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«Hallo, meine kleinen Vögelchen. Ich heiße Paul Chowder, und ich sitze hier im blendenden Mittagslicht neben dem Hühnerstall und erzähle euch von den Dingen, von denen erzählt werden muss. Ihr wisst schon: Liebe, Ruhm, das Nichts, versunkene Kathedralen und das selbstfahrende Regenmobil von Sears.»
Paul ist Dichter (mäßig erfolgreich), und er vermisst seine Exfreundin Roz, die ihn verlassen hat. Die «Versunkenen Kathedralen» sind von seinem Lieblingskomponisten Debussy, er hat sie einst als Junge auf dem Fagott gespielt. Das, leider, hat er längst verkauft. Um seinem Leben wieder Sinn zu
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Produktbeschreibung
«Hallo, meine kleinen Vögelchen. Ich heiße Paul Chowder, und ich sitze hier im blendenden Mittagslicht neben dem Hühnerstall und erzähle euch von den Dingen, von denen erzählt werden muss. Ihr wisst schon: Liebe, Ruhm, das Nichts, versunkene Kathedralen und das selbstfahrende Regenmobil von Sears.»

Paul ist Dichter (mäßig erfolgreich), und er vermisst seine Exfreundin Roz, die ihn verlassen hat. Die «Versunkenen Kathedralen» sind von seinem Lieblingskomponisten Debussy, er hat sie einst als Junge auf dem Fagott gespielt. Das, leider, hat er längst verkauft. Um seinem Leben wieder Sinn zu geben und seinen drohenden Fünfdundfünfzigsten zu vergessen, besorgt er sich eine akustische Gitarre und sattelt auf Pop- und, vor allem, Protestsongs um. Er weiß nicht, was ihm mehr zuwider ist: Amerikas Drohnenkrieg oder Roz' neuer Freund. Während er auf seinem alten Bauernhof in Maine darüber nachdenkt, erheitern allerlei tröstliche Alltagsvergnügen sein schwankendes Gemüt: sein Traum-Rasensprenger, die Saiten seines Eierschneiders, die einen fast perfekten Mollakkord ergeben, ein Workoutprogramm mit Pfiff sowie einige Experimente mit Tabak ...

«Das Regenmobil» ist ein bezaubernder Monolog, gespickt mit musikalischen Referenzen von Debussy über Tracy Chapman bis hin zu Paul selbst, vorgetragen mit dem typischen sanften Baker'schen Humor und gewürzt mit den dezenten Lehren jener praktischen Alltagsphilosophie, die Bakers großer menschlicher Weisheit entspringt.
Autorenporträt
Nicholson Baker wurde 1957 in Rochester, New York, geboren. Er studierte u.a. an der Eastman School of Music und lebt heute in South Berwick, Maine. Er hat zahlreiche Romane und Sachbücher veröffentlicht. 1997 erhielt er den Madison Freedom of Information Award, 2001 den National Book Critics Circle Award für «Der Eckenknick», 2014, zusammen mit seinem Übersetzer, den Internationalen Hermann-Hesse-Preis. Zuletzt erschienen von ihm «Eine Schachtel Streichhölzer», «Menschenrauch», «Haus der Löcher» und die Essaysammlung «So geht's».

Eike Schönfeld, geboren 1949 in Rheinsberg, promovierte über Oscar Wilde, lebt als freier Übersetzer, Lektor und Autor in Hamburg. Er übersetzte u.a. J. D. Salinger, Jonathan Franzen und Jeffrey Eugenides und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Christoph-Martin-Wieland-Preis 2013 und dem Hermann-Hesse-Preis 2014.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Fünfundfuckingfünfzig. Die fünf Fs. Der Dichter Paul Chowder steht vor seinem 55. Geburtstag und stellt fest, dass er in seinem Leben etwas ändern will. Statt zu dichten, will er nun musizieren. Und er möchte nicht mehr alleine sein. Das erste Vorhaben lässt sich leicht umsetzen. Er kauft sich eine Gitarre, übt Akkorde und spielt Pop-, dann Protestsongs. Das zweite lässt sich hingegen nicht so leicht verwirklichen. Seine Ex-Freundin Rosslyn, an der er noch hängt, ist längst wieder vergeben. Wenn er sich mit anderen Frauen trifft, will es selten auf Anhieb klappen. Alleine vertreibt Paul sich seine Zeit mit dem Philosophieren - über sein bisheriges Leben (seine Zeit als Lyriker wie auch als Fagottspieler), über seine Umgebung (seine Nachbarin Nan, auf deren Hühner er aufpasst, und sein Regenmobil zur Gartenbewässerung) und über die Kunst. Wie in vorangegangenen Büchern des amerikanischen Autors Nicholson Baker ist auch dieser Roman gespickt mit vielen Referenzen - von Claude Debussy über Cole Porter bis hin zu Bruce Springsteen. In einem leichtfüßigen, ungezwungenen Ton lenkt Baker den Leser weg von der Handlung, hin zu Anekdoten über Musik und Literatur. Wenn man bereit ist, sich auf diese vielen Exkurse einzulassen, wird man das Buch nicht mehr weglegen wollen.

© BÜCHERmagazin, Emily Walton

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Nicholson Baker hat ein Buch über einen Mann geschrieben, der ein Buch darüber schreibt, dass er weder Songtexte noch Lyrik schreiben kann, erklärt Ulrich Seidler, der hier Gemeinsamkeiten zwischen Autor und Protagonist vermutet. Bakers Buch heißt "Das Regenmobil" und, wie frühere Bücher des Autors, ist es eine großartige Sammlung wunderbar detaillierter Beobachtungen über unwahrscheinliche Nebensachen, aus denen der Autor berührende Metaphern baut und "herzrhythmusverändernde Momente von Todesnähe und Liebe" schafft, verkündet der Rezensent begeistert. Bakers schreibgehemmter Lyriker Paul Chowder kann einem mit seinem ungebrochenen Frohmut als Beispiel für ein Leben dienen, das mit sich selbst im Reinen ist, so Seidler.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.01.2016

Was verbindet Debussy mit dem Eiersalat?
Alles lässt sich singen: Nicholson Bakers "Das Regenmobil" ist eine abgründig-schlüpfrige Gelehrtengeschichte mit seltsamem Soundtrack

Er trägt listige Äuglein im Gesicht und einen akkurat getrimmten weißen Bart, er ist seit dreißig Jahren mit derselben Frau verheiratet und beugt sich in seinen Büchern mit altmodischer Sorgfalt, Scharfsinn und unzeitgemäßer Fröhlichkeit über so unscheinbare Gegenstände wie Rotznasen, Rolltreppen oder Rasenmäher. Man könnte Nicholson Baker für einen kauzigen Pilgervater, Waldschrat oder weltfremden Stubengelehrten halten. Dabei ist er ganz im Gegenteil humorvoll, menschenfreundlich und immer für Überraschungen gut. Onkel Baker kann tiefsinnig über Eselsohren und Buchkultur, Obama und den Krieg als solchen nachdenken, aber er hat auch eine diebische Freude an pornographischen Romanen wie "Vox" oder "Haus der Löcher". Man traut ihm zu, dass er die Küchen- und Gartengeräte und Elektro-Dildos, die er mit so viel Sachkenntnis beschreibt, auch im wahren Leben fachgerecht benutzen und reparieren könnte. Aber nicht, dass er je einen halbwegs normalen Roman zustande bringt.

Bakers Alter Ego Paul Chowder jedenfalls zieht Memoiren, Tagebücher, Briefe und Musik jedem Roman vor. "Das Regenmobil" ist denn auch eine merkwürdige Kreuzung aus Tagebuch und Blog, essayistischen Betrachtungen und lebensklugen Reflexionen. Worum es geht, ist nicht immer ganz klar und eigentlich auch egal. Paul sagt, so genau und aufrichtig, wie er kann, "Dinge, die gesagt werden müssen", er zitiert und interpretiert Filme, Gedichte und Songs, macht sich Gedanken über Liebe, Ruhm und das Nichts, über Debussys "Versunkene Kathedrale" und Eiersalatsandwiches. Wenn er nicht gerade die Hühner der Nachbarin füttert, in seinem klapprigen Kia Rio herumfährt, den Quäkergottesdienst besucht oder sich mit starken Zigarren wie Fausto Esteli und Bone Crusher oder noch stärkerem Kautabak das Hirn wegzublasen versucht.

