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MARY - das ist große Bühnenshow und Faszination für ein Millionenpublikum. MARY - verrucht, frivol, schrill. MARY - zärtlich, nachdenklich, humor- und gefühlvoll. Die Traumfrau. MARY - das ist Georg Preuße. Was im Rückblick wie ein unaufhaltsamer Aufstieg aussieht, ist ein Leben mit Höhen und Tiefen, gegen Widerstände in der Familie und das "Schmuddel-Image" der Travestie, es sind Jahre intensiver, harter Arbeit, und es ist die Positionierung der eigenen Persönlichkeit nicht nur auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sondern in der Welt selbst. Silvia Schubert hat die Stationen…mehr

Produktbeschreibung
MARY - das ist große Bühnenshow und Faszination für ein Millionenpublikum. MARY - verrucht, frivol, schrill. MARY - zärtlich, nachdenklich, humor- und gefühlvoll. Die Traumfrau. MARY - das ist Georg Preuße. Was im Rückblick wie ein unaufhaltsamer Aufstieg aussieht, ist ein Leben mit Höhen und Tiefen, gegen Widerstände in der Familie und das "Schmuddel-Image" der Travestie, es sind Jahre intensiver, harter Arbeit, und es ist die Positionierung der eigenen Persönlichkeit nicht nur auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sondern in der Welt selbst. Silvia Schubert hat die Stationen nachgezeichnet und den Künstler zu aufschlußreichen Selbstaussagen bewegt, in denen er Auskunft über die "Lust an der Verwandlung" und über MARY gibt, deren "Marionettenfäden" er führt. Auch den Schauspieler Preuße mit seinen eigenwilligen Interpretationen bedeutender Rollen lernt man kennen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.07.2001

Mary wie Gustav mit F.
Charakterfach und Konfitüre: Der Maskenträger Georg Preuße

Die Krone, die er Ende der achtziger Jahre empfing, wog schwerer als die mindestens dreier Miß Universums. Und das nicht etwa, weil sie die Stadtkrone Lübecks ist, mit der die Banderolen auf Bad Schwartauer Konfitüren werben: Georg Preuße, alias Mary, erreichte mit der Werbung für supersüße Marmeladen den Königinnengrat der Popularität. Denn wer als Mann, der Frauen imitiert, Heim und Herd und Frühstückstisch erobert, kann höher nicht steigen. Ausgezogen einst, "die Spießer das Fürchten zu lehren", braucht Mary niemanden mehr zu fürchten - nur die Liebe der Millionen Haushalte. Denn wer so dazugehört wie das Marmeladenglas zum Frühstück, der unterliegt einem strengen Reglement: einmal Exot, immer Exot. Dem bunten Vogel Mary ist ein Platz in der Frühstücksecke so sicher wie dem Charakterdarsteller Georg Preuße das Ettikett "Travestiestar auf Abwegen".

Die Enge jenes goldenen Käfigs, die Lust und Last einer öffentlichen Doppelexistenz, die um jeden Preis und ewig darum kämpfen muß, angelacht statt ausgelacht zu werden, bildet den bitteren Bodensatz der champagnerquirligen Collage, die die Journalistin Silvia Schubert aus Gesprächen und Texten Georg Preußes sowie eigenen Kommentaren zu einer Biographie des Travestiestars zusammengestellt hat.

Marys Aufstieg zur Marmeladenkönigin kommt nicht von ungefähr. Georg Preuße hat gerackert, hat sich in kleinen Travestiebars den spitzen Zungen potentieller Konkurrenten und in Bierzelten dem Gejohle gestandener Bierbäuche ausgesetzt, hat keine Zote aus- und keine abfällige Bemerkung unerwidert gelassen. Und hat auch kein Idol, und sei es noch so abgenutzt, des Genres ausgespart: Fotos zeigen ihn als paillettenstarrendes Faksimile der Marlene Dietrich, Zarah Leander, Marylin Monroe, als Cher und Josephine Baker, Domina, Diva, Krankenschwester, Nonne und Gör. Alles hat er geschmettert, was in diesem Metier geschmettert werden muß, von "Ich steh' im Regen" über "My way" bis zu "I am what I am", das Lied aus "La cage aux folles", das diejenigen am lautesten mitsingen, die am nächsten Morgen in Jackett und Krawatte bestens funktionierend hinter irgendeinem Schreibtisch in irgendeinem Käfig der Normaliät sitzen.

Zynisch ist Georg Preuße darüber offenkundig nicht geworden, nur abgebrüht und professionell. Das befähigte ihn auch, weiterzumachen, als sein Partner Gordy, mit dem er sich zu Deutschlands populärstem Travestieduo hochgearbeitet hatte, wegen gesundheitlicher Probleme aufgab. Die Gunst der Stunde wollte es, daß sich Deutschlands "beliebteste Fernsehquasselstrippe", die auf ihre Art geniale Komikerin Gisela Schlüter, Anfang der achtziger Jahre zurückzog. Als Travestiestar für den Hausgebrauch, mondän mit einem gehörigen Hauch Hausfrau, sprang Mary, anfangs noch mit Gordy, in die Bresche. Bei Silvia Schubert sind viele der Texte nachzulesen, die fortan in Fernsehshows zwischen Kalau und Sauna, Kabarett und Cabaret alle Geschlechterrollen und -spleens samt Themen der Regenbogenpresse und der Politmagazine in die Mangel nahmen.

Mit den Jahren nutzte Georg Preuße den Bonus der Popularität für den sachten Wechsel ins Charakterfach. Einstieg war der Conférencier im Musical "Cabaret". Wer den androgynen Verführer erwartete, dem Joel Grey in Bob Fosses Verfilmung so faszinierende Gestalt gab, wurde enttäuscht: Georg Preuße spielte, schonungslos bis an die Ekelgrenze des Publikums, jenen aus Zyniismus und Angst gemischten Kriecher, jenen von den Granaten des Ersten Weltkriegs um seine Traumkarriere als klassischer Ballettänzer gebrachten alternden Schwulen, den Cristopher Isherwood in seinem "Good bye Berlin" als Gossenpropheten beschreibt, der die Nazis wechselnd verspottet und anwinselt, weil er weiß, daß sie ihn vernichten werden. Wenn er sein "leben und leben lassen" krähte wie Hitler, schauderte einen.

Viele Gejagte - der Band zeigt sie in Fotos, Kritiken und Zitaten - hat er seither gespielt, in Dürrenmatts "Achterloo", im Berliner "Jedermann", am riskantesten in Volker Kühns "G wie Gustav. Mit F." zum hundertsten Geburtstag von Gustaf Gründgens. Da sprach er dessen autobiographische Zeilen: "Ich tret' aus meinem Traum heraus. Ich seh' mir selber ins Gesicht und merke, ich gefall mir nicht." Der, der sein Anderssein aller Öffentlichkeit darbietet, spielte den, der es zeitlebens verbarg. Maskenträger sie beide und von der gleichen lebenslangen Furcht geplagt: "Bitte laß es gut gehn", getarnt als Chanson über das Lampenfieber, nachzulesen in der Biographie, die auch deshalb im Untertitel "Die zweite Haut des Georg Preuße" heißt. Denn zweite Häute werden fast unausweichlich zu Markte getragen.

DIETER BARTETZKO

Silvia Schubert: "Beruf: Mary". Die zweite Haut des Georg Preuße. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2001. 192 S., Abb., geb., 44,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine "champagnerquirlige Collage" lobt Dieter Bartetzko, ist die Sammlung aus Interviews und eigenen Texten Georg Preußes, die die Journalistin Silvia Schubert durch eigene Kommentare zu einer Biografie des Travestiestars ergänzt habe. Deren Leitmotiv bilde die Enge und Last der Doppelexistenz als öffentliche Person, die Preuße infolge seiner Popularität zu bewältigen hatte. Der Band, so Bartetzko dekliniert in Fotos, Kritiken und Zitaten Preußes diverse Show- und Glitzerrollen von Monroe bis Marlene. Er zeige Preuße nach dessen Wechsel ins seriöse Fach, aber auch in den Rollen der vielen "Gejagten", die er seither spielte: In Dürrenmatts "Achterloo", im Berliner "Jedermann" und in Volker Kühns Gründgens-Stück "G wie Gustaf. Mit F.", der "riskantesten" Rolle des Künstlers, so Bartetzko.

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