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1924: Der bekannte Musikexperte Christoph Wagenrad hat sich in die junge Gisela Liebwies verliebt, die seiner verstorbenen Frau, einer berühmten Pianistin, ähnlich sieht. Obwohl unbegabt, soll sie nun ebenfalls zum Star aufgebaut werden. Durch Erpressungen seitens Wagenrads schafft sie es ans Konservatorium und erhält sogar die Hauptrolle bei der Abschlussdarbietung. Dass die dafür komponierte Oper, bei der die Hauptdarstellerin fast ohne Stimme auskommt, nicht von August Gussendorff stammt, der sich dafür feiern lässt, sondern von seiner Frau Ida, muss ja auch niemand erfahren. Eine herrlich…mehr

Produktbeschreibung
1924: Der bekannte Musikexperte Christoph Wagenrad hat sich in die junge Gisela Liebwies verliebt, die seiner verstorbenen Frau, einer berühmten Pianistin, ähnlich sieht. Obwohl unbegabt, soll sie nun ebenfalls zum Star aufgebaut werden. Durch Erpressungen seitens Wagenrads schafft sie es ans Konservatorium und erhält sogar die Hauptrolle bei der Abschlussdarbietung. Dass die dafür komponierte Oper, bei der die Hauptdarstellerin fast ohne Stimme auskommt, nicht von August Gussendorff stammt, der sich dafür feiern lässt, sondern von seiner Frau Ida, muss ja auch niemand erfahren. Eine herrlich bösartige Geschichte über falschen Glanz, die Gier nach Ruhm - und wahre Schönheit, die mit alldem nichts zu tun hat.
Autorenporträt
Irene Diwiak wurde 1991 in Graz geboren und wuchs in Deutschlandsberg/Steiermark auf. Sie studierte Komparatistik in Wien. Ihre Texte wurden bereits vielfach ausgezeichnet. 2017 erschien ihr erster Roman Liebwies.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2017

Wer so gern protzt, der leuchtet auch
Irene Diwiaks bitterböser Debütroman "Liebwies"

Ab und zu gibt es dann doch diese jungen Autorinnen, die richtig Freude daran haben, sich wilde Geschichten auszudenken. Da wäre die Österreicherin Irene Diwiak: 1991 in Graz geboren, in der Steiermark aufgewachsen, studiert jetzt Literaturwissenschaft in Wien. Anstatt in ihrer bisherigen schmalen Biographie herumzustochern, erfindet sie lieber neue, nie dagewesene Lebensläufe. Den der Komponistin Ida Gussendorff zum Beispiel und die ihres ständig mit sich selbst beschäftigten Gatten, der zu drastischer Selbstüberschätzung in künstlerischen Dingen neigt. Dazu der Lebenslauf des Musikexperten Christoph Wagenrad, der der sängerisch unbegabten Gisela Liebwies verfällt und aus ihr eine Operndiva zu formen versucht. Und sie deshalb beim Konservatorium des Juden Zwirbel anmeldet, der im Wien der dreißiger Jahre auf jeden zahlenden Schüler angewiesen ist und Gisela und ihre Piepsstimme nicht abweisen kann.

Weil aber bei Irene Diwiak alles mit so viel Freude an karikaturenhafter Überzeichnung wuchert und sich auswächst, beginnt alles erst einmal beim Lehrer Köck, der in einem gottverlassenen Kaff namens Liebwies auf die maulwurfsblinde, aber begnadete Karoline stößt und ihr in der Dorfkirche St. Anna ein Konzert auf den Leib komponiert. Diese Sängerin hat der Welt gefehlt, denkt sich Köck und lädt den alten Freund und Musikexperten Wagenrad aus der großen Stadt zur Uraufführung ein. Der aber hat nur Augen für Karolines Schwester Gisela, was man ihm nicht verdenken kann, denn Gisela ist sehr schön und sieht überdies Wagenrads verstorbener Frau, der Pianistin Ilona, ähnlich. Gisela und Wagenrad gehen nach Wien, Köck und Karoline bleiben zurück im Dorf. Und weil jeder Giselas strahlender Erscheinung erliegt, wird sie nach oben durchgereicht. Zunächst zum Konservatorium, dann auf die große Bühne und in die Prominenz der Stadt.

Mit der Oper, die Gisela zum Durchbruch verhilft, wird der Schriftsteller August Gussendorff beauftragt. Ein mittelmäßiger, aber sich exzentrisch gerierender Dichter, der an dieser Aufgabe scheitert, bis er Kompositionen seiner Frau Ida findet, der er genau dieses Hobby eigentlich untersagt hatte. Das, was er aus Idas Material zusammenschustert, wird als "Die Gräfin der Stille" aufgeführt, mit einer schweigenden, aber sehr strahlenden Gisela, die ganz zum Schluss ein einfaches, aber wirkungsvolles Lied singt. Ein großer Erfolg, man feiert sich, man feiert Gisela, man feiert Gussendorff.

