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Vom guten Recht auf faule Tricks: Claudia Pinl räumt auf
Eine Zeitmanagementstudie aus den 90er Jahren kam zu dem Ergebnis, daß die bundesdeutsche Durchschnittsfrau täglich fünf Stunden für Haushaltstätigkeiten aufwendet, der Otto-Normal-Mann bloß drei. Und obwohl die Studie die Untersuchten nicht nach Erwerbstätigkeiten differenziert, erhärtet ein Blick in meinen Verwandten- und Bekanntenkreis die Behauptung eines Mißverhältnisses. So begnügt der Mann sich meist damit, den Müll rauszubringen, den Rasen zu mähen und samstags das Auto zu waschen, wohingegen an der Frau häufig der Rest hängenbleibt: Waschen, putzen, kochen, bügeln . . . Und das sogar in Partnerschaften, in denen beide Teile berufstätig sind!
Um diese Ungerechtigkeiten zu verschleiern, bedient der Mann sich unterschiedlichster Strategien. Ich behaupte etwa, obwohl ich technisch durchaus versiert bin, daß ich die Waschmaschine nicht bedienen kann, und liefere zum Beweis alle Jahre wieder mutwillig eine verfärbte Ladung Socken ab. Andererseits aber übernehme ich in meiner Partnerschaft das Spülen und Abtrocknen, da ich in punkto Reinlichkeit mit den Resultaten meiner Freundin nicht zufrieden bin. Ja, mit zahllosen meiner männlichen Schicksalsgenossen bin ich darin übereingekommen, daß Frauen zwar schneller, aber auch weniger gründlich spülen, was wohl damit zusammenhängt, daß die Werbung seinerzeit die weibliche Angst vor "Spülhänden" geschürt hat.
"Männer lassen arbeiten", diese These vertritt auch die Publizistin Claudia Pinl in ihrem gleichnamigen Buch, allerdings bezieht sie sich auf den Kampfplatz des Erwerbslebens und klärt die Leserinnen auf über "20 faule Tricks, auf die Frauen am Arbeitsplatz hereinfallen". Der Untertitel des Buches ist allerdings mißverständlich, da die Autorin eher zwanzig Archetypen aufzählt und charakterisiert, auf die man in der Arbeitswelt oftmals stößt. Etwa den Pseudo-Workaholic, der über seine zahllosen Verpflichtungen pausenlos jammert, anstatt sie zu erledigen, oder den Spieler, der nur dann kurz vom Bildschirm aufschaut, wenn ein Solitaire-Spiel aufgegangen ist. All dies stellt Pinl anschaulich und amüsant dar, allein meine eigenen Expeditionen in die deutsche Angestelltenwelt haben mich gelehrt, daß diese Beschreibungen auf beide Geschlechter zutreffen. Ich jedenfalls habe in Konferenzschaltungen am Computer mit ebensovielen Männern wie Frauen Karten gespielt.
Claudia Pinl besteht jedoch darauf, daß Männer die schlechteren Frauen sind, weil sie anfallende Arbeiten einfach schneller und besser erledigen - und daß dies von den Männern permanent ausgenutzt wird! Männer richten ihr Augenmerk so ausschließlich auf prestigeträchtige Aufgaben, schauen über Routinearbeiten geflissentlich hinweg und delegieren diese einfach an das andere Geschlecht weiter, indem sie an den weiblichen Mutterinstinkt appellieren oder schlüpfrige Komplimente machen. Zweifelsohne ist es ein Skandal, daß der Anteil der Frauen in Spitzenpositionen in der Wirtschaft immer noch unter fünf Prozent liegt, doch diese offenkundige Benachteiligung allein auf Mentalitätsunterschiede - und nicht auf Strukturen - zurückzuführen, greift zu kurz.
Claudia Pinl will mit ihrem Buch den Betroffenen helfen und sie ermutigen, ihre Karrierepläne selbstbewußt zu verfolgen, sich nicht ausbeuten und Routinearbeiten liegen zu lassen und "sich die Verschnaufpausen und Freiräume im Erwerbsleben (. . .) zu gönnen, die für Männer so selbstverständlich sind". Im Grunde also sollen sie werden wie die Männer. Daraus kann man nur folgern, daß Männer bereits die besseren Frauen sind.
MARC DEGENS
Claudia Pinl: "Männer lassen arbeiten". 20 faule Tricks, auf die Frauen am Arbeitsplatz hereinfallen. Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2000. 238 S., geb., 32,- DM.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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