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4 Kundenbewertungen

Julian und Paul fühlen sich wie Brüder - sie sind fast am selben Tag geboren, gehen in dieselbe Klasse und wachsen beide in der Jablonskistraße 53 auf, mitten im Zentrum des Berlins der 20er und 30er Jahre. Doch Julian ist Jude, und als seine Eltern deportiert werden, muss er untertauchen. Er überlebt die Nazi-Zeit als 'U-Boot' bei Nichtjuden, die ihn verstecken. Auch Paul und seine Schwester Bille, die ihren Jule schon lange liebt, sorgen für ihn. Das Ende des Krieges erleben die beiden Freunde untergetaucht in Ruinen, denn der Flakhelfer Paul will nicht noch in den letzten Kriegstagen für…mehr

Produktbeschreibung
Julian und Paul fühlen sich wie Brüder - sie sind fast am selben Tag geboren, gehen in dieselbe Klasse und wachsen beide in der Jablonskistraße 53 auf, mitten im Zentrum des Berlins der 20er und 30er Jahre. Doch Julian ist Jude, und als seine Eltern deportiert werden, muss er untertauchen. Er überlebt die Nazi-Zeit als 'U-Boot' bei Nichtjuden, die ihn verstecken. Auch Paul und seine Schwester Bille, die ihren Jule schon lange liebt, sorgen für ihn. Das Ende des Krieges erleben die beiden Freunde untergetaucht in Ruinen, denn der Flakhelfer Paul will nicht noch in den letzten Kriegstagen für seinen Führer fallen. Als im Frühjahr 1945 endlich die Rote Armee der Sowjetunion die deutsche Reichshauptstadt einnimmt, fühlen sich beide befreit. Der Krieg ist vorbei, die Nazi-Diktatur gestürzt, nun kann ein neues Leben beginnen. Doch für Julian und Paul beginnt stattdessen ein dunkles und bis heute wenig bekanntes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte: Als sie Bille gegen zwei russische Soldaten verteidigen, werden sie als 'Werwölfe' verhaftet und in ein sowjetisches Internierungslager eingewiesen. Das Lager heißt Buchenwald und war bis vor kurzem ein KZ der Nazis. Erst Jahre später wird Paul die Freiheit wiedersehen.

Der neue historische Roman von Klaus Kordon basiert auf Berichten von Überlebenden des sowjetischen Internierungslagers Buchenwald. Ein Zeitpanorama, das bezeichnenderweise nicht mit dem Untergang der Nazi-Diktatur endet.
Autorenporträt
Klaus Kordon, geb. 1943 in Berlin, war Transport- und Lagerarbeiter. Er studierte Volkswirtschaft und unternahm als Exportkaufmann Reisen nach Afrika und Asien, insbesondere nach Indien. Klaus Kordon ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt heute als freischaffender Schriftsteller in Berlin. Zahlreiche seiner Veröffentlichungen wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Für sein Gesamtwerk erhielt er den "Alex-Wedding-Preis" der Akademie der Künste zu Berlin und Brandenburg und 2013 wurde er mit dem "Großen Verdienstkreuz" der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2005

Freundschaft für immer
Überlebenskampf - am Beispiel von zwei Berliner Jungen
In seinem Buch stellt Klaus Kordon die Frage, die in allen Diskussionen über die NS-Zeit und den Krieg im Vordergrund steht: die nach Schuld und Sühne. Welche Verantwortung trug der Einzelne an den Verbrechen, gibt es so etwas wie eine deutsche Kollektivschuld, die etwa die Brutalität der russischen Armee am Ende des Krieges rechtfertigte?
Das Schicksal zweier Berliner Jungen, des Juden Julian und seines Freundes Paul, wird in drei großen Kapiteln aufgerollt: die Kindheit während der NS-Zeit; das Überleben während des Krieges, in dem Julian in Berlin untertaucht und Paul zum HJ-Löschkommando und später als Flakhelfer eingezogen wird; und im letzten Teil die Gefangennahme der jungen Männer als angebliche Werwölfe durch die russischen Besatzer und ihre Lagerhaft in Buchenwald.
Das tragende Motiv ist die Freundschaft der beiden, die in einem Berliner Mietshaus aufwachsen und erst, als die NS-Propaganda Einzug in die Schulen hält, merken, dass ihre Beziehung etwas Besonderes und sehr gefährdet ist. Die Rassengesetze und der Terror gegen die Juden verändern das gesamte öffentliche Leben und die Menschen. Sie sind nun politisch Desinteressierte, Regimegegner, Nationalsozialisten oder Juden.
Neben seinen beiden Protagonisten entwickelt der Autor ein breites Panorama menschlichen Lebens, erzählt von den Eltern, Verwandten, der Hausgemeinschaft. Viele Personen stehen typisch für ein Schicksal, werden aber durch die Dialoge und die fesselnde Handlungsführung lebendig, die historische Distanz verschwindet. Kordon berichtet spannend, aus dem Blickwinkel der Kinder und Jugendlichen: Trotzdem schont er den Leser nicht. Die Eltern von Julian versuchen verzweifelt Deutschland zu verlassen, was an den rigiden Einwanderungsbestimmungen der europäischen und amerikanischen Behörden scheitert. (Die Tatsachen erinnern daran, dass das ursprünglich liberale Asylrecht im Grundgesetz auf diesen Erfahrungen der jüdischen Bevölkerung basiert). Als Julians Eltern schließlich 1941 abgeholt werden, gelingt es ihnen, ihren Sohn vor dem Transport in ein Lager zu bewahren. Er wird von Pauls Familie und ihren Freunden versteckt.
Der minuziöse Kriegsbericht schildert den Überlebenskampf der Berliner Bevölkerung. Pauls Wut und Unverständnis über den Bombenterror der Alliierten gegen die Zivilbevölkerung stehen die Berichte seines Vaters über das Vorgehen der deutschen Armee im Russlandfeldzug gegenüber. Völlig ins Wanken gerät sein Freund-Feind-Denken, als die russischen Soldaten und eigentlichen Befreier mit ihren Gräueltaten Angst und Schrecken verbreiten.
Bei dem Versuch, die Schwester vor einer Vergewaltigung zu retten, werden die Jungen gefangen genommen und ins KZ Buchenwald gebracht. Allein 12000 Jugendliche lebten nach dem Krieg in den zehn Lagern der sowjetischen Zone, deren Existenz erst seit kurzem von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Dort wurden „nicht allein Häftlinge festgehalten, die irgendwie mit der untergegangenen Nazi-Diktatur in Verbindung gebracht werden konnten. Auch zahlreiche politisch missliebige Personen (. . .), unter denen ehemalige Häftlinge der Nazi-KZ waren, wurden inhaftiert.” Berichte Überlebender bilden die Grundlage für die Schilderung der Haftzeit in Buchenwald. Klaus Kordon lässt Paul nach zwei Jahren nach Hause zurückkehren, doch seine Entlassung ist überschattet von Julians Tod.
„In diesem Roman soll nicht aufgerechnet werden - hier die Opfer des Nationalsozialismus, dort die Opfer der sowjetischen Siegerwillkür.” Beispielhaft bekennt sich der Autor zur Humanität, der jeder Mensch verpflichtet ist.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
KLAUS KORDON: Julians Bruder. Beltz & Gelberg, Weinheim 2004. 624 Seiten, 14,90 Euro.
Politisches Jugendbuch
Das Kriegsende vor 60 Jahren und das Leben im Dritten Reich beschäftigt derzeit auch erstaunlich viele junge Leute. Auf dieser Seite werden Bücher vorgestellt, in denen persönliche Erfahrungen geschildert werden. Hinzu kommen virtuelle Briefe an Anne Frank und eine aktuelle Enzyklopädie.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die Rezensentin Angelika Overath zeigt sich beeindruckt davon, wie es dem Jugendbuchautor Klaus Kordon gelingt, das Thema Nationalsozialismus so aufzubereiten, dass es für Jugendliche, die "traditionellem Unterricht" eher müde gegenüber stehen, interessant wird - und sieht darin vielleicht sogar eine grundsätzliche Stärke des Genres: "Kaum vorstellbare Daten und Fakten der zu lernenden Geschichtseinheiten werden erfahrbar durch das, was ganz normale Menschen tatsächlich erleben mussten." Auch wenn die Geschichte Fiktion ist, ist dieses Buch doch nah an der geschichtlichen Realität. " In den historisch relevanten Zusammenhängen, im ganzen Zeitkolorit aber bleibt der Roman nachprüfbar und verlässlich." Zudem nimmt sich Kordon eines Themas an, das bisher wenig thematisiert wurde: des Konzentrationslagers Buchenwald, das nach den Nazis von den Kommunisten genutzt wurde. Für erwachsene Leser kommt dieses Buch nach Meinung der Rezensentin vielleicht ein wenig zu politisch korrekt daher, für die Zielgruppe funktioniert es aber.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Durch die Welt geschubst
Vor dem Krieg und danach: "Julians Bruder" von Klaus Kordon

Jede Jugend ist doch irgendwie schön", sagte Klaus Kordon einmal, die eigene, mit dem frühen Verlust der Eltern und dem Aufwachsen in Kinderheimen nicht eben leichte, durchaus in Erinnerung. Momente später fügte er hinzu: "Fast jede." Die Kindheit von Julian und Paul, den Hauptfiguren seines neuen Romans, ist zwischen Äpfelklau und Schlittenfahrt, Autorennen auf den Rinnsteinen der Berliner Jablonskistraße, Fußball und Kino lange schön, doch sie endet jäh, als die nationalsozialistische Gesinnung, die "braune Kacke", sich schnell in zahlreichen Köpfen ausbreitet.

