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Seit der Vereinigung gibt es wieder eine kontroverse Diskussion über die Zukunft der deutschen Außenpolitik. Wird sich, so wird gefragt, der Kurs des größeren Deutschland in der Kontinuität der alten Bundesrepublik bewegen? Bleibt Deutschland ein Motor der europäischen Integration? Oder gibt es Anzeichen für eine neue Großmachtpolitik der "Berliner Republik"? Das vorliegende Werk greift diese Debatte auf und versucht eine erste Gesamtdarstellung der deutschen Außenpolitik im Jahrzehnt vor und nach der Vereinigung. Die analytische Darstellung spannt sich von der Antwort der deutschen Politik…mehr

Produktbeschreibung
Seit der Vereinigung gibt es wieder eine kontroverse Diskussion über die Zukunft der deutschen Außenpolitik. Wird sich, so wird gefragt, der Kurs des größeren Deutschland in der Kontinuität der alten Bundesrepublik bewegen? Bleibt Deutschland ein Motor der europäischen Integration? Oder gibt es Anzeichen für eine neue Großmachtpolitik der "Berliner Republik"? Das vorliegende Werk greift diese Debatte auf und versucht eine erste Gesamtdarstellung der deutschen Außenpolitik im Jahrzehnt vor und nach der Vereinigung. Die analytische Darstellung spannt sich von der Antwort der deutschen Politik auf Gorbatschows "neues Denken" über den 2+4-Prozess zur Herstellung der deutschen Einheit und die Einbindung eines "europäischen Deutschland" durch den Vertrag von Maastricht bis zur Auseinandersetzung über Deutschlands künftige Rolle in der Außen- und Sicherheitspolitik.

Während das Ende des Ost-West-Konflikts für die internationale Politik einen fundamentalen Strukturbruch bedeutete, vollzog sich keine vergleichbare Veränderung bei den Grundlinien deutscher Außenpolitik. Das vereinte Deutschland hielt an den Grundorientierungen eines Handelsstaates fest: der Bereitschaft zum Autonomieverzicht durch Integration und dauerhaft angelegte Kooperation, dem regelmäßigen Vorrang der Wohlstandsmaximierung gegenüber konkurrierenden Zielsetzungen sowie einer Präferenz für zivile Instrumente und Strategien ("sanfte Macht") bei der Verfolgung seiner außenpolitischen Interessen. Gleichwohl war es erforderlich, die genannten Grundorientierungen an veränderte Rahmenbedingungen des internationalen Systems anzupassen. An der Schwelle zum 21. Jahrhundert steht das innen- wie außenpolitisch Problemregelungen durch Konsens, Koordinierung und Verhandlungsprozesse bevorzugende Politikmodell des Handelsstaats vor neuen Herausforderungen. Die Folgen der Globalisierung, die unvollendete innere Einheit und die gewachsene Unübersichtlichkeit in den internationalen Beziehungen könnten seine politische Gestaltungsfähigkeit beinträchtigen. Auch eine Ergänzung der nach wie vor europäisch zentrierten außenpolitischen Perspektive um eine stärker global ausgerichtete Sichtweise steht noch aus.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000

Des Rätsels Lösung
Der politikwissenschaftliche Kunstbegriff "Handelsstaat"

Michael Staack: Handelsstaat Deutschland. Deutsche Außenpolitik in einem neuen internationalen System. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2000. 560 Seiten, 128,- Mark.

Sollte ein unbefangener Leser aufgrund des Buchtitels glauben, hier werde die Auffassung vertreten, Deutschlands Außenpolitik sei primär Handelspolitik, und sollte er erwarten, folglich werde die deutsche Handelspolitik beschrieben und analysiert, so irrt er sich gewaltig. Der Autor beschreibt nicht die Handelspolitik des "Handelsstaates" Deutschland, sondern im Gegenteil diejenigen außenpolitischen Aktivitäten, die gemeinhin nicht zur Handelspolitik gerechnet werden. Wenn also nicht seine Handelspolitik Deutschland zu einem "Handelsstaat" macht, was berechtigt dann zu dieser Charakterisierung? Das Rätsel wird im ersten Kapitel gelöst. Der politikwissenschaftliche Kunstbegriff "Handelsstaat" (der nicht mit Fichtes Begriff zu verwechseln ist) ist aus der amerikanischen Literatur der achtziger Jahre übernommen - von Richard Rosecrance, der inzwischen ein neues modisches Modell, das des "virtuellen Staates", erfunden hat.

