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Die Ironie des Schicksals lässt Iwan Dimitrijewitsch als "Held der Sowjetunion" aus dem Krieg zurückkehren. Die ungewollte Auszeichnung gewährt ihm und seiner jungen Liebe Schutz, den beide nicht ausschlagen wollen. Doch der harmlose Verrat hat einen ungeahnten Preis. Russland nach Kriegsende. In einem zerstörten Land versuchen Iwan und seine junge Frau Tanja sich ihren Traum von Liebe und einem friedlichen Leben zu erfüllen. Leichtsinnig profitiert das unpolitische Paar vom Schutz, den ihnen Iwans Heldenorden gewährt. Unbehelligt entkommen sie den Schergen Stalins und dem Hunger auf dem Land.…mehr

Produktbeschreibung
Die Ironie des Schicksals lässt Iwan Dimitrijewitsch als "Held der Sowjetunion" aus dem Krieg zurückkehren. Die ungewollte Auszeichnung gewährt ihm und seiner jungen Liebe Schutz, den beide nicht ausschlagen wollen. Doch der harmlose Verrat hat einen ungeahnten Preis.
Russland nach Kriegsende. In einem zerstörten Land versuchen Iwan und seine junge Frau Tanja sich ihren Traum von Liebe und einem friedlichen Leben zu erfüllen. Leichtsinnig profitiert das unpolitische Paar vom Schutz, den ihnen Iwans Heldenorden gewährt. Unbehelligt entkommen sie den Schergen Stalins und dem Hunger auf dem Land. Ihr Glück wird mit der Geburt der Tochter Olga gesegnet. Die Zeit vergeht. Die Sache des Kommunismus büßt für die meisten ihren letzten Glanz ein. Helden der Sowjetunion sind Geschichte und ihre Privilegien Gegenstand von Neid und Missgunst. Mit Tanjas Tod fordert der unscheinbare Verrat seinen ersten Preis. Olga, die Heldentochter, führt indessen in der Großstadt ein freizügiges, an Verehrern reiches Leben.
Geblendet lässt sie sich vom KGB als Agentin anheuern. Sie genießt die Annehmlichkeiten, den frivolen Luxus und den Hauch von weiter Welt, die ihr die neue Arbeit beschert, bis sie eines Tages ernüchtert erkennt, dass die Erfüllung ihres weiblichen Traums von Liebe und Kindern ist, was es ist: ein Traum. "Tochter eines Helden" ist eine unsentimentale Geschichte über Menschen in einer unmenschlichen Zeit, über große Wünsche, kleine Schwächen, verletzlichen Stolz und die Zähigkeit der Hoffnung.
Autorenporträt
Andreï Makine, geb. 1957 in Sibirien, studierte Philologie in Moskau und Twer. Durch seine französische Großmutter wurde er schon als Kind mit der Sprache und Kultur Frankreichs vertraut gemacht. Seit 1987 lebt er in Paris. 1995 wurde er mit dem Roman 'Das französische Testament' international bekannt. Das Buch erhielt mehrere sehr renommierte Preise und wurde in 27 Sprachen übersetzt.

Sabine Müller, geboren 1959 in Lauffen/Neckar, ist seit 1994 Übersetzerin für französische und englische Literatur. Sie lebt zusammen mit dem Übersetzer Holger Fock und zwei Kindern im Raum Heidelberg.
Gemeinsam mit Holger Fock wurde sie im Jahr 2011 mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ausgezeichnet.

