Literatur vermag sich einzumischen. Es gibt Bücher, die verblassen, je weiter ihr Erscheinungsdatum zurückliegt. Wer sich an die Wirkung von Heinrich Bölls Roman bei der Veröffentlichung erinnert, an den Hass, der ihm entgegenschlug, sieht sich zurzeit vergeblich nach einer deutschen Literatur um,
die eine ähnliche gesellschaftliche Aussprache findet. Die Geschichte der Katherina Blum, die ins…mehrLiteratur vermag sich einzumischen. Es gibt Bücher, die verblassen, je weiter ihr Erscheinungsdatum zurückliegt. Wer sich an die Wirkung von Heinrich Bölls Roman bei der Veröffentlichung erinnert, an den Hass, der ihm entgegenschlug, sieht sich zurzeit vergeblich nach einer deutschen Literatur um, die eine ähnliche gesellschaftliche Aussprache findet. Die Geschichte der Katherina Blum, die ins Räderwerk bundesrepublikanischer Terroristenhatz, Bombenhysterie, Presse und Politik gerät, ist sicher aus der genauen Beobachtung des deutschen Herbstes, der Paranoia geschrieben worden. Die Striche darin sind grob gezeichnet. Böll nimmt Partei, klagt an, setzt sich gegen Vorverurteilung und den Verlust von Bürgerrechten ein. Die Erzählung erscheint aus heutiger Sicht, wie ein Rückblick, eine Erinnerung. Dies spricht nicht unbedingt gegen sie. Zumal wenn man die Wucht mit einbezieht, mit der darüber diskutiert wurde, was man darf und was man nicht darf. Böll hat sicher eindrucksvollere Erzählungen, sprachlich verfeinerte Momente geschrieben, doch er war ein Autor, der sich das Recht herausnahm, über das zu schreiben, was ihm auf der Seele lag. Das sollte man immer wieder mal hervorkramen und lesen.