Der Autor sieht einen Handelsstaat durch drei "außenpolitische Grundorientierungen" charakterisiert: die Bereitschaft zum Autonomieverzicht durch Multilateralismus, Integration und Kooperation; der regelmäßige Primat der Zielsetzung "Wohlstandsoptimierung" gegenüber anderen Politikzielen; eine Präferenz für zivile Strategien und Instrumente bei der Verfolgung seiner Interessen in der internationalen Umwelt. Ob sich diese Handlungsmaximen in der deutschen Außenpolitik feststellen lassen, wird in vier "Fallstudien" erkundet: Ostpolitik und transatlantische Beziehungen in den achtziger Jahren, Vereinigungspolitik 1989/90, Europapolitik in den neunziger Jahren und Debatte über die Sicherheitspolitik (bis 1997).

Die Hauptkapitel sind instruktiv und lesenswert, obwohl manches bereits schon wieder überholt ist - sei es durch neue Quellen (wie der Sonderband der Edition "Dokumente zur Deutschlandpolitik" über die deutsche Wiedervereinigungspolitik), sei es durch neue politische Ereignisse und deren Folgen für die deutsche Außenpolitik (wie der Kosovo-"Krieg"). Staacks kommt zu dem Ergebnis, daß Deutschland sich als "Prototyp eines Handelsstaates" darstelle, vor und nach dem "Strukturbruch von 1989" seinen obengenannten Grundorientierungen als "Handelsstaat" gefolgt sei und (so die Prognose) auch künftig folgen werde.

Dieser Kontinuitätsbefund wird etwas relativiert durch die Feststellung, "ein unverändertes Festhalten an der Handelsstaatlichkeit der alten Bundesrepublik" sei mit den Anforderungen der internationalen Umwelt nicht vereinbar gewesen. Deshalb habe Deutschland die "Anpassung seiner Handelsstaatlichkeit" vorgenommen. Denkbare Alternativen wie eine Umorientierung zu einer "Großmachtrealität nach britisch-französischem Muster" hätten sich als nicht mehrheitsfähig erwiesen.

Da der Autor also ausdrücklich einräumt, daß Großbritannien und Frankreich und auch die Vereinigten Staaten keine "Handelsstaaten" im definierten Sinne sind, wäre (wenn seine Analyse zuträfe) Deutschland eigentlich ein Sonderfall, wäre wieder einmal auf einem Sonderweg. Um so mehr überrascht es, daß er trotzdem behauptet, es gebe heute eine "Welt der Handelsstaaten" (womit er keineswegs das meint, was unter dem - von ihm gar nicht berücksichtigten - Aspekt des geoökonomischen Machtkampfes seit geraumer Zeit diskutiert wird).

Gegen eine Widerlegung hat sich der Autor schon vorab immunisiert. In schöner Dialektik meint er, es könne nicht bestritten werden, daß militärische Potentiale und Fähigkeiten auch künftig "eine - eingeschränkte - Bedeutung" behielten. Aber: "Der Dualismus von ,Handelswelt' und ,Militärisch-territorialer Welt' entkräftet die Erklärungskraft des Modells keineswegs, sondern trägt, im Gegenteil, global ungleichzeitig verlaufenden Entwicklungen (z.B. Fragmentierung versus Kooperation) Rechnung." Die Diskussion über diesen "Dualismus" und über die Erklärungskraft des Modells kann man getrost der politikwissenschaftlichen Zunft überlassen.

WERNER LINK

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Den Titel des Buchs findet Werner Link zunächst einmal recht irreführend. Denn Staack sei keineswegs der Ansicht, dass "Deutschlands Außenpolitik (...) primär Handelspolitik" sei, und so ist denn auch nicht die Handelspolitik Thema dieses Buchs, sondern vielmehr gerade die Außenpolitik, die "gemeinhin nicht zur Handelspolitik gerechnet" wird. Was genau nun unter einem Handelsstaat nach Staack zu verstehen ist, erläutert Link anschließend, wobei er u. a. internationale Kooperation hervorhebt sowie die `Wohlstandsoptimierung` als vorrangiges Ziel eines Handelsstaats. Die wesentlichsten Kapitel dieser Studie hält der Rezensent durchaus für "instruktiv und lesenswert", allerdings räumt er ein, dass manches darin mittlerweile nicht mehr ganz aktuell ist und durch politische Ereignisse (wie beispielsweise den Kosovo-Krieg) überholt wurde. Insgesamt macht Link auch einige Widersprüchlichkeiten in diesem Band aus, die vom Autor jedoch bisweilen selbst relativiert würden: So etwa dort, wo Staack behauptet, es gebe heute eine `Welt von Handelsstaaten`, obwohl er an anderer Stelle die Ansicht äußert, dass selbst Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten keine Handelsstaaten in der von ihm umrissenen Weise sind.

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