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"Kalka zeichnet durchaus eindrucksvoll nach, wie auch seine beiden Kinder noch monatelang unter dem Geschehenen leiden, wie sie und unzählige andere Menschen in Winnenden zu Opfern werden, obwohl sie von der Tat nicht unmittelbar betroffen waren." -- Süddeutsche Zeitung, 21.02.2011
"Ein sehr persönliches, bewegendes Buch." -- Journalist, 03/11
"Ein Jahr lang hat Kalka die Presseberichterstattung beobachtet, mit Betroffenen gesprochen, sich seine Gedanken gemacht, die Folgen des Attentats benannt, die Traumatisierungen. Wie ein roter Faden zieht sich durch Kalkas Buch die Empörung über
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Produktbeschreibung
"Kalka zeichnet durchaus eindrucksvoll nach, wie auch seine beiden Kinder noch monatelang unter dem Geschehenen leiden, wie sie und unzählige andere Menschen in Winnenden zu Opfern werden, obwohl sie von der Tat nicht unmittelbar betroffen waren." -- Süddeutsche Zeitung, 21.02.2011

"Ein sehr persönliches, bewegendes Buch." -- Journalist, 03/11

"Ein Jahr lang hat Kalka die Presseberichterstattung beobachtet, mit Betroffenen gesprochen, sich seine Gedanken gemacht, die Folgen des Attentats benannt, die Traumatisierungen. Wie ein roter Faden zieht sich durch Kalkas Buch die Empörung über die Macht der Waffenlobby, die Empörung über die Untätigkeit von Politikern, die Empörung über die Sensationsgier der Medien." -- DER TAGESSPIEGEL, 07.03.2011
Autorenporträt
Dr. Jochen Kalka ist Chefredakteur der Fachzeitschriften "media&marketing", "werben&verkaufen", "Marketingjournal"und"Kontakter". Zuvor arbeitete er in der Unternehmenskommunikation von Hubert Burda Media sowie bei Ernst&Young Network.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.02.2011

Schon ein lauter Knall
löst Schrecken aus
Zwei Jahre nach dem Amoklauf:
Winnenden ist tief verstört
Der 11. März 2009: Dieses Datum hat sich in die Geschichte einer Stadt eingebrannt. An jenem Tag stürmt ein 17-Jähriger in die Albertville-Realschule von Winnenden, wo er neun Schülerinnen und drei Lehrerinnen erschießt. Auf seiner Flucht ermordet der Junge drei weitere Menschen und schließlich sich selbst. Nach dem Massaker zählt die Polizei 16 Tote und elf Verletzte. Den Journalisten Jochen Kalka erreicht die Nachricht vom Amoklauf während einer Redaktionskonferenz in München. Er macht sich sogleich auf den Weg, aber nicht, um vom Tatort zu berichten. Seine Familie wohnt in Winnenden.
Zum Glück sind weder seine Frau – eine Lehrerin – noch seine beiden Töchter an der Albertville-Realschule. Während die Polizei den Täter jagt, harren Kalkas Kinder mit ihren Lehrern in abgesperrten Klassenzimmern aus. Dennoch werden auch sie von der Schockwelle der Tat gleichsam umgerissen. Kalka findet eine Stadt im Chaos vor: überall verstörte, weinende Menschen. Hubschrauber, Polizei – und Übertragungswagen.
Diese Szenerie markiert den Beginn des Buches, in dem Kalka aus seiner Perspektive als Einheimischer das erste Jahr nach dem 11. März 2009 beschreibt. Es ist eine Mischung aus Reportage, Tagebuch und Anklageschrift. „Sämtliche Texte entstanden unter dem unmittelbaren Eindruck des jeweils Erlebten“, schreibt der Autor in seinem Nachwort und fügt fast entschuldigend hinzu, er habe an der ein oder anderen Stelle vielleicht „über die Stränge geschlagen“.
Tatsächlich fehlt Kalkas Schilderungen jegliche Distanz zum Geschehen. Das ist stellenweise die Stärke, über weite Strecken aber die große Schwäche dieses Buchs. So zeichnet er durchaus eindrucksvoll nach, wie auch seine beiden Kinder noch monatelang unter dem Geschehenen leiden, wie sie und unzählige andere Menschen in Winnenden zu Opfern werden, obwohl sie von der Tat nicht unmittelbar betroffen waren.
Auch Kalka selbst scheint als Folge des Amoklaufs an einem Trauma zu leiden. Wut, Trauer und Sarkasmus führen ihm die Feder. Seine Verachtung gilt insbesondere den „Meuchelmedien“, wie er sie pauschal tituliert: Diese hätten sich nur für den Täter, aber nicht für die Opfer interessiert und mit ihrer heroisierenden Berichterstattung die Vorlage für den nächsten Amokläufer geschaffen. Dass viele Journalisten sich ganz bewusst von den Familien der Opfer fern hielten, weil sie deren Trauer nicht stören wollten, lässt Kalka unerwähnt.
Mit dem Täter und dessen Familie befasst sich der Autor absichtlich nur am Rande und dann voller Hass, etwa wenn vom „Mörderhaus“ die Rede ist. Aus Sicht der Opfer mag das nur allzu verständlich sein, der Leser aber fragt sich trotzdem, was einen 17-Jährigen dazu treibt, sich und andere umzubringen. Kalka hingegen dokumentiert ausführlich, wie Lobbyisten ein Verbot von scharfen Waffen für Schützenvereine verhindern. Dazwischen streut er immer wieder Beobachtungen aus Winnenden ein. Wie bereits ein lauter Knall genügt, um die Menschen in Schrecken zu versetzen. Wie der Bürgermeister unter der Last der Ereignisse zusammenbricht. Kalkas Buch mangelt es an der Analyse. Doch für eine Aufarbeitung des Unfassbaren ist es offensichtlich noch zu früh; der Schmerz ist zu groß – selbst zwei Jahre danach. Mit dem, was am 11. März 2009 geschah, schreibt Kalka, könne in Winnenden nie abgeschlossen werden. SEBASTIAN BECK
JOCHEN KALKA: Winnenden. Ein Amoklauf und seine Folgen. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010. 240 Seiten, 17,99 Euro.
Jochen Kalka klagt die
„Meuchelmedien“ an – damit tut er
vielen Journalisten unrecht.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2011

