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Der vorliegende Band untersucht anhand juristischer und literarischer Quellen private und öffentliche Fürsorgemaßnahmen für Sklaven im Westen des Römischen Reiches (1. Jh. v.Chr. bis 3. Jh. n.Chr.) und deren Motive. Der Fürsorgebegriff wird bewußt weit gefaßt und berücksichtigt möglichst alle Maßnahmen, die den Sklaven in ihrem Lebens- und Arbeitsalltag zugute kamen. Dabei setzt sich die Arbeit mit zentralen Problemen der römischen Gesellschaftsgeschichte auseinander, insbesondere mit dem in der Forschung umstrittenen humanitas-Begriff.

Produktbeschreibung
Der vorliegende Band untersucht anhand juristischer und literarischer Quellen private und öffentliche Fürsorgemaßnahmen für Sklaven im Westen des Römischen Reiches (1. Jh. v.Chr. bis 3. Jh. n.Chr.) und deren Motive. Der Fürsorgebegriff wird bewußt weit gefaßt und berücksichtigt möglichst alle Maßnahmen, die den Sklaven in ihrem Lebens- und Arbeitsalltag zugute kamen. Dabei setzt sich die Arbeit mit zentralen Problemen der römischen Gesellschaftsgeschichte auseinander, insbesondere mit dem in der Forschung umstrittenen humanitas-Begriff.
Autorenporträt
Stefan Knoch studierte Geschichte und Latein an den Universitäten Bonn, Mainz und Trier. Mit der antiken Sklaverei beschäftigt er sich seit seiner Mitarbeit im Projekt "Forschungen zur antiken Sklaverei" der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Als Mitglied des Trierer Graduiertenkollegs "Sklaverei - Knechtschaft und Frondienst - Zwangsarbeit" wurde er mit der vorliegenden Arbeit promoviert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2006

Drückende Humanität
Stefan Knoch betrachtet die Sklavenfürsorge im Römischen Reich

Als die Mainzer Akademie vor fünfundfünfzig Jahren ein Großprojekt zur Erforschung der antiken Sklaverei auf den Weg brachte, enthielt das Thema im Frontstaat des Kalten Krieges reichlich Zunder, galt es doch, die orthodoxe marxistische Interpretation von der antiken Sklavenhaltergesellschaft empirisch zu widerlegen und dem Altertum als einer Basisepoche des christlichen Abendlandes seine moralische Integrität zu bewahren. Vor allem in den Studien von Joseph Vogt paarten sich Erträge mit Fehlsichtigkeit, doch es verstrichen Jahre bis zu der befreienden Polemik des undogmatischen Marxisten Moses Finley. Er prangerte das Desinteresse Vogts gegenüber ökonomischen Faktoren an und die Zumutung, an der antiken Sklaverei ausgerechnet ihre Humanität interessant zu finden.

Inzwischen hat der nach wie vor geistesgeschichtlich geprägte Positivismus der Mainzer einen Ableger gefunden: In Trier untersucht ein Sonderforschungsbereich "Sklaverei, Knechtschaft und Frondienst, Zwangsarbeit". Die Humanität drückt noch immer. Stefan Knoch führt mit seiner Dissertation in mancher Hinsicht die Tradition brav weiter. Die Annäherung an die verlorene Lebenswirklichkeit von Sklaven im römischen Kaiserreich sucht auch er nicht über ökonomische Modellbildung oder durch eine Analyse antiker anthropologischer Diskurse. Er breitet die Normativität und Praxis von Gesetzgebern und Juristen aus, obwohl sich letztere meist nur für die Behandlung eines Sklaven interessierten, wenn an diesem verschiedene Parteien einen Anspruch hatten und es darüber zum Streit kam.