Holger Fock, geboren 1958 in Ludwigsburg, übersetzt seit 25 Jahren französische Literatur. Er lebt zusammen mit der Übersetzerin Sabine Müller und zwei Kindern im Raum Heidelberg.
Gemeinsam mit Sabine Müller wurde er 2011 mit dem "Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis" ausgezeichnet und 2015 erhielt er den "Prix Lémanique de la Traduction".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.04.2002

Stern in Gelee
In „Tochter eines Helden” beschreibt Andreï Makine Russland als Koloss auf kitschigen Füßen
1987 ist Andreï Makine aus der Sowjetunion nach Paris gefahren und dort geblieben. Einfach so. Seitdem veröffentlicht er in Frankreich Bücher, die immer von Russland und oft von Andreï Makine handeln. Der Sibirier, der von einer französischen Großmutter die Frankophilie erbte, aber in Paris nur schwer einen Verlag fand, erzählte in seinem erfolgreichsten Roman „Das französische Testament”, die Geschichte eines Russen, der die Frankophilie von seiner Großmutter erbt und in Paris Probleme hat, einen Verlag zu finden. Das Wunder geschah: Als erster Nicht-Franzose gewann Makine den Prix Goncourt und den Prix Medici zugleich. Kritiker lobten den Proustschen Ton. Die Einfachheit Tschechows. Die Rückkehr der großen Erzählung. Seitdem hat Makine weniger Schwierigkeiten, Verlage zu finden.
Nach weiteren nostalgieschweren, bildersatten Romanen konnte das deutsche Publikum im vergangenen Jahr „Russisches Requiem” lesen – ein drei Generationen fassendes Breitwandepos, komplett mit sämtlichen Kriegen des Jahrhunderts, Imperiumsuntergang und harscher Kapitalismuskritik, mit Blut, Geheimdienst-Melancholie und Millionen Toten. Ein finales Werk.
Und nun stehen wir wieder am ganz am Anfang. „Tochter eines Helden” ist Makines Erstling, 1990 auf französisch erschienen. Eine ironische Widmung zitiert noch einmal die harten frühen Jahre: Weil die französischen Verleger Makine nicht glauben wollten, dass er auf französisch schrieb, erfand er eine Übersetzerin, die das vermeintliche russische Original ins Französische übertrug. Eben jene „Madame Bour” bedankt sich nun für die „Durchsicht des Manuskripts”.
Das sind hübsche Präliminarien, die den etablierten Autor als Außenseiter inszenieren, doch schon nach ein paar Seiten ahnt man: Es ist nicht das einzige Selbstzitat. „Tochter eines Helden” klingt wie die Overtüre zum „Requiem”. Das Personal ist reduziert, aber die Mächtigen immer noch skrupel- und die Schlachtfelder grenzenlos. Auf einem besonders schrecklichen liegt eines Morgens im Großen Vaterländischen Krieg Iwan, ein stalinbegeisterter Held der Sowjetunion, und fühlt sein Ende nahen. Iwan ist für die Schlacht um Stalingrad ausgezeichnet worden, aber nun schwebt er zwischen Leben und Tod, und hätte ihm nicht Tanja, die zarte, aber tapfere Sanitäterin, ihren Spiegel vor den Mund gehalten, er hätte bald zurecht unter den Leichen gelegen.
Nach allerlei Entbehrungen und Tragödien erleben die beiden das Ende des Krieges und erringen durch Iwans Veteranen-Privilegien sogar bescheidenen Wohlstand. Olga, ihre lebenslustige Tochter, darf dank Papas Orden Fremdsprachen studieren, was ihre Sehnsucht nach dem Westen nur noch beflügelt. Als sie sich vom KGB anheuern lässt und die Geheimnisträger verfeindeter Mächte verführt, ist weniger Vaterlandsliebe als Konsumfreude im Spiel.
Makines Figuren sind in der Regel von edler Einfachheit, aber nicht sehr helle. So freudig sich Iwan für Stalin vor die Kanonen warf – „Für ihn konnte man sich mit bloßen Händen den Panzern entgegenstellen!” –, so willig reiht sich seine Tochter in die Liebesbrigaden ein. Immerhin: Sie hat begriffen, dass westliche Kinkerlitzchen ihren Preis haben, und so besteht eine der Hauptfragen darin, wie lange sie bereit ist, diesen zu zahlen.
