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"Ich bin ich, weil mein kleiner Hund mich kennt."Gertrude SteinßUnsere Begleiter und unsere Verwandten, unsere Liebesobjekte und unsere Opfer sind die Tiere und zugleich Geschöpfe unserer Phantasie. In jeder dieser Geschichten stellt uns ein Autor sein Tier vor, und in jeder begegnen wir der besonderen Faszination, die uns mit Tieren verbinden kann.ßTiere sind Statthalter unserer Gefühle. Wann immer wir über sie nachdenken, steht die Frage nach ihrer Ähnlichkeit oder Fremdheit im Raum. Wir können gar nicht anders, als sie immerzu in Beziehung zu setzen zu uns selbst. Was unterscheidet unsvon…mehr

Produktbeschreibung
"Ich bin ich, weil mein kleiner Hund mich kennt."Gertrude SteinßUnsere Begleiter und unsere Verwandten, unsere Liebesobjekte und unsere Opfer sind die Tiere und zugleich Geschöpfe unserer Phantasie. In jeder dieser Geschichten stellt uns ein Autor sein Tier vor, und in jeder begegnen wir der besonderen Faszination, die uns mit Tieren verbinden kann.ßTiere sind Statthalter unserer Gefühle. Wann immer wir über sie nachdenken, steht die Frage nach ihrer Ähnlichkeit oder Fremdheit im Raum. Wir können gar nicht anders, als sie immerzu in Beziehung zu setzen zu uns selbst. Was unterscheidet unsvon den Tieren, worin sind sie uns gleich? Instinkt kontra Willensfreiheit? Trieb kontra Verstand? Das Bewusstsein von Zeit und Vergänglichkeit wird ihnen abgesprochen. Doch egal, was sie uns antworten - meist schweigen sie -, immer stehen wir vor einem Rätsel, das uns auf uns selbst verweist.
Autorenporträt
Köhler, Andrea
Andrea Köhler, 1957 geboren, hat Philosophie und Germanistik studiert und ist Journalistin mit Schwerpunkt Literaturkritik. Unter anderem war sie vier Jahre als Kulturkorrespondentin in Paris tätig. 1995 wurde sie Redakteurin der Neuen Zürcher Zeitung, für die sie seit 2001 als Kulturkorrespondentin in New York arbeitet, wo sie mit ihrer griechischen Inselkatze lebt. Neben anderen Veröffentlichungen gab sie 2003 das Kleine Glossar des Verschwindens mitheraus, und 2007 erschien ihr Buch Lange Weile. Über das Warten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.05.2009

