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Zerfallende Imperien, neue Konflikte - Victor Sebestyens großes Panorama des Jahres, in dem die Gegenwart begann. Nach dem zerstörerischsten aller Kriege ordnet sich die Welt von Grund auf neu. Aber auch neue Konflikte entstehen: So eint in Indien Moslems und Hindus allein der Hass auf die britischen Kolonialherren, in China greifen die Kommunisten nach der Macht, und in Palästina nimmt eine bis heute andauernde blutige Auseinandersetzung ihren Anfang. Japan wird die Demokratie verordnet, während in Europa weiterhin Vertreibung und Gewalt an der Tagesordnung sind. Zwei Weltmächte steigen auf,…mehr

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Produktbeschreibung
Zerfallende Imperien, neue Konflikte - Victor Sebestyens großes Panorama des Jahres, in dem die Gegenwart begann. Nach dem zerstörerischsten aller Kriege ordnet sich die Welt von Grund auf neu. Aber auch neue Konflikte entstehen: So eint in Indien Moslems und Hindus allein der Hass auf die britischen Kolonialherren, in China greifen die Kommunisten nach der Macht, und in Palästina nimmt eine bis heute andauernde blutige Auseinandersetzung ihren Anfang. Japan wird die Demokratie verordnet, während in Europa weiterhin Vertreibung und Gewalt an der Tagesordnung sind. Zwei Weltmächte steigen auf, die fortan die Welt in Einflusssphären teilen: die USA und die Sowjetunion. Temporeich erzählt Victor Sebestyen von Politikern und Revolutionären, von Churchill, Stalin, Truman, Mao oder Gandhi, und von globalen Entwicklungen, die bis heute bestimmend sind. Sein Schauplatz ist die ganze Welt; er betrachtet oft vernachlässigte Ereignisse wie etwa jene in der Türkei oder Aserbaidschan, wo die ersten Stellvertreterkriege zu eskalieren drohen. Und wer weiß schon, wie die Amerikaner und Briten hinter den Kulissen um die atomaren Geheimnisse gerungen haben? Victor Sebestyen vereint kluge Analyse und mitreißendes Erzählen. Sein Buch ist ein Leseerlebnis - und lässt uns verstehen, warum die Welt, in der wir leben, so ist, wie sie heute ist.

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Autorenporträt
Victor Sebestyen wurde 1956 in Budapest geboren und verließ Ungarn noch als Kind. Er ist Historiker und arbeitete als Journalist und Auslandskorrespondent u. a. für den «London Evening Standard» und die «New York Times». Heute ist er für «Newsweek» tätig. 2015 erschien bei Rowohlt Berlin sein Buch «1946. Das Jahr, in dem die Welt neu entstand», das von der Presse hoch gelobt wurde. Victor Sebestyen lebt in London. Hainer Kober, geboren 1942, lebt in Soltau. Er hat u.a. Werke von Stephen Hawking, Steven Pinker, Jonathan Littell, Georges Simenon und Oliver Sacks übersetzt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Für Fachhistoriker hält Victor Sebestyens Buch über das Jahr 1946 kaum neue Erkenntnisse bereit, glaubt Wolfgang Schneider. Doch allen anderen Lesern gebe es Aufschluss über die weltpolitischen Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg: Einzelne Länder beleuchte es dabei genauso gut wie prägende Personen. Wenn der Autor sich mit bekannten Ereignissen befasst, dann nimmt er dabei weniger geläufige Aspekte in den Blick, hebt Schneider lobend hervor. Im Mittelpunkt des Buches stehen drei Kapitel über das Schicksal der Juden nach der Schoah und die Ablehnung, die sie auch nach dem Ende des Dritten Reichs vielerorts erfuhren - bis hin zu Pogromen. Ganz offensichtlich gefällt dem Kritiker nicht zuletzt die Darstellungsweise dieses so "bedrückenden" wie anschaulichen Buchs.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2016

Düsteres Jahr
nach dunkler Zeit
Victor Sebestyen seziert in „1946“ den Beginn
des Kalten Krieges aus verschiedenen Blickwinkeln
VON ROBERT PROBST
Für das Time-Magazin war James F. Byrnes der Mann des Jahres. Nach Meinung der Redaktion hatte er den größten Einfluss auf die Weltpolitik ausgeübt. Unter anderem hatte der US-Politiker am 6. September im Großen Haus des Württembergischen Staatstheaters eine Rede gehalten, die schon bald als Sensation gefeiert wurde. Zum ersten Mal nach der Niederlage des NS-Regimes war ein Außenminister der Alliierten ins zerbombte Deutschland gereist, und er hatte seine Ansprache mit den Worten beschlossen: „Das amerikanische Volk wünscht, dem deutschen Volk die Regierung zurückzugeben. Das amerikanische Volk will dem deutschen Volk helfen, seinen Weg zurückzufinden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedlichen Nationen der Welt.“ Nicht von Vergeltung war darin die Rede („Wir werden uns gegen zu harte und von Rachsucht diktierte Maßnahmen wenden, die einem wirklichen Frieden im Wege stehen“), sondern von einem Neubeginn der Beziehungen zwischen Siegern und Besiegten. Als „Speech of Hope“ ging der Auftritt von Stuttgart in die Geschichtsbücher der Deutschen ein, wo sie auch heute noch als Markstein das Jahres 1946 gefeiert wird.
  Bei Victor Sebestyen kommt James F. Byrnes auch vor, etwa als Empfänger eines Briefes von Harry S. Truman im Januar 1946. Darin schreibt der US-Präsident: „Ich glaube, wir sollten uns jetzt auf keine Kompromisse mehr einlassen. Ich habe es satt, die Sowjets mit Samthandschuhen anzufassen.“ Was dagegen nicht vorkommt, ist die „Rede der Hoffnung“. Das mag auf den ersten Blick verwundern – aber genau an diesem Punkt lässt sich festmachen, was das seitenstarke Werk des in Ungarn geborenen und in London lebenden Journalisten und Historikers Sebesteyn von anderen Büchern unterscheidet: Es geht hier um einen pessimistischen Ansatz der Geschichtsdeutung – und es geht weder um den deutschen Blick auf die Ereignisse von vor 70 Jahren, noch einen dezidiert europäischen. Hier gerät die ganze Welt in den Fokus – und das ist ziemlich spannend.
  Nun sind Monografien über einzelne „Schicksalsjahre“ zu passenden runden Jubiläen – zuletzt war 1914 an der Reihe, noch in diesem Frühjahr folgt 1956 – seit einiger Zeit durchaus in Mode, das muss aber nicht gegen den Ansatz sprechen. Ganz im Gegenteil. „1946. Das Jahr, in dem die Welt neu entstand“ nimmt den Leser mit auf eine rastlose Reise quer über fast alle Kontinente, führt ihn zu zahllosen Konfliktherden und zu schillernden Persönlichkeiten, die das Heft des Handels ganz nach dem Motto „Männer machen Geschichte“ fest in der Hand zu halten glaubten. Und immer mit dabei: das „Schreckgespenst“, wie es Sebestyen nennt: die weitverbreitete Angst, dass es zu einem neuen globalen Krieg kommen könnte.
  Nichts ist in dem Buch zu spüren von der viel beschworenen, hoffnungsvollen „Stunde null“ nach der deutschen Kapitulation und dem Menschheitsverbrechen des Holocaust. Immerhin: Die NS-Herrschaft war gebrochen und die deutsche Staatsordnung zerfallen. Nicht zu Ende waren dagegen Krieg, Terror und Verfolgung – und dazu muss man den Blick gar nicht allzu sehr weiten. So erinnert Sebestyen etwa an den Judenpogrom in der polnischen Stadt Kielce von Juli 1946, an Zehntausende in Europa herumirrende jüdische Displaced Persons und den weitverbreiteten Antisemitismus bis hinauf zum US-Präsidenten. Auch die anderen Themen sind düster: ethnische Konflikte, Flüchtlingsmassen, Hungersnöte, politische Ränkespiele, ideologische Zwistigkeiten, die Jagd der Sowjets nach der Atombombe . . . Von Hoffnung auf einen Neubeginn nach Millionen Toten und einem mehr als fünf Jahre dauernden Weltkrieg: hier keine Spur. Der Newsweek-Journalist springt dabei, halbwegs chronologisch, Kapitel für Kapitel zu neuen Schauplätzen: dem Bürgerkrieg in China zwischen den Nationalisten um Chiang Kai-shek und den Kommunisten unter Mao Zedong, zum Konflikt zwischen Hindus und Muslimen in Indien (was später zur Gründung Pakistans führte), zu den gewalttätigen Wirren in Palästina vor der Entstehung des Staats Israel, zum griechischen Bürgerkrieg, zum darniederliegenden Japan, oder nach Osteuropa, das sich dem Zugriff aus Moskau ausgesetzt sah.
