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Putten bevölkern Venedig. Vor allem auf Gemälden inszenieren sie ihre so bezaubernden wie bedeutenden Auftritte, doch auch in prächtigen Treppenhäusern mit Stuckgewölben und Kuppeln, an Kapitellen, Altären und Tabernakeln, an Weihwasserbecken, Brunnen und Grabmonumenten, an Giebeln, Portalen, Triumphbögen oder Kirchen- und Palazzi-Fassaden erscheinen sie - sowohl als Relief-Figuren wie auch als vollplastische Skulpturen. Ganz Venedig ist ihre Bühne. Merkwürdigerweise jedoch spielen die fast omnipräsenten Putten im Bewusstsein selbst kenntnisreicher Liebhaber und professioneller Kenner der an…mehr

Produktbeschreibung
Putten bevölkern Venedig. Vor allem auf Gemälden inszenieren sie ihre so bezaubernden wie bedeutenden Auftritte, doch auch in prächtigen Treppenhäusern mit Stuckgewölben und Kuppeln, an Kapitellen, Altären und Tabernakeln, an Weihwasserbecken, Brunnen und Grabmonumenten, an Giebeln, Portalen, Triumphbögen oder Kirchen- und Palazzi-Fassaden erscheinen sie - sowohl als Relief-Figuren wie auch als vollplastische Skulpturen. Ganz Venedig ist ihre Bühne. Merkwürdigerweise jedoch spielen die fast omnipräsenten Putten im Bewusstsein selbst kenntnisreicher Liebhaber und professioneller Kenner der an Kunst reichen Stadt so gut wie keine Rolle. Dass sie zu Unrecht kaum beachtet oder gar nicht ernst genommen werden, vermag dieser aufwändig gestaltete Bildband anschaulich und kurzweilig darzulegen. Auf die Spuren ihrer langen Geschichte begibt sich der erste Teil des Bandes. Verfolgt werden ihre Anfänge als antike Eroten oder Amoretten bis hin zu ihrer Wiedergeburt als christliche oder pagane Himmelswesen in der Zeit der italienischen Frührenaissance. Im zweiten Teil richtet sich die ganze Aufmerksamkeit auf die 'Putti di Venezia'. Entfaltet wird ein buntes und lebendiges, gestalten- und szenenreiches Panorama ihrer vielfältigen Präsenz in Venedigs Museen, Palästen und Kirchen. Nicht nur die Meisterwerke von Künstlern wie Donatello, Benedetto da Maiano, Tizian oder Tintoretto, sondern die Inselstadt selbst präsentiert sich dem Leser so in einem völlig neuen Licht.
Autorenporträt
Rainer Hoffmann war Kulturkorrespondent der Neuen Zürcher Zeitung in Deutschland.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.12.2007

Bezaubernde Statisten: Die Putten von Venedig
Immer wieder wird Goethes Behauptung, über Venedig sei schon alles gesagt und gedruckt, was man sagen könne, mit Glanz und Gloria widerlegt. Und immerhin mussten seit jenem Reise-Notat zweieinviertel Jahrhunderte vergehen, bis jemand sich einer venezianischen Spezies annahm, die kein Besucher der Lagunenstadt übersehen kann und der dennoch bislang keine systematische Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Die Putten von Venedig sind womöglich zahlreicher als die Tauben auf dem Markusplatz, werden aber nie gefüttert und eher selten fotografiert, und mehrheitlich sind sie dort anzutreffen, wo bedeutendere Akteure und spektakulärere Figuren ihnen die Schau stehlen. Die geflügelten, überwiegend nackten, meist rundlichen und oft lockigen Knaben, die sich gern in Scharen versammeln, doch zuweilen auch vorwitzig aus der Reihe tanzen, sind aus den großen Bild-Inszenierungen der Renaissance und des Barock nicht wegzudenken. Aber ihre Rolle im Welt- und Himmelstheater ist die der ewigen Komparsen und Assistenten, denen nur ganz selten einmal ein Solistenpart oder vertretungsweise gar die Regie anvertraut wird – dann freilich mit umso größerem Effekt.
Auf Gemälden und Fresken, in Kirchenkuppeln und Palasttreppenhäusern, an Brunnen und Grabmonumenten, Pfeilern und Fassaden, Säulenkapitellen und Sockeln, an Altären und Tabernakeln, Geländern und Gesimsen, Portalen und Triumphbögen, in Gärten, an Orgeln und hundert anderen Orten wohnen und spielen sie (unser Bild, dem Buch entnommen, zeigt Veroneses „Mars und Neptun” in der Sala del Collegio des Palazzo Ducale; der eine Putto bringt einen Helm für den Kriegs-, der andere eine Muschel für den Meeresgott). Und obwohl sie sich im restlichen Italien kaum weniger beheimatet fühlen, scheint ihr leichtlebig heiteres, irrlichternd flatterhaftes Naturell in der Serenissima erst so recht zu sich selbst gekommen zu sein.
Der Kunsthistoriker Rainer Hoffmann hat sich der wunderbaren Mühe unterzogen, eine „Puttologia veneziana” zu erstellen. Im ersten Teil wird die Geschichte und Ikonographie der Flügelwesen erkundet, die in der Antike als Eroten und Amoretten ihren frühen Auftritt haben, und zwar in mannigfaltiger Funktion: als Liebesdiener, Fackelträger, Girlandenhalter oder Musikanten, Verkörperung kindlicher Unschuld und ewiger Jugend, Symbol der Schönheit und Lebenslust jenseits aller Erdenschwere.
Sodann wird berichtet, wie diese heidnischen Flatterkinder in der Renaissance ihre christliche „Taufe” erhielten, mit den Engelskindern des Spätmittelalters verschmolzen und in der Engel Ordnungen liebevolle Aufnahme fanden, wiewohl ihr Name (vom lateinischen „putus”, Knabe) sie weiterhin im Diesseits verortete.
Der historische Abriss legt hier freilich nur das Fundament zu einer großen, aus- und abschweifenden Bilder-Erzählung über die Putten von Venedig. Die bezaubernden Statisten der venezianischen Kunstbühne werden – „im Himmel wie auf Erden” – an prominenten und verborgensten Stellen aufgespürt, in ihrem malerischen oder skulpturalen Kontext so kurzweilig wie fachkundig beschrieben und in ihrer szenischen wie theologischen Funktion zum Leben erweckt. Hier hat jemand einen Gegenstand gefunden, den er liebt, und so vereinen Hoffmanns Schilderungen auf beispielhafte Weise die kunstgeschichtliche Information mit der Inspiration zu einem Denken in Bildern, das unter der Bilderflut der Moderne so leicht verschüttet wird.
Ein kleines Manko bleibt festzuhalten: Für einen handlichen Führer durch das Putten-Paradies Venedig ist das Buch zu schwer, andererseits sind die Abbildungen zu klein, um die Anschauung der Originale auch nur zeitweilig zu ersetzen. Da hilft nur eines: sich von der Lektüre beflügeln lassen und dann, wieder einmal, Venedig ganz neu entdecken. KRISTINA MAIDT-ZINKE
RAINER HOFFMANN: Im Himmel wie auf Erden. Die Putten von Venedig. Böhlau Verlag, Köln 2007. 290 S., 34,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2009

