in einer dritten, völlig überarbeiten Version erscheint, geizt Suhrkamp bei Onettis Frühwerk mit ein paar Dutzend Seiten. Es wäre ein Leichtes gewesen, etwa den grandiosen Kurzroman "Der Tod und das Mädchen" wegzulassen, der seit sechs Jahren als Einzelausgabe erhältlich ist und in dieser Ausgabe eher wie ein Fremdkörper wirkt. Leider erfahren wir von den Übersetzern nicht, warum auch eine Geschichte der späteren Phase, "Justo el treintaiuno" (1964), aus der Sammlung verbannt wurde.

Bleibt die Übersetzung, in die erkennbar viel Sorgfalt investiert wurde. Gerhard Poppenberg und Jürgen Dormagen haben frühere Übertragungen des 1995 verstorbenen Wilhelm Muster überarbeitet und dabei "außer einigen Austriazismen und heute etwas altfränkisch anmutenden Formulierungen vor allem auch eine Reihe von Missverständnissen zu beseitigen versucht". Daneben stehen ihre eigenen Übersetzungen, die mehrheitlich für diese Ausgabe angefertigt wurden. Das Ganze ergibt einen überzeugenden, nahezu einheitlichen Onetti-Ton. Und die Mühe, sich abweichend von der Originalausgabe um die jeweils verbindliche Textgestalt einzelner Erzählungen zu kümmern, verdient uneingeschränktes Lob. Womit der Wunsch nur noch dringlicher wird, irgendwann eine erweiterte Neuauflage dieser "Gesammelten Erzählungen" zu bekommen. Der Schattenmann unter den modernen Lateinamerikanern ist nicht nur aller Sorgfalt, sondern auch aller Vollständigkeit wert.

Juan Carlos Onetti: "Willkommen, Bob". Gesammelte Erzählungen. Aus dem Spanischen übersetzt von Jürgen Dormagen, Wilhelm Muster und Gerhard Poppenberg. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999. 455 S., geb., 49,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ute Stempel zeichnet in dieser Rezension zunächst ein Porträt des Autors und geht dann auf bestimmte Charakteristika seines Schreibens ein, in der Hoffnung, dass der Leser selbst entscheidet, ob er sich mit den immer wiederkehrenden Themen und dem Stil Onettis anfreunden kann. Nach Stempel ist der Dreh- und Angelpunkt seines Schreibens die Desillusionierung und Trostlosigkeit, die mit dem Älterwerden (alt ist in diesem Kontext jeder, der den Kinderhosen gerade entwachsen ist) und vor allem der Ehe einhergeht. Liebe spiele demnach bei Onetti kein Rolle, und der "Ehe-Hölle" könne man sich konsequenterweise nur durch Selbstmord entziehen oder als Künstler mit einer schöpferischen Energie, die für die Rezensentin beinahe "Erlösungscharakter" hat. Die Auswahl der Erzählungen in diesem Band findet sie "hervorragend".

© Perlentaucher Medien GmbH