  Im Mittelpunkt all dieser Betrachtungen steht aber natürlicherweise die Herausbildung der beiden Weltmächte USA und Sowjetunion, die Abkehr vom gemeinsamen Handeln als „die Alliierten“, vom Abstecken eigener Interessensphären, der Verbreitung der jeweils eigenen Ideologie und der Demonstration militärischer Stärke. Dafür reichte sogar ein dilettantischer Putschversuch in einer nordiranischen Provinz – und schon standen Moskau und Washington bereit. Sebestyen beschreibt das Heraufziehen des „Kalten Krieges“ als ein faszinierendes Geflecht von Provokationen, Aktionen und Reaktionen in den Hauptstädten von Ost und West. Dass seine Sympathien dabei nicht bei Stalin und seinen Genossen liegen, daran lässt Sebestyen keinen Zweifel, das bedeutet aber keineswegs, das für ihn die Amerikaner alles richtig gemacht hätten. Eine etwas bizarre Rollen spielen die Briten: Die scheinen in dem Jahr vor allem von der Ratlosigkeit befallen gewesen zu sein, wie sie möglichst ohne Ansehensverlust Abschied von ihren Problem-Empire-Gebieten (Indien, Palästina) nehmen konnten. Deutsche Politiker als aktiv Handelnde gibt es nur am Rande.
  Dem Fachhistoriker werden all diese Schauplätze wohl bekannt sein, dem Kenner die Schilderung bestimmter Sachverhalte sehr, sehr oberflächlich vorkommen, und Handlungsanweisungen für heutige Konflikte – viele wie die im Nahen Osten oder auch in Südostasien sind immer noch virulent – lassen sich auch nicht ableiten. Kritiker könnten zudem einwenden, dass oft statt der tiefenscharfen Analyse dem reportagenhaften Element, ja oft der Anekdote der Vorzug gewährt wird. Doch solche Anekdoten sind nicht um ihrer selbst willen beschrieben oder gar, um den Leser zu erheitern. (Nichts ist heiter in diesem Buch, oft muss man sich angesichts der unverblümten Sprache der damaligen Zeit gar verwundert die Augen reiben.) Sie veranschaulichen fast immer auf oft groteske Weise die Konfliktlinien, sie decken die Widersprüche auf, in die sich die Protagonisten verwickeln, und sie zeigen auf fast groteske Weise, wie unterschiedlich sich etwa US-Oberste in Ländern verhielten, die ihnen gänzlich fremd waren (etwa General Douglas MacArthur als wahrer „Herrscher“ von Japan oder General Georg Marshall als gescheiterter Friedensbotschafter in China). Hier wird mit dickem Pinsel gemalt, hier werden skurrile Figuren noch skurriler überzeichnet, hier wird Geschichte lebendig.
  Die Nachteile bei der Betrachtung eines abgeschlossenen Jahres liegen aber natürlich auch auf der Hand: viele Konflikte und Streitthemen enden nicht am 31. Dezember, sondern entwickeln sich weiter oder ganz anders als gedacht, manches kommt neu hinzu – etwa der Marshallplan zum Wiederaufbau Westdeutschlands 1948 –, was die Situation ganz grundsätzlich zum Positiven verändert. Und manches muss fast unerwähnt bleiben, weil es erst später passierte, aber das Gefühl, der Apokalypse entgegenzugehen, noch verstärkte – in dem Fall etwa der brutale Hungerwinter 1946/47 in Europa. Da hätten wohl viele dem Berater von Präsident Truman, Dean Acheson, zugestimmt, der das Jahr so bilanzierte: „Es herrscht eine Situation in der Welt, sehr deutlich illustriert in Europa, aber auch in Fernost anzutreffen, die alle Grundlagen bedroht, die gesamte Struktur der Weltorganisation, so wie wir sie zu unseren Lebzeiten gekannt haben und wie sie auch unsere Väter und Großväter gekannt haben.“ So schlimm kam es dann bekanntlich nicht – vielleicht ein Trost für all diejenigen, die Achesons Worte gleich auf die derzeitige Weltlage anwenden wollen.
Der Autor hüpft atemlos
von Schauplatz zu Schauplatz,
von Kontinent zu Kontinent
   
