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Eine subtile Ehestudie von hoher Raffinesse
Joe Allston, Literaturagent im Ruhestand, ist ein Unsentimentaler: Ein Leben lang hat er die Sicherheit ehelicher Stabilität dem Sturm möglicher Leidenschaft vorgezogen. Auch jetzt setzt er dem tendenziell aussichtslosen Unterfangen später erotischer Eskapaden die stoische Haltung des Beobachters entgegen. Ruth will ihn zum Schreiben animieren, doch Allston erinnert sich stattdessen an eine ungelebte Liebe: Die denkwürdigen, mitunter abstrusen Geschehnisse auf einer Jahrzehnte zurückliegenden Reise nach Dänemark lesen sich wie ein Krimi.…mehr

Produktbeschreibung
Eine subtile Ehestudie von hoher Raffinesse

Joe Allston, Literaturagent im Ruhestand, ist ein Unsentimentaler: Ein Leben lang hat er die Sicherheit ehelicher Stabilität dem Sturm möglicher Leidenschaft vorgezogen. Auch jetzt setzt er dem tendenziell aussichtslosen Unterfangen später erotischer Eskapaden die stoische Haltung des Beobachters entgegen. Ruth will ihn zum Schreiben animieren, doch Allston erinnert sich stattdessen an eine ungelebte Liebe: Die denkwürdigen, mitunter abstrusen Geschehnisse auf einer Jahrzehnte zurückliegenden Reise nach Dänemark lesen sich wie ein Krimi. Gleichzeitig entfaltet sich das subtile Porträt der Ehe Allstons.
Joe Allston, Literaturagent im Ruhestand, ist ein Unsentimentaler: Ein Leben lang hat er die Sicherheit ehelicher Stabilität dem Sturm möglicher Leidenschaft vorgezogen. Auch jetzt setzt er dem tendenziell aussichtslosen Unterfangen später erotischer Eskapaden die stoische Haltung des Beobachters entgegen. Ruth will ihn zum Schreiben animieren, doch Allston erinnert sich stattdessen an eine ungelebte Liebe: Die denkwürdigen, mitunter abstrusen Geschehnisse auf einer Jahrzehnte zurückliegenden Reise nach Dänemark lesen sich wie ein Krimi. Gleichzeitig entfaltet sich das subtile Porträt der Ehe Allstons.

Ausgezeichnet mit dem National Book Award 1977.
Autorenporträt
Stegner, Wallace
Wallace Stegner, 1909 - 1993, aus armen und zerrütteten Verhältnissen stammend, darf als die bedeutendste literarische Stimme des amerikanischen Westens im 20. Jahrhundert gelten. 'Crossing To Saftey' von 1983 (als deutsche Erstausgabe 2008 u.d.T. 'Zeit der Geborgenheit' bei dtv) war sein letzter Roman unter insgesamt achtundzwanzig Veröffentlichungen. Stegner, der sich auch als Biograf, Kritiker, Essayist und Historiker einen Namen gemacht hatte, unterrichtete an verschiedenen Universitäten, unter anderem in Stanford. Zahlreiche Auszeichnungen wie der Pulitzer-Preis (1972) und der National Book Award (1977) neben namhaften anderen Ehrungen belegen seinen Rang als Klassiker der amerikanischen Moderne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2009

Liebe ohne Geld-zurück-Garantie

Altmeister der unsentimentalen Tröstung: In seinem Eheroman "Die Nacht des Kiebitz" erzählt der noch viel zu wenig bekannte Amerikaner Wallace Stegner vom Triumph der Treue im Moment der Versuchung.

Von Peter Henning

Nichts verschleiern, nichts verbergen, über die Dinge schreiben, die unserem Schmerz, unserem Glück am nächsten sind; über die törichten Qualen von Angst und Sorge schreiben, über Liebe und Tod, Gut und Böse, das Ende der Welt."

Eine Tagebuchaufzeichnung des amerikanischen Schriftstellers John Cheever aus dem Jahr 1961, in welcher dieser einforderte, was nur ganz wenige seiner Zunft auszuhalten - und anschließend in Literatur zu verwandeln vermochten: den ungeschönten Blick in den Spiegel und damit in das eigene, nicht selten vom "Massaker des Alters" gezeichnete Gesicht. Auch der 1993 im Alter von vierundachtzig Jahren verstorbene Wallace Stegner, der einmal als eine der wichtigsten Stimmen des amerikanischen Westens galt, war ein großer, mit der Fähigkeit zur schonungslosen Selbsterkenntnis gesegneter Unsentimentaler. Vor allem in seinem späten, nun auf Deutsch vorliegenden Roman "Die Nacht des Kiebitz" löst er Cheevers Forderung nach einem Erzählen ein, welches das Schwinden der Perspektiven im Alter ebenso schonungslos thematisiert wie die nachlassende Physis mit all ihren Begleiterscheinungen.

Sicher, die gegenwärtige amerikanische Literatur ist reich an jenen furchtlosen Chronisten des Lebensherbstes; Autoren, deren Helden im letzten Drittel ihres Daseins zu grimmigen Gladiatoren des Alltags werden - Lester Goran, Philip Roth oder Louis Begley. Doch wo sich deren Roman, wie auch die eines James Salter fast ausschließlich auf die minutiöse Ausleuchtung der erodierenden männlichen Lebenswelt konzentrieren, schlägt Stegner mit seinem 1976 in den Vereinigten Staaten unter dem Titel "The Spectator Bird" publizierten Roman zudem einen Bogen zu den literarisch bedeutenden amerikanischen Ehestudien der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts; zu Büchern wie Paula Fox' ironischem Psychogramm "Was am Ende zählt" oder Richard Yates' Klassiker "Zeiten des Aufruhrs".

Stegners Roman, der 1977 mit dem "National Book Award" ausgezeichnet wurde und nach "Zeit der Gewohnheit" (2008) erst sein zweites Buch auf Deutsch, zieht die Lebensbilanz seines ergrauten Helden Joe Allston, eines ehemaligen Literaturagenten im Ruhestand, dem - um mit Albert Camus zu sprechen - "das Alter ein ständiges Würgen im Hals ist" und der von sich sagt: "Ich bin ein gottverfluchtes Exponat im Museum des Verfalls." Das Buch zeichnet darüber hinaus in dichten Bildern das tiefenscharfe Porträt einer Ehe im Moment einer existentiellen Krise.

Das Paar hatte in den fünfziger Jahren eine Reise nach Dänemark, in das Geburtsland von Joes Mutter Ingeborg unternommen, die sechzehnjährig in die Vereinigten Staaten ausgewandert war. Zwanzig Jahre später sehen sich Joe und seine Frau Ruth noch einmal mit den Ereignissen von damals konfrontiert. Denn als eine Postkarte jener einst ebenso charismatischen wie geheimnisvollen Astrid in ihrem Briefkasten liegt, bei der das Paar wohnte, ziehen die Tage und Ereignisse von Bregninge noch einmal an ihnen vorüber. Mit den Worten "Ich hasse Überraschungen, wenn sie überraschend kommen" quittiert Joe das Eintreffen der Karte zunächst lakonisch; er, den mit der Absenderin das Geheimnis einer flüchtig ausgetauschten Zärtlichkeit verbindet, ein nächtlicher Kuss, den er nie vergessen und seiner Frau bis zu diesem Zeitpunkt verschwiegen hat.

Die lang zurückliegende Episode wird durch einen Kunstgriff zum dramatischen Kern des Romans. Zwar sucht Joe das dänische Abenteuer zunächst vor Ruth und wohl auch vor sich selbst herunterzuspielen, indem er erklärt: "Dänemark war nur eine jener kleinen Sensationen, die einem auf der Reise durchs Leben begegnen." Doch dann wird seine von der Zeit abgeschliffene Erinnerung auf die Probe gestellt: Er holt seine Tagebücher, die er während des Aufenthalts schrieb, vom Dachboden, und beginnt Ruth daraus vorzulesen.

Minutiös führt uns Stegner die ersten Begegnungen der Allstons mit ihrer Vermieterin Astrid vor. Schnell wird klar, dass Joe vom ersten Moment an von der scheinbar unberührbaren Adligen fasziniert war. "Unsere Blicke prallten zusammen - oder gegen die Barrieren einer allgemeinen, unausgesprochenen Verlegenheit, und sie schob sich an mir vorbei, mit strahlendem Lächeln." Doch bald schon schiebt sich Astrids grausame Familiengeschichte in der Vordergrund: Die Biographie einer jungen, früh von den rassistischen Idealen ihres mit den Nazis sympathisierenden Vaters Landgreve Aage Rödding gelenkten Frau, die ertragen muss, dass dieser sich zu Zwecken seiner "biologischen Forschungen" sexuell an ihr vergeht. So überlagern die Schilderungen rund um Röddings Treiben, der sich am Ende ebenso wie seine Frau das Leben nimmt, mehr und mehr die Reiseeindrücke, so dass Joe am Ende ernüchtert feststellen muss: "Das war mein Ausflug zum Kindheitsort meiner Mutter. Leider das Eintrittsgeld nicht wert."

Stegner hält die beiden Erzählebenen des Romans trennscharf auseinander: hier die Beschreibungen der wahnhaften Experimente Röddings, "der die Auswirkungen der Inzucht und der Polygamie" an der eigenen Familie zu exemplifizieren suchte und diese in die gesellschaftliche Ächtung trieb; dort der aufkeimende Konflikt zwischen Joe und seiner Frau Ruth, die allmählich begreift, welche Bedeutung Astrid in Wahrheit für ihren Mann besaß. Dass sich in Joes Tagebuchaufzeichnungen die Biographie seiner Mutter Ingeborg dabei unversehens mit Röddings Vita verbindet, das ist die finstere Pointe dieses vielschichtigen Romans.

Am stärksten ist "Die Nacht des Kiebitz" dort, wo es für das stete Leiden seines Protagonisten am eigenen Verfall eine lakonische Poesie des Klagens findet. Und dass Stegner, der fast sechzig Jahre und bis zu seinem Tod mit Mary Page verheiratet war, obendrein davon absieht, die Allstons aus der fein austarierten Balance ihrer Ehe zu stürzen, verdankt sich der Altersweisheit dieses hierzulande viel zu lange abwesenden Autors. Denn wo etwa die Ehe der Wheelers in Richard Yates' "Zeiten des Aufruhrs" am Ende "an der entsetzlich krankhaften Abhängigkeit von den eigenen Schwächen und denen des anderen" zerbricht, dort triumphieren bei den Allstons Vergebung und Nachsicht. Denn Ruth möchte, ähnlich wie Sophie Bentwood in Paula Fox' Roman "Was am Ende bleibt", "von den schmerzhaften Gedanken an eine Zukunft ohne ihren Mann verschont bleiben". Und so nimmt sie, ganz ihrem Gefühl folgend, Joes einstige Verliebtheit nicht etwa als Beweis seiner Unfähigkeit zu ehelicher Treue, sondern im Gegenteil, als Treuebeweis im Moment der Versuchung. Das mutet im Kontext der zeitgenössischen Literatur, die überwiegend Lieblosigkeit und Vereinzelung thematisiert, schon beinahe originell an.

So ist Wallace Stegner am Ende das Protokoll einer Versöhnung geglückt; ein Buch, das sich wie ein Gegenbeweis zu der These liest, dass die Zeit der Feind der Liebe ist - beglaubigt durch die erzählerische Aufrichtigkeit seines Verfassers. "Unterhalb unserer alltäglichen Existenz gibt es noch eine andere Welt - das Chaos -, und darüber hängen wir an einem seidenen Faden", schrieb John Cheever in seinen "Tagebüchern", "aber der Faden hält." Von der Spannung in diesem Faden erzählt Stegners Roman.

Wallace Stegner: "Die Nacht des Kiebitz". Roman. Aus dem Englischen von Chris Hirte. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2009. 280 S., br., 14,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Peter Henning liegt es am Herzen, den 1993 verstorbenen Autor Wallace Stegner, der in den siebziger Jahren zu den wichtigsten amerikanischen Gegenwartsautoren zählte, auch hierzulande wieder ins Gedächtnis zu rücken. In seinem zweiten nun auf Deutsch vorliegendem Roman "Nacht des Kiebitz" kann man ihn als großen unsentimentalen Erzähler bewundern, der gleichermaßen den ungeschönten Blick auf die zerstörerischen Spuren des Alters wie auf eine Ehekrise lenkt, weil den Helden des Buches die Vergangenheit einholt, verspricht der Rezensent. Sehr beeindruckend fand der Rezensent Stegners Schilderung einer Ehe "im Moment einer existentiellen Krise", wobei er es als ungeheuer tröstlich empfindet, dass der Autor das Paar die Irritationen altersweise überdauern lässt. Als sehr fesselnd und beklemmend empfand er auch den zweiten Handlungsstrang, der die traumatische Geschichte der dänischen adligen Dame schildert, zu der der alternde Held einst eine große Anziehung verspürte: Sie war von ihrem Vater zu von den Nazis inspirierten Experimenten zu "Inzucht und Polygamie" missbraucht worden.

© Perlentaucher Medien GmbH