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Celeste, Austauschstudentin in San Francisco, lernt dort Christopher kennen, der nach einem gemeinsamen Ausflug in die Wüste Nevada spurlos verschwindet. Bei ihrer Suche erfährt Celeste nur, dass sich Christopher nach einem Streit mit seinem Bruder versteckt hält. Als sie in ihre Wohnung zurückkehrt, ist diese völlig leer geräumt, nur im Kühlschrank liegt ein menschliches Gehirn ... Je weiter Celeste in die Geheimnisse um Christopher und seinen Bruder einzudringen versucht, desto stärkere Veränderungen bemerkt sie an ihrem eigenen Wesen. Zu spät begreift sie: sie selbst ist der Gegenstand…mehr

Produktbeschreibung
Celeste, Austauschstudentin in San Francisco, lernt dort Christopher kennen, der nach einem gemeinsamen Ausflug in die Wüste Nevada spurlos verschwindet. Bei ihrer Suche erfährt Celeste nur, dass sich Christopher nach einem Streit mit seinem Bruder versteckt hält. Als sie in ihre Wohnung zurückkehrt, ist diese völlig leer geräumt, nur im Kühlschrank liegt ein menschliches Gehirn ... Je weiter Celeste in die Geheimnisse um Christopher und seinen Bruder einzudringen versucht, desto stärkere Veränderungen bemerkt sie an ihrem eigenen Wesen. Zu spät begreift sie: sie selbst ist der Gegenstand eines gefährlichen Experiments. Ein spannender Thriller über die Manipulation des menschlichen Bewusstseins.
Autorenporträt
Leander Scholz, geboren 1969 in Aachen, ist Philosoph und Schriftsteller und lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Berlin. Bei Hanser sind die Romane "Rosenfest" (2001) und "Fünfzehn falsche Sekunden" (2005) erschienen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Oliver Pfohlmann kann mit dem neuen Roman von Leander Scholz nicht viel anfangen. "Kopflos" und "alles andere als sorgfältig komponiert" erscheint ihm die Geschichte, die Scholz erzählt - es geht um eine verliebte Austauschstudentin in San Fransisco, die sich auf die Suche nach ihrem verschwundenen Nachbarn macht und dabei allerlei Unheimliches erlebt. Wie auch immer man versuche, die Informationen, die die Ich-Erzählerin bekommt, zusammenzusetzen, so Pfohlmann, "stets bleiben Ungereimtheiten und Absurditäten." Das spräche seines Erachtens nicht unbedingt gegen den Text - wenn dieser "mit Geist und Sorgfalt" komponiert wäre und aufgrund seiner sprachlichen Qualitäten überzeugen könnte. Beides ist leider nicht der Fall und so kommt Pfohlmann zu dem doch recht ernüchternden Urteil, dass der Roman wenig mehr biete als ein "albernes Gemisch aus Versatzstücken aus diversen Hollywoodfilmen, blinden Motiven, vorschnell gekappten Spannungsbögen, klischeehaften Dialogen und jeder Menge Pseudophilosophie".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2005

Dunkelmann, geh’ du voran
Es ist keine kleine Aufgabe für einen Dichter, ein Gehirn in einem Kühlschrank zu deponieren und danach fachgerecht zu entsorgen. Leander Scholz versucht es trotzdem
San Francisco, die Stadt von „Vertigo”, die Stadt der acid tests und der künstlichen Intelligenz - wo sonst könnte ein Roman spielen, in dem es um Schwindelgefühle und Bewusstseinsmachenschaften im großen Stil geht? Leander Scholz‘ Roman mit dem gewollt oder ungewollt holprigen Titel „Fünzehn falsche Sekunden” erzählt von Celeste, einer deutschen Austauschstudentin, deren Studium am „Rhetoric Department” einer kalifornischen Universität jäh in einen psychopharmakologischen Alptraum umkippt. Dass Celeste vom Hergang des Geschehens dennoch in Ich-Form erzählen kann, spricht für ihre stabile Konstitution. „Keine Ahnung, wann ich zum letzten Mal geatmet habe”, lautet, aus Celestes Mund, der letzte Satz des Romans.
Wer selbst noch ohne zu atmen die Lage erzählerisch im Griff hat, der spricht entweder aus dem Jenseits oder hat uns schon die ganze Zeit einen Bären aufgebunden. Als Abspann gibt es zwei Briefe zu lesen, die sich, etwa ein Jahr nach den mysteriösen Vorfällen, Celeste und ihre in Deutschland lebende Schwester Miriam geschrieben haben. „Es fällt mir immer noch schwer, darüber zu sprechen”, schreibt Celeste da, „aber ich wende mich auch einer Bitte an Dich. Du mußt Deine Nachforschungen einstellen.” Sie sei schwanger, schreibt sie weiter, und lebe mit einer „sehr lieben Freundin” in der Obhut eines fürsorglichen Gastgebers. Hätte man nicht den selben Gastgeber zuvor als Meister aller Machenschaften erlebt, als den Mann, dem Celeste ihren Horrortrip zu verdanken hat, man wäre um ihr Wohlbefinden weniger bang. So aber muss man sich Sorgen machen: entweder um die seelische Gesundheit der Hauptfigur oder um die Zuverlässigkeit all dessen, was sie bis dahin erzählt hat. Vielleicht war die ganze Geschichte, angefangen mit den Insektenstichen am heißen Wüstenquell ein Fake, ein Werk von Paradise Engineering, wie die in San Francisco beheimatete Firma des sinistren Freundes heißt.
Dass sein Name Kornweil ist und damit den des AI-Pioniers Ray Kurzweil in Erinnerung ruft, gehört zu den vielen popkulturell gewitzten Anspielungen in Scholz‘ Buch. Mal kommt einem Kim Novak in den Sinn, wie sie in „Vertigo” unter nordkalifornischen Redwood-Bäumen über die Unendlichkeit sinniert, mal David Lynchs „Mulholland Drive”. Und Kapitelüberschriften wie „Was auf dem Bild zu sehen ist, ist nur auf dem Bild zu sehen” lassen an Antonionis „Blow up” denken und daran, wie man philosophische Rätsel sät, ohne ihnen intelligente Lösungen folgen zu lassen.
Wäre es Scholz nur um den Erzählstrang „Austauschstudentin gerät in die Fänge der Halluzinationsindustrie und büßt dabei möglicherweise ihr Gehirn ein” gegangen, wäre ihm fast ein spannender Roman gelungen. Aber das war ihm wohl nicht ehrgeizig genug. Jedenfalls hat er den Roman mit bewusstseinstheoretischen, gehirnfeuilletonistischen und sonstigen zerebral überreizten Gedankenspielen derart angereichert, dass die Lektüre spätestens in manchen Passagen des zweiten Teils - in dem die zuvor aufgebaute Spannung ergebnislos verpufft - zum Missvergnügen wird.
Dafür freilich kann Celeste nichts, die sich ihr Amerika-Jahr auch anders vorgestellt hatte. Zum Studieren ist sie ja nach San Francisco gekommen und nicht, um in die Fänge einer Medizinmafia zu geraten, die ihr nach dem Hirn trachtet. Dass Celeste, die Himmlische, allerdings nicht weiß, was „Prozac” ist, weist sie, sehr ortsuntypisch, als Anfängerin auf dem Gebiet pharmazeutischer Glückserzeugung aus. Bisher hat Celeste andere Therapien bevorzugt, zum Beispiel autogenes Training. „Fünfzehn falsche Sekunden” nennt sie eines ihrer Hausmittel. „Immer wenn ich Angst habe, daß die Angst, die ich gerade habe, unüberschaubar werden könnte, lege ich mich auf den Rücken und zähle von eins bis fünfzehn. Ganz langsam. Und vor allem nicht in der richtigen Reihenfolge.” Auch sonst verfügt Celeste über vielerlei mentale Techniken, mit denen sie ihre Phobien zügelt. Sie ist, so könnte man sagen, ihr eigener paradise engineer, nur eben ohne chemische Zutaten. Von uns aus hätte Scholz einen ganzen Roman über Celeste ganz ohne Dunkelmänner schreiben können, ein Buch, das die unauffällig mondsüchtige Verfassung einer einzelnen Person schilderte und dafür den leicht angeberischen Thriller-Stoff einfach wegließe.
Scholz hat Celeste Prüfungen zugedacht, wie sie sonst nur für blonde Frauen in Hitchock-Filmen vorgesehen sind. Kaum hat sie zu Beginn des Romans den Felsenpool in der Wüste bestiegen, fallen schwarze, krabbelnde Insekten über sie her und fügen ihr Hunderte von schmerzhaften Stichen zu. Kaum hat ihr Freund Christopher sie in seine scheinbar fürsorgliche Obhut genommen, ist er auch schon spurlos verschwunden. Nachforschungen in seinem Appartment deuten darauf hin, dass Christopher mit seinem Bruder, dem dubiosen Medizinunternehmer Kornweil, im Streit liegt und deshalb geflohen ist.
Als Celeste nach einer allein in der Wohnung des Verschwundenen verbrachten Nacht in ihre Wohnung zurückkehrt, findet sie diese leergeräumt vor. Nur im Kühlschrank liegt ein Gehirn. Woraufhin sich Celeste erst einmal übergeben muss und anschließend in Ohnmacht fällt. Das ist das Ende des ersten Teils, auf den ein zweiter folgt, in dem Celeste, wie auch immer manipuliert, die Medikamente einnimmt, die der verschwundene und dann plötzlich wieder anwesende Christopher regelmäßig einnehmen muss, weil er an einer merkwürdigen Gehirnkrankheit leidet. Christopher, Mitinhaber der besagten Medizinfirma, hat im Körper eines gutaussehenden Mittzwanzigers das Gehirn eines Kindes. Sagt Christopher. Eine Transplantation ist geplant. Man ist auf der Suche nach einem geeigneten Spenderhirn. Da kommt eine nette deutsche Austauschstudentin mit einem ausgeprägten Interesse für mentale Ausnahmezustände des Weges. Das Experiment kann beginnen. Oder hat es schon begonnen, und wann? Und welche Rolle spielt dabei Viola, die „theoretische Friseuse”, die eines Nachts Celeste mitnimmt zu einer Art Frauenfest auf den Gipfeln der „Twin Peaks”, wobei Celeste, die Badewannen- und Taufbeckensüchtige, in geweihte Fluten taucht?
Spätestens hier hat man mit Scholz‘ Halluzinationsweihespiel die Geduld verloren und möchte nicht weiter, allenfalls wie E. T. „nach Hause”, irgendwohin, wo kein Gehirn im Kühlschrank liegt und keine Mysterien erst sorglos aufeinandergestapelt und dann nicht ordentlich entsorgt werden. „In den Straßen von San Francisco breitete sich ein feiner Nebel aus”, heißt es einmal im Roman. Am Ende hat dieser Nebel den ganzen Roman verschluckt.
Leander Scholz
Fünfzehn falsche Sekunden Roman. Carl Hanser Verlag, München 2005. 264 Seiten, 19,90 Euro.
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