Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 8,90 €
  • Broschiertes Buch

Max Scheler (1874-1928), neben Heidegger und Husserl der wichtigste Kopf der Phänomenologie, feinfühliger Psychologe, bedeutender Soziologe und Begründer der philosophischen Anthropologie, gehört inzwischen zu den Klassikern der deutschen Philosophie. Indem er die phänomenologische Methode auf die Gebiete der Ethik, der Kultur- und der Religionsphilosophie übertrug und die sittlichen Werte als unwandelbare Wesenheiten darstellte, entwickelte er eine Wertethik, die wieder sehr aktuell ist. Denn Grundlage für moralisches Handeln sind seiner Auffassung nach nicht - wie bei Kant - rein formale…mehr

Produktbeschreibung
Max Scheler (1874-1928), neben Heidegger und Husserl der wichtigste Kopf der Phänomenologie, feinfühliger Psychologe, bedeutender Soziologe und Begründer der philosophischen Anthropologie, gehört inzwischen zu den Klassikern der deutschen Philosophie. Indem er die phänomenologische Methode auf die Gebiete der Ethik, der Kultur- und der Religionsphilosophie übertrug und die sittlichen Werte als unwandelbare Wesenheiten darstellte, entwickelte er eine Wertethik, die wieder sehr aktuell ist. Denn Grundlage für moralisches Handeln sind seiner Auffassung nach nicht - wie bei Kant - rein formale Gesetze, insofern nur ihnen aufgrund ihrer Apriorität Allgemeingültigkeit zugesprochen werden kann; vielmehr wird für Scheler das Wertvollsein einer Sache nicht durch einen intellektuellen, sondern durch einen emotionalen Akt erfasst, durch "intentionales Fühlen". Der Philosophie Max Schelers gelingt eine Vermittlung zwischen Natur und Geistwelt, die gerade junge Menschen heute anspricht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.06.2000

Herzenslogik
In einer Auswahl neu ediert: Max Schelers Philosophie der Gefühle
Emotionale Intelligenz ist ein gern verwendetes Wort bei Liebhabern von Wellness, Feng-Shui oder ähnlicher Saison-Esoterik, die uns Stress und Niedertracht leichter ertragen lässt. Da könnte eine „Grammatik der Gefühle” die passende Ergänzung für den kritischen Ehemann sein, zumal sie im Untertitel „Das Emotionale als Grundlage der Ethik” verspricht.
Aber nein: Parallel zu der Reihe „Philosophie jetzt!” – in der eine Auswahl von Texten der großen Philosophen mit einer kompetenten Einleitung ihrer „Jünger” heute veröffentlicht wird –, präsentiert der dtv-Verlag einen Band zu Max Scheler, einem Phänomenologen der zehner und zwanziger Jahre, dessen zentrales Anliegen darin bestand, die Lücke zwischen Gefühl und Vernunft wieder zu schließen, die der Durchbruch rationaler Wissenschaften wie Physik und Chemie hinterlassen hat. Genau darin sieht Paul Good, der Schelers Ansätze zu dieser Frage vorstellt, dessen ungebrochene Aktualität: Implantate kombinieren Mensch und Technik in den Biowissenschaften, Klonen und Eugenik sind Reizworte der Debatten in Philosophie und Politik. Genug Stoff, um sich dem einstigen Kollegen von Martin Heidegger und Edmund Husserl erneut zu widmen.
Die Einleitung verweist auf diese zentralen Punkte, doch in der Folge wird das Potential auf den knapp dreißig Seiten nicht entfaltet. Good kommentiert lieber – unnötigerweise – sein argumentatives Vorgehen, statt den Leser mitzunehmen in die Spannungen des schelerschen Denkens.
Die intendierte Verlockung zum Lesen wird dadurch geschmälert. Auch die Seite vermeintlich trockener Logik leidet unter der akkuraten, dabei unverbindlichen Darstellung des Herausgebers. Das bewusstseinsgebundene Erlebnis wird von ihm „allem Lebendigen” überantwortet, was so im Sinne Schelers wäre, und dennoch nicht weniger zu kritisieren ist. Reizpunkte als unproblematisch zu übergehen, weckt nicht gerade die Lust am Denken.
Die gelungene Auswahl steht für sich. Max Scheler nimmt eine große Herausforderung durch Blaise Pascal an: die Vorstellung, dass es eine Logik des Herzens gäbe. Sie findet sich ihm zufolge im Selbstwertgefühl, parallel zum Selbstbewusstsein. Da ist der Schritt zur aktuellen Neurologie leicht getan: Das Ich stellt, so der Philosoph 1913, nur einen Gegenstand der inneren Wahrnehmung dar, eine Art geistigen Kompass. Unsere Wahrnehmung insgesamt ist aber viel reichhaltiger, als wir mit ihm erkennen können.
Welche Auswirkungen hat dies für die Ethik? Weniger die Ich-Wahrnehmung bestimmt nun unsere Werte, als die keineswegs metaphorisch vermittelte Welt: das Spüren und „Magendrücken”. Intuition wird so zum ethischen Stellenwert. Ihr Gleichgewicht, jene „logique du cœur” nicht zu verletzen, darin zeigt sich eine Persönlichkeit. Auch wenn man nicht mehr weiß, was Kunst ist – einen tatsächlichen Künstler erkennt man noch. Wann ist die Intuition gestört, geschwächt oder verkümmert? Vielleicht im berauschten Augenschein, zwei gleiche Schafe seien identisch.
VOLKMAR MÜHLEIS
MAX SCHELER: Grammatik der Gefühle. Das Emotionale als Grundlage der Ethik. Hrsg. Paul Good. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. 256 Seiten, 19,50 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das ist mal eine Rezension, die auf relativ engem Raum klipp und klar macht, was von dem Buch zu halten ist. Viel! Die Texte Schelers sprechen für sich, auch die Auswahl der Herausgebers Paul Good findet lobende Erwähnung. Ärgerlich aber findet Rezensent Volkmar Mühleis die gut 30 Seiten umfassende Einführung des Herausgebers, die "einem die Freude am Lesen" verdirbt. Dieser kommentiere brav die Argumentationskette des Phänomenologen, statt in die Widersprüche der Schelerschen Argumente einzuführen: alles akkurat wiedergegeben, aber - huschhusch - über Reizpunkte hinweg. Angesichts der Debatte um Gentechnik plädiert Mühleis eindringlich für die Aktualität der Schelerschen Fragestellung, die nach einer "Logik des Herzens" forscht und dabei der Wahrnehmung und Intuition einen quasi ethischen Stellenwert zubilligt.

© Perlentaucher Medien GmbH