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Der byzantinische Herrscher Justinian I. und seine Zeit werden von Otto Mazal eindrucksvoll porträtiert. Mit Blick auf Geschichte, Wirtschaft, Kunst und Kultur entwirft er ein umfassendes Panorama einer Gesellschaft am Übergang von der Antike zum Mittelalter.
Kaiser Justinian I. gehört zweifelsohne zu den wirkungsmächtigsten Gestalten europäischer Geschichte. Als letzte Herrscherpersönlichkeit unternahm er mit seinem nach Westen ausgreifenden Byzantinischen Reich noch einmal den Versuch der Wiederherstellung des Imperium Romanum. Sein Name ist verknüpft mit kunstgeschichtlich so…mehr

Produktbeschreibung
Der byzantinische Herrscher Justinian I. und seine Zeit werden von Otto Mazal eindrucksvoll porträtiert. Mit Blick auf Geschichte, Wirtschaft, Kunst und Kultur entwirft er ein umfassendes Panorama einer Gesellschaft am Übergang von der Antike zum Mittelalter.
Kaiser Justinian I. gehört zweifelsohne zu den wirkungsmächtigsten Gestalten europäischer Geschichte. Als letzte Herrscherpersönlichkeit unternahm er mit seinem nach Westen ausgreifenden Byzantinischen Reich noch einmal den Versuch der Wiederherstellung des Imperium Romanum. Sein Name ist verknüpft mit kunstgeschichtlich so herausragenden Monumenten wie der Hagia Sophia. Kaum zu überschätzen ist auch seine Leistung in der Gesetzgebung. Mit der Aufzeichnung des römischen Rechts - der Justinianischen Kodifikation - gab er dem Rechtsleben eine feste Grundlage, was auf die Rechtsordnungen späterer Jahrhunderte eine immense Ausstrahlungskraft hatte. Der bekannte Byzantinist Otto Mazal legt in diesem Buch eine Gesamtschau des ereignisreichen 6. Jahrhunderts vor. Die historischen Leistungen und die weltgeschichtliche Bedeutung der Regierungszeit Justinians (527-565) werden aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Wirtschaftliche, militärische, soziale und kirchenpolitische Verhältni sse werden ebenso erhellt wie die kulturellen Entwicklungen in Literatur, Architektur und Bildender Kunst.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2002

Er wollte ein Volk von Dichtern
Otto Mazals Biographie des römischen Reformerkaisers Justinian

Sein Onkel Justin war Bauer und Schweinehirt gewesen, der sich in einer beispiellosen Karriere als Mitglied der kaiserlichen Leibgarde emporgearbeitet und es bis zum Kaiser gebracht hatte. Seine Frau stammte aus dem Milieu der Schausteller und Bordelle. Er selbst, der sich aus Dankbarkeit gegenüber seinem Verwandten und Vorgänger Justinian nannte, avancierte zum wohl bedeutendsten und umstrittensten byzantinischen Monarchen am Übergang von der spätantiken zur mittelalterlichen Kultur (Regierungszeit 527 bis 565). Mit den prachtvollen Mosaiken in San Vitale zu Ravenna, die ihn selbst und seine Frau Theodora mit ihrem Gefolge darstellen, hat Justinian das Bild des byzantinischen Kaisers im kollektiven Gedächtnis des Abendlandes maßgeblich geprägt.

Ebenjene Mosaiken zeigen Justinian als einen Meister der medialen Vermarktung. Er identifizierte sich so stark mit seinem öffentlichen Amt, daß wir über seine Jugend und über sein Privatleben als Kaiser fast nichts wissen. Schon auf die Zeitgenossen wirkte er in seiner rastlosen Arbeitswut, seiner Unduldsamkeit, Arroganz und Eitelkeit und seinem Machthunger polarisierend. Am deutlichsten wird dies bei dem Historiker Prokop von Cäsarea sichtbar, der in offiziellen Darstellungen der Kriegs- und Bautätigkeit Justinians den Kaiser preisen und gleichzeitig ihn und seine Frau in einer geheimen Schmähschrift verteufeln und als Zerstörer von Staat und Kirche denunzieren konnte.

Bei aller berechtigter Kritik darf man aber die kreativen Kräfte nicht übersehen, die durch Justinian und seine Frau initiiert und freigesetzt wurden. Die Entwicklungen auf dem Gebiet der Theologie, des Rechtes, der Architektur und der Kunst waren so erheblich, daß man mit Recht von einer justinianischen "Epoche" spricht. Die Forschung der letzten hundert Jahre hat diese Leistung in ihren zahlreichen Facetten herausgearbeitet. Der Wiener Byzantinist Otto Mazal faßt sie nun in einer eindrucksvollen Gesamtschau zusammen.

Mazal folgt der verbreiteten Sicht, die Justinian als den "Mann zwischen zwei Zeitaltern" beschreibt. Der Kaiser betrieb eine restaurative Territorialpolitik, die danach trachtete, das Imperium Romanum längst vergangener Tage in altem Glanz (also unter Einbeziehung des Westens) wiedererstehen zu lassen. Dies gelang ihm nicht. Gleichwohl vermochte er Gebietsgewinne in Italien und Nordafrika so zu sichern, daß sich Byzanz in Unteritalien bis ins elfte Jahrhundert hinein halten konnte. Die strenge Trennung der zivilen und militärischen Gewalt, wie sie seit der diokletianisch-konstantinischen Zeit üblich war, wurde von Justinian zwar nicht völlig aufgehoben, aber doch so reformiert, daß in gewisser Hinsicht die sogenannte Themenorganisation des siebten Jahrhunderts, die auf die Verbindung beider Gewalten abzielte, vorweggenommen wurde. Die großen Gesetzescorpora unter dem Namen des Kaisers faßten ältere Rechtstraditionen zusammen und wurden in ihrer kodifizierten Form auch für das mittelalterliche Abendland grundlegend.

