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Eichendorffs Erzählungen von geselligen Wanderungen, Ausritten oder Fahrten mit Reisewagen, die durch stille Tore ins Freie hinausrasseln und über denen die Sonne eben prächtig aufgegangen war, sind tief im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert. All dies hat seinen eigenen unverwechselbaren Glanz und ist unvergänglich, aber auch rätselhaft und provokativ. Denn nur wenigen ist deutlich, wer dieser Autor wirklich war, wie er seine Dichtung gebrauchte, um in einer Zeit des Umbruchs und der Restauration sich und seinen Zeitgenossen Vergeblichkeit und Hoffnung des Handeln und der Phantasie…mehr

Produktbeschreibung
Eichendorffs Erzählungen von geselligen Wanderungen, Ausritten oder Fahrten mit Reisewagen, die durch stille Tore ins Freie hinausrasseln und über denen die Sonne eben prächtig aufgegangen war, sind tief im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert. All dies hat seinen eigenen unverwechselbaren Glanz und ist unvergänglich, aber auch rätselhaft und provokativ. Denn nur wenigen ist deutlich, wer dieser Autor wirklich war, wie er seine Dichtung gebrauchte, um in einer Zeit des Umbruchs und der Restauration sich und seinen Zeitgenossen Vergeblichkeit und Hoffnung des Handeln und der Phantasie mittels poetischer Formeln und Chiffren vor Augen zu führen.

Schon zu Lebzeiten wurde Eichendorffs Werk aus biedermeierlicher Optik entstellt und verharmlost. Die Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlages geht auf Handschriften und Erstdrucke zurück und korrigiert diese Verfälschungen. Sie erschließt den kritischen Utopiker Eichendorff anhand sorgfältig geprüfter Texte und kompetenter Kommentare.

»Deutlich wird in dieser Werkausgabe: Eichendorff ist nicht der schlichte, auf einsamen Bergen naturlauschende Poet. Hier vor Augen steht ein vielfältig verflochtener Mensch, den neu auszuloten sich lohnt.« Südkurier
Autorenporträt
Joseph Freiherr von Eichendorff wurde am 10. März 1788 auf Schloß Lubowitz in Oberschlesien geboren und starb am 26. November 1857 in Neiße. 1804-06 Philosophie- und Jurastudium in Breslau und Halle, ab 1807 in Heidelberg, wo er u.a. mit Joseph von Görres zusammentraf. 1808 Reise nach Paris. Begegnung mit Achim von Arnim und Clemens Brentano. Abschluß des Studiums in Wien. Begegnung mit Friedrich und Dorothea Schlegel. 1815 Heirat mit Luise von Larisch. Ab 1819 Anstellung beim Kultusministerium Berlin, später kommissarischer Schulrat für Westpreußen und Danzig. 1824-31 Oberpräsidialrat und Mitglied der ostpreußischen Regierung Königsberg. Bekanntschaft u. a. mit Savigny und Adelbert von Chamisso in Berlin. 1844 Entlassung aus dem Staatsdienst. 1855 Übersiedlung nach Neiße.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2009

Fadester Eskapismus

"O Täler weit, o Höhen", "Es war, als hätt der Himmel / die Erde still geküsst", "Dämmrung will die Flügel spreiten" - allein für seine Gedichte - und deren hammerstarke Anfänge! - zählt Joseph von Eichendorff zu den großen Genies der deutschen Literatur. Dann hat er noch den "Taugenichts" geschrieben, diese wunderbare Novelle aus dem Leben eines Namenlosen, welcher der Existenz eine Leichtigkeit abgewinnt, die deutsche Schreiber und Schwerbedeuter so gut wie nie hingekriegt haben. Und ist nicht auch "Ahnung und Gegenwart" ein vielversprechender Titel, der Großes verheißt und uns schon im ersten Nachschmecken eintauchen lässt in die waldeinsame Sehnsuchtslandschaft der deutschen Romantik?

Man sollte dieses Buch nicht lesen. Die Gewissheiten über den schlesischen Träumer Eichendorff, der preußischem Staats- und Zweckdenken eine zwiespältige Nebelwelt aus Kindheitsträumen und Daseinsfurcht entgegensetzte, verflüchtigen sich mit jeder Zeile. Wenn Eichendorff mit seinem ortlosen Nicht-Entwicklungsroman wenigstens die Maske heruntergelassen hätte und sich als der katholische Reaktionär offenbart hätte, als der er die preußische Bürokratie über viele Jahre genervt hat! Es ist ja nicht verboten, ein Leben lang gegen die Philister anzudichten und selber ein Prachtexemplar zu sein. Eichendorff, der hier allzeit vom Aufbruch, von fahrenden Studenten und armen Schauspieltruppen fabulierte, war nach dem Verlust der elterlichen Güter der geborene sesshafte Beamte. Für eine Berliner Bürostelle mit wenig Arbeit und sicheren Bezügen schwang er sich sogar zum amtlichen Zensor und Kritikaster so gut wie aller kreativen Zeitgenossen auf.

Aber ein schlechter Charakter gebiert nicht automatisch schlechte Prosa. Was "Ahnung und Gegenwart" - wie den anderen Eichendorff-Roman "Dichter und ihre Gesellen" - so unerträglich macht, ist die Tatsache, dass dieser Autor überhaupt nichts zu erzählen hat. Seine blutarmen Helden eilen Bergesrücken hinauf und hinab, kehren auf mysteriösen Schlössern ein, verlieben sich in unnahbar reizende Adelsdamen, schwören Freundesbande und reisen so von einem fragilen Idyll zum nächsten. Eichendorff als Prosaiker ist komplett uninspiriert. Was die Gedichte an Versprechungen raunen, gerinnt im Roman zu unerträglichem Salbadern. Eichendorff war ein Sonderling, er trug seine Kinderzeit in den elterlichen Parks und Wäldern für immer als Ahnung mit - Gegenwart gibt es für ihn keine, so wenig wie Politik, Menschen aus Fleisch und Blut oder ein hoffmannsches Verrücktwerden an der Wirklichkeit. "Ahnung und Gegenwart" bietet dreihundert Seiten fadesten Eskapismus. Goethe, geschmackssicher wie immer, hat zu dieser Prosa geschwiegen und nur den Gedichten ein langes Nachleben vorhergesagt. Aber ist es nicht auch schön, zumindest zeitsparend, wenn man mit einem Buchtitel den Ertrag einer ganzen Lektüre ernten kann?

DIRK SCHÜMER

Joseph von Eichendorff: "Ahnung und Gegenwart". Reclam, 8,80 Euro

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