Was dem folgt, davon hat man, wenn auch in einem Jugendbuch nicht in dieser schmerzenden Plastizität, auch schon an anderer Stelle gelesen: von den Mordkommandos der Wehrmacht, den Todesfabriken der Konzentrationslager, von Hinrichtungsgruben und zerfetzten Körpern, von brutaler Folter und ekelhaftem Leichengeruch, von donnernden Bombenangriffen und tausendfachem Tod. Aber auch von Widerstand, Mut und Menschlichkeit. Kordon, ein im besten Sinne politischer Autor, wird nicht müde, der Geschichte in all ihren Brüchen und Widersprüchen - und wenn es nötig ist, dann auch in ihrer gesamten Widerlichkeit - Geschichten abzuringen, doch immer in der Zuversicht, auch im größten Elend noch das Schöne zu entdecken. Das Zusammenhalten von Paul und Julian und die Liebe Julians zu Pauls Schwester Bille bleiben eine Trutzburg des Überlebens in einem Staat, der genau das auszuhebeln versucht: Freundschaft, Bindungen, Vertrauen.

Wie diese beiden Jungen durch die Welt geschubst werden, jeder Unbekümmertheit und Sorglosigkeit beraubt, schmerzt beim Lesen bis an den Rand des Erträglichen. Schrecklicher als die Wirklichkeit kann die Phantasie nicht sein. Julian, zwar evangelisch getauft, aber aus einer jüdischen Familie, gehört fortan zu den "unerwünschten Personen" - in Geschäften, im Freundeskreis, im eigenen Land. Und auch Pauls Familie bleibt nicht verschont: der Vater, ein Sozialdemokrat, wird nach dem Reichstagsbrand verhaftet. Als er zurückkommt, ist er nicht mehr er selbst. Die Hoffnung, daß der Spuk bald vorüber ist, trügt, Restriktionen, Gewalt und Haß nehmen zu. Menschen werden gedemütigt und tyrannisiert, schließlich abgeholt und kommen nicht mehr wieder. Zu diesen gehören auch Julians Eltern. Ihr Sohn lebt fortan als U-Boot unter falschem Namen, in wechselnden Verstecken, immer in Gefahr.

Mit der deutschen Kapitulation ist auch ein Leben im verborgenen für Julian und den desertierten Paul nicht mehr zwingend. Damit und nach 414 Seiten des Werkes hätte der bis dahin schon wort- und umfangreiche Roman enden können - und er wäre immer noch außergewöhnlich in seiner Art des unsentimentalen, gewissenhaften Berichtens. Doch als sei es mit diesem Stoff für Albträume nicht genug, schließt sich der einen Schreckenszeit eine weitere an. Im Frühjahr 1945 rückt die Rote Armee in Berlin ein. Daß die Befreiung nicht nur in die Freiheit führte, damit füllt Kordon eine Lücke im Themenspektrum rund um das Kriegsgeschehen, längst Mode geworden in der Jugendliteratur.

Denn in Deutschland herrschten mit Kriegsende keineswegs nur Aufbruchstimmung und Aufbauwille, sondern auch Rechtlosigkeit und ein moralisches Vakuum. Plündernd und vergewaltigend zogen die sowjetischen Truppen durch die Stadt. In Kordons Roman werden Paul und Julian willkürlich verhaftet und ins Internierungslager Buchenwald gebracht. Der Schrecken geht weiter. Und wie zum doppelten Hohn prangt über dem Eingang noch die alte KZ-Inschrift: "Jedem das Seine".

Kordon will nicht Unrecht mit Unrecht aufrechnen, nicht in Opfer erster und zweiter Klasse teilen, sucht nicht nach Entschuldigungen oder einer Legitimation für zugefügtes Leid. Sein Nachwort, mit dem er die Zusammenhänge und Folgen einer zunehmenden Verrohung beschreibt, wäre auch gut eine auf die schwere Kost hinführende Einleitung gewesen.

Es muß an der zutiefst lebensbejahender Haltung des Autors liegen, daß Traurigkeit nicht zu Verzweiflung wird und es ihm gelingt, auch in größter Bedrückung noch das kleine Glück durchschimmern zu lassen. Er schafft es sogar, Menschen noch Träume zu geben, denen schon im Kindesalter jede Illusion geraubt wurde. "Für uns junge Leute war das alles nur schwer zu verstehen", erinnert sich Paul. Nachdrücklicher als Klaus Kordon vermag derzeit wohl kein anderer, historisch-dokumentarisch zu erklären und dabei authentische, menschliche Geschichten zu erzählen. Nicht nur den jungen Lesern.

ELENA GEUS

Klaus Kordon: "Julians Bruder". Roman. Mit einem Nachwort des Autors. Verlag Beltz&Gelberg, Weinheim 2004. 628 S., geb., 18,90 [Euro]. Ab 14 J.

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"Kaum einer erzählt Kindern und Jugendlichen deutsche Geschichte so gut wie Klaus Kordon - und Erwachsenen übrigens auch." (Brigitte)
"Die Gefühle und Wahrnehmungen, die Menschen und Situationen so spannend und klar, farbig und ungeschönt in Worte zu fassen, dass man es liest, als wäre man dabei, mit allen Konflikten, unversöhnlichen Gegensätzen, mit Widersprüchen und Brüchen, mit Witz und Tragik - das versteht kein Autor so gut wie Klaus Kordon." (Literaturblatt)