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Arno Lustiger - renommierter Historiker und Publizist - kehrt an die Orte seines Lebens zurück und erinnert sich an seine Kindheit in Bedzin, an die Schrecken der Konzentrationslager, die Leiden der Todesmärsche, den schwierigen Neuanfang im Land der Täter sowie an die Weggefährten und die Leitsterne seines Lebens.
In Reflexionen und Exkursen weitet sich das Selbstportrait zu einer poinitierten Darstellung der jüdischen Geschichte im 20.Jahrhundert.

Produktbeschreibung
Arno Lustiger - renommierter Historiker und Publizist - kehrt an die Orte seines Lebens zurück und erinnert sich an seine Kindheit in Bedzin, an die Schrecken der Konzentrationslager, die Leiden der Todesmärsche, den schwierigen Neuanfang im Land der Täter sowie an die Weggefährten und die Leitsterne seines Lebens.

In Reflexionen und Exkursen weitet sich das Selbstportrait zu einer poinitierten Darstellung der jüdischen Geschichte im 20.Jahrhundert.
Autorenporträt
Arno Lustiger, geboren 1924 in Bedzin, Polen. Unter nationalsozialistischer Herrschaft überlebte er mehrere Konzentrationslager und Todesmärsche. Er war Mitbegründer der jüdischen Gemeinde in Frankfurt und Ehrenvorsitzender der Zionistischen Organisation in Deutschland. Arno Lustiger lebte in Frankfurt, er bewegte sich sicher in acht Sprachen und arbeitete und veröffentlichte in vielen Ländern der Welt. Er verstarb im Jahr 2012.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2004

Bewegendes und Bewegtes
Das Leben von Arno Lustiger und seiner Familie

Arno Lustiger: Sing mit Schmerz und Zorn. Ein Leben für den Widerstand. Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 303 Seiten, 22,50 [Euro].

"Wir sind eine rebellische Familie. Unsere Cousins Arlette und Jean-Marie haben sich taufen lassen. Mein Vater zerriß den Vorhang des Vergessens über den jüdischen Widerstand, und ich male nackte Weiber." Mit diesen knappen, aber treffenden Sätzen charakterisierte einst Rina Lustiger ihre Familie in einem vom WDR produzierten Fernsehfilm "Einfach nur Lustiger sein". Jean-Marie Lustiger ist inzwischen zum Erzbischof mit Kardinalsrang in Paris avanciert, zur weltweit ersten Eminenz jüdischer Herkunft. Arno Lustiger, Rinas Vater, ist mit dem Buch "Zum Kampf auf Leben und Tod. Vom Widerstand der Juden 1933-1945" als Publizist hervorgetreten. Darin hat er die weitverbreitete Auffassung von der Passivität der jüdischen Opfer entschieden revidiert.

Im ersten Kapitel seiner Erinnerungen erzählt Arno Lustiger seine Herkunft und Jugendjahre, die zwischen "Finsternis und Leitsternen" oszillierten. Lustiger wurde am 7. Mai 1924 in Bedzin (Westpolen) geboren. Die Kreisstadt Bedzin mit ihren 40 000 Einwohnern war vor dem Zweiten Weltkrieg kulturelles und wirtschaftliches Zentrum der Juden in Westpolen. Dort lebten etwa 23 000 Juden, unter ihnen vor allem Handwerker, Kaufleute und Arbeiter. Lustigers Großvater war Obermeister der jüdischen Bäckerzunft, sein Vater Stadtrat im Magistrat. Die Religion spielte in seiner Familie keine besondere Rolle, dennoch hielt man sich an die Traditionen und beging die jüdischen Festtage. Die Eltern sprachen jiddisch und mit den Kindern polnisch. Vom Antisemitismus spürten sie zunächst wenig, da die Juden in der Stadt die Mehrheit bildeten. Das änderte sich Anfang der dreißiger Jahre, als den jüdischen Kaufleuten und Handwerkern sehr hohe Steuern auferlegt wurden, mit deren Hilfe der polnische Staat sie aus dem Land vertreiben wollte. Diese "gnadenlosen Schätzungen" sollen Tausende Juden zur Auswanderung nach Palästina veranlaßt haben. Lustiger besuchte das jüdische Fürstenberg-Gymnasium, eine säkulare Gemeinschaftsschule, und gehörte zeitweise einer zionistischen Jugendorganisation an.

Der Einmarsch deutscher Truppen und die Besetzung Polens bereiteten jedoch seinen Träumen von einer akademischen Karriere und einem Leben in Palästina ein jähes Ende. Der folgende Leidensweg führte über verschiedene Zwangsarbeitslager ins Konzentrationslager Auschwitz-Blechhammer und von dort zu den Todesmärschen nach Groß-Rosen und Buchenwald. Vor der "Vernichtung durch Arbeit" im Lager Langenstein (Südharz) befreiten ihn amerikanische Truppen. Als Dolmetscher und Kurier bei den amerikanischen Streitkräften gelangte er nach Zeilsheim bei Frankfurt am Main, wo er in einem Lager für displaced persons eine vorübergehende Bleibe fand - zusammen mit den wenigen Überlebenden seiner Familie. Nach Bedzin zurückkehren wollte Arno Lustiger nicht, weil "man mit einem jüdischen Namen im kommunistischen Polen nichts werden" konnte.

Die geplante Auswanderung in die Vereinigten Staaten scheiterte am Widerstand der amerikanischen Gesundheitsbehörde, die seiner herzkranken Mutter die Einreise verweigerte. Arno Lustiger blieb in Frankfurt, obwohl Juden im damaligen Deutschland die "Parias der jüdischen Welt" waren. Bewegende Eindrücke hinterlassen Lustigers Erfahrungsberichte über Begegnungen mit vielen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, unter anderen mit dem Violinvirtuosen Yehudi Menuhin, der 1945 Konzerte für die Überlebenden der Konzentrationslager gab, und John J. McCloy, dem amerikanischen Militärgouverneur und Hohen Kommissar für Deutschland.

Erhellend ist das Kapitel über Lustigers Cousin Aron: Aron Lustiger wurde 1926 in Paris geboren und 1936 als Austauschschüler nach Heidelberg geschickt, wo er seine Deutschkenntnisse aufbessern sollte. "Seine Gastgeber waren äußerst freundliche Christen, die die Nazis haßten." Nach seiner Rückkehr in ein französisches Internat wollte Aron Christ werden; 1940 wurde er als Jean-Marie in der Kathedrale von Orléans getauft. Die Befreiung von deutscher Besatzung erlebte er in Toulouse, wo er mit Hilfe christlicher Widerstandskämpfer Zuflucht bei den Jesuiten gefunden hatte. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie sowie dem Militärdienst, den er als Hauptmann der französischen Besatzungsmacht in Deutschland absolvierte, wurde Jean-Marie Lustiger 1954 zum Priester geweiht. "Er ist Jude wie Jesus Christus, Pole wie unser Papst und Franzose wie wir alle", notierte die Zeitung "La Croix" 1979 nach seiner Weihe zum Bischof von Orléans.

Historische Exkurse zum Antisemitismus in Europa sowie kritische Reflexionen über Sozialismus und Zionismus verdichten Lustigers Erinnerungen zu einer pointierten Darstellung der jüdischen Geschichte im 20. Jahrhundert.

HANS-JÜRGEN DÖSCHER

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein Leben für den Widerstand als "pointierte Darstellung der jüdischen Geschichte im 20. Jahrhundert" würdigt Hans-Jürgen Döscher diese Erinnerungen von Arno Lustiger. Er berichtet aus dem bewegten Leben des 1924 in Westpolen geborenen Juden, seinen Leidensweg über verschiedene Zwangsarbeitslager ins Konzentrationslager Auschwitz-Blechhammer, die Rettung durch die amerikanischen Truppen, sein Leben in Frankfurt. Vor allem Lustigers Erfahrungsberichte über Begegnungen mit vielen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, unter anderen mit dem Violinvirtuosen Yehudi Menuhin, der 1945 Konzerte für die Überlebenden der Konzentrationslager gab, und John J. McCloy, dem amerikanischen Militärgouverneur und Hohen Kommissar für Deutschland, haben beim Rezensenten "bewegende Eindrücke" hinterlassen. "Erhellend" findet er zudem das Kapitel über Lustigers Cousin, der im Krieg mit Hilfe christlicher Widerstandskämpfer Zuflucht bei den Jesuiten gefunden hatte und nach dem Studium der Philosophie und Theologie sowie dem Militärdienst 1954 zum Priester und 1979 zum Bischof von Orleans geweiht wurde. Historische Exkurse zum Antisemitismus in Europa sowie kritische Reflexionen über Sozialismus und Zionismus ergänzen laut Döscher die persönlichen Erinnerungen.

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