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Gegenstand des Buches ist die soziale Marktwirtschaft unter dem Blickwinkel ihrer wissenschaftlich-theoretischen wie auch der politisch-praktischen Genesis. Diese Fragestellung eröffnet Möglichkeiten zum geistigen Umgang mit dem Konzept und den in ihm verankerten gesellschaftlichen Werten. Ausgangspunkt ist ein Verständnis der sozialen Marktwirtschaft, wie es im wesentlichen durch die Arbeiten von Alfred Müller-Armack geprägt wurde. Die Wahl des Referenzpunktes fokussiert den Sinn der sozialen Marktwirtschaft auf das spannungsreiche Verhältnis zwischen der Freiheit und des Marktes auf der einen und sozialer Gerechtigkeit auf der anderen Seite.…mehr

Produktbeschreibung
Gegenstand des Buches ist die soziale Marktwirtschaft unter dem Blickwinkel ihrer wissenschaftlich-theoretischen wie auch der politisch-praktischen Genesis. Diese Fragestellung eröffnet Möglichkeiten zum geistigen Umgang mit dem Konzept und den in ihm verankerten gesellschaftlichen Werten. Ausgangspunkt ist ein Verständnis der sozialen Marktwirtschaft, wie es im wesentlichen durch die Arbeiten von Alfred Müller-Armack geprägt wurde. Die Wahl des Referenzpunktes fokussiert den Sinn der sozialen Marktwirtschaft auf das spannungsreiche Verhältnis zwischen der Freiheit und des Marktes auf der einen und sozialer Gerechtigkeit auf der anderen Seite.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2001

Die heikle Balance zwischen dem Sozialen und dem Markt
Soziale Marktwirtschaft - Friedrun Quaas ringt um den Gehalt von Alfred Müller-Armacks "friedensstiftendem" Konzept

Friedrun Quaas: Soziale Marktwirtschaft. Wirklichkeit und Verfremdung eines Konzepts. Verlag Paul Haupt, Bern 2000, 484 Seiten, 49 DM.

Es gibt nur wenige Begriffe, die ihre Popularität mit einem solchen Verlust an Präzision bezahlt haben wie die "Soziale Marktwirtschaft". Daß es der so benannte Ordnungsrahmen ist, dem Deutschland nach dem Krieg das "Wirtschaftswunder" verdankte, darf noch zum Allgemeinwissen gerechnet werden, nicht aber die Vertrautheit mit Namen wie Alfred Müller-Armack, Ludwig Erhard und Walter Eucken. Nur wenige Bürger dürften eine klare Vorstellung haben, ob das System, das heute das Wirtschaften in Deutschland regiert, noch unter dasselbe Rubrum fällt. Allerdings sind jetzt Rufe nach einer Wiederbelebung oder gar Fortentwicklung zur "Neuen Sozialen Marktwirtschaft" zu vernehmen. Nur gehen die Forderungen in gegensätzliche Richtungen: Die einen halten den Markt für unterminiert, die anderen das Soziale für verkümmert.

Das ist die Crux an einem Konzept, das sich sein Namensgeber Müller-Armack - der am 28. Juni hundert Jahre alt würde - als friedensstiftende, "irenische" Formel vorstellte, "die versucht, die Ideale der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Wachstums in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen". Auf die Spur der tieferen Bedeutung dieser Worte begibt sich Friedrun Quaas, die in der DDR Mathematik und politische Ökonomie studiert sowie nach der Wende die Lehrbefugnis für Volkswirtschaftslehre erworben hat.

Der knappe Titel ihres Buches "Soziale Marktwirtschaft" könnte über den kämpferisch-aufklärerischen Ansatz hinwegtäuschen, wäre da nicht die Ergänzung im Untertitel: "Wirklichkeit und Verfremdung eines Konzepts". Nach Ansicht der Autorin "überwiegt die Tendenz, die Soziale Marktwirtschaft in einem derartigen Maße liberal-marktwirtschaftlich zu interpretieren, wie es das Konzept kaum hergibt". Eine Begleiterscheinung dessen sei, daß der Begriff des Sozialen, an sich positiv besetzt, einen "pejorativen Beigeschmack" bekomme.