Das uneinholbare Vorrecht des Siebenschläfers
Man hüte sich vor Giftschlangen, aber mehr noch vor der Sentimentalität: Der von Andrea Köhler herausgegebene Sammelband „Das Tier und wir”
Nicht jeder Einfall muss Originalität besitzen, um schön zu sein. Zum Beispiel nicht der, neunzehn Autoren für die Neue Zürcher Zeitung um je einen Text über ein Tier ihrer Wahl zu bitten und das Ergebnis dann ein zweites Mal in Gestalt eines schmalen Sammelbands mit dem Titel „Das Tier und wir” zu publizieren. Dies hat die NZZ-Redakteurin und Essayistin Andrea Köhler getan und sich selbst dabei sowohl das erste als auch das letzte Wort vorbehalten, indem sie nämlich die Einleitung und ebenso den Abschlusstext verfasst hat.
Da möchte man ihr doch gleich ein bisschen Kontra geben. Kann man denn den Menschen, wie sie es gleich zu Anfang macht, wirklich als das einsame Tier bezeichnen? Schon der Antike galt der Mensch als das Animal sociale schlechthin, und Tiere, die ihre Gruppe oder einen Lebenspartner brauchen, können sehr einsam sein. Und weiter, darf man im Ernst davon sprechen, dass das Tier uns vor allem durch seine Unerreichbarkeit fasziniert? Es heißt nicht die Tiere „vermenschlichen” wie das kritisierende Wort lautet, wenn man sich ihnen durch Einfühlung nähert. Mit dieser klappt es deshalb ganz gut, weil wir unsererseits auch Tiere sind, mit dem einen oder anderen kleinen Plus, auf das es aber am wenigsten ankommt.
Wenn man bei Martin Walser liest, dass dessen Hund lacht, sollte man nicht Anstoß nehmen, sondern zu Darwin greifen, der die Fähigkeit des Hundes zum Lachen ebenfalls ganz fraglos voraussetzt. Wer eine Form des Lebens betrachten möchte, die wirklich durch tiefste Unerreichbarkeit in ihren Bann schlägt, der sei auf die Pflanzen verwiesen, die so überdeutlich ein Reich des Bewusstlosen und doch Lebendigen bewohnen: Sie stehen uns ferner als jeder ausdenkbare Alien.
Viele der Autoren sind der These der Herausgeberin denn auch nicht gefolgt. Am widerborstigsten zeigt sich Brigitte Kronauer, die im Fernsehen verfolgt hat, wie ein Marder sich durch harlekineske Tänze allmählich an das völlig verblüffte Kaninchen heranmogelt. „Wie ich mich in ihn hineinversetzen kann, in den schuftenden Possenreißer und Jäger, der zehnzentimeterweise die Entfernung verringert, um endlich kalten Blutes sein dösiges Wild im Nacken zu packen.” Hin und her gerissen fühlt sie sich in ihrer Sympathie zwischen den beiden Tieren, und spaltet sich schließlich in „Kronauer, die eventuell fintenreich Steinmarderartige” und „Brigitte, das Kaninchen”.
Die offene Form der gestellten Schreibaufgabe begünstigt überraschende Lösungen. Stephan Krass wird durch die Zahl der Punkte auf den Flügeln eines Marienkäfers zu kabbalistischen Zahlenspielen ermuntert, in denen die Wörter „Nacht”, „Mond”, „Wahn”, „Galgen” und „Inschrift” aus ihrer numerischen Verschlüsselung aufglänzen – und „Marienkäfer” natürlich. Hans Ulrich Gumbrecht findet sich nur schwer damit ab, dass der Tapir, wenigstens der im Zoo, zu so gar keiner Aktivität neigt, ein schweinsförmig monumentaler Beweis des „survival of the unfittest”: „Der Tapir steht da, um den Schweißfliegen seine Ohrmuscheln zur Ablage ihrer Eier zu bieten, um das Abgefeimte des Fäkaliengeruchs wirksam zu unterstreichen, indem er sich nicht an ihm stört.”
Ob er dem Tapir hier nicht vielleicht aus einer gewissen nervlichen Schwäche heraus nicht doch zu viel an Absicht unterstellt? Matthias Göritz hingegen wandert in den Leib und das Bewusstsein einer Giftschlange ein, die in ihrer Mäusemahlzeit von einem kopulierenden Menschenpaar gestört wird und es der Frau, der „Bergin”, durch einen tüchtigen Biss heimzahlt. „Wieder war eine Paarung umsonst.”
Ilma Rakusa äußert ihr Bedauern, dass ihre beiden Lieblingstiere, Schwalbe und Schneehase, nie zu einem einzigen, einer Schneeschwalbe, verschmelzen werden. „Hallo, Schneehase, kann ich nur immer wieder rufen, während die Schwalben mit ihren spitzen Schreien meine Träume löchern.” Wichtig ist allerdings, dass das Tier im Zentrum steht und nicht sein Betrachter, sonst droht die eitle Sentimentalität, wie sie zum Beispiel Hans Ulrich Treichel ereilt. „Bis dahin habe ich mich vor allem für das Kino und die Oper interessiert. Jetzt greift mit Macht das Kreatürliche nach mir. Sollten sich die mittleren Jahre etwa schon dem Ende zuneigen?” Man sieht es förmlich aus dem Orchestergraben wabern, das Kreatürliche, um mit seinen zehn Schlingarmen die mittleren Jahre dieses Autors jäh abzukürzen.
Nach all dem ist man neugierig, mit welchem Tier die Herausgeberin nach Sittich, Tapir, Marder, Seepferdchen, Kamel und Gottesanbeterin die Reihe schließen wird. Sie wählt den Siebenschläfer. Alle Vorrechte der Tiere, sagt sie, haben wir uns inzwischen durch geeignete Hilfsmittel erobert, das Fliegen, Schnelligkeit, Sinnesschärfe und Kraft in jeder Steigerung, bloß eines nicht: die Fähigkeit, sieben Monate am Stück zu schlafen und hierbei die unbarmherzigste Zeit des Jahres kurzerhand zu suspendieren. Auch genießen sie das Bürgerrecht im diätetischen Schlaraffenland, indem sie so viel fressen können wie sie wollen und beim Aufwachen wieder schlank sind. Ein emblematisches Tier, das bisher zu wenig Beachtung gefunden hat. BURKHARD MÜLLER
ANDREA KÖHLER (Hrsg.): Das Tier und wir. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2008. 127 Seiten, 14,95 Euro.
Seepferdchen, aufgehängt zum Trocknen für die traditionelle Medizin, fotografiert in der Halong-Bucht, Vietnam Foto: Catherine Karnow / Agentur Focus
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Burkhard Müller fühlt sich im Großen und Ganzen sehr gut unterhalten von diesem Sammelband, in dem Autoren der NZZ über ihr Lieblingstier schreiben - auch wenn das Konzept des Buches seiner Einschätzung nach nicht gerade Bahn brechend ist. Aber er konzeidert auch: "Nicht jeder Einfall muss Originalität besitzen, um schön zu sein." Dass das Buch schön geworden ist, verdanken wir seiner nach Meinung dem Umstand, dass die Autoren der These der Herausgeberin Andrea Köhler nicht unbedingt gefolgt sind. Die geht nämlich davon aus "dass Tiere uns vor allem durch ihre Unerreichbarkeit faszinieren". Die Geschichten gehen das Verhältnis zum Tier aber teils ganz anders und vielschichtiger an. Hilfreich war nach Müllers Meinung, dass die Schreibaufgabe recht offen formuliert wurde. So sind doch einige "überraschende Lösungen" und unterhaltsame Beiträge entstanden.

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