In diesem Buch werden konsequent die gefeiert, die es nicht verdient haben, während andere aus der Geschichte verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen. Der amerikanische Jungunternehmer Cedric Johnson etwa, wieder einer dieser eindrucksvollen Lebensläufe, die die Autorin nur erfindet, weil sie so gerne Lebensläufe erfindet und sie noch fast lieber lakonisch beendet: "Johnson verließ wortlos das Zimmer, wortlos das Haus, wortlos das Land. Er ließ das Erfinden und Unternehmen sein und wurde Farmer." Mit ein paar ebenso lakonischen Sätzen beendet Diwiak dann gleich noch sein ganzes Leben, denn es spielt für die Geschichte keine Rolle mehr.

Große Rollen spielen die, die sich vor allem für sich selbst interessieren und sich zu inszenieren wissen. August Gussendorff spielt mehr den genialischen Dichter, als dass er wirklich einer ist. Gisela gefällt sich in Posen und Roben. Und wer seine Rolle überzeugend genug spielt, der überzeugt auch das Publikum. Ein zeitloses Thema also. Ebenso zeitlos wie die Frage, was bleibt, wenn die jugendliche Schönheit verblasst, auf deren Wirkung man sein Lebenswerk aufgebaut hat - bei Gisela nicht viel, von Talent kann bei ihr ja keine Rede sein. Und so trudeln diese Lebensläufe, die auf Täuschung und Selbsttäuschung beruhen, ein wenig räuberpistolenhaft vor sich hin und kippen schließlich ins Vakuum. Denn bei aller Liebe zum Lebenslauf: Gut kann das alles nicht ausgehen. "Das größte Glück der Unglücklichen ist, sich an den Glücklichen zu rächen", bilanziert Diwiak und gönnt ihren unglücklichen Figuren ihre kleinliche Rache, den Glücklichen aber nicht ihr Glück. Das ist schade, aber erzählerisch nur konsequent. So ein böses Buch kann unmöglich ein Happy Ending haben.

ANDREA DIENER

Irene Diwiak: "Liebwies". Roman.

Deuticke Verlag, Wien 2017. 336 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Irene Diwiaks Debüt zeichnet sich durch eine selbstbewusste auktoriale Erzählperspektive aus und einen
stilsicheren Wechsel von ernsten und witzigen Passagen. Diwiak präsentiert eine wendungsreiche Geschichte mit überraschenden Plotpoints, und dabei formuliert sie eine sehr zeitlose Kritik an jenem Erfolgsmodell, das später, mit Theodor W. Adorno gesprochen, Kulturindustrie heißen sollte." Carsten Otte, taz, 06.01.18

"Ab und zu gibt es dann doch diese jungen Autorinnen, die richtig Freude daran haben, sich wilde Geschichten auszudenken." Andrea Diener, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.01.18

"Das wilde Debüt einer jungen Autorin: In Irene Diwiaks bitterbösem Roman "Liebwies" werden konsequent all jene gefeiert, die es nicht verdient haben." Andrea Diener, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.12.17

"Diwiak schreibt klug, humorvoll und stark. Das mag böse wirken, denn sie löst in keiner Sekunde den Blick von der enormen Eitelkeit der Menschen und enthüllt damit die Brutalität des Banalen. Ein Debüt von großer Schärfe und Klasse." Marija Bakker, WDR 5, 23.12.17

"Irene Diwiak schreibt klug, humorvoll und stark. Das mag böse wirken, denn sie löst in keiner Sekunde den Blick von der enormen Eitelkeit des Menschen und enthüllt damit die Brutalität des Banalen. Ein Debüt von großer Schärfe und Klasse." Marija Bakker, WDR5, 15.12.17

"Irene Diwiaks erstaunlich facettenreicher Erstlingsroman erzählt von Geltungssucht, Eitelkeit und falscher Gier nach Ruhm und Erfolg." Dorothea Hußlein, BR Klassik, 09.12.17

"Ausdifferenziertes Erzählen, enorm gutes Gespür für das Wechseln von Erzähltempi ... Ein Debüt, das schon zeigt, wie viel diese Autorin kann." Carsten Otte und Wiebke Porombka, SWR2, 03.12.17

"Diwiak entlarvt, welche Würsteln die Männer im Roman sind, die sich selbst so gern auf die Schulter klopfen. Und sie zeigt, wie überlegen ihnen die Frauen sind ... Auf ein Happy End braucht man nicht zu hoffen, dafür lässt einem die Kälte des großartigen Finales den Atem gefrieren." Sebastian Fasthuber, Falter, 04.10.17

"Mit feiner ironischer Klinge nimmt Diwiak die Männerwelt an der Nase und entlarvt Standesdünkel und Egomanie ... ein leichtfüßiger Tanz durch die verlorene Zeit und ihre verlorenen Chancen" Wolfgang Popp, Ö1 Kulturjournal, 03.08.17

"Ich bin begeistert von diesem Roman, weil er auch sehr österreichisch ist - ein bisschen boshaft, toll in der Sprachbehandlung." Andrea Gerk, Deutschlandfunk Kultur, 28.07.17
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