Schon in "Der Anthologist" (2010) kam Paul beim Versuch, ein Vorwort für die Gedichtanthologie "Reim allein" zu schreiben, vom Hölzchen aufs Stöckchen. Belesen, geistreich und gut gelaunt wie einst Peter Rühmkorf gab der Poeta doctus Originelles und Erhellendes über Vers und Rhythmus, Ezra Pound und japanische Haikus zum Besten. Inzwischen arbeitet Paul, mittlerweile 55 Jahre alt, eher lustlos an seinem Gedichtband "Kummermütze". Seine Freundin Rosslyn hat ihn verlassen, und um sie zurückzugewinnen, beginnt der verhinderte Orpheus ohne viel Talent Songs zu schreiben und zu vertonen. Für Paul gibt es keinen Unterschied zwischen U- und E-Musik, Pop und Klassik, Liebes- und Protestliedern; im Grunde ist sowieso jede Musik eine Form von Protest. So verwandelt der spätberufene Singer/Songwriter alles, was ihm zustößt oder auffällt, lieb oder verhasst ist, in sing- und (darauf legt er großen Wert) tanzbare Musik, sei es das Geräusch von Eierschneidern, der Drohnenkrieg oder eine Darmspiegelung. Ein Protestsong des Autors gegen die militärische Nutzung einer südkoreanischen Insel ("Jeju Island") steht übrigens im Netz. Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei der "Regenmobil"-Lektüre Youtube und Wikipedia zum Nachhören und Nachschlagen bereitzuhalten, auch wenn alles stimmt, was der Musikenzyklopädist Baker über alte und neue Meister von Bach und Debussy bis zu Carly Simon und den Staple Sisters zu sagen hat.

So bunt und reichhaltig wie der Soundtrack ist auch die Palette der Themen, die Baker beschreibend und meditierend umkreist: bellende Rehe, furzende Motorbremsen, die Geburt des CIA aus dem Geist der Literatur, John Waynes Tod, das Fagott in der viktorianischen Lyrik und bei Paul Hindemith, eine Gedichtzeile von Keats, eine Bassline von Huey Lewis. Beim titelgebenden Regenmobil handelt sich übrigens um einen selbstfahrenden Rasensprenger der Kaufhauskette Sears. Das technische Wunderding mit den obszönen Schläuchen und Tentakeln rostet in seiner ganzen sinnlosen, tollpatschigen Schönheit in Pauls Gartenschuppen vor sich hin und wird irgendwann beim Einsturz der Messie-Hütte unter dem übrigen Gerümpel begraben.

Nicht ganz so federleicht und intelligent wie Bakers Gedanken sind leider seine Songs. Paul hat in seiner Jugend Fagott gespielt, aber jetzt klimpert er auf einer billigen Kaufhausgitarre kuriose Protest-Liebeslieder ("Fahr mit mir in meinem Boot / mach den Text / nimm den Stock / knack die Nuss / hast du Bock") und trällert dazu Refrains wie "ooh ist das schön": Das ist vielleicht doch eher zum Tanzen als zum Lesen geeignet. Dabei hat der sympathische Hausmusiker durchaus Ehrgeiz. Beraten vom Sohn der Nachbarin, einem musikalisch und technisch beschlagenen Nerd, kauft sich Paul Soft- und Hardware vom Feinsten: Logic von Apple ("Debussy hätte durchgedreht, wenn er auf seinem Computer Logic gehabt hätte"), EXS24 Sampler, Alchemy-Plug-in, das Axiom-61-Keyboard und das sündhaft teure Audio-Technica-Stereomikrophon für Tonaufnahmen.

