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»Meine drei Leben«, so lautete Stefan Zweigs Arbeitstitel für sein großes Buch »Die Welt von Gestern«. Die Lehr- und Wanderjahre bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, die Erfolgsjahre des »Schriftstellerbetriebes« Stefan Zweig in Salzburg, schließlich die Exiljahre in Großbritannien, den USA und Brasilien sie bilden die drei großen Blöcke in Stefan Zweigs Biographie.Oliver Matuschek kann sich für seine Lebensbeschreibung auf eine Fülle neu zugänglicher Quellen, Forschungsergebnisse und bisher unbekannten Materials stützen. Er erzählt fesselnd das ausgefüllte Leben eines vom Erfolg verwöhnten…mehr

Produktbeschreibung
»Meine drei Leben«, so lautete Stefan Zweigs Arbeitstitel für sein großes Buch »Die Welt von Gestern«. Die Lehr- und Wanderjahre bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, die Erfolgsjahre des »Schriftstellerbetriebes« Stefan Zweig in Salzburg, schließlich die Exiljahre in Großbritannien, den USA und Brasilien sie bilden die drei großen Blöcke in Stefan Zweigs Biographie.Oliver Matuschek kann sich für seine Lebensbeschreibung auf eine Fülle neu zugänglicher Quellen, Forschungsergebnisse und bisher unbekannten Materials stützen. Er erzählt fesselnd das ausgefüllte Leben eines vom Erfolg verwöhnten Schriftstellers, das durch die Zeitläufe bedingt eine Wendung nimmt und tragisch im gemeinsamen Freitod mit seiner zweiten Frau Lotte in einer brasilianischen Kleinstadt endet. Überdies widmet sich Matuschek allgemeinen Fragen wie Stefan Zweigs Reisen, der Herangehensweise an die Stoffe seines Werks und dem Verhältnis Zweigs zu seinen Kollegen und Verlegern.
Autorenporträt
Oliver Matuschek, geboren 1971, studierte Politologie und Neuere Geschichte. Er ist Mitautor mehrerer Dokumentarfilme zu historischen und politischen Themen. Von 2000 bis 2004 Mitarbeiter des Anton-Ulrich-Museums in Braunschweig; Forschungsaufenthalte u.a. in den USA, in Israel, Großbritannien, Österreich und in der Schweiz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2006

Sternstunden der Menschlichkeit

Am 28. November wurde vor 125 Jahren Stefan Zweig in Wien geboren. Er ist bis heute einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren in der ganzen Welt geblieben. Von der Wissenschaft verachtet, von den Lesern geliebt. Eine Auswahl seiner schönsten Bücher

Die Welt von Gestern.

Es heißt ja immer: Die erste Liebe vergißt man nicht. Im Falle von Stefan Zweig stimmt das unbedingt. Ich war fünfzehn, mit meinen Eltern auf Cluburlaub in Tunesien und hatte meiner Erinnerung nach jenseits von "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" noch kein einziges ernstzunehmendes Buch gelesen. Weil ich der einzige in meinem Alter war, sportliche Aktivitäten wegen der Hitze und Schwimmen wegen der Quallenplage keine Optionen waren und mein erster Versuch mit Windsurfing damit endete, daß mich ein Boot bei ablandigem Wind zwei Kilometer vor der Küste einsammeln mußte, blieb als einziger Zeitvertreib nur die Lektüre unterm Sonnenschirm. Weil alles andere bald ausgelesen und sonst nicht vorgesorgt war, blieben nur die Erwachsenenbücher, darunter Stefan Zweigs "Welt von Gestern", nicht gerade eine Verlockung nach der sturzlangweiligen Lektüre der "Sternstunden der Menschheit" in der Schule. Aber alles war besser als ein weiterer Versuch mit Windsurfing. Ich las also in dem Fischer-Taschenbuch - und eine Tür ging auf, die einen Blick auf eine Welt gestattete, die nicht meine war, in der ich aber fortan zu Hause sein wollte: das Wien der Jahrhundertwende, das Paris des Exils, die Welt von gestern eben. Es war der Moment, in dem Wort und Schrift und Sprache auf einmal alles boten, was dieser Urlaub nicht war: Heimat, Lust und unendliche Sehnsucht. Und über all das legte sich noch Zweigs Abschiedsbrief, der auf dem Umschlag abgedruckt war und in dem er selbst dem Freitod jene schmerzliche Schönheit abgerungen hat, die sich dann auch in all seinen anderen Büchern fand: "Ich grüße alle meine Freunde!" schreibt er da: "Mögen sie die Morgenröte noch erleben! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus." Über diesen Satz könnte ich heute noch in Tränen ausbrechen. Das ist fast so etwas wie das traurigste Gedicht in deutscher Sprache.

Michael Althen.

Balzac - Eine Biographie.

Natürlich wollte ich damals, ich war zwanzig oder einundzwanzig, unbedingt Balzac nacheifern, dem ganz frühen, dem Balzac, der, so verstand ich jedenfalls Stefan Zweigs Biographie, noch gar nicht richtig Balzac geworden war, dem geld- und lebensgierigen Balzac, der eine Roman-Manufaktur betrieb und alles schrieb, wofür er Geld bekam, vor allem aber Romane, billige, schmutzige, kolportagige Romane, absolut wertlosen Schund - und daß es den Biographen grauste; daß Zweig befand, Spuren dieses Schmutzes seien an Balzacs Stil immer klebengeblieben: Das machte den Pulp-Autor Balzac nur noch interessanter.

Ich habe dann doch brav weiterstudiert und brav Zweigs Buch weitergelesen; es war ein Mißverständnis und ein Werk der Liebe zugleich, und ich liebte sogar Zweigs Mißverständnisse, sein Schöpfer- und Geniepathos, sein Lob des Willensmenschen und Phantasten und sein Desinteresse daran, wie gut und genau und lebensnah Balzac seine Menschen aus deren materiellen Bedingungen heraus erklärt. Zweig liebte Balzac, und dafür liebte ich, weil ich Balzac liebte, auch Stefan Zweig, und weil er, als er sich daranmachte, das Werk, das ihn zehn Jahre beschäftigt hatte, endlich abzuschließen, in Brasilien war, weit weg von seinen Quellen, liest sich das Buch immer wieder so, als habe Zweig in Balzacs Werk nach jenen Passagen gesucht, in welchen er autobiographische Spurenelemente vermutete, und dann diese Texte mit seinem Text überschrieben. Was dann doch wieder eine sehr moderne Art des Lesens und des Schreibens ist und diesem Text seinen ungeheuren Reiz verleiht: Wo, wenn nicht in Balzacs Sätzen, stünde denn die Wahrheit über Balzac?

Claudius Seidl.

Sternstunden der Menschheit.

Ein fester Glauben an die menschliche Schaffenskraft spricht aus den "zwölf historischen Miniaturen", eine Hoffnung auf Rettung, die, wenn schon nicht durch die Entwicklung der menschlichen Vernunft, doch wenigstens durch ein paar lichte Momente möglich ist. So fragwürdig die Geschichtsphilosophie ist, auf der dieses Vertrauen basiert, so stark ist der literarische Sog, der dadurch entsteht.

Man würde die Schilderungen jener "heroischen Augenblicke" heute wohl am ehesten als Doku-fiction bezeichnen; und wenn Zweig im Vorwort die "seelische Wahrheit der äußeren" und "inneren Geschehnisse" beteuert und die Geschichte selbst als vollendete Dramatikerin stilisiert, dann ist das natürlich schon der Anfang der Fiktion: Es ist der Erzähler, der hier spricht, nicht der Autor. Es spielt ja auch gar keine Rolle, was wirklich passiert ist: ob das erste Transatlantikkabel tatsächlich allein der Entschlossenheit von Cyrus W. Field zu verdanken ist; ob Goethes Gemütszustand beim Verfassen der Marienbader Elegie annähernd dem beschriebenen Seelenschmerz entsprach; ob die byzantinischen Mauern den Türken standgehalten hätten, wenn nicht durch ein "unbegreifliches Versehen" eine Tür in der Stadtmauer offengeblieben wäre.

Wahrheit ist kein Kriterium für literarische Qualität, und deshalb ist Stefan Zweig, trotz seines Hangs zur Melodramatik, weniger der Guido Knopp seiner Zeit, sondern ein früher Vertreter des Gonzo-Journalismus. Seine Dichtung ist Verdichtung.

Harald Staun.

Ungeduld des Herzens.

Ach ja, natürlich kann man gegen den Roman, Zweigs einzigen, jede Menge einwenden: seine enorme Verquatschtheit, seine Vorhersehbarkeit, sein latenter Kitsch - und wie gern möchte man den alten, eigentlich gar nicht so alten, aber dann eben doch in seiner Hingabe an das kränkliche Kind geradezu greisenhaften Landadligen Kekesfalva einmal schütteln, damit er sich von der Fixierung löst.

All dies vorausgeschickt, wird man "Ungeduld des Herzens", erstmals (in wunderlichem Gleichklang mit der ebenfalls unmittelbar vor einem Weltkrieg einsetzenden Handlung) 1939 erschienen, außerordentlich schätzen, wenn man sich auf das Dreieck Hofmiller-Edith-Ilona einläßt: Hofmiller, ein junger Offizier, gerät zufällig auf eine Abendgesellschaft des Magnaten Kekesfalva und flirtet mit dessen schöner Nichte Ilona. Als er die Haustochter Edith zum Tanz auffordert, weil er von ihrer Lähmung nichts weiß, kränkt er sie bitterlich, fühlt sich genötigt, die Sache wiedergutzumachen, und findet sich schließlich als ihren Verlobten wieder. Es kommt zum Eklat, Edith bringt sich um, Ilona verheiratet sich sonstwohin, und Hofmiller, dieser ausgesprochen mickrige Ich-Erzähler, überlebt den Krieg sehr zum eigenen Erstaunen.

Wer aber die zarte und dabei so herrische Edith in ihrer Ungeduld und Schroffheit erlebt hat, der wird sie in vielen Menschen in derselben Lage wiederfinden. Und so ist dieses unangenehm parfümierte Buch auf eine fast unglaubliche Weise wahr.

Tilman Spreckelsen.

Das Stefan-Zweig-Buch.

"Das Buch als Eingang zur Welt", so heißt ein Aufsatz, in dem Stefan Zweig eine Begegnung mit einem Analphabeten schildert. Die Geschichte spielt, wie so oft bei Zweig, auf einem Schiff. Ein Unterkellner hatte den berühmten Autor gebeten, ihm einen Brief vorzulesen. Zweig versteht zunächst nicht, doch dann versteht er - und kann es nicht fassen. Seite für Seite malt er sich nun aus, was das für ein Leben sein muß - ohne Lesen, ohne Bücher. Erinnert sich an ungezählte "Liebesnächte mit Büchern" und an "die Weltluft", die aus der Literatur zu uns hinüberweht. Und endet: "Je inniger man mit Büchern lebt, desto tiefer erlebt man die Gesamtheit des Lebens, denn wunderbar vervielfacht, nicht nur mit dem eigenen Auge, sondern mit dem Seelenblick Unzähliger sieht und durchdringt dank ihrer herrlichen Hilfe der Liebende die Welt." In diesem Buch, das es nicht mehr zu kaufen gibt, ist seine ganze Welt enthalten. Und in jedem Brief, in jeder Novelle der ganze Stefan Zweig, seine Menschlichkeit und große Liebe zu den Menschen überall. Wegen dieses Buchs habe ich damals beschlossen, eines Tages Germanistik zu studieren. Als es dann endlich begann, das Studium, wartete ich Semester für Semester geduldig auf das erste Zweig-Seminar. Jedes Semester aufs neue. Bis ich irgendwann feststellte: Es wird nicht kommen, denn die Germanisten verachten Stefan Zweig. Und ich zweifelte an mir und meiner Liebe zu ihm. Es hat lange gedauert, bis ich begann, an der Wissenschaft zu zweifeln.

Volker Weidermann.

Neue Bücher von, mit und über Stefan Zweig.

Das einzig wirklich schauderhafte im Stefan-Zweig-Universum war schon immer die Sekundärliteratur. All die Leute, die die kitschigen Elemente seiner Prosa (von den Gedichten ganz zu schweigen) für die eigentliche Stärke von Zweigs Werk hielten und in ihren Germanistiktexten glücklich die Gelegenheit nutzten, dort so viele Schicksals-, Duft- und Nebeladjektive zu verteilen, wie sie finden konnten. Das erst hat den Ruf von Zweig so richtig ramponiert. Doch jetzt hat es sich ausgenebelt. Die neuen Bücher finden zu einer schönen, neuen Sachlichkeit. Vor allem Oliver Matuscheks Zweig-Biographie ist ein Muster an Klarheit, Stilsicherheit und Wohlinformiertheit und wird in Zukunft gewiß als die maßgebliche Zweig-Biographie gelten. Die aus dem Portugiesischen übersetzte, voluminöse Biographie des brasilianischen Journalisten Alberto Dines hält einige erstaunliche Details, vor allem über Zweigs Zeit in Brasilien, bereit und wagt immer wieder einen überraschenden Blick jenseits der ausgetretenen Forschungspfade, ist aber mit ihren 700 Seiten eher etwas für Großfans des Dichters. Und dann gibt es die Neuausgabe des Briefwechsels Zweigs mit seiner ersten Frau, die diese Briefe, aufs dreisteste verfälscht, vor Jahren unter dem Schreckenstitel "Unrast der Liebe" schon einmal selbst herausgegeben hatte. Des Dichters zweite Frau Lotte hatte sie einfach aus Zweigs Briefen gestrichen. Doch auch die neue, unverfälschte Ausgabe ist nicht so toll. Die Frau ist einfach unerträglich, und Liebesbriefe waren Zweigs Sache nicht. Er, der die schönsten Freundschaftsbriefe der Welt geschrieben hat, klingt in diesen Texten wie ein fremder Mann, der sein Herz verliehen hat.

vw.

Oliver Matuschek: "Stefan Zweig". S. Fischer 2006, 405 Seiten, 19,90 Euro. Alberto Dines: "Tod im Paradies - Die Tragödie des Stefan Zweig". Edition Büchergilde, 725 Seiten, 29,90 Euro. Stefan Zweig/Friderike Zweig: "Briefwechsel 1912-1942". Hg. von Jeffrey Berlin und Gert Kerschbaumer. S. Fischer, 434 Seiten, 24,90 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Katharina Rutschky sieht in Oliver Matuscheks Vorgehensweise bei der Abfassung seiner Stefan Zweig-Biografie, die anlässig des 125. Geburtstags des Schriftstellers erschienen ist, die Vorzüge und Schattenseiten typisch angelsächsischer Biografik versammelt. Nach englischem Vorbild wird in der Lebensbeschreibung Zweigs zwar akribisch recherchiert und eine Fülle von Details ausgebreitet, mit Urteilen und Interpretationen sowie Werkanalysen hält sich der Autor dagegen vollkommen zurück, konstatiert die Rezensentin. Damit allerdings werde man weder dem Schriftsteller, der vor den Nazis und dann wieder nach dem Zweiten Weltkrieg zu den populärsten deutschsprachigen Autoren zählte, noch dem Menschen, der sich nie zu seiner Homosexualität bekannte und der durch Selbstmord aus dem Leben schied, gerecht, moniert Rutschky. Zudem vermisst die Rezensentin Ausführungen zum politischen Kontext und zur Rezeption von Zweigs Werken, so dass die Lektüre für sie alles in allem enttäuschend ausgefallen ist.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Oliver Matuscheks Zweig-Biographie ist ein Muster an Klarheit, Stilsicherheit und Wohlinformiertheit und wird in Zukunft gewiss als die maßgebliche Zweig-Biographie gelten."
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung