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Der Konflikt zweier Welten: Der islamistische Terrorismus und der Anti-Terrorkrieg der USA stehen seit dem Attentat vom 11. September 2001 weltweit im Mittelpunkt öffentlichen Interesses. Lars Berger, Amerika-Experte und Islamwissenschaftler, legt, gestützt auf einen reichen Fundus amerikanischer und arabischer Quellen, die erste umfassende Darstellung über das Wechselspiel zwischen der Außen- und Innenpolitik der USA, der Entwicklung in Nah- und Mittelost und den Strategien des islamistischen Terrorismus vor. Ihr zeitlicher Rahmen erstreckt sich vom ersten Anschlag auf das World Trade Center…mehr

Produktbeschreibung
Der Konflikt zweier Welten: Der islamistische Terrorismus und der Anti-Terrorkrieg der USA stehen seit dem Attentat vom 11. September 2001 weltweit im Mittelpunkt öffentlichen Interesses. Lars Berger, Amerika-Experte und Islamwissenschaftler, legt, gestützt auf einen reichen Fundus amerikanischer und arabischer Quellen, die erste umfassende Darstellung über das Wechselspiel zwischen der Außen- und Innenpolitik der USA, der Entwicklung in Nah- und Mittelost und den Strategien des islamistischen Terrorismus vor. Ihr zeitlicher Rahmen erstreckt sich vom ersten Anschlag auf das World Trade Center 1993 über den Terrorakt vom 11. September und Afghanistan bis zum Irak-Krieg George W. Bushs und seinem offenkundigen Scheitern. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Analyse des Zusammenhangs zwischen dem strategischen Kalkül und den Aktionen der islamistischen Terroristen, den Reaktionen der Öffentlichkeiten und Regierungen in den USA und der arabischen Welt und den Gegenstrategien der Präsidenten Clinton und George W. Bush - innen-, außen- und sicherheitspolitisch. Ein Buch, dem weite Beachtung gewiss ist!
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2008

Direkte Bedrohung

Die Vereinigten Staaten sehen sich im Visier des vom politischen Islam befeuerten internationalen Terrorismus. Der Autor gibt der Regierung in Washington die Mitschuld daran, dass die Islamisten bis heute vergleichsweise wenig Schwierigkeiten bei der Rekrutierung ihres terroristischen Nachwuchses haben.

Von Gregor Schöllgen

Nichts währt ewig. Auch nicht in der Politik. Dass sich der Kalte Krieg, das internationale Ordnungsprinzip der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, einmal überleben könnte, hielt noch Mitte der achtziger Jahre kaum jemand für möglich. Ähnliches gilt heute für den internationalen, namentlich für den sogenannten islamistischen Terrorismus, in dem viele Beobachter die Geißel des 21. Jahrhunderts sehen. Dass auch diesem irgendwann die Luft ausgeht, dass also "das terroristische Kalkül früher oder später scheitern muss", ist wahrscheinlich.

Offen ist, wann und zu welchen "kurz-, mittel- und langfristigen Kosten" das geschieht und welchen Preis namentlich die Vereinigten Staaten für dieses Scheitern am Ende zu zahlen haben werden. Denn dass die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik der jüngsten Vergangenheit, der Gegenwart und wohl auch der näheren Zukunft einen entscheidenden Anteil an der Lebensfähigkeit des modernen Terrorismus hat, steht außer Frage.

Das ist das Thema der Untersuchung von Lars Berger, die sich als "Fallstudie zur US-amerikanischen Anti-Terror-Politik am Beispiel islamistischer Terrororganisationen in der arabischen Welt" versteht. Die Arbeit basiert auf einer Reihe von Interviews mit mehr oder weniger repräsentativen Vertretern aus Politik und Wissenschaft sowie auf der Auswertung einer Fülle von "Dokumenten und Primärquellen", allen voran des "Congressional Record". Dass Berger seine Leser zunächst ausführlich mit den innenpolitischen Grundlagen der Anti-Terror-Politik der amerikanischen Regierung vertraut macht, werden die zu schätzen wissen, die hier Neuland betreten. Dass er sie an seinen öden Theorieversuchen teilhaben lässt, ist schon deshalb ärgerlich, weil sich die Wirklichkeit eben nicht in das theoretische Korsett zwingen lassen will: Obgleich beispielsweise "der Hinterhalt, in den im Herbst 1993 mehrere US-Soldaten in Somalia gerieten, nicht der eingangs entwickelten Definition von Terrorismus entspricht, ist dessen Diskussion im Rahmen dieser Arbeit notwendig".

Im Kern geht es um die Anti-Terror-Politik während der Administrationen von Bill Clinton und George W. Bush. Die direkte Bedrohung während der neunziger Jahre rekonstruiert Berger an den Beispielen des ersten Anschlags auf das World Trade Center, des besagten Angriffs auf das amerikanische Militär in Somalia sowie der Anschläge auf den Khobar-Tower-Komplex in Saudi-Arabien, auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania und auf den amerikanischen Zerstörer "USS Cole" im Hafen der jeminitischen Stadt Aden. Im zweiten Teil der Untersuchung geht es um die direkte Bedrohung der Vereinigten Staaten nach der Jahrhundertwende, also um die Anschläge des 11. September 2001 und den Guerrillakrieg im Irak, und um die "indirekte terroristische Bedrohung" namentlich in Ägypten und Saudi-Arabien.

Weil Berger mit großer Umsicht alle verfügbaren Informationen zusammengetragen hat und weil er stets sowohl die amerikanische als auch die nahöstliche beziehungsweise islamistische Seite der Entwicklung im Blick hat, ist seine Darstellung aufschlussreich und in einigen Partien - von den sprachlichen Mängeln einmal abgesehen - auch spannend zu lesen. Vor allem wartet die Arbeit mit einer ganzen Reihe von Ergebnissen auf, die zwar nicht immer originell sind, mitunter auch kaum belastbar sein dürften, aber insgesamt doch einen sehr guten Einblick in das komplexe gegenseitige Bedingungsverhältnis von modernem islamistischem Terror und amerikanischer Hegemonialpolitik bieten.

Dabei wird vor allem deutlich, dass der 11. September 2001 zwar in seinen Ausmaßen, nicht aber hinsichtlich der Intention der Täter und der Reaktion der Opfer eine Zäsur darstellt. Wie andere Beobachter kommt auch Berger zu dem Ergebnis, dass der Anschlag auf das World Trade Center lediglich der Anlass war, um den Kampf Amerikas gegen den internationalen Terrorismus zu intensivieren und ihn auf "staatliche Akteure" wie den Irak und Afghanistan auszudehnen.

Diese "staatszentrierte Reaktion" wiederum trug erheblich dazu bei, dass "im Falle der sich in Afghanistan aufhaltenden Führung von Al Quaida ein Prozess wieder in Gang gebracht" wurde, "der im Jahre 1993 das erste Mal auf dramatische Weise in das Bewusstsein eines Teils des westlichen Publikums gerückt war. Die sich mit den Anschlägen in europäischen Großstädten manifestierende Bedrohung durch den transnationalen islamistischen Terrorismus ist demnach keine unmittelbar neue Entwicklung, sondern bedeutet die Rückkehr zum Stand der frühen 1990er Jahre."

So gesehen hat die "konkrete Politik der USA", namentlich ihre "staatszentrierte Reaktion", ihren Anteil daran, dass sich die "Vertreter des Islamismus und des islamistischen Terrorismus" heute vergleichsweise leicht damit tun, "in ihrem Umfeld zu rekrutieren". Dabei liegen die "strukturellen Ursachen ... besonders beim islamistischen Terrorismus tiefer als die Ebene flüchtiger Tagespolitik. Dessen Existenz speist sich ... aus einem tiefen Unbehagen mit der Moderne und ist unabhängig von der Politik der USA in der Region."

Ob sich dieser Befund so halten lässt, ist allerdings fraglich. Offenkundig geht er auf das Konto eines zeitlich sehr eingeschränkten Blickwinkels, der das, was vor 1993 in der Region geschah, nicht zur Kenntnis nimmt. Wenn die ansonsten verdienstvolle Studie einen gravierenden Mangel hat, dann ist es dieser. Wer die amerikanische Nahost-Politik seit ihren Anfängen - also seit dem abrupten Kurswechsel gegenüber Nassers Ägypten und seit der amerikanischen Intervention im libanesischen Bürgerkrieg mit ihren gewollten Rückwirkungen unter anderem auf Jordanien und den Irak - ausblendet, wird die Reaktion "der Region" auf alles, was Washington hier tut, nicht angemessen erfassen können.

Lars Berger: Die USA und der islamistische Terrorismus. Herausforderungen im Nahen und Mittleren Osten. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2007. 481 S., 36,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Verdienstvoll findet Gregor Schöllgen das Buch vor allem aufgrund seiner umsichtig (aus Interviews und Primärquellen) zusammengetragenen Materialfülle und wegen der doppelten Perspektive, der amerikanischen und der "nahöstlichen beziehungsweise islamistischen". Dass der Autor eine Einführung in die Anti-Terror-Politik der USA bietet, macht für Schöllgen Sinn, ebenso die - wenngleich "nicht immer originelle" - Darstellung des Verhältnisses von "modernem islamistischen Terror und amerikanischer Hegemonialpolitik". Mitunter ärgerlich findet Schöllgen die theoretischen Ausführungen Lars Bergers, wenn der Autor die Theorie nicht mit der  Wirklichkeit abgleicht. Dazu gehört auch der gewählte "eingeschränkte Blickwinkel" auf die Zeit nach 1993. Wer die Anfänge der Nahost-Politik ausblendet, meint Schöllgen, kann das Thema "nicht angemessen erfassen".

© Perlentaucher Medien GmbH