Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 43,73 €
  • Broschiertes Buch

Das Europäische Parlament ist das einzige demokratisch legitimierte Organ der Europäischen Union. Im Verlauf des europäischen Einigungsprozesses wurde es immer mehr zum Motor und systemprägenden Akteur im EU-Institutionengefüge. Es verhandelt mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Ministerrat, kontrolliert die Europäische Kommission und wacht gemeinsam mit den nationalen Parlamenten über die Entwicklung des Integrationsprojekts. Außenpolitisch ist es wichtiger Ansprechpartner für Parlamente aus Drittstaaten, ist aktiv an der Ausgestaltung internationaler Abkommen beteiligt und setzt sich für die…mehr

Produktbeschreibung
Das Europäische Parlament ist das einzige demokratisch legitimierte Organ der Europäischen Union. Im Verlauf des europäischen Einigungsprozesses wurde es immer mehr zum Motor und systemprägenden Akteur im EU-Institutionengefüge. Es verhandelt mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Ministerrat, kontrolliert die Europäische Kommission und wacht gemeinsam mit den nationalen Parlamenten über die Entwicklung des Integrationsprojekts. Außenpolitisch ist es wichtiger Ansprechpartner für Parlamente aus Drittstaaten, ist aktiv an der Ausgestaltung internationaler Abkommen beteiligt und setzt sich für die Wahrung von Menschenrechten und Demokratie ein. Das Handbuch analysiert die Funktionen und Arbeitsbereiche des Parlaments im interinstitutionellen Kontext auf Grundlage der etablierten Regelwerke. Zusätzlich wird das facettenreiche Innenleben vermittelt, wodurch ein ebenso praxisnaher wie aktueller und theoretisch-empirisch reflektierter Blick auf die Verfassungswirklichkeit des EU-Parlaments ermöglicht wird. Für Wissenschaftler, Studierende, Akteure und Praktiker der Europapolitik ist das Buch unverzichtbare Referenzquelle und Nachschlagewerk.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Darf in keiner europawissenschaftlichen Bibliothek fehlen, meint Michael Gehler über das von Doris Dialer, Andreas Maurer und Margarethe Richter herausgegebene Handbuch zum Europäischen Parlament. Durch das Dickicht des europäischen Parlamentarismus bieten ihm die Autoren einen verlässlichen Leitfaden mit detaillierten Darstellungen zu seinen Rechtsgrundlagen, Entwicklungslinien, Organisationsstrukturen, Arbeitsweisen, zu seinem Wahlsystem sowie zu Fragen der Transparenz. Das komplexe Mehrebenensystem wird dem Rezensenten anhand von Tabellen- und Abbildungsverzeichnissen erschlossen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2015

Im Dickicht der Ebenen
Europäisches Parlament

Blickt man zurück auf 36 Jahre Direktwahlen zum Europäischen Parlament, so hat sich in einem Punkt nichts geändert: Es waren "Wahlen zweiter Ordnung". Eigens ausgearbeitete Programme und die Wahlkämpfe selbst griffen kaum gemeinschaftspolitische Themen auf. Man beförderte den Wettbewerb auf mitgliedstaatlicher Parteienebene. Plakate bemühten Allgemeinplätze wie "Frieden", "Freiheit", "Sicherheit" und "Wohlstand". Denkzettel-Wahlen für die Regierungsparteien waren die Folge.

Die Geschichte der Europawahlen steht für Kontinuität. Gleichwohl die Wahlsysteme Harmonisierungen erlebten, war bis 2014 ein Wählerrückgang zu registrieren, obwohl sich das Europäische Parlament nach dem Vertrag von Maastricht (1993) immer mehr Kompetenzen erkämpfte. Der Abwärtstrend von 66 Prozent (1979) konnte bei den letzten Wahlen von 43,4 Prozent (2009) auf 42,5 Prozent (2014) nicht aufgehalten werden, obwohl erstmals die Fraktionen unter anderen mit Jean-Claude Juncker von der Europäischen Volkspartei (EVP) und Martin Schulz von der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) eine Personalisierung durch europäische Spitzenkandidaten als Zugpferde in den Wahlkampf schickten und damit auch die Bestellung des zukünftigen EU-Kommissionspräsidenten verknüpft hatten. Die EVP als Wahlsieger stellte Juncker für diese Funktion.