Das Trauma nach den tödlichen Schüssen

Jochen Kalka erzählt im Stakkato von den Folgen des Amoklaufs in Winnenden und macht sich dabei die Kritik an Medien und Politik etwas zu leicht.

Von Michael Hanfeld

Die ersten vierzig Seiten sind reiner Horror. Sie handeln von dem Horror, der sich am 11. März 2009 in der Albertville-Realschule in Winnenden ereignet. Ein ehemaliger Schüler betritt das Gebäude und erschießt binnen drei Minuten zwölf Menschen; acht Schülerinnen, einen Schüler, drei Lehrerinnen. Er flüchtet und tötet drei weitere Menschen, bevor er sich selbst richtet.

Als "Amoklauf" wird diese Tat notiert, davon ist in den ersten Meldungen die Rede, in den Nachrichten im Radio und im Fernsehen und in den Titelgeschichten der Zeitungen und Magazine. Doch da läuft niemand Amok, sondern erschießt jemand gezielt einen Menschen nach dem anderen, etliche in den Kopf. Es ist ein Massenmord, doch vor dieser Vokabel schreckt die Öffentlichkeit zurück. Und die Wirkung dieses Verbrechens insgesamt bleibt ihr verborgen. Was bedeutet es, wenn in einer Kleinstadt mit dreißigtausend Einwohnern auf einen Schlag fünfzehn Menschen einem Gewaltverbrechen zum Opfer fallen, die meisten Kinder, an einem Ort, der ein Hort der Sicherheit sein sollte?

Davon handelt Jochen Kalkas Buch "Winnenden. Ein Amoklauf und die Folgen". Im Untertitel verwendet er den Begriff "Amoklauf", gegen den er sich aber ein ums andere Mal wendet. Er spricht von "Massenmord", er spricht von einem Mörder, und er klagt an - den Vater des Täters, die Medien, die zu reißerisch und den Täter heroisierend berichteten und die Politik, die keine wirksamen Maßnahmen ergreife, eine Tat wie diese zu verhindern, etwa mit dem Verbot von Killerspielen, vor allem aber mit einem erschwerten Zugang zu großkalibrigen Waffen, die es im Elternhaus des siebzehnjährigen Täters zuhauf gab.

Warum müssen Schützenvereine, wenn es ihnen um "Sport" geht, mit großkalibrigen Waffen hantieren, die sie bis in die jüngere Vergangenheit gar nicht hatten? Warum bekommen Kinder und Jugendliche Umgang mit den Ballergeräten? Das fragt Kalka; mit ihm fragen es die Hinterbliebenen der Opfer, mit ihm fragen es alle, die Kinder im schulpflichtigen Alter haben, und eigentlich muss sich dies die gesamte Gesellschaft fragen angesichts all der Waffen, die in diesem Land legal und illegal im Umlauf sind. Wer keine Schusswaffe hat, kann keinen "Amoklauf" mit derart vielen Opfern anrichten, so lautet die schlichte und bezwingende Logik des Autors, die er in seinem Buch wie ein Mantra wiederholt.