Nun ist es 140 Jahre nach Turgenjew ungefähr so originell, über den Konflikt zwischen slawophiler Sturheit und westlichen Verlockungen, zwischen der kaltherzigen Jugend und lebensuntüchtigen Greisen zu schreiben, wie die ebenfalls nicht neue Darstellung des Krieges als tolstoischer Menschheitsgeißel. Und dass Makine die stupiden Metzeleien um die Figur des Veteranen bereichert, der allmählich den Kontakt zur Gegenwart verliert, in Selbstmitleid und Alkohol versinkt und am Ende, als er das Doppelleben seiner Tochter durchschaut, zu Grunde geht, ändert daran wenig.
Denn allen Tragödien zum Trotz ist Makines Russland leblos wie Legoland, ein Koloss auf kitschigen Füßen: Im Tauwetter liegt „etwas in der Luft”, Andropow weiß, „dass Afghanistan zum russischen Vietnam geworden war”, und die Perestroika ist ein lustiges „name dropping”: „Aljoschas Vater hat mit Gorbatschow studiert.” So flott und lakonisch geht der Höllenritt durchs Fegefeuer, dass die Schicksale wie Illustrationen des ewigen russischen Elends wirken, nicht wie ein individuelles Los.
Dabei hat sich Makine, der seine Figuren stets mit einigem Aufwand zu Tode bringt, für Iwans Frau etwas ganz Raffiniertes einfallen lassen: Tanja trägt einen Granatsplitter unter dem Herzen, der es ihr verbietet, ein Kind zu bekommen, aber dann stirbt sie nicht im Kindbett, sondern im Gedränge eines Kaufhauses. Und Iwan folgt den Bewegungen der greisen Putzfrau, die die staubigen Fenster wischt, fühlt eine „erschreckende, dumpfe Leere”, und der Goldene Stern sieht plötzlich aus – ja wie? Genau: – „wie Flitter.” So klingt literarisches Gutmenschentum, das seine Empathie für die Geknechteten zur Schau stellt wie die Veteranen am 9. Mai ihre Orden im Gorki-Park.
Vielleicht sollte Makine, anstatt einen Berg heimwehkranker Exil- Literatur abzutragen, einfach mal etwas ganz Frisches schreiben. Zum Beispiel eine Geschichte aus Frankreich. Und zur Abwechslung auf Russisch.
SONJA
ZEKRI
ANDREÏ MAKINE: TOCHTER EINES HELDEN. Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2002. 207 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kein gutes Haar lässt Sonja Zekri an dem Erstling des in Frankreich lebenden russischen Schriftstellers Makine, der eigentlich aus Sibirien stammt, aber dank seiner französischen Großmutter immer französisch sprach und sogar schreibt. Was ihm in Paris, wo er sich Anfang der neunziger Jahre niederließ, niemand glauben wollte, weshalb er für seinen ersten Roman "Tochter eines Helden", der erst jetzt auf Deutsch erscheint, eine Übersetzerin erfand, weil das authentischer wirkte. Zekri berichtet diese hübsche Anekdote wie auch von Makines literarischem Senkrechtstart, nachdem sein zweites Buch - das erste hatte keinen Verlag gefunden - gleichzeitig den Prix Goncourt und den Prix Medicis erhalten hatte. Makines schneller literarischer Ruhm verdankt sich, so Zekri, nostalgiegetränkten, bilderschweren Romanen, die ein wenig originelles Russlandbild transportieren. "Die Tochter eines Helden", eines ehemaligen Stalinveteranen, etwa schwankt zwischen slawischer Weltanschauung und westlichen Versuchungen, die Gräuel des Krieges werden ausgeschlachtet, weshalb sich für Zekri dieser Erstling ohnehin wie die Ouvertüre zu Makines späterem Werk "Das russische Requiem" liest, worin Jahrhundertkriege, Lagertote, Imperiumsuntergang und Kapitalismuskritik zu einem gewaltigen Epos vermengt würden. Für Zekri stellt Makine "literarisches Gutmenschentum" und ein völlig klischeehaftes Russland zur Schau.

© Perlentaucher Medien GmbH
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