Anders als in Literatur, Dichtung und Gartenpflege kommt man in der populären Musik mit technischen Hilfsmitteln, Ratgebern und smarten Synthesizer-Mobilen ziemlich weit. Den richtigen Ton muss man zwar immer noch selbst treffen, aber wenn man Leben, Lieben und Denken mit Gefühl vertont, geht alles auf einmal ganz einfach. Alles reimt sich und harmoniert, selbst Dissonanzen und (von Eike Schönfeld großartig übersetzte) Begriffe wie "stetig goggelmoggelnde Viertelnote" oder "totale echolotmäßige Funkosität". Was man schwarz auf weiß liest, ist eben nicht konzentrierte, destillierte Wahrheit und Wesentlichkeit: Schmilzt man das "Tonfleisch" von der Sprache weg, bleibt nur noch der Knochen einer abstrakten, denaturierten Schrift übrig. Baker weiß, wie armselig eine bloß literarische Partitur im Vergleich zur Musik gesprochener Sprache ist: "Es gibt tausend unterschiedliche Arten, ,hallo' zu sagen, aber nur eine, es gedruckt zu sagen."

"Das Regenmobil" ist oft klug und wunderbar komisch. Aber manchmal ist es auch ziemlich nutzloses Wissen, was Baker mit Gießkanne und Regenmobil großflächig versprüht und bewässert. Nichts Menschliches ist ihm fremd oder peinlich, aber jetzt ist es auch genug. Das mit den Protestsongs sollte er auf jeden Fall lassen; Paul kann Ross und seine Leser ja noch als Maler, Gartenkünstler, Koch oder Prediger beeindrucken. "Ich habe ein Problem damit, Songtexte zu schreiben", klagt Paul einmal. "Entweder sie sind zu einfach, zu oberschlau oder zu sexuell. Es ist beruhigend, sich immer mal wieder einen Dancesong anzuhören, weil die meistens sehr wenig Text haben."

MARTIN HALTER

Nicholson Baker: "Das Regenmobil". Roman.

Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Rowohlt Verlag, Reinbek 2015. 302 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2016