Ebenso ist Justinian im Bereich der Religionspolitik ein Mann des Überganges. Mit der Schließung der Akademie in Athen im Jahre 529 gab er dem antiken paganen Bildungsideal endgültig den Abschied. Das entschlossene Hineinregieren in die Angelegenheiten der Kirche entsprach imperialer Religionspolitik seit Konstantin. Gleichwohl hat sich in der neueren Forschung die Auffassung durchgesetzt, daß man eigentlich erst seit Justinian mit einem gewissen Recht von einer byzantinischen Theokratie sprechen kann, bei der die Kaiser als Theologen und religiöse Gesetzgeber hervortraten. Durch den ruppigen Umgang mit dem Papst vertiefte Justinian darüber hinaus den ohnehin bereits breiten Graben zwischen Ost und West.

Auch literarisch schlugen sich diese Veränderungen nieder: Die griechische Kirchendichtung erlebte einen ungeheuren Aufschwung - Romanos der Melode wurde mit seinen kunstvoll aufgebauten Hymnen (Kontakien) ihr Archeget. Die gesteigerte Bedeutung des Mönchtums verhalf der Gattung der Mönchschronik zu einem ersten Aufschwung, während antike Literaturformen wie Geschichtsschreibung, Epos oder erotisches Epigramm eine letzte Blüte erlebten.

Im Unterschied zu früheren Gesamtdarstellungen etwa von Charles Diehl oder William Gordon Holmes zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts oder - aus neuerer Zeit - dem unvollendeten Monumentalwerk Berthold Rubins (1960/95) oder der kürzeren Monographie von James A.S. Evans (1996) legt Mazal den Akzent vor allem auf die kulturellen Errungenschaften, die er in durchaus traditioneller geistesgeschichtlicher Perspektive beschreibt, dabei in der konsequenten Einbeziehung auch der literarischen und künstlerischen Errungenschaften des sechsten Jahrhunderts weiter ausholend als selbst Diehl und Holmes. Eingehend bespricht er alle zeitgenössischen Literaturformen, weist auf Neuentwicklungen in den Wissenschaften hin und führt in ausführlichen Essays zur Kunst eindrucksvoll vor Augen, wie geistig und künstlerisch produktiv die Regierungszeit dieses Kaisers gewesen ist.

Nicht alles an dem Buch ist gelungen. Sein Hauptmanko deutet sich bereits im Titel an: Der Verfasser konnte sich offenbar nicht recht entscheiden, ob er eine Monographie über Justinian I. oder ein Handbuch der Geschichte und Kultur im sechsten Jahrhundert schreiben sollte. Für ein Handbuch hätten die Literaturangaben im Anhang aktueller und der Text selbst punktgenauer formuliert sein müssen; für eine Monographie wirken die Ausführungen streckenweise zu wenig stringent, werden Namen und Fakten wie auf einer Perlenschnur aufgereiht, statt sich zum großflächigen Mosaik zu ergänzen.

Nur der Fachmann - und vielleicht nicht einmal der - wird daher die mehr als 650 fußnotenfreien Seiten Text in einem Zug lesen. Die meisten Leser werden sich eher über einzelne Aspekte informieren wollen und das Buch als Nachschlagewerk nutzen. Ihnen bietet es eine insgesamt solide und zuverlässige, dabei gut lesbare Einführung in diese faszinierende Zeit.

WOLFRAM KINZIG

Otto Mazal: "Justinian I. und seine Zeit". Geschichte und Kultur des Byzantinischen Reiches im 6. Jahrhundert. Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2001. VI, 764 S., Abb., geb., 96,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Person des byzantinischen Kaisers Justinian I. war bereits zu Lebzeiten umstritten, wie Wolfram Kinzig berichtet. Daher ist die Darstellung des Historikers Otto Mazal laut Rezensent um so höher zu schätzen, weil sie die kreativen Kräfte nicht übersieht, "die durch Justinian und seine Frau initiiert und freigesetzt wurden". So würdige der Autor die Verdienste Justinians auf den Gebieten der Gesetzgebung, der Organisation des Staates und der Kirche sowie der Literatur und Künste. Dabei holt Mazal laut Kinzig "in der konsequenten Einbeziehung auch der literarischen und künstlerischen Errungenschaften des sechsten Jahrhunderts" weiter aus als seine Vorgänger. Gerade daraus resultiert nach Meinung des Rezensenten aber auch die Schwäche des Buches, das sich zwischen Handbuch und Monografie nicht entscheiden könne. Daher könne nur der Fachmann das Buch im ganzen lesen, während die meisten Leser es wohl eher als Nachschlagewerk nutzen dürften: "Ihnen bietet es eine insgesamt solide und zuverlässige, dabei gut lesbare Einführung in diese faszinierende Zeit."

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