Damit ist die Richtung vorgegeben. Die Autorin weigert sich - dogmengeschichtlich korrekt -, den konzeptionellen Mantel der Sozialen Marktwirtschaft in gängiger Praxis über die vielen, zumindest in wesentlichen Punkten ähnlichen Entwürfe zu decken, die in den vierziger und fünfziger Jahren kursierten. Sie fühlt sich allein Müller-Armack sowie dessen religions- und kultursoziologischem Ansatz verpflichtet. In einiger Härte und - durchaus lehrreicher - Ausführlichkeit rechnet sie nicht nur mit dem gängigen Vorwurf ab, die Soziale Marktwirtschaft entbehre einer seriösen theoretischen Fundierung, sondern verwahrt sich auch gegen Versuche, allzu vereinnahmende Brücken zu verwandten Denkschulen (etwa zum Ordo- oder Neoliberalismus) zu schlagen.

In diesem Zusammenhang ist das Kapitel interessant, in dem Friedrun Quaas das Verhältnis zwischen Ordoliberalismus und Sozialer Marktwirtschaft im Lichte der jeweiligen Einstellungen zur Konjunktur- und Sozialpolitik betrachtet. Es paßt zur Diagnose eines im Vergleich zur Sozialen Marktwirtschaft stärker liberalen und schwächer sozialen Impetus der Ordoliberalen, wenn sie konstatiert, daß letztere der Wettbewerbspolitik den Vorrang einräumten, jeder Konjunkturpolitik indes seit jeher "brüsk und ablehnend" gegenüberstünden.

Kaum milder fällt das Urteil über die Einstellung der Ordoliberalen zur Sozialpolitik aus: "Halbherzig" sei sie. Eucken habe "ein ganzes Buch, nämlich seine ,Grundsätze der Wirtschaftspolitik', verfaßt", um nachzuweisen, daß die beste Wirtschaftspolitik zugleich die beste Sozialpolitik darstelle. Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft hingegen schließe eine Sozialethik mit ein, die klarmache, "daß das Prinzip der Marktkonformität nicht das einzige, auch nicht das dominante Prinzip der Sozialpolitik darstellen kann. Neben der Tauschgerechtigkeit des Marktes gehört die austeilende Gerechtigkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu den gleichberechtigten Grundnormen."

Auch nachträgliche Vereinnahmungen der Sozialen Marktwirtschaft durch pragmatische Politikansätze (zum Beispiel jenen Ludwig Erhards) bemüht sich die Autorin zu unterbinden. An den Schriften des Geschäftsführers der Erhard-Stiftung, Horst Friedrich Wünsche, der für Erhards nicht nur politische, sondern auch theoretische Leistungen wirbt, läßt sie in einiger Häme kaum ein gutes Haar - zumal Wünsche einmal zu Papier gebracht hat: "Wer sich mit Sozialer Marktwirtschaft befassen möchte, ist . . . mit den wohlfeilen und zahlreichen Schriften von Müller-Armack nicht besonders gut bedient."

Abgesehen von solch unerquicklichen exegetischen Insider-Gefechten, widmet sich die Autorin einer ausführlichen Wirtschaftstheorie und Ethik kombinierenden dogmengeschichtlichen Analyse und Abgrenzung des bekannten Konzepts. Dabei ist schon die Erklärung, warum der Markt und das Soziale weder einen fundamentalen Gegensatz bilden noch untereinander subsumiert werden müssen, alles andere als trivial. Wie Friedrun Quaas schreibt, "geht es eben nicht entweder um ein bißchen mehr Marktfreiheit oder ein bißchen mehr soziale Gerechtigkeit". Mit dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft im Müller-Armackschen Sinne sei vielmehr eine "von Dialektik getragene Stilidee" angesprochen, die beide Seiten "auch in ihrem Widerspruch miteinander verklammert". Diesen Widerspruch auszuhalten und nicht eine Seite zu Lasten der anderen zum Extrem zu treiben stelle die Daueraufgabe einer als sozial begriffenen Marktwirtschaft dar.

