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Die amerikanische Führungsmacht vermittelt gegenwärtig einen höchst zwiespältigen Eindruck: Während sich die USA politisch, wirtschaftlich und militärisch auf dem Höhepunkt ihrer Macht befindet, erfährt die einzig verbliebene Weltmacht innenpolitisch ebenso wie weltpolitisch ihre Grenzen. Vor diesem Hintergrund untersucht Klaus-Dieter Schwarz die Strategie der amerikanischen Weltmachtpolitik in der zweiten Amtszeit der Regierung Clinton, wie sie sich aus offiziellen Erklärungen und tatsächlich praktizierter Politik ergibt. Angesichts der aktuellen Debatte um die Revolution in Military Affairs…mehr

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Produktbeschreibung
Die amerikanische Führungsmacht vermittelt gegenwärtig einen höchst zwiespältigen Eindruck: Während sich die USA politisch, wirtschaftlich und militärisch auf dem Höhepunkt ihrer Macht befindet, erfährt die einzig verbliebene Weltmacht innenpolitisch ebenso wie weltpolitisch ihre Grenzen.
Vor diesem Hintergrund untersucht Klaus-Dieter Schwarz die Strategie der amerikanischen Weltmachtpolitik in der zweiten Amtszeit der Regierung Clinton, wie sie sich aus offiziellen Erklärungen und tatsächlich praktizierter Politik ergibt. Angesichts der aktuellen Debatte um die Revolution in Military Affairs und der Diskussion um die Rolle militärischer Macht als Mittel der Politik, legt der Verfasser auf den Stellenwert der Macht im sicherheitspolitischen Konzept der USA besonderes Gewicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.04.1999

Der widerwillige Sheriff
Amerikas weltpolitische Strategie nach dem Ende des Kalten Krieges

Klaus-Dieter Schwarz: Weltmacht USA. Zum Verhältnis von Macht und Strategie nach dem Kalten Krieg. Aktuelle Materialien zur internationalen Politik, Band 5. Herausgegeben von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999. 117 Seiten, 28,- Mark.

"Wenn nicht die Vereinigten Staaten Führungsstärke beweisen, dann wird es überhaupt keine Führung geben." George Bush schrieb das in seinem kürzlich erschienenen Buch über das Ende des Kalten Krieges. Bush fuhr fort: "Unser großer Auftrag ist es, aus diesem blutigsten Jahrhundert in der Geschichte zu lernen. Wenn wir uns unserer Verantwortung nicht gewachsen zeigen, wenn wir die Rolle fliehen, die nur wir übernehmen können, wenn wir vor unserer Verpflichtung gegenüber der Welt gleichgültig zurückweichen, dann werden wir eines Tages für unsere Nachlässigkeit und Kurzsichtigkeit noch einmal den höchsten Preis zahlen müssen."

Sein Nachfolger, Präsident Clinton, hat die Mahnung sechs Jahre lang in den Wind geschlagen - so sieht das jedenfalls Klaus-Dieter Schwarz, Experte für sicherheitspolitische und transatlantische Fragen in der Stiftung Wissenschaft und Politik, noch in Ebenhausen. Unter Präsident Clinton, schreibt er in einer umfassenden Kritik der Außenpolitik der Vereinigten Staaten, habe Washington genau das nicht geboten, was die Weltgemeinschaft am nötigsten habe: Führung.

An die Stelle der sowjetischen Bedrohung sind diffuse globale Gefahren getreten: zerfallende Staaten, blutige ethnische Konflikte, wirtschaftliche Zusammenbrüche in Asien und Lateinamerika, terroristische Bedrohung durch "Schurkenstaaten", vagabundierende Massenvernichtungswaffen. Die "neue Weltunordnung", glaubt Schwarz, überfordert auch Washington. Führung bedeute darum vor allem partnerschaftliche Einbindung der wichtigen Akteure und "multilaterale" - also gemeinschaftliche - Entscheidungen und Aktionen. Aber Washington bevorzuge politische und militärische Alleingänge: in Bosnien, in der Frage der Nato-Erweiterung, zuletzt vergangenen Dezember im Irak. Schwarz urteilt, die amerikanische "Tendenz zum Unilateralismus" sei "eine ungünstige Voraussetzung für die Wahrnehmung der amerikanischen Führungsrolle und für die Herbeiführung eines Mächtekonzerts auf der Suche nach einer neuen stabilen Ordnung".

Vergangenen November hat Schwarz' pointierte Einladung zur Debatte als Ebenhausener Studie auf wichtigen Bonner Schreibtischen gelegen. Schwarz hat sicher schon Einwände gehört: Hat Washington eine Wahl? Wer sollen die Partner sein für "multilaterale" Zusammenarbeit? Rußland ist handlungsunfähig. China steht vor einer Wirtschaftskrise oder ist schon mittendrin. Die Europäische Union ist mit sich selbst beschäftigt. Rußland und China sind überdies, das sieht auch Schwarz, Gegner des globalen Status quo und der Pax americana. Und außerdem: Wie wünschenswert ist eigentlich eine "neue stabile Ordnung"? War die alte denn so erfreulich?

Schwarz vermißt in Washington eine konsistente außenpolitische Strategie "zur Führung der ,Post-cold-war'-Welt". Washington, schreibt er, konzentriere sich auf zu eng definierte nationale Interessen. Andere Sichtweisen sind möglich: 1992 beschrieb das Pentagon es als wichtigste Aufgabe amerikanischer Politik, "das Wiederauftauchen eines neuen Rivalen auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion oder anderswo" zu verhindern. Als potentieller "Konkurrent", berichtet Schwarz, und man liest es amüsiert, wurde sogar Deutschland betrachtet. 1997 wurde das Pentagon in seinem vierjährigen Bericht präziser: "Unsere Verteidigungsanstrengungen tragen dazu bei, in den Regionen die Stabilität zu erhöhen, Konflikte oder Bedrohungen zu verhindern oder einzudämmen und jeden Tag in vielen Schlüsselregionen der Welt Aggression und Zwang abzuschrecken." Beides zusammen klingt wie eine plausible Strategie für die "neue Weltunordnung". Deutschen und europäischen Interessen widerspräche sie nicht.

Schwarz kritisiert schließlich Washingtons Aufbau übergroßer militärischer Macht und Planungen für, wie er meint, veraltete Kriegsszenarios. Der Einsatz "sanfter Macht" - "multilateral" verabredete Diplomatie und Sanktionen - käme darüber zu kurz. Dabei hat es aber den Anschein, als stelle sich Washington nur auf die neuen Bedrohungen ein - und auf die eigene Strategie. Schwarz selber weiß das: In 120 amerikanischen Großstädten werden Zivilverteidigungsmaßnahmen zur Abwehr von Angriffen mit chemischen und bakteriologischen Waffen vorbereitet. Die Armee erhält mobile Raketenabwehrsysteme, die amerikanische Einsätze in Krisenregionen decken sollen. Washington verhandelt gerade mit Moskau die Revision des Vertrages über das Verbot strategischer Raketenabwehrsysteme (ABM-Vertrag). Die amerikanischen Streitkräfte verfügen schon jetzt über 88 moderne "Roll-on-/Roll-off"-Schiffe für den weltweiten Transport schnell verfügbarer Truppen. Das größte Beschaffungsvorhaben der Luftwaffe gilt 200 C-17-Transportflugzeugen.

Auch intellektuell hat Washington den Übergang von der Ära des Kalten Krieges zur "neuen Weltunordnung" vollzogen. Das Zeitalter der nuklearen Abschreckung ist vorbei. Kriege sind wieder denk- und führbar. Zurückgekehrt ist auch die Kategorie des militärischen Sieges. Das amerikanische Verteidigungsministerium hat daraus Schlüsse gezogen: Hauptaufgabe der amerikanischen Streitkräfte sei es, "Konflikte abzuschrecken und, wenn das versagt, die Kriege unserer Nation zu kämpfen und zu gewinnen". Dem dient auch die breite Washingtoner Debatte über die Verwandlung der Streitkräfte in eine elektronisch hochgerüstete Hightech-Armee. Ziel des teuren Unternehmens ist die Reduzierung eigener Verluste in künftigen Konflikten. Denn nur wenn das gelingt, werden die westlichen Demokratien, die, so Schwarz treffend, "höchst widerwillig in den Krieg ziehen", Kriege überhaupt noch führen können.

Der Zustand des Globus ist nicht stabil. Gefahr, sieht Schwarz, droht in Fernost. Dort stoßen mehr große Mächte aneinander als anderswo. In Zentralasien lagern riesige Erdöl- und Erdgasvorkommen - mitten in einem Machtvakuum. Chinas Zukunft ist ungewiß. Über der koreanischen Halbinsel ziehen sich dunkle Wolken zusammen. Wenn Schwarz' Leser dennoch ruhig schlafen, dann vielleicht im Vertrauen auf den "widerwilligen Sheriff" in Washington - den schönen Begriff fand Richard N. Haass, ehemals Angehöriger des Nationalen Sicherheitsrates Präsident Bushs - und auf seine zwölf Flugzeugträger.

HEINRICH MAETZKE

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