Kalka wiederholt und schreibt im Stakkato. Er beschreibt, wie seine Frau, die Lehrerin ist, den Morgen des 11. März 2009 erlebt, wie sie um ihre Kinder bangt, die das Gymnasium besuchen, das direkt neben der Albertville-Realschule liegt. Er schildert, wie er selbst von der Tat erfuhr, 250 Kilometer von Winnenden entfernt, in der Münchner Redaktion einer Zeitschrift, deren Chefredakteur er ist. Und er zeichnet nach, wie eine Mutter davon erfuhr, deren Tochter an diesem Tag nicht nach Hause kam.

Dem Stil nach gleicht das der Medienberichterstattung, die Kalka angreift. Es ist unmittelbar, atemlos, es ist ein Dokument des Schreckens, vor allem in den Passagen, in denen Kalkas Töchter zu Wort kommen. Wer macht sich eine Vorstellung davon, wie es ist, sich an einem ganz normalen Tag plötzlich wie im Krieg zu fühlen und sich - nach den ersten Stunden - glücklich zu schätzen, schon mal eines der beiden Kinder zurückzuhaben? Und dann das zweite. Während andere Eltern die Schüler vom Tatort weglaufen sehen: "Noch ein Kind, noch eines. Dann kommt keines mehr. Leere. Ungläubigkeit. Wo bleibt sie denn, ihre Tochter? Sie kommt nicht."

So handeln die ersten Seiten dieses Buchs von einem Martyrium. Aber dann folgt - wenig. Kalka beobachtet und beschreibt zwar, wie sich Winnenden als Gemeinwesen nach der Tat zusammenfindet, wie schwer das Trauma für alle wiegt, die unmittelbar und mittelbar betroffen waren, dass nichts mehr ist, wie es war, vor allem für die Kinder. Aber er unternimmt dies aus der Perspektive des Halbzugereisten, zitiert und addiert Zeitungsartikel, pflichtet wenigen Kommentatoren bei, verdammt die meisten - von der "Bild"-Zeitung bis zum "Spiegel" - und wird immer oberflächlicher. Seine Botschaft - weg mit Killerspielen, nieder mit den Waffen - will man sofort unterschreiben, seine pauschalen Urteile über "die" Medien, die er an einer Stelle "Meuchelmedien" nennt, und oftmals über "die" Politik aber irgendwann nicht mehr. Denn sie ist zu undifferenziert, in der Forderung gipfelnd, über ein Verbrechen wie jenes in Winnenden nur ganz klein, am besten gar nicht zu berichten.

Wie fahrig verfasste Tagebuchnotizen wirken die Kapitel, die der Beschreibung der ersten Tage und Wochen nach dem Massenmord folgen. Es sind anrührende Stellen darunter, etwa wenn Kalka von einem Konzert erzählt, dass der Popsänger Chris de Burgh in Winnenden gibt, ganz ohne Presseauflauf, für ein kleines Publikum, dem er seine Anteilnahme ausdrücken und ein paar Stunden der Ablenkung schenken will. Am Ende kommt Kalka darauf, dass man auch ihm vorhalten könne, was er den Journalisten vorwirft - er schreibt schließlich ein Buch über das Verbrechen. Soweit will man nicht gehen. Der Autor hätte es aber viel besser machen und also denen, die er ins Gebet nimmt, weniger gleichen sollen, nein: müssen. Denn sein Thema fordert eine Analyse, die wirklich zu Veränderung beiträgt.

Jochen Kalka: "Winnenden".

Ein Amoklauf und seine Folgen.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2011. 240 S., geb., 17,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen ambivalenten Eindruck hat Jochen Kalkas Buch über den Amoklauf von Winnenden und die Folgen für den Ort bei Sebastian Beck hinterlassen. Das hat in seinen Augen vor allem mit der fehlenden Distanz des Autors zum Geschehen zu tun. Kalka, der als Chefredakteur von "Werben und Verkaufen" in München arbeitet, lebt mit seiner Familie in Winnenden. Diese Nähe scheint dem Rezensenten Schwäche und Stärke des Buchs zugleich. Beeindruckend findet er Kalkas Schilderungen, wie seine Kinder noch monatelang unter dem Geschehen leiden, wie sie und andere Einwohner, auch wenn sie nicht unmittelbar vom Amoklauf betroffen waren, zu Opfern wurden. Das Chaos, die Fassungslosigkeit, die Verstörung, die den Ort erfasst haben, wird für ihn sehr deutlich. Dass Kalka sich mit dem Täter und dessen Familie bewusst nur am Rande beschäftigt, dann aber "voller Hass", ist Beck eher unangenehm, zur Analyse und zum Begreifen der Tat trägt es  nichts bei.

© Perlentaucher Medien GmbH