Das Problem einer solchen Definition der Sozialen Marktwirtschaft als "offene Stilidee" war, ist und bleibt ihre Unbestimmtheit - und damit die fehlende Meßlatte für die Politik. Auch Friedrun Quaas gelingt es nicht, über die Feststellung eines interpretatorischen "Dauerauftrags" hinauszugelangen, der irgendwo in folgendem Spannungsfeld angesiedelt ist: "Eine wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die marktwirtschaftlich ausgerichtet ist, kann die Differenzen im Lebensniveau gemäß der sozialen Schichtung vom Prinzip her nicht auflösen, weil ihr mit dem Verlust der Tauschgerechtigkeit tatsächlich ein Grundpfeiler entrissen würde. Eine sozial ausgerichtete Marktwirtschaft kann allerdings dafür sorgen, daß im Hinblick auf alle Mitglieder der Gesellschaft die Würde der Person in dem Maße geachtet wird, wie ergänzend eine über die Tausch- und Leistungsgerechtigkeit hinausgehende Form des sozialen Ausgleichens nicht nur als notwendiges Übel, sondern bewußtes, gleichberechtigtes Gestaltungsmoment der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik begriffen wird."

Wenn Friedrun Quaas sämtliche "Versuche einer Beliebigkeit in der Inanspruchnahme und Ausdeutung der Sozialen Marktwirtschaft aufzeigen und ihnen entgegenwirken" will, um "solidere Grundlagen für die Akzeptanz dieser Wirtschaftsordnung" zu schaffen, so ehrt sie das. Der hohe wissenschaftliche Anspruch, mit dem sie dies in Angriff nimmt, macht das Buch für Laien - deren Verständnis erst die gewünschte Breitenwirkung brächte - freilich ungeeignet. Und in Fachkreisen wird sich die Autorin trotz ihrer fundierten Kenntnisse und vielfach berechtigten Kritik mit ihren zahlreichen Breitseiten und manch höchst eigenwilliger Interpretation - zum Beispiel der Bedeutung des Wortes "sozial" oder der angeblichen Unvereinbarkeit der Sozialen Marktwirtschaft mit dem Utilitarismus - nicht nur Freunde machen.

KAREN HORN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Begriff Soziale Marktwirtschaft ist mit allerlei Inhalten aufgeladen worden, die mit der ursprünglichen Idee oft wenig im Einklang stehen, erzählt Karen Horn. Da ist es schon lesenswert und aufschlussreich, mehr darüber zu erfahren. Die Volkswirtschaftlerin Friedrun Quaas hat es sich zu Aufgabe gemacht, meint die Rezensentin, über den oft falsch gebrauchten Begriff aufzuklären. So liberal-marktwirtschaftlich, wie viele die soziale Marktwirtschaft heute gerne hätten, war sie von Alfred Müller-Armack jedenfalls nicht gedacht, hat Horn hier erfahren. Obwohl sie die präzise Darstellung der Autorin lobt, findet sie die "exegetischen Insidergefechte" etwas unerquicklich. Der wissenschaftliche Anspruch von Quaas sei hoch, aber zu hoch für Laien, vermutet die Rezensentin. Und in Fachkreisen - auch hier munkelt Horn - werde die Autorin trotz ihrer unbestritten sehr umfangreichen Kenntnisse wegen ihrer manchmal eigenwilligen Interpretation sicher auf Kritik stoßen.

© Perlentaucher Medien GmbH