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Aufgabe des Instituts für Kosmosforschung war es, die Präsenz der DDR im Weltraum umzusetzen. Durch den politischen Umbruch liegen heute für diesen Wissenschaftsbereich der DDR ehemals als Verschlußsachen behandelte Akten offen, und Forschungsprojekte, die strengster Geheimhaltung unterlagen, sind jetzt gut dokumentierbar. Durch Nachforschungen in Archiven, ergänzt durch Gespräche mit früheren Entscheidungsträgern und Forschern, gelang es, Organisation und Arbeitsweise des Instituts für Kosmosforschung aufzuzeigen. Wichtige Projekte wurden am Institut ausgeführt bzw. koordiniert: die Erkundung…mehr

Produktbeschreibung
Aufgabe des Instituts für Kosmosforschung war es, die Präsenz der DDR im Weltraum umzusetzen. Durch den politischen Umbruch liegen heute für diesen Wissenschaftsbereich der DDR ehemals als Verschlußsachen behandelte Akten offen, und Forschungsprojekte, die strengster Geheimhaltung unterlagen, sind jetzt gut dokumentierbar. Durch Nachforschungen in Archiven, ergänzt durch Gespräche mit früheren Entscheidungsträgern und Forschern, gelang es, Organisation und Arbeitsweise des Instituts für Kosmosforschung aufzuzeigen. Wichtige Projekte wurden am Institut ausgeführt bzw. koordiniert: die Erkundung der Venus und das Sternennavigationssystem ASTRO, der Einsatz der MKF-6 und Kosmonautenflüge. Diese Forschungsaktivitäten der DDR fanden im Rahmen der "Interkosmos-Zusammenarbeit" mit anderen osteuropäischen Ländern unter Federführung der Sowjetunion statt. Die Institutsmitarbeiter standen daher vor der Aufgabe, nicht nur staatliche Interessen zu wahren, sondern auch die notwendige internationale Forschungskooperation zu suchen. Zudem stand auch die Kosmosforschung unterdem Zwang einer ständigen Gratwanderung zwischen wissenschaftlichem Engagement und politischen Strukturen. Die Autorin zeigt die Handlungsspielräume innerhalb des Systems auf, die es ermöglichten, unter schwierigen äußeren Bedingungen große Autonomie in der Wahl der Arbeitsbereiche zu wahren und bedeutende Forschungsprojekte umzusetzen. Die Verfasserin bietet Einblicke in die Organisation des Wissenschaftsbereiches der DDR.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.04.2001

Major Tom ist der Meinung: Das war Spitze!
Bilder knipsen für den großen Bruder: Im Weltraum erreichte die DDR Weltniveau, doch ihr Mann im All blieb ein Einzelfall

Schon kurz nach dem Fall der Mauer, im April 1990, vereinbarten das in Berlin-Adlershof ansässige Institut für Kosmosforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR und die westdeutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt eine enge Zusammenarbeit und die Schaffung einer gemeinsamen nationalen Einrichtung. Organisation und Arbeitsweise des Instituts für Kosmosforschung, das die Präsenz der DDR im Weltraum sicherstellen sollte, lagen wegen vielfacher Auflagen zur Geheimhaltung lange im Verborgenen.

Das Institut hatte in der DDR ähnliche Schwierigkeiten wie andere Institute der Akademie. Sie waren hauptsächlich mit der Mangelwirtschaft verbunden. Trotzdem kam dem Institut für Kosmosforschung eine besondere Rolle zu, seit es im Interkosmos-Programm mit der Sowjetunion und anderen sozialistischen Ländern zusammenarbeitete. Der enge Kontakt zur Sowjetunion war mitverantwortlich für das internationale Forschungsniveau, gleichzeitig aber auch die Ursache für die Geheimhaltungsvorschriften, die die Arbeiten behinderten.

Aus der Sowjetunion konnte das Institut durch Tauschgeschäfte oft Geräte erhalten, die in der DDR nicht verfügbar waren. Der Industrie lag hauptsächlich an Forschungsarbeiten, die sich wirtschaftlich verwerten ließen, während die Sowjetunion vom Institut Grundlagenforschung erwartete. Da die Ost-Berliner Politik sich nicht sonderlich für die Raumfahrt interessierte, konnten sich die Wissenschaftler in Berlin-Adlershof eine recht große Unabhängigkeit vom Staat bewahren, die durch die unbürokratische Organisation im Interkosmos-Programm noch begünstigt wurde. Andererseits gab Moskau häufig Forschungsschwerpunkte vor, die mit dem Interesse der Weltraumforscher in Berlin nicht übereinstimmten.

Die ersten Arbeiten zur Weltraumphysik hatten in der DDR schon in den fünfziger Jahren im Heinrich-Hertz-Institut für Schwingungsforschung und im Observatorium für Ionosphärenforschung in Kühlungsborn stattgefunden. Aus diesen Anfängen ist letztlich das Institut für Kosmosforschung entstanden, allerdings erst nach einigen Umorganisationen, die jeweils durch äußere Gegebenheiten notwendig wurden. Im Jahr 1967, als das Interkosmos-Programm begann, wurde das Heinrich-Hertz-Institut für Schwingungsforschung zunächst in ein Heinrich-Hertz-Institut für Solar-Terrestrische Physik umgewandelt. Dabei hat man sich von Arbeitsgruppen getrennt, die nichts mit Wellenausbreitung zu tun hatten, und statt dessen ingenieurtechnische Gruppen neu hinzugefügt. Ein Jahr später wurde dem Institut das Observatorium für Ionosphärenforschung Kühlungsborn des Meteorologischen Dienstes und die mittlerweile entstandene Satellitenbodenstation Neustrelitz einverleibt. Im Zuge der Akademiereform und der Neuordnung der Forschungsbereiche entstand schließlich 1969 das Zentralinstitut für Solar-Terrestrische Physik.