Das Thema antike Sklaverei erfordert ein Gespür für Methode, Begrifflichkeit und eine Wissenschaftsgeschichte, die auch Spiegel einer Selbstverständigung der Moderne ist, vom Abolitionismus bis zur jüngsten Idee eines Althistorikers, in der griechischen Klassik den Beginn der europäischen Idee vom Untermenschen namhaft zu machen. Ein solches Sensorium läßt Knoch vermissen, und so hängen die Wörter wie Mühlsteine an seinem Hals, weil er nicht erkennt, daß sowohl "Humanität" als auch "Fürsorge" als Etiketten oder Analysewerkzeuge untauglich sind, und zwar nicht deshalb, weil sie der Moderne angehören, sondern weil sie hier als Projektionsflächen für alle möglichen Ist- und Sollensvorstellungen dienen. Das gilt auch für die utilitaristisch verstandene "humanitas", die der römischen Sklavenbehandlung als Label dienen soll. Abgesehen davon, ist das kapitulatorische Ausweichen in die Quellensprache unhöflich gegenüber dem Leser der insgesamt technisch-trockenen Mitteilung. Die Einsicht, wonach im römischen Strafprozeß Art und Höhe der Strafe "an dem für das Gemeinwohl Notwendige und Gerechte" ausgerichtet gewesen seien, verblüfft nur noch.

Wer sich mit Stereotypen wie dem "altrömischen Gesellschaftsideal" und dem "griechischen Einfluß" abfinden möchte, wird mit einigen Einsichten belohnt. So galten Grausamkeit und Gewalthandlungen im Affekt gegenüber Sklaven als verwerflich, weil sie den Herrn moralisch ruinierten und seine mangelnde Fähigkeit zur Selbstkontrolle offenlegten, obwohl diese doch eine der wichtigsten habituellen Voraussetzungen für die in der Antike gängige Herrschaft ohne Erzwingungsstab war. Öffentliche Ordnung und soziale Hierarchie zu bewahren lag im Interesse von Aristokraten und Kaisern, weswegen sich erstere mit einer Verhaltenskontrolle durch die Standesgenossen und mit Eingriffen in ihre Verfügungsgewalt über die Sklaven abfinden mußten. Mitunter schimmert durch die Rechtsquellen noch bunte Lebenswirklichkeit hindurch. Da ein Teil der Sklavenschaft eng mit ihren Herren zusammenlebte, konnten und mußten sich engere Bindungen entwickeln, und beim Sklaven Loyalität und Furcht, Fleiß und Selbsterhaltung im Gleichgewicht zu halten war viel schwieriger als in einem Kontraktverhältnis mit freier Arbeit. Aus der großen Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten von Unfreien und aus anderen Rahmenbedingungen ergab sich ferner eine ausgeprägte Differenzierung innerhalb der Sklavenschaft, welche die Institution zusätzlich stabilisierte. Aber alle normativen Regelungen waren selbstverständlich von den politischen und ökonomischen Interessen der Eigentümer und Nießbraucher her gedacht. Gleichwohl erscheint die im Vergleich hohe Regelungsdichte bei den Römern erklärungsbedürftig.

Die Resultate bieten keine Überraschungen, und so wird man das Buch vornehmlich als nüchternes und zuverlässiges Auskunftsmittel für die vielen schon länger diskutierten Detailfragen nutzen. Aber es ist eigentlich an der Zeit, die Sklaverei in der Antike noch einmal ganz neu zu erfinden.

UWE WALTER

Stefan Knoch: "Sklavenfürsorge im Römischen Reich". Formen und Motive. Sklaverei, Knechtschaft, Zwangsarbeit. Band 2. Georg Olms Verlag Hildesheim 2005. 338 S., geb., 39,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Uwe Walter vermisst bei Stefan Knochs Studie das nötige "Sensorium" für Methode und Wissenschaftsgeschichte, aber auch für Höflichkeit gegenüber dem Leser. Beides sei insofern verbunden, als die "technisch-trockene" Darstellung die Sprache der Quellentexte benutze. Vor allem inhaltlich sieht der Rezensent hier eine Art von "kapitulatorischen Ausweichens" vor einer zeitgemäßen Einordnung und Beschreibung vorliegen. Der Autor setze hier "brav" eine positivistische Tradition der Mainzer Akademie fort, die im Kalten Krieg einmal die antike Sklaverei vor marxistischer beziehungsweise ökonomischer Kritik retten und humanistisch aufwerten sollte. Damals habe man die Begriffe Humanität und Fürsorge der Sklavenhalter als ausreichende "Analysewerkzeuge" wiederverwertet im Kampf gegen eine moderne und kritische Theoriebildung. Der Autor wiederholt aus Sicht des Rezensenten nun diese Art der Methodik mit dem Resultat, dass die Wörter "wie Mühlsteine" an seinem Hals hängen. Gleichwohl könne man das Buch als "zuverlässiges Auskunftsmittel" zu Detailfragen verstehen, auch wenn es keine "Überraschungen" biete.

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