Eigenbrötlose
Kunst
Nicholson Baker macht seinen
Helden zum Musiker – schade!
Nicholson Baker dürfte einer der freundlichsten Künstlerkäuze auf diesem Erdenrund sein, ein weißbärtiger, rotbäckiger Amerikaner, der immer so glücklich in die Kameras lächelt, als habe er soeben den landesweiten Weihnachtsmann-Lookalike-Contest gewonnen. Auch als Autor gibt es kaum eine sympathischere Figur als diesen begnadeten Augenblickssammler und Epiphaniker, der die Dinge, oh die alltäglichen Dinge, so behutsam aus dem dichten Alltagsgestrüpp aufhebt und zum Leuchten bringt, dass man sie als Leser in seinen Texten oft zum ersten Mal zu sehen glaubt, obwohl sie einen ein Leben lang schon begleiten.
Bakers Helden sind allesamt etwas schief ins Leben gebaut. Karriere, Erfolg oder auch nur konzentriertes Abarbeiten der Lebensaufgaben sind ihre Sache nicht, im Gegenteil: Paul Chowder – um hier nur einen dieser liebenswerten Sonderlinge vorzustellen, den Erzähler aus „Der Anthologist“ – saß acht Jahre lang an einer Lyrikanthologie, die er einfach nicht fertig bekam, weil dauernd etwas anderes seinen Blick ablenkte, die Falten im Leder eines Handschuhs oder die Frage, ob man mit über 50 wohl noch eine „Restwahrscheinlichkeitschance“ hat, eine letzte Chance, das Leben doch noch zu meistern, das eine bleibende Gedicht zu schreiben und Rosslyn zurückzugewinnen, die Frau, die ihn irgendwann schweren Herzens verlassen musste, einfach weil sie diesem ewigen Aufschub nicht weiter zusehen konnte.
Im „Anthologisten“ sagte Chowder/Baker einmal, das Besondere an Gedichtbänden sei, „dass man sie an einer beliebigen Stelle aufschlagen kann und einen Anfang hat. Das erlaubt mir die Poesie. Viele, viele Anfänge.“ Stimmt. Das Besondere an diesem Roman aber war, dass er trotz seines sammelsurrealen anthologischen Themendurcheinanders und all der immerneuen Anfänge einen klaren, starken Kern hatte: Die Liebe zur Literatur und das Sprechen über Texte, ja „Der Anthologist“ war eine hinreißende Liebeserklärung an die Lyrik und die Musik der Sprache und am Ende genau das Buch über Lyrik, das sein Held nicht zustande brachte.
  Jetzt ist Paul Chowder wieder da, und er ist in Bakers neuem Roman „Das Regenmobil“ natürlich noch immer der so verkramte wie gebildete, still verliebte Schrat, auf den zutrifft, was er selbst auf einer der ersten Seiten über den Dichter John Keats sagt: „Sein Gehirn war übervoll von der Ungeschriebenheit dessen, was er zu sagen hatte.“
Chowder hat seine Anthologie mittlerweile zu Ende gebracht und damit anscheinend auch sein brennendes Interesse an der Lyrik verloren. Er will auf seine alten Tage Musiker werden. Warum auch nicht, sein Autor Ego Baker hat an der Eastman Music School in seinem Geburtsort Rochester tatsächlich einige Zeitlang Musik studiert. Insofern darf man sich da eigentlich Großes erwarten. Bedauerlicherweise aber will Paul Chowder Popmusiker werden. Auch das: Soll er. Bitte gern. Aber doch nur, wenn Baker dann auch Interessantes über diese Musik zu erzählen hat.
Chowder kauft sich alles, was man nur brauchen kann, um heutzutage Musik zu machen, Computerprogramme vom Feinsten, dazu EXS24-Sampler, ein Alchemy-Plug-in, ein Axiom-61-Keyboard und sündhaft teure Audio-Technica-Stereomikrophone. All das wird akkurat aufgezählt, montiert, verkabelt. Und dann? Fängt er staunend ganz von vorne an: „Was sind Notenzeilen? Ah, das ist ein System aus fünf Linien, an die man Noten hängt. Es sind die E-Linie, die G-Linie, die B-Linie, die D-Linie und die F-Linie. Ich lernte eine nützliche Eselsbrücke: Every Good Boy Does Fine.“
Um es kurz zu machen: Baker nimmt das mit den immer neuen Anfängen hier zu ernst. Er und sein freundlicher Held dilettieren in Sachen Pop dermaßen, dass es wie eine geschriebene Ausgabe der Sendung mit der Maus klingt. Das ist deswegen so schade, weil natürlich alles andere wieder herrlich zu lesen ist. Chowders beharrlich zartes Werben um Rosslyn, die mittlerweile mit einem Karriere-Idioten liiert ist und in der Mitte des Buches schwer erkrankt. Sein ewig junger, neugieriger Geist mischt auch hier wieder das Hohe und das Niedrige zu einem alchimistisch schimmernden Alltagszauber, „all die Dinge, von denen erzählt werden muss: Ihr wisst schon: Liebe, Ruhm, das Nichts, versunkene Kathedralen und das selbstfahrende Regenmobil von Sears.“ Er schreibt über die Musik, bei der er sich wirklich auskennt, Debussy, Strawinsky, Bach, herrliche Passagen. Warum nur muss er seinen Chowder dann Popsongs und Technospuren zusammenpfuschen lassen, wo der doch selbst bald seufzt: „Verzeihung. Ich schaffe es nicht mal ansatzweise“?
Man kann nur hoffen, dass Nicholson Baker beim nächsten Band einsieht, dass solches Komponieren eine verdammt eigenbrötlose Kunst ist und er seinen Überlebenskünstler Paul Chowder wieder das machen lässt, was er wirklich kann wie kaum ein zweiter Held der zeitgenössischen amerikanischen Literatur: Im Hier und Jetzt verwundert innehalten.
ALEX RÜHLE
Nicholson Baker: Das Regenmobil. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Rowohlt Verlag, Reinbek 2015. 302 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Der neue Anfang in Sachen
Pop wird ernster genommen,
als dem Buch guttut
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Es macht einfach Spaß, diesem skurrilen Zeitgenossen bei seinen Streifzügen durch die Gegenwart zu folgen. FAZ.NET