Bis zum Jahr 1972 waren die durch die Interkosmos-Zusammenarbeit anfallenden Aufgaben so stark gewachsen, daß sich der Forschungsschwerpunkt solar-terrestrische Physik als zu eng erwies. Deshalb wurden die mit Interkosmos-Aufgaben beschäftigten Arbeitsgruppen ausgegliedert. Sie gingen in der Forschungsstelle für Kosmische Elektronik auf, die kurz darauf in ein Institut für Elektronik umgewandelt wurde, welches 1981 - bei einer abermaligen Umorientierung - den Namen Institut für Kosmosforschung erhielt.

Der ständige Wandel demonstriert, wie in der Forschung der DDR anwendungsorientierte Bereiche in den Vordergrund traten, was der reinen Weltraumforschung manches Mal half, ein hohes Niveau zu erreichen, sie dann aber auch wieder behinderte, weil wichtige Sparten ausgegliedert wurden. Insgesamt aber haben die Arbeiten davon profitiert. Aushängeschild für die Politik waren der Raumflug von Sigmund Jähn und die Entwicklung der international anerkannten Multispektralkamera MKF-6, die unter Leitung des Instituts für Kosmosforschung beim VEB Carl Zeiss Jena entstand und sich bei mehreren Raumflügen bewährt hat. Die Wissenschaftler selbst setzten andere Prioritäten. Von 1969 bis 1991 beteiligte sich die DDR bei internationalen Projekten an fünfzehn Satelliten, sechs Raumsonden, vier Höhenforschungsraketen, achtunddreißig meteorologischen Raketen und zehn anderen Raumflugkörpern mit insgesamt hundertsechzig Bordgeräten und zwei Bodenkomplexen.

Aus politischer Sicht waren in der DDR zwei weitere Ziele erstrebenswert: die Entsendung eines zweiten Kosmonauten in den Weltraum und der Bau eines eigenen Satelliten. Des zweiten Ziels hat sich das damalige Institut für Elektronik erfolgreich erwehrt. Dort hatte man erkannt, daß ein entsprechendes Projekt die personellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten sprengen würde, und das bei wissenschaftlich geringem Nutzen. Wohlwollender stand man in Berlin-Adlershof der Forderung nach einem zweiten Kosmonauten gegenüber, der im Weltraum Experimente aus der DDR betreuen könnte. Dem widersetzte sich jedoch die Sowjetunion mit dem Argument, bei der Entscheidung über den Start ausländischer Kosmonauten könne sie nicht allein von wissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgehen. Als sie in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre ihre Raumfahrteinrichtungen zunehmend für zahlungskräftige Interessenten aus dem nichtsozialistischen Ausland öffnete, war das Projekt endgültig gescheitert.

Auch sonst ist die Zusammenarbeit zwischen Moskau und Ost-Berlin keineswegs immer reibungslos verlaufen. Vom ersten Raumflug ihrer Multispektralkamera beispielsweise hat die DDR nur zwei Bilder von ihrem Gebiet erhalten, die zudem für die Wissenschaft uninteressant waren. Auch sonst hatten die ostdeutschen Wissenschaftler keinen Einfluß darauf, wann ihre Instrumente im Weltraum ein- und ausgeschaltet wurden, und warteten nach den Flügen oft vergeblich auf die mit den Forschungsgeräten gewonnenen Daten. Die Autorin belegt das an exemplarischen Beispielen und zeigt auch auf, wie im einzelnen innerstaatliche Schwierigkeiten behoben wurden oder an unüberwindbare Grenzen stießen. So gewinnt der Leser einen hervorragenden Einblick in ein Forschungsgebiet der DDR, das Weltniveau hatte.

GÜNTER PAUL.

Katharina Hein-Weingarten: "Das Institut für Kosmosforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR". Ein Beitrag zur Erforschung der Wissenschaftspolitik der DDR am Beispiel der Weltraumforschung von 1957 bis 1991. Band 4 der Reihe "Zeitgeschichtliche Forschungen". Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2000. 359 S., br., 98,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Raumfahrtsforschung der DDR hatte Weltniveau, berichtet Günter Paul in seiner Besprechung. Dies lag nicht zuletzt an der engen Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, die beispielsweise den DDR-Forschern Geräte verschafften, die in Ostdeutschland nicht verfügbar waren. Doch das Institut für Komosforschung leistete durchaus auch eigene wertvolle Beiträge, referiert der Rezensent. So entwickelte das Institut etwa eine Mulitkspektralkamera MKF-6, die laut Paul "international anerkannt" war, und mit Sigmund Jähn schickte man 1978 den ersten Deutschen ins All. Aber auch von Schwierigkeiten wisse die Autorin zu berichten. So verlangte die Sowjetunion mehr Grundlagenforschung, während sich die DDR-Forscher mehr für wirtschaftlich verwertbare Entwicklungen interessierten. All dies belegt die Autorin mit "exemplarischen Beispielen", lobt Paul und versichert, dass der Band einen "hervorragenden Einblick" in die Raumfahrtsforschung der DDR bietet.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Das Buch sieht unscheinbar aus und der Preis mag abschrecken. Doch der Wert dieses empfehlenswerten Werkes liegt im Inhalt. Es schließt eine wichtige Lektüre in der Literatur. Der Leser erfährt viel Neues: sowohl an Detailwissen als auch an Zusammenhängen. Über ein gutes Sachwortverzeichnis lässt sich schnell jede gewünschte Information finden." Torsten Gemsa, in: Fliegerrevue, 6/2001