Engelchen an der Kirchendecke

Auf den allerersten Blick könnte man dieses Buch für eines jener sich ganz in opulenten Bildern und dürftigen Texten erschöpfenden Coffee-Table-Books halten. Putten? Venedig? Im Himmel wie auf Erden? Aber schon bei der Kapitelübersicht wird klar, dass trotz des dekorativen Titels und des für jede publizistische Nichtigkeit missbrauchten Namens Venedig hier etwas ganz anderes vorliegt. Es ist eine wundervolle, inhaltsvolle und vor allem ohne jeden akademischen Pomp geschriebene Studie über ein Thema, das den Autor ganz offensichtlich leidenschaftlich interessiert. Und ebendiese Leidenschaft, eine obsessive Wissbegierde, gepaart mit dem kühlen Blick des Forschers, macht das ganze Buch ausgesprochen sympathisch. Etwas so Lebendiges hat man über das musealisierte Venedig seit langem nicht gelesen. Selbstverständlich ist das alles kunsthistorisch fundiert, durchdacht und verknüpft, aber zwischen der Ernsthaftigkeit des Sujets und dem Anspruch des Autors auf Vollständigkeit flattern die hier beschriebenen venezianischen Putti durchaus fröhlich eigensinnig und auch sinnlich durch die zweihundertsiebenundachtzig Seiten. Es beginnt mit einer fulminanten kunst- und kulturhistorischen Einführung ins "volle pralle Putten-Leben", in dem der Leser erfährt, wie aus den antiken Amoretten die pummeligen Wonneproppen des Barocks wurden. Dazwischen liegen gut tausend Jahre christlicher Askese, aber die Genauigkeit dieses Buchs lässt den Leser mitverfolgen, wie die Genies der italienischen Frührenaissance, Nicola und Giovanni Pisano, Giotto, Donatello, die heidnischen Liebesgötter in das Repertoire ihrer christlichen Bildwelten aufnahmen und zu dem transformierten, was später Raffael in seiner Sixtinischen Madonna zu den wohl berühmtesten Putti-Porträts der Kunstgeschichte machte. Aber hier geht es um Venedig, und was der Autor in dieser Stadt an Putten-Darstellungen besichtigt, bewundert, entdeckt, beschreibt, sammelt und damit inventarisiert, ist erstaunlich. Sicherlich keine Lektüre für den schnellen Venedig-Reisenden und keinesfalls ein Buch für den Liebhaber von Putti-Kitsch; dafür ein kluges und genaues Werk über ein wenig beachtetes Thema der Kunstgeschichte. Und vor allem: endlich einmal wieder etwas Fundamentales über Venedig.

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"Im Himmel wie auf Erden - Die Putten von Venedig" von Rainer Hoffmann. Böhlau Verlag, Köln 2008. 287 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 34,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Kristina Maidt-Zinke zeigt sich regelrecht entzückt von diesem Buch, das ihrer Meinung nach beweist, dass es, anders als von Goethe behauptet, durchaus noch Schreibenswertes über Venedig gibt. Sie freut sich über den Enthusiasmus, mit dem sich Autor Rainer Hoffmann seines Themas annimmt. Die Putten an Gebäuden - und in der Lagunenstadt gibt es davon wirklich reichlich - sind bisher tatsächlich nach Informationen der Rezensentin auch noch kaum erforscht. Deshalb greife der Autor weit zurück, bis in die Antike, wo die Figuren "als Eroten und Amoretten ihren frühen Auftritt haben", bis sie dann in die Ikonografie des Christentums integriert wurden. Doch der historische Exkurs ist zur Freude von Maidt-Zinke nicht der Schwerpunkt. Im Mittelpunkt stehen die Gebäude der Stadt Venedig und deshalb bedauert die Rezensentin auch, dass das Buch zu unhandlich ist, um als Reiseführer zu taugen - und dass die Puttenbilder nichtsdestotrotz recht klein ausfallen.

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