  
Victor Sebestyen,
1946. Das Jahr, in dem
die Welt neu entstand.
Aus dem Englischen von Hainer Kober und Henning Thies. Rowohlt 2015,
539 Seiten, 26,95 Euro.
Als E-Book: 23,99 Euro.
Schlaglichter eines Jahres:
Atombombentest auf dem Bikini-Atoll; Mao Zedong (l.) und Chiang Kai-shek auf einer
Festveranstaltung in Chungking; zerstörte Innenstadt von Dresden.
Fotos: United States Department of Defense, UPI, Reuters
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2016

Kriege werden nicht ausgeknipst

Derzeit haben Bücher über Kalenderjahre Konjunktur, meistens aber wenig Schlüssigkeit: Victor Sebestyen versucht aus 1946 ein Epochenjahr zu machen. Das gelingt nur mit Übertreibungen.

Victor Sebestyen gönnt den strapazierten Lesern historischer Memorialliteratur keine Atempause. Kaum ist das Jubiläumspensum des Jahres 2015 abgearbeitet, kaum hat man das historische Gedächtnis in Sachen Kriegsende 1945 und Wiener Kongress 1815 hinreichend aufgefrischt, kaum sammelt man sich für das aufziehende Publikationsgewitter zu Reformation und Oktoberrevolution, da öffnet der anglo-ungarische Journalist und Sachbuchautor vor uns den Abgrund einer Bildungslücke. Das unscheinbare Jahr 1946, bisher angeblich ignoriert, ein Jahr, in dem sich große Teile der Menschheit in posttraumatischer Erschöpfung befanden: es soll das Jahr gewesen sein, "in dem die Welt neu entstand" - eine Art Ursprungsmoment der Gegenwart.

Diese These appelliert an alle, die ein gediegenes Geschenk für Geburtstagskinder vom Jahrgang 1946 suchen. Aber ist sie auch gut genug untermauert, und was bedeutet sie für das historische Verständnis? Dem Autor und seinem Rechercheteam gebührt Dank dafür, die kargen Daten- und Faktenregister einer Wikipedia-Annalistik in eine lange Serie erzählter Episoden verwandelt zu haben. In mehrfacher Weltumkreisung, deren Tempo die Langeweile enzyklopädischer Länderkapitel vermeidet, eilt das Buch von Schauplatz zu Schauplatz. Wenige wichtigere politische Ereignisse des Jahres 1946 fehlen: die Unabhängigkeit der Philippinen als frühester Akt der Dekolonisation Südostasiens im Juli, der Ausbruch des Ersten Indochinakrieges mit der französischen Bombardierung von Haiphong im November oder die erstmalige Wahl von Juan Péron zum Präsidenten von Argentinien im Februar.

Sebestyen muss zwangsläufig Themen aufgreifen, die Ian Buruma, ein besserer Schriftsteller, bereits in seinem Buch "'45: Die Welt am Wendepunkt" (F.A.Z. vom 24. Februar 2015) behandelt hat, etwa das Vorgehen gegen NS-Kollaborateure in Frankreich und den Niederlanden oder die amerikanische Besatzungsherrschaft in Japan. Viele historische Entwicklungen begannen um das Kriegsende herum und zogen sich einige Jahre hin. Da ist der Jahresausschnitt künstlich. Es ist niemals falsch, die konventionellen Zäsurdaten der Geschichte in ein relativierendes Licht zu rücken und über die großen Einschnitte hinaus zu blicken. Dass der Erste Weltkrieg im November 1918 endete, aber sogleich in eine mehrjährige Nachkriegszeit überging, in der - bis 1923/24 - die dringendsten Erblasten des Krieges bewältigt werden mussten, beginnt sich herumzusprechen. Ebenso brach 1945 mit der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai und Japans am 2. September keineswegs der Weltfrieden aus. Das ist keine überraschende Entdeckung Victor Sebestyens, denn niemand mit ein wenig historischer Kenntnis und Phantasie würde das Gegenteil behaupten wollen. Kriege werden nicht ausgeknipst.

Das Buch ist dort besonders stark, wo es zeigt, dass kollektive Gewalt nicht endete: In Polen wurden auch nach der Schoah weiter Juden ermordet. In Griechenland und China brachen Bürgerkriege aus, die während des Weltkriegs vorbereitet worden waren. In Palästina war die britische Mandatsmacht weniger denn je in der Lage, Araber und jüdische Immigranten voneinander zu trennen; nun wurde sie zur Zielscheibe eines militanten Zionismus, der sich des einstigen Protektors zu entledigen suchte. In Indien heizte sich der Konflikt zwischen den Religionsgruppen auf. Allerdings hatte keine dieser Gewaltkonstellationen ihre Wurzeln im Jahre 1946, keine wurde in jenem Kalenderjahr beigelegt oder auch nur abgeschwächt. 1946 sah keinen einzigen ordnungsstiftenden Neubeginn, vergleichbar der Konferenz von Bretton Woods (1944) und der Gründung der Vereinten Nationen (1945). Insofern ist der ehrgeizige Untertitel (im Original: "The Making of the Modern World") eine kecke Übertreibung. 1946 bleibt auch nach diesem Buch, was es für Historiker bisher schon war: ein Jahr des Übergangs, der Unbestimmtheit, der offenen Optionen.

Die mit Abstand wichtigste Figur in Sebestyens zweiunddreißig Kapiteln ist Josef Stalin, gefolgt von Harry S. Truman. Es geht also, wie es nicht anders sein kann, über lange Strecken um die Entstehung des Kalten Krieges. Trotz eines gelungenen Schlaglichts auf Iran erfährt man dazu wenig Neues und hat Mühe, sich überzeugen zu lassen, dass die Entstehung einer "bipolaren" Welt vom üblich angenommenen 1947 auf 1946 vordatiert werden sollte. Auch für die Entwicklungen in Deutschland ist man bei Historikern wie Ulrich Herbert und Heinrich August Winkler besser aufgehoben.

Dass nach den beiden Hauptprotagonisten und ihren wichtigsten Adlaten die drei am häufigsten erwähnten Persönlichkeiten, nämlich Adolf Hitler, Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill, 1946 die politische Bühne ganz oder (im Falle Churchills) vorübergehend verlassen hatten, weist auf ein Grunddilemma der Darstellung hin: Victor Sebestyen ist ehrlich genug, den selbst verordneten Prokrustesrahmen immer wieder zu verlassen und längere Geschichten zu spinnen, die manchmal bis hinter den Zweiten Weltkrieg zurückreichen; diese Geschichten bleiben konventionell, andere Autoren haben sie schon besser erzählt. Damit verschwindet aber der literarische Pfiff der querschnitthaften Konzentration auf einen einzigen Zwölfmonatszeitraum.

Auch lässt sich die Behauptung von der besonderen Bedeutung des Jahres 1946 mehrfach nur dadurch retten, dass nicht nur beim Kalten Krieg die chronologischen Gewichte ohne überzeugende Begründung verschoben werden. So scheiterte zwar im Winter 1946/47 General George Marshalls Versuch, als Beauftragter Präsident Trumans im beginnenden chinesischen Bürgerkrieg zu vermitteln. Dass damit der spätere Sieg der Kommunisten über die Nationalpartei Chiang Kai-sheks bereits vorbestimmt gewesen sei, ist eine allzu kühne Behauptung. Erst Ende 1948 erlitten Chiangs Truppen ihre entscheidende militärische Niederlage.

Ebenso ist es erfreulich, dass überhaupt an die oft vergessene Gewalt in Indien erinnert wird, die etwa fünfzehn Millionen Menschen zu Flüchtlingen machte und vermutlich eine Million Todesopfer forderte. Doch erreichten die Massaker, die im August 1946 begonnen hatten, ihren Höhepunkt nicht vor 1947 und ebbten erst zum Zeitpunkt der Ermordung Gandhis im Januar 1948 ab. Solche Einwände klingen pedantisch, sind aber unvermeidlich, wenn man den Autor beim Wort nimmt.

Ausgerechnet 1946 erschien ein Buch von unverwüstlicher Nützlichkeit, das später immer wieder aktualisiert worden ist: der tabellarische Kulturfahrplan von Werner Stein, dem Physiker und Berliner Wissenschaftssenator in den Jahren der Studentenbewegung. Diese unerschöpfliche Matrix von Synchronizität und ihre internationalen Imitate werden noch manchen Jahresquerschnitt anregen. Doch das Genre ist tückischer, als es aussieht. Nicht jedes Jahr hat die Wucht von 1945 und 1989 oder die Tanz-auf-dem-Vulkan-Qualitäten von 1788 und 1913. Wer ritterlich einem Mauerblümchenjahr zu Glanz verhelfen will, muss eine Vielzahl von Vignetten und Anekdoten der Gleichzeitigkeit so gut zu erzählen wissen, dass gar nicht auffällt, woran es in den meisten Fällen mangelt: klugen Vermutungen darüber, wie das Verstreute zusammenhängen könnte. Solche Vermutungen bleibt auch dieses Buch schuldig.

JÜRGEN OSTERHAMMEL

Victor Sebestyen: "1946". Das Jahr, in dem die Welt neu entstand.

Aus dem Englischen von Hainer Kober und Henning Thies. Rowohlt Verlag, Berlin 2015.

539 S., geb., 26,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Ein sehr informatives und spannend geschriebenes Buch. Die Welt