Das 751 Abgeordnete zählende Parlament hat einen Sitz und drei Arbeitsorte in Brüssel, Straßburg und Luxemburg. Inzwischen ist es weit bedeutsamer als nationale Parlamente, was das vorliegende Handbuch von Doris Dialer, Andreas Maurer und Margarethe Richter verdeutlicht. Mehr als nur ein Debattenforum wie in den 1970er und 1980er Jahren hat sich das Parlament neben der Kommission und dem Rat fest im EU-Institutionsgefüge etabliert - und zwar als entscheidender Mitgestalter. Es repräsentiert etwas Neuartiges der europäischen Demokratien, nämlich einen supranationalen Parlamentarismus. Die durch die Komplexitätskrise schwer geschüttelte EU litt zuletzt weniger an einem Demokratie- als an einem Entscheidungsdefizit. Das lag kaum an ihrem Parlament, sondern an den EU-Mitgliedstaaten, die sich erst über Jahrzehnte Kompetenzen für die Union nur äußerst mühsam abringen ließen.

Parlamentspräsident Schulz hält im Vorwort des Nachschlagewerks auch fest, dass die Behauptung falsch sei, Europa sei ohne Alternative. Diese wäre mehr Renationalisierung und weniger Zusammenarbeit. Für Letzteres steht das auf Koalitionen und Kooperationen setzende sowie immer professioneller agierende EU-Parlament. Die ausgewiesenen Autoren in Sachen Integrationswissenschaft legen seine Rechtsgrundlagen und Entwicklungslinien offen, behandeln die Klagen der Mitgliedstaaten vor dem EuGH, gehen auf das Wahlsystem und die männlichen und weiblichen Abgeordneten (Alter, Herkunft, Bildung, Rechte und Pflichten) ein. Dabei werden die Führungs- und Organisationsstrukturen des Parlaments (Präsidium, Generalsekretariat, Quästoren, Konferenzen sowie der Einfluss der Fraktionen, ihre Arbeitsmethoden, Binnenstrukturen und Finanzierungen) klar ausgeführt.

Die Aufgaben und Entwicklung der Ausschüsse, ihre Berichterstatter, Mitglieder, Koordinatoren und Vorsitzenden werden weiters behandelt. Das Plenum wird differenziert beleuchtet (Abstimmungen, Debatten, Redezeit, Sitz- und Tagesordnung) wie die Kontrollrechte, die Legislativaufgaben (ordentliche Gesetzgebungsverfahren), Budgetbefugnisse (mehrjähriger Finanzrahmen, Haushaltsverfahren), die Ernennung der EU-Kommission und die Rolle als außenpolitischer Akteur (Interparlamentarismus, Handel, Entwicklungspolitik, Menschenrechte, Sicherheit, Verteidigung und Wahlbeobachtung). Nicht zuletzt werden Fragen der Transparenz (Besucherdienst, Dialog, Bürgerbeauftragter, Dokumentenzugang, Lobbying, Mehrsprachigkeit, Petitionsverfahren und Revisionsprozesse) detailliert dargestellt. Umfassende Abbildungs- und Tabellenverzeichnisse veranschaulichen das für den EU-Normalbürger nicht mehr zu überschauende, geschweige denn zu durchblickende höchst komplexe "Mehrebenensystem", wie es die Autoren nennen. Umso wichtiger und verdienstvoller ist dieses Handbuch, welches durch das immense Dickicht des europäischen Parlamentarismus wichtige Aufschlüsse liefern und wertvolle Einblicke bieten kann. Es darf daher in keiner europawissenschaftlichen Bibliothek fehlen.

MICHAEL GEHLER

Doris Dialer/Andreas Maurer/Margarethe Richter: Handbuch zum Europäischen Parlament. Nomos Verlag, Baden-Baden 2015. 420 